Gestern nicht voll bei der Sache, die Reiterin, nicht das Pferd, heute alles voll auf Spur: Jessica von Bredow-Werndl und Dalera sind in Balve Deutsche Meisterin 2023 Grand Prix Special geworden. Platz zwei ging an einem äußerst dynamischen Fendi unter Sönke Rothenberger und Bronze gewann Frederic Wandres mit Duke of Britain.
Die fliegenden Galoppwechsel von Sprung zu Sprung waren heute die Knackpunkt-Lektion Nummer eins. Hier unterliefen vielen der 16 Paare Fehler. Gestern waren Serienwechsel auch Jessica von Bredow-Werndl, Deutsche Meisterin 2023, zum Verhängnis geworden. Heute aber nicht. Jessica von Bredow-Werndl und TSF Dalera gingen als letztes Paar ins Viereck um den Meistertitel im Grand Prix Special.
Liefern, wenn geliefert werden muss, war die Devise! Mission accomplished!
Bei der Grußaufstellung scharrte Dalera vorne links. So, als wolle sie sagen wollen, „wann geht‘s denn endlich los?“ „Das hat sie schon einmal gemacht, hier in Balve, nur hier. Hoffen wir, dass es auch hier bliebt“, strahlte die neue deutsche Meisterin. Die erste Trabverstärkung legte die Olympiasiegerin noch etwas vorsichtig an, erst ab X gab sie Gas. Spätestens da war das Paar in jenem besonderen Flow, der die beiden ausmacht. Reiterin und Trakehner Stute eins, Harmonie, Einklang zu jedem Zeitpunkt. Die Silhouette immer so, wie es das Lehrbuch sich wünscht. Die Passage vorm starken Schritt mit viel Energie, Elastizität und Schwung. In den Piaffe machte Jessica von Bredow-Werndl immer wieder mal „das Bein auf“. Das gab Dalera den Platz zum Atmen. Null Spannung, kein hektisches Schnauben, einfach nur schön.
Gold für Jessica von Bredow-Werndl
In den Galopptraversalen musste Queen Dalera äppeln , aber ohne „Shit happens Problem“. Die Serienwechsel waren nicht nur fehlerfrei und gerade, sie waren auch super eingeteilt. Keinen Punkt liegen lassen, das ist wichtig, will man liefern. Pirouetten auf der Untertasse gedreht, alles am Punkt, alles frisch, alles in einer Liga für sich. Mit 83,254 Prozent wurde – Jessica von Bredow-Werndl Deutsche Meisterin 2023 im Grand Prix Special. Und das mit einem Abstand von 3,3 Prozent. Das letzte Mal war die Easy Game-Tochter Dalera bei den Europameisterschaften 2021 Grand Prix Special gegangen, davor in Tokio bei den Olympischen Spielen.
Sie hätte die Kür nicht gehen müssen. Der deutsche Dressurausschuss, der hier für die Besetzung des CHIO Aachen sichtet, hatte Weltcup-Finalisten Dispenz erteilt. „Jonny und ich haben gesagt, wir schauen uns nach dem Grand Prix Special in die Augen, ob Dalera drei Tage hintereinander gehen soll. Ob sie die Kraft hat. Aber das mussten wir heute nicht, die ist voll an“. Also gibt es morgen ab 12 Uhr die Edith Piaf-Kür zu sehen in Balve.
Silber für Sönke Rothenberger und Fendi
Das Paar aus Bad Homburg hat es geschafft! Zwar – noch – kein Titel, aber eine Runde, die aufmerken ließ. Der neunjährige Däne Fendi hatte mit einer auslaufenden ganzen Parade begonnen. Aber dann! „Die PS auf die Straße bringen“, hatte Rothenberger nach dem gestrigen Sieg im Grand Prix als seine Aufgabe definiert. In der Passage zeigte das Paar Momente, die man so überhaupt noch nie oder wenn, dann ganz selten im Viereck gesehen hat. Die erste Piaffe war noch leicht im Vorwärts angelegt, aber deutlich besser als die erste im gestrigen Grand Prix und rhythmisch. Die zweite gelang schon nahezu auf der Stelle und gut balanciert. Fendi zeigte fehlerfreie große Zweierwechsel. Die Einerwechsel gingen dann total in die Grütze, aber Rothenberger lobte Fendi in der Ecke bei H, wohl um ihm zu signalisieren, alles gut, das nächste Mal wird es besser. Das sah dann in den neun Einerwechseln zwischen den Pirouetten auch zunächst danach aus. Aber auch hier sprang der Wallach die ersten Wechsel mit (zu) viel PS und am Ende gab es auch hier einen Fehler. „Da wollte ich vielleicht mit dem Beim zu viel unterstützen“. Der Schlusspart, starker Trab, Passagen und die Piaffe, dann wieder Marke Weltklasse. 79,822 Prozent, Silber!
Fendi muss nun morgen die Kür gehen, das ist der Beschluss des deutschen Dressurausschusses. Seinem Neunjährigen hätte er die Mega-Packung – drei Prüfungen in drei Tagen, das gibt es sonst nirgendwo – gern erspart. Aber nun wird Rothenberger die Kür reiten, „die Cosmo-Kür, ich denke, die hat Fendi verdient“. Die Kür ist schwierig, aber Fendi ist sie bereits einmal gegangen, 2022 in Leeuwarden. Mehr als 78 Prozent hatte es damals für das Kürdebüt gegeben. (Update, Samstag, 10.6.2023, 20.36 Uhr: mittlerweile steht fest, dass Fendi am Sonntag nicht mehr starten wird. Hier die Details).
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Goldfuchs gewinnt Bronze
Frederic Wandres und Duke of Britain starteten etwas frischer als gestern im Grand Prix. Der Goldfuchs brillierte, anders kann man das nicht sagen, in den Passagen und Piaffen. Die Galopptraversalen waren nicht ganz ideal am Punkt. In den Zweierwechseln kam es schon zum Beginn zu einem Fehler. Mit deutlicherer Einwirkung dann die 15 Einer mit etwas Spannung geritten, aber ohne Fehler. Den Galopppirouetten hätte man etwas mehr Energie gewünscht. Die letzte Piaffe war reif für die erste Gänsehaut des Tages. Auch hier: Pferd und Reiter immer im Einklang, kämpfen um jeden Punkt, miteinander! 78,627 Prozent, Bronze.
Isabell Werth und Quantaz gelang eine deutlich bessere Prüfung als gestern im Grand Prix. Der Quaterback-Sohn war steter in der Anlehnung und die Selbsthaltung war deutlich besser. Der Schritt wird nie die Lieblingslektion des Hengstes. In den Zweierwechseln unterlief dem Paar ein Fehler, außerdem parierte der Braune vor der zweiten Pirouette in den Trab, auch wenn da zwei Richter dennoch eine Sieben gaben, bleiben hier einige Punkte liegen.
Die Schlusstour gelang sicher, erntete viele Neunen. Ein 18. Deutscher Meistertitel wurde es heute dennoch nicht für Isabell Werth. 77,901 Prozent, Platz vier.
Freddie auch noch Fünfter
Frederic Wandres hatte mit Duke of Britain auf Platz zwei gelegen, als er mit seinem zweiten Pferd Bluetooth als vorletzter Anwärter auf den Titel Deutscher Meister Grand Prix Special 2023 ins Viereck kam. Der geschmeidige Dunkelbraune war gestern schon einen richtig guten Grand Prix gegangen. Heute zeigte das Paar eine sichere Runde. Konzentriert und lektionssicher. Bis zu den 15 Einerwechseln, dann gab es auch noch einen Taktfehler im letzten starken Trab. Herrlich fließende Übergänge zwischen Passagen und Piaffe zum Abschluss. In Sachen Harmonie zwischen Reiter und Pferd – siehe oben, 77,686 Prozent, Platz fünf.
Bluetooth wird nun auf Wunsch des Dressurausschusses die Kür gehen. Er ist auf dem Weg zum Championatspferd und tritt jetzt „aus dem Schatten von Duke so langsam heraus“. „Und das ist ja ein großer Schatten“, sagt Frederic Wandres. Auch er findet die drei Tage, drei Prüfungen-Problematik überdenkenswert.
Ingrid Klimke und Franziskus waren voller Energie, schon beim Einreiten zeigte „Franz“ Reaktion auf den Applaus. Die Prüfung Grand Prix Special liegt dem Fidertanz-Sohn. Das große Traben ist seins. In den Passagen hätte der viel beschäftigte Deckhengst noch etwas kraftvoller hinten abfußen dürfen. Aber es ist heiß in Balve. Wobei Franziskus sicherlich das Pferd im Starterfeld ist mit der besten Kondition, Stichwort „Galoppieren am Berg“.
Vor der erste Piaffe gab es eine Stockung, dann gelangen aber die beiden Piaffen gut, lebhaft, dynamisch, am Punkt – so wie es sein soll. Im starken Galopp wollte Franziskus dann richtig los, wer kann, der kann. Klimke hate ihn aber bei sich und bekam nicht nur den starken Galopp noch gut präsentiert, sondern den Hengst auch konzentriert in die Pirouetten und er blieb sicher bis zum Schluss bei ihr, 76,215 Prozent, in denen auch nicht ideal gelungene 15 Einerwechsel sich niederschlugen.
Matthias Alexander Rath und Thiago, das Pferd, das das Vorderbein am höchsten im starken Trab bekommt, wurden Siebte. Der Hengst ging heute offener im Ganaschenwinkel als gestern, der versammelte Schritt war nicht voll im Takt, die Piaffen gelangen etwas gelassener und sehr rhythmisch, Rath schritt dabei äußerst vorsichtig mit den Zügelhilfen zur Tat. In den neun Einerwechsel zwischen den Pirouetten gab es einen Fehler. Die letzte Piaffe-Passage-Tour gelang ganz gleichmäßig. 74,764 Prozent.
Debütantin Katharina Hemmer
Katharina Hemmer und Denoix geben ihr Debüt bei den Deutschen Meisterschaften. Die Kurve der beiden geht kontinuierlich nach oben in dieser Saison. Der Fuchs, der das Potenzial hat, für ziemlich viele Lektionen im Achterbereich benotet zu werden, hat an Kraft und Kondition gewonnen. Das konnten die beiden heute gut ausspielen. Gleichmaß war die Überschrift für den ersten Teil der Prüfung. Egal ob großes oder kleines Traben bzw. Passagieren, geradeaus oder seitwärts. Mit dem Oldenburger bildet die Bereiterin von Hubertus Schmidts Fleyenhof ein super Team.
Manchmal mangelt es noch etwas an Abdruck im Hinterbein. Aber der Rhythmus passt, auch in der guten ersten Piaffe aus dem klar herausgearbeiteten versammelten Schritt. Den fliegenden Galoppwechseln wünschte man noch etwas mehr Ausdruck. Das merket wohl auch Hemmer und fragte am Ende der Diagonale mit den Zweierwechseln am Schenkel etwas nach. Leider unterlief auch diesem Paar in den Einerwechseln ein Fehler, in der zweiten Pirouette war der Destano-Sohn etwas kraftlos. 74,647 Prozent, Platz acht im illustren Starterfeld. Chapeau für diesen Einstieg ins Meisterschaftsgeschehen!
Dorothee Schneider und First Romance zeigten heute Trabverstärkungen, die mehr über den Rücken schwangen als noch gestern. Feinfühliges reiten, jeder Meter. Die Piaffen etwas zaghaft, die erste mit wenig Tritten, zweite mit ausreichender Trittzahl. Der Wechselteufel schlug hier in beiden Einerwechsel-Touren zu. 74,607 Prozent , Platz neun für den Baden-Württemberger Fürst Romancier-Sohn.
Bianca Nowag-Aulenbrock und Florine OLD überzeugten in Passagen und Traversalen, im starken Trab fehlt das letzte Schwingen im Rücken. Die Piaffen, absolut auf der Stelle, könnte noch Abfußen im Hinterbein vertragen. Die Pirouetten zählten zu den Highlights des Auftritts, 74,294 Prozent, fehlerfrei, Platz zehn.
Semmieke Rothenberger und Flanell begannen konzentriert und auf Sicherheit fokussiert. Entsprechend vorsichtig ritt die 23-Jährige die erste Piaffe mit wenig Tritten, aber alles ganz leicht. Toller Sitz, gute gerade Wechsel, die letzte Piaffe schon lebhafter als die ersten beiden. Es war der zweite Grand Prix Special, den die Stute, die übrigens ein niederländisches Pferd aber mit Oldenburger Mutterstamm ist, ging. 74,176 Prozent bedeuteten Platz elf.
Sönke Rothenberger und Matchball OLD wurden Zwölfte. Der Rappe kreuzte gut in den Traversale, war aber nicht immer voll vor den treibenden Hilfen in den vielen Übergängen zwischen starkem und versammelten Trab sowie Passagen im ersten Drittel der Prüfung. In der Piaffe muss der Rappe noch schneller im Hinterbein werden, um den Takt besser halten zu können und die Diagonalität zu wahren. 72,862 Prozent.
Die Ergebnisse von den Deutschen Meisterschaften im Grand Prix Special Balve 2023 finden Sie hier.
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