Riesenüberraschung im Grand Prix bei der DM Dressur in Balve: Sönke Rothenberger und Fendi setzte sich im Grand Prix vor die Weltranglistenersten Jessica von Bredow-Werndl und Dalera. Frederic Wandres Dritter.
Die DM Dressur in Balve ist noch jung und hat doch schon ihre erste Überraschung. Sönke Rothenberger und Fendi siegten im Grand Prix. Jessica von Bredow-Werndl und Dalera unterliefen Fehler in den Serienwechseln im Galopp. Teure Fehler – neun Punkte lag das Erfolgspaar aus Aubenhausen am Ende hinter Shooting Star Fendi.
Sönke Rothenberger und Fendi machten gleich zu Beginn klar: Einreiten Halten ruhig auf allen Vieren. Auf ausbalancierte Traversalen, einem ersten starken Trab, dem man noch mehr Abdruck aus dem Hinterbein gewünscht hätte, folgte ein Rückwärtsrichten, bei dem der erst neunjährige Däne an die Umgrenzung trat. Die erste Piaffe war noch leicht unregelmäßig, das Paar suchte den gemeinsamen Takt im letzten Drittel.
Wie souverän Fendi ist und wie er seinem Reiter vertraut, zeigte der starke Schritt. Vom benachbarten Springstadion schallte plötzlich Discomusik aufs Viereck. Der Wallach registrierte das, aber mehr als etwas verspannte Ohren waren nicht das Resultat. Die zweite Piaffe gelang schon deutlich besser, nur der Übergang in die folgende Passage war noch nicht so wie gewünscht. Zum Schluss der 15 fliegenden Galoppwechsel von Sprung zu Sprung konnte Rothenberger den Wechsel gerade noch so „hinzaubern“. Die Wechsel schwankten generell noch etwas.
„PS auf die Straße bringen“
„Fendi hat so viel PS, die muss man jetzt nur noch auf die Straße bekommen“, bilanzierte Harley Davidson-Fahrer Sönke Rothenberger nach seinem Ritt. „Es klingt vielleicht kitschig, aber es macht einfach Spaß“. Er kenne Fendi in- und auswendig, aber auf dem Turnier müsse er eben immer noch Erfahrung sammeln. So habe er in der ersten Piaffe noch gewartet, wie viel ihm der Wallach anbiete. Wie schnell die Lernkurve ist, zeigte dann die letzte Piaffe. „So etwas habe ich selten gespürt. Bisschen das Gewicht nach hinten verlagern und er wurde immer schneller, so wie sich das glaube ich anfühlen muss. Und dann einmal den Oberkörper nach vorne und dann klettert dann sofort nach draußen. Das macht einfach tierisch Spaß“.
Was Spaß macht, nicht nur dem Reiter, sondern auch dem Publikum: Fendis Passage. Wenig Pferde zeigen diese Lektion mit derart viel Ausdruck. 79,76 Prozent bedeuteten den Sieg in der Prüfung. Zwei Küren hat Rothenberger, der mit Matchball Zwölfter wurde (72,64 Prozent) dabei. Aber ob der neunjährige Fendi bei diesem „super heißen Wochenende“ drei Tage in Folge gehen wird, dazu wollte Rothenberger sich noch nicht äußern. Das würde mit den Bundestrainern besprochen. Nun wolle er sich erstmal auf den morgigen Grand Prix Special konzentrieren. Er habe aber heute nur 20 Minuten abgeritten, so der Sieger. Will wohl durch die Blume sagen: Kräftemäßig sind drei Starts eingepreist.
DM Dressur Balve: Jessi – „Wechsel besch… eingeleitet“
Die Favoritinnen landeten auf Platz zwei, Dressur kann auch Spannung. Dalera und Jessica von Bredow-Werndl starteten erstmal durch als der Begrüßungsapplaus des Publikums zu vernehmen war. Seit dem Triumph bei den Europameisterschaften in Hagen 2021 ist die Trakehner Stute nicht mehr draußen gegangen. Doch schnell waren die Olympiasiegerinnen wieder in der Harmonie am Werk, wie man es von beiden erwartet: Piaffen und Passagen top, der starke Schritt gut, der versammelte dazu deutlich verbessert. Da habe sie viel dran gearbeitet, sagt die Olympiasiegerin. Mit Erfolg!
Aber dann! Die Galopptour, eigentlich eine sichere Bank des Erfolgspaars, wollte diesmal nicht so ganz gelingen. Ungestüm galoppierte Dalera in den Zweierwechseln los. „Die habe ich beschissen eingeleitet“, gibt sich Jessica von Bredow-Werndl selbstkritisch. Und in den Einerwechseln wartete die Aubenhausenerin lange bis sie die erste Hilfe gab, zu lange. „Ein Zählfehler, der auch auf meine Kappe geht“.
Enttäuscht ist von Bredow-Werndl nicht. „Dalera war abnormal gut drauf. Aber wir sind keine Maschinen. Das habe ich allen gesagt, die im Vorfeld meinten, ,du gewinnst ja sowieso‘. Und beide Fehler sind überhaupt nicht Dalera anzulasten“. In der Tat gelang die letzte Tour dann wieder aus der Kategorie „Wer soll das denn bitte besser hinbekommen?“. Passage, Piaffe, Passage – Übergänge, Schlussgruß – panta rhei, alles fließt, perfekt. Wer wüsste das besser als die Yoga-affine Athletin aus dem Team Aubi, 79,4 Prozent.
Freddi im Doppelpack erfolgreich
Einen starken Auftakt gab es im Grand Prix, der Qualifikation für die Deutsche Meisterschaft im Dressurreiten dank Frederic Wandres und Bluetooth OLD. Die beidenb aus Hagen am Teutoburger Wald waren die ersten im Viereck und zeigten der Konkurrenz gleich mal, wo der Hammer hängt: Der Braune, der im Frühjahr in Florida und in Hagen schon mehrfach seinen Hut in Richtung Championatsteam in den Ring geworfen hat, zeigte eine Leistung, die vor allem durch eines begeisterte: Zu jeder Sekunde arbeitete der Bordeaux-Sohn harmonisch durch den Körper. Federnde Piaffen mit gesenkter Kruppe mit sehr guten, fließenden und aktiven Übergängen. Einzig im starken Galopp mit wenig Mut zum Risiko und wenn man etwas sucht, dann wäre sicher noch mehr Biegung in den Zick-Zack-Traversalen drin gewesen. Aber ein toller Auftakt zu den Deutschen Meisterschaften 2023. Mit 77,54 Prozent war das am Ende Platz drei.
Quantaz und Isabell Werth
Quantaz ließ Isabell Werth heute ordentlich in Schweiß geraten. Der Quaterback-Sohn schien nicht immer zufrieden im Maul. In der Trabtraversale nach links und im weiteren Verlauf der Prüfung war er im Genick immer mal wieder instabil. Mehrfach schnaubte der Braune in den Piaffen, dabei rutschte das Genick tiefer. Seit dem Weltcup-Finale von Omaha ist der Hengst kein Turnier mehr gegangen. Im versammelten Schritt zeigte sich der DSP-Hengst taktsicher, im starken Schritt waren die Fußfolge und der Raumgriff nicht immer gleichmäßig. Stellung und Biegung in der Zick-Zack-Traversale waren eher knapp, dem standen zentrierte Pirouetten gegenüber. Aber es war ein Arbeitsritt, Werth hatte viel zu tun. Die letzte Piaffe war die beste der Prüfung. Am Ende gab es noch eine leichte Taktstörung in der Passage vorm Schlussgruß, da kam das „Sch…-Wort“ über die Lippen der x-fachen deutschen Meisterin. 76,72 Prozent, Platz vier.
Frederic Wandres Duke of Britain sind ein weiteres Paar, das sich in- und auswendig kennt. Das gibt Selbstsicherheit, das sah man. Mit entsprechender Souveränität gingen die WM-Teilnehmer von 2022 ans Werk, auch wenn der starke Trab nicht ganz ausgeritten war. Die erste Piaffe reichte an die von Queen Dalera heran. Ausbalanciert, schwingend, auf der Stelle. Punkte blieben im starken Galopp liegen, das war kaum Mittelgalopp. Bitter und teuer waren gleich zwei Aussetzer in den fliegenden Galoppwechseln, den Zweiern und den von Sprung zu Sprung. 76,38 Platz fünf.
Ingrid Klimke und Franziskus hatten das Weltcup-Finale verfrüht beenden müssen. Freudig wieherte „Franz“ beim Einreiten. Dann marschierte der Fidertanz entschieden los. Lebhaft gelang die erste Piaffe, die zweite mit leichter Taktstörung, In den Einerwechseln war dann das „Wechselteufelchen“ wieder im Viereck: Zur Einleitung sprang der Deckhengst den Wechsel hinten kurz und zum Ende der Diagonale bremste er einmal ab. Nach sicheren Pirouetten gab es für die routinierte Runde nicht eben generöse 75,2 Prozent, wobei der Richter bei E, Thomas Kessler, die Münsteraner Kombination lediglich an zehnter Stelle in seinem Ranking hatte. Insgesamt wurde es Platz sechs.
Die weitere Rangierung bei der DM Dressur in Balve
Zwanzig Punkte hinter der Letztplatzierten rangierte Matthias Alexander Rath mit Thiago. Das Pferd ging durchweg mit engem Hals und wenig Rückentätigkeit. Im starken Trab erinnert Thiago sehr an seinen Erzeuger Totilas, vorne wie hinten. Die Piaffen waren dynamisch aber nicht spannungsfrei, die Pirouetten gelangen gut. Der Schritt ist eher durchschnittlich, das Genick mitunter instabil, 74,4 Prozent.
Klares Kontrastprogramm: Dorothee Schneider trabte mit langem Zügel leicht bis die Glocke, die sie zum Einreiten ruft, erklang. Also hinsetzen, Galopphilfe, Zügel aufnehmen, rein. Tolles Halten, und los. First Romance ging mit gespitzten Ohren, zeigte ein gutes Rückwärtsrichten. Der starke Trab war eher an der unteren Grenze des Erwartungshorizonts. Die Piaffen zeigte der Baden-Württemberger regelmäßig, aber mit wenig Abdruck bei guter Selbsthaltung. Nur in der letzten Piaffe blieb „Roman“ stehen, 74,38 Prozent.
Knapp dahinter: Bianca Nowag-Aulenbrock und Florine OLD. Stets mit gutem Seitenbild, aber eilig u. a. in der Trabverstärkung, die man sich mit mehr Rückentätigkeit wünschte. Dem Paar unterlief kein Lektionsfehler, 74,28 Prozent.
Tolle Momente hatten Katharina Hemmer und Denoix PCH. Der Destano-Sohn hatte eine kleine Störung in einer Piaffe. Dem gegenüber standen ein schwingender Rücken und teilweise ausdrucksstarke Momente in den Passagen. Die Einerwechsel misslangen. Ohne den Fehler hätte es eventuell noch zu einer Platzierung reichen können, denn das Feld lag eng zusammen im Grand Prix bei der DM Dressur Balve, 73,9 Prozent.
Semmieke Rothenberger hatte sich ihre Premiere bei den Senioren vermutlich anders vorgestellt: Denn beim Gruß setzte ihre U25-Europameisterin Flanell zum Steigen an. Doich routiniert ritt die Hessin gegen den misslungenen Start an. In den ersten Piaffen agierte sie etwas vorsichtig, ritt wenige Tritte im Vorwärts. Aber das Paar steigerte sich von Lektion zu Lektion, punktete unter anderem mit ausdrucksstarken Serienwechseln und ausbalancierten Pirouetten, 73,08 Prozent.
Dahinter landete Semmiekes Bruder Sönke mit seinem zweiten Pferd, Matchball OLD, den er erst seit Januar reitet. Die Piaffe zeigte der Rappe auf (zu) kleinem Raum, damit machte er sich die Übergänge doppelt schwer. In den Zweierwechsel gab es einen Fehler. Dafür gelangen die Einerwechsel sicher, mit weiterer gemeinsamer Routine wünschte man ihnen noch etwas mehr Raumgewinn. Aber der Schweif ruhig, die Anlehnung sicher, die erste Pirouette schon wirklich gut, 72,64 Prozent.
Die Vitalis-Kinder von Fabienne Müller-Lütkemeier kamen mit 16,5 Punkten Unterschied ins Ziel. Valesco, der noch nach Gleichgewicht in den Piaffen suchte, kam auf 71,84 Prozent. Valencia As piaffierte ganz langsam und vorsichtig dadurch gut balanciert, mit tiefer Kruppe, sicher in der Selbsthaltung, ihre Passagen sind eine Wucht. Beide Wechseltouren gelangen nicht, 71,18 Prozent.
Fehlerhafte Serienwechsel, Piaffen, die vorne gestemmt und hinten breit und ausweichend weit weg von der Tendenz in Richtung Schwerpunkt zu fußen gezeigt wurden sowie ein Anzackeln im versammelten Schritt summierten sich für Matthias Alexander Rath und Destacado, einem ehemaligen Bundeschampion, auf 70,3 Prozent.
Carina Scholz und die Ex-Bundeschampionesse Soirée d’Amour v. San Amour sind noch nicht so routiniert, konnten sich im Verlauf der Prüfung in den Piaffen von Mal zu Mal steigern, 70,08 Prozent.
Raphel Netz und Great Escape Camelot v. Johnson starteten mit guten Traversalen. In der Piaffe fußte der Braune hinten rechts nahezu durchgängig hinten rechts höher ab, dazu galoppierte er im Außengalopp an, auch Zweier- und Einerwechsel wollten heute nicht funktionieren, 69,58 Prozent.
Das Ergebnis des Grand Prix bei der DM Dressur in Balve 2023 finden Sie hier.
Hier die Startliste für den Grand Prix Special am Samstag, bei dem die ersten Meistertitel vergeben werden.
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