Die Sensation war weniger der Sieg als die Prozentpunkte, die Dorothee Schneider für ihren Auftritt mit Showtime im Grand Prix Special bei den Munic Indoors erhielt: 80,294 Prozent. Das sind die Sphären, in denen Einzelmedaillen verteilt werden.
Zwar behauptete Dorothee Schneider, sie sei sprachlos ob ihres sensationellen Sieges auf dem erst neunjährigen Showtime mit 80,294 Prozent im Grand Prix Special bei den Munic Indoors, aber dann sprudelte es doch aus ihr heraus. „Showtime hat mir solche Freude gemacht heute“, schwärmte sie, „er ist so ein ehrliches Pferd, eigentlich eher zurückhaltend, aber doch vertrauensvoll“. Der Sandro-Hit-Sohn gab sein Bestes, machte keinen falschen Tritt, sondern absolvierte die schwierigste aller Dressuraufgaben souverän und scheinbar mühelos. „Er ist ein Pferd, das alles richtig machen will“. Etwas mehr die Nase vor der Senkrechten hätte das Bild noch vervollkommnet.
Nur einmal bisher hatte Schneider in einer Prüfung mehr als 80 Prozent erhalten, bei der Olympiakür in London 2012 auf Diva Royal. Es war der letzte öffentliche Auftritt im Sattel der schwarzen Stute gewesen, damals flossen Tränen bei der Pressekonferenz. Dass Dorothee Schneider nur dreieinhalb Jahr später wieder von Olympia träumen darf, das hat wohl nicht nur sie überrascht. Einmütig setzte die fünfköpfige Jury Schneider auf Platz eins. Damit verwies sie Jessica von Bredow-Werndl (Aubenhausen), auf dem 14-jährigen Unée, Mitglied der deutschen Bronzemedaillenmannschaft bei der EM 2015, mit deutlichem Abstand auf Platz zwei (76,216). Der Schüler von Olympiasiegerin Isabell Werth, Matthias Bouten (Alpen-Veen), wurde auf Ehrengold Dritter (70,216). Mit Söhnlein Brilliant hatte er Samstagabend die Kür gewonnen. Hier finden Sie Meldung und Video des Siegesritts.
Für Showtime, der mit 76,680 auch den Grand Prix für sich entschieden hatte, war es erst das fünfte internationale Turnier. Die Münchner Olympiahalle mit ihren steilen Rängen ist zudem eine Arena, in der auch routiniertere Pferde schon mal große Augen kriegen. Aber Showtime absolvierte die schwierigste aller Dressuraufgaben souverän und scheinbar mühelos. Er kam dreijährig in Dorothee Schneiders Stall, also quasi zu Beginn seiner Karriere als Reitpferd. Er gehört einer Freundin von ihr und an Verkauf sei nicht gedacht, sagt die Reiterin, obwohl Pferde von seiner Begabung mit siebenstelligen Preisen gehandelt werden, vor allem im vorolympischen Jahr. Zum Talent kommen die Schönheit des Schwarzbraunen und die eleganten, tänzerischen Bewegungen. Mit St. Emilion hat Dorothee Schneider noch ein zweites Eisen im Feuer, auch er war in München hoch plaziert. Der zehnjährige Hengst stand bereits auf der Reserveliste für die Europameisterschaft in Aachen Sommer 2015.
Für das Olympiajahr ist Dorothee Schneider also bestens aufgestellt. Bei den German Masters in Stuttgart in 14 Tagen muss sie unter den Augen von Bundestrainerin Monica Theodorescu beweisen, dass die Leistung von München keine einsame Sternstunde war. Die Berufung in den Championatskader wäre dann überfällig, zur Zeit gehört sie nur dem B-Kader an. Im eigenen Land hat Dorothee Schneider zur Zeit nur wenige Paare zu fürchten, streng genommen nur Kristina Sprehe mit Desperados und Isabell Werth, wenn denn der lange verletzten Bella Rose ein Comeback gelingt. Was eine Reise nach Rio im nächsten Sommer angeht, bleibt Dorothee Schneider realistisch: „Da bleibe ich ganz ruhig. Olympia ist das Ziel für jeden Leistungssportler, aber der Weg dahin ist noch weit.“ Nur die genannten drei Reiter blieben im Special über 70 Prozent. Vierte wurde Kathleen Keller auf Daintree (68,353).
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