Dressur-German Master Stuttgart: Auf zu neuen Ufern

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Dressur, GPS, Hanns-Martin Schleyer Halle

Matthias Alexander Rath und Destacado in Stuttgart 2022 (© von Korff)

Der „kleine Streber“ tat auch im Grand Prix Special, was man von ihm erwartete. Mit 75,234 Prozent gewann Destacado unter Matthias Rath die Dressage German Masters in der Stuttgarter Schleyerhalle vor Carina Scholz auf Soirée d’Amour (73,596) und der Niederländerin Kirsten Brouwer auf Foundation (72,191).

Tatsächlich sieht man dem Fuchshengst Destacado unter Matthias Rath irgendwie an, dass er immer alles richtig machen will. Das Paar gewann mit neuen persönlichen Bestleistungen in der Schleyerhalle nach dem Grand Prix auch den Grand Prix Special, die „German Dressage Masters“. Nachdem die sechsfache Olympiasiegerin  Isabell Werth ihren 16-jährigen Emilio vor dem Grand Prix zurückziehen musste, weil er sich in der Abreitehalle das rechte Vorderbein vertreten hatte, war der Weg frei für Rath. Destacado ist erst neun Jahre alt, das ist jung für die ganz große Dressurbühne. Um am Ende als „Weltpferd“ zu gelten, also ein Pferd, das das Zeug hat, bei Championaten und Olympischen Spielen seinem Reiter aufs Podium zu helfen, braucht es das ganze Paket: Tänzerische athletische Bewegungen, einen kooperativen Charakter und möglichst auch noch eine Portion Schönheit, die hilft immer, auch bei Pferden. Alles das hat Destacado schon in den Genen, er ist ein Sohn des Mannschaftssilbermedaillenpferdes von London 2012, Desperados und von Librella, einer Londonderry-Tochter.

Bundestrainerin Monica Theodorescu, die die Ausbildung des Hengstes schon seit vielen Jahren begleitet, sagt von ihm: „Er hat ein enormes Potential, er kann sich konzentrieren, das sah man gerade hier in der Halle. Das geht bei ihm alles in die richtige Richtung.“ Gleichmaß, Schwung und Kadenz zeichneten die Trabtour aus, die Passage ausdrucksstark, die Piaffen ausbaufähig. Raumgreifend und bodenverachtend der Galopp, wobei ein Fehler in den Einerwechseln den Sieg noch hätte gefährden können, wenn der Herausforderin Carin Scholz auf der 13-jährigen Soirée d’Amour nicht das Gleiche passiert wäre. Überragend der Schritt, gelassen, raumgreifend und fleißig, schon fast ein Markenzeichen von Destacado. Die Verbindung Maul-Reiterhand könnte feiner und leichter sein. Für Rath war es der erste Start in der Schleyerhalle nach 15 Jahren, entweder passte der Termin nicht in seinen Turnierplan oder  sein Pferd, damals Totilas, war nicht in Ordnung oder er hatte gar keines. Jetzt könnte Destacado, den Rath gerne „mein kleiner Streber“ nennt, weil er in jedem Jahr das Klassenziel mühelos erreicht hat, die Durststrecke beenden.

Immer schön im Seitenbild: Soirée d’Amour

Sie kennen sich erst seit einem halben Jahr, aber Carina Scholz und die 13-jährige San Amour-Latimer-Tochter Soirée d’Amour konnten bei ihrem ersten internationalen Start in der Schleyerhalle voll überzeugen. Die kompakte dabei elegante Stute, immer in schönem Seitenbild und mit federleichter Verbindung zur Reiterhand, imponierte durch schwungvolle Trabverstärkungen, durch tolle Passagen und ausdrucksvolle Wechsel zwischen beiden, eine Höhepunkt des Special, wenn die Übergänge so gut gelingen wie bei Scholz.  Schwächen gab es noch in den Piaffen, in die erste kam das Pferd schlecht rein und zeigte zu wenig Tritte, die 3. auf der Mittellinie gelang gut. Ohne die Fehler in den Zweierwechseln und zwei zuviel gesprungenen Einerwechseln auf der Mittellinie, also elf statt neun, wäre ein Sieg noch möglich gewesen. So wurde es mit 73,596 Punkten Platz zwei.

von Korff

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Grand Prix Special International (© von Korff)

Ein weiterer knackiger Fuchs konnte sich auf Platz drei behaupten, der zwölfjährige Jazz-United Sohn Foundation der Niederländerin Kirsten Brouwer (72,191, Platz 3). Einer imponierenden Trabtour am Anfang, fehlerlosen Zweier- und Einerwechseln standen Taktstörungen in einer Pirouette und ein Ausfall nach der Rechtspirouette gegenüber. Das Paar bestreitet seine erste internationale Grand Prix-Saison, das ist gewiss noch Luft nach oben.

Weiter steigern gegenüber dem Grand Prix konnte sich Jasmin Schaudt mit dem bunten zwölfjährigen Fuchs Fano v. Fiorano-Friedensfürst, geschlossen und allzeit sicher an den Hilfen, vielleicht manchmal ein wenig aufgekröpft im Hals. Fehler in den Galoppwechseln und ungleiche Tritt in der Passage  verhinderten eine bessere Note als 72,170, das war Platz 4 vor  Dorothee Schneider auf der hübschen kooperativen zehnjährigen Sandro Hit-Royal Diamond-Tochter Sisters Act (Old.) , die in Stuttgart nicht ging, wie sie es in den vergangenen CDI gezeigt hat. Zwar präsentierte Schneider ihre Stute sehr korrekt und losgelassen, aber vor allem zum Ende der Aufgabe ließen Frische und Kraft nach und den Piaffen fehlten ein wenig Energie  und Ausdruck.

Tage der Schleyerhalle gezählt

Die Tage der Schleyerhalle in ihrer heutigen Form sind gezählt. 2026 soll die Halle komplett abgerissen und durch einen  Neubau ersetzt werden, dessen Innenraum so hoch ist, dass auch Helene Fischer in lichter Höhe herumturnen kann. Bis dahin sei das Turnier gesichert, sagt Alfred Kroll, Chef der Stuttgarter Veranstaltungs GmbH. Dann soll es zumindest vorübergehend umziehen, etwa in die Messehallen am Flughafen. Zustimmung des Stuttgarter Gemeinderates vorausgesetzt. Wie es heißt, geht es um ein Projekt von einer Milliarde Euro. Bis Weihnachten soll eine Machbarkeitsstudie vorgelegt werden, dann muss die Politik entscheiden.

Alle Ergebnisse vom Grand Prix Special in Stuttgart finden Sie hier.

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

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