EM-Gold Nummer drei für Jessica von Bredow-Werndl und Dalera. Silber gewinnt die Dänin Cathrine Dufour vor Charlotte Dujardin (GBR). Isabell Werth und Weihegold landen auf Platz vier.
Sie haben es geschaftt! Drittes EM-Gold für Jessica von Bredow-Werndl und Dalera! Und die fünfte Goldmedaille für das Team Aubenhausen nach dem Sieg von Raphael Netz in der U25-EM.
EM-Gold zu La La Land
Die Chöre singen, vorm geistigen Auge erscheint das MGM-Logo. Der Vorhang geht auf, das Eiskonfekt schmilzt. Es riecht nach Popcorn. Großes Kino, es kann losgehen: Auch in Hagen tanzen Jessica von Bredow-Werndl und Dalera zu La La Land. Und auch diesmal äppelt die Trakehner Stute, diesmal wieder vor den Traversalen.
Verdauung und Erbauung harmonisch zusammen
Diesmal stört die Darmtätigkeit nicht. Die Passagen sind federnd und leicht, die Piaffen wunderbar gleichmäßig. Ein Tritt wie der andere, auch aus der Piaffe-Pirouette in den starken Trab.
Vor der ersten Pirouette im Galopp springt die Stute einmal hinten um. Das erste Mal landete da die Zwischenwertung bei „nur“ 85 Prozent, sonst ist sie deutlich darüber. Und Pirouetten werden die Olympiasiegerinnen noch einige zeigen. Und bei jeder weiteren wacht der äußere Schenkel der Reiterin und mahnt zur Präzision. 18 Einerwechsel – alles läuft.
Dann die Einleitung zum Abschluss der Mission EM-Gold. Passage-Traversalen, herrliche Piaffen, exakt zur Musik und am Ende einhändig zum Schlussgruß. Das Publikum klatscht schon im Takt zur Passage mit auf den letzten Metern. Der endet ganz etwas vor der Musik. Mit 91,021 Prozent wird das EM-Gold, die fünfte Championats-Goldmedaille innerhalb von fünf Wochen wahr.
Silber: Cathrine Dufour (DEN) und Bohemian
Ruhig und entspannt steht Bohemian beim Gruß zum Auftakt. Die Dänin Cathrine Dufour hat ein Programm mit Passagen und Piaffen und Traversalen zu Beginn.
Ganz lässig kommt der Westfalen in die erste Piaffe-Pirouette, die wirklich präzise um das Hinterbein gewendet ist. Ansonsten sieht man viele „Mittelhandwendungen“ an diesem Nachmittag.
Bohemian: relaxter und selbstverständlicher
Bohemian geht im starken Trab weiter. Was positiv auffällt: Der Bordeaux-Sohn ist insgesamt viel weniger eng als im Grand Prix Special. Was nicht heißt, dass er nicht auch im Verlauf dieser Kür bei den Europameisterschaften immer mal wieder hinter die Senkrechte mit der Stirn-Nasenlinie rutscht. Aber insgesamt scheint er mehr ans Gebiss heranzuziehen. Die Vorstellung ist legerer. Es sind Musicalmelodien, „Les Miserable“ nach dem Stoff von Victor Hugo.
Die Galopppirouetten sind etwas groß und in den Einerwechseln rutscht die Nase hinter die Senkrechte, das Pferd ist aber locker. Der Übergang von den Zweier- in die Einerwechsel gelingt (leider hier ein Fehler). Am Ende dann noch ein paar Passagen und Piaffen mit großer Selbstverständlichkeit. Was für eine Entwicklung! In Tokio wirkte der Zehnjährige noch gestresst und etwas überfordert – hier in Hagen sieht das Paar souveräner aus. 88,436 Prozent – damit hat sich die Dänin vor Gio und Charlotte Dujardin gesetzt, die direkt vorher im Viereck waren.
Bronze: Charlotte Dujardin (GBR) und Gio
Die britische Olympiasiegerin Charlotte Dujardin und Gio reiten zu japanischen Klänge ein. Die Tokio-Kür, die mit Bronze bei den Olympischen Spielen für den gerade einmal zehnjährigen Apache-Sohn belohnt wurde. Ein Wechsel von Piaffen und Passagen mit Piaffe-Pirouetten und Passage-Traversalen und solchen im versammelten Trab stehen zum Auftakt. Der starke Trab ist eher gelaufen. Aber alles andere begeistert. Das Gleichmaß, die Kraft und die Kadenz in der Passage suchen ihresgleichen. Aus der Piaffe-Pirouette geht es in den starken Schritt. Zügel lang und der Fuchs wandert zufrieden los. Sein Schritt ist keine Neun wert, sein entspannter Ausdruck schon. Aus dem versammelten Schritt geht es sofort in ein doppelte Galopppirouette, gefolgt von Zweierwechseln. 18 Einerwechsel auf einer „einfachen Schlangenlinie“ entlang der langen Seite. Alles klappt. Am Ende gibt es in einer Reprise mit fliegenden Galoppwechseln von Sprung zu Sprung zwei Fehler.
Der Schlussgruß direkt aus der Piaffe-Pirouette – da schleuderten die Hinterbeine etwas aus der Linie – denn die Musik war kurz vor Schluss. Und grüßen wollte sie wohl doch mit Blick gen C, wo der deutsche Chefrichter Hennig Lehrmann sitzt. Der gibt 85,475 Prozent, Insgesamt kommt das Paar aus Großbritannien auf 87,246 Prozent – das zweite Mal, das Gio alias Pumpkin, „Kürbis“, diese überhaupt Kür gegangen ist. Bronzemedaille!
Isabell Werth und Weihegold
Isabell Werth und Weihegold machen sich vorm Einreiten mit ein paar Passagen warm. Dann geht‘s los! Nach dem Gruß die Passage-Volte zu Italo-Pop aus den 1970er Jahren. Dann die erste Piaffe – und was ist das? „Weihe“ stockt. Sie muss äppeln! Nach der Erleichterung geht es flüssig weiter aber auch in der zweiten Piaffe, schon als Pirouette gezeigt, braucht es ein paar Tritte bis die Don Schufro-Tochter in der Art und Weise piaffiert, wie man es von der Oldenburger Stute sonst kennt. Piaffe Nummer drei dann voll und ganz im Weihe-Stil, energisch und auf dem Punkt.
Galopp, zu der Melodie, die im Deutschen „Tanze Samba mit mir heißt“ – Isabell Werth reitet den starken Galopp voll aus, doppelte Pirouette, sehr gute Zweierwechsel. Das Paar hat sich wieder gefunden. Dann auf der rechten Hand aus der Pirouette heraus ein holpriger Übergang in die Einerwechsel, die erst nach ein paar Galoppsprüngen flüssig gelingen wollen. Das ist teuer!
Tolle Passagen und eine 360-Grad-Drehung in der Piaffe – am Ende ist es wieder die Weihegold, die man kennt, die dreifache Weltcup-Siegerin. Mit 84,896 Prozent ist es Platz vier für das Paar, das am Donnerstagabend noch nach dem Kolik-OP Schock von Bella Rose Silber im Grand Prix Special gewonnen hatte.
Charlotte Fry und Everdale
„Higher Love“ Kygo und Whitney Houston sind die musikalischen Begleiter des fünftplatzierten Paares. Die Britin Charlotte Fry stellt den niederländischen Hengst so vor wie in Tokio und auch in Hagen in den letzten Tagen – durchgängig zu eng und mit hoher Kruppe. Das Programm ist ausgeklügelt und hat einige Überraschungen bereit – etwa den Übergang aus dem starken Trab in den Schritt. Zum Galopp singt Rihanna von „Diamonds“. In der Serienwechseln gibt es kleine Fehler. Am Ende: Aus der Galopptraversale in die Piaffe, ein schwieriger Übergang. Schweres Programm, aber die lässige Souveränitat, die vermisst man etwas. Und die will man doch eigentlich sehen beim Tanz mit dem Pferd. 84,721 Prozent – persönliche Bestleistung.
Henri Ruoste (FIN) und Kontestro
Der deutlich im Rechteckformat stehende Contendro-Sohn Kontestro und der Finne Henri Ruoste zeigen zunächst eine Choreographie, die wenig Überraschendes zu bieten hat. Diagonalen, wenig Linien, die vom Standard abweichen. Aber dann! Im letzten Drittel der Prüfung legt der Finne den Schalter um: Aus den Zweierwechseln wechselt er direkt in die Wechsel von Sprung zu Sprung. Und das sind unzählige, 25 mindestens. Sie beginnen an der kurzen Seite und setzen sich dann auf einer weiteren gebogenen Linie fort. Das ist noch nicht alles. Aus dem Galopp geht es in die Piaffe bei A, daraus eine 90 Grad Wendung auf die Mittellinie. Choreographisch sind die letzten 90 Sekunden ein Feuerwerk!
Diskutiert wird aber immer wieder, wie der belgische Wallach die Lektionen zeigt. „Spektakulär“, finden einige. Aber was sagt das aus über das Gerittensein? Der Wallach hat einen langen Rücken und ein aktives Hinterbein. Häufig hängt der Rücken durch, und das Hinterbein fußt energisch hoch, kommt aber nicht unter den Körper, um dort zu tragen. Vielmehr ist das Sprunggelenk hoch. In der Piaffe senkt sich der Wallach hinten. Dennoch hat man auch hier nicht immer den Eindruck, der Widerrist käme dem Reiter entgegen und der Rücken wölbe sich auf. Im Galopp zeigt Kontestro fliegende Galoppwechsel, die in Sachen bergauf und Energie ihresgleichen suchen. Dem stehen im Hinterbein beidbeinig gesprungene Galopppirouetten entgegen, vor allem die linksherum.
Technisch landete das Paar im Schnitt bei 77 Prozent, insgesamt bei 82,6 Prozent, Platz sechs.
Daniel Bachmann-Andersen (DEN) und Marshall-Bell
Der schlanke Däne und das jüngste Pferd des Finals: Daniel Bachmann Andersen und Marshall-Bell. Passage und Piaffen stehen zu Beginn der Kür, dazu erklingen E-Gitarren.
Der Wechsel von versammelten Trab nach links und Passage-Traversale nach rechts, gefolgt von einer Piaffe auf der Mittellinie und aus der heraus in die Passage-Traversale nach links zeigt: Heute wird geklotzt, nicht gekleckert!
Spiegelbildlich geht es zurück im versammelten Trab in der Traversale nach rechts. Wow! Für einen Neunjährigen ist das schon echt ein dickes Brett, das da gebohrt wird! Das Hinterbein fußt mitunter nicht ganz synchron.
Pferd mit Zukunft
Der Don Romantic-Sohn geht einen guten starken Schritt. Klar im Takt, aus der Schulter greift er aus. Das Programm hat viele komplexe Abläufe, die der Dunkelfuchs trotz seines nahezu noch jugendlich zu nennenden Alters schon recht respektabel zeigt. Was man sich wünscht: Dass die Kruppe noch tiefer kommt. Aber das ist dann wirklich erstens eine Frage von Kraft und Routine und zweitens, wie es eine Internet-Kommentatorin sagen würde, „jammern auf ganz, ganz hohem Niveau!“ Marshall-Bell hat nun erstmal Pause, viel ausreiten am See und durch den Wald in dem kleinen dänischen Paradies, in dem Daniel Bachmann-Andersen mit seiner Familie lebt. Bleibt zu hoffen, dass dieses Paar nicht nur finanzielle Angebote der Kategorie „unausschlagbar“ getrennt wird. Zusammen mit Cathrine Dufour und Bohemian wäre er der zweite Goldfuchs, den die Dänen bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land, 2022 in Herning, aufzubieten hätten. 82,05 Prozent – was für ein Debüt!
Therese Nilshagen (SWE) und Dante Weltino
Dante Weltino und die Schwedin Therese Nilshagen beginnen mit ein Piaffe, aus der heraus der schicke Oldenburger sofort einen wirklich starken Trab zeigt. Einen mit aktivem Hinterbein und schwingendem Rücken. Die Musik stammt von Adele. Gesang, „Rain“, setzt erstmals bei der Passage-Traversale ein. Die Traversalen im versammelten Trab sind locker, geschmeidig und gleichmäßig. Die Piaffen sind allerdings wenig lebhaft, Adele ist ja auch eher etwas slow …
Im Galopp gibt es andere Musik: „The greatest“ von Sia. Und wenn Therese Nilshagen dann im starken Galopp die Diagonale herunterprescht und in der doppelten Pirouette landet, dann sieht das schon recht „great“ aus. Die feine Zügelführung macht Spaß, der Fehler in den Einerwechseln leider weniger. Später zeigt das Paar neun weitere fliegende Galoppwechsel von Sprung zu Sprung, diesmal ohne Fehler. Am Ende marschiert der Rapphengst mit seiner Reiterin, die einhändig die Zügel führt, im starken Trab zum Schlussgruß. Das ist dann wohl diese Durchlässigkeit, von der in der Dressur doch immer mal wieder die Rede ist. 81,325 Prozent, Platz acht.
Juliette Ramel (SWE) und Buriel
Die nächste schwedische Kombination setzt voll auf die Stärken des routinierten niederländischen Wallachs: Piaffen, Passagen, Traversalen. In der Trabverstärkung ging der Braune kurz vorm Angaloppieren deutlich unklar. Und in der Serienwechseln unterlief dem harmonischen Paar ein Fehler. 80,175 Prozent, Platz neun.
Dinja van Liere (NED) und Haute Couture
Die niederländische Stute Haute Couture ist ein hübsches, kompaktes Reitpferdemodell. Ihre Reiterin Dinja van Liere hat sie von Anfang an ausgebildet. Ein Niederlande-Duo also.
Die Connaisseur-Tochter ist neun Jahre jung, entsprechend zuckig reagiert sie auf die Stadionatmosphäre. Piaffe und Passage sind energisch herausgearbeitet, das Pferd hat aber die Tendenz zu ballotieren, also mit den Vorderbeinen links und rechts auszubalancieren. Ein Phänomen, das häufig beim Piaffieren auftritt. Bei Haute Couture ist es weniger in der Piaffe, die gehorsam und mit tiefer Kruppe ausgeführt wird, als vielmehr in der Passage zu sehen. Im starken Schritt zu Piano-Klängen entspannt die hübsche KrackC-Enkelin sich. Die Reiterin ist einmal deutlich vor der Musik mit ihrer Galopphilfe, in der Pirouette hat das Paar dann wieder die richtige Stelle gefunden. Souverän springt das Pferd die Serienwechsel, im starken Galopp aber springt Haute Couture mehrfach um. Die Trabverstärkung ist im Rücken fest und laufend. 79,668 Prozent, Rang zehn. Interessanterweise strafen die Zuschauer, die per App mit richten das Paar mit der strammen Anlehnung deutlich ab. Im Spectator Judging ist es nicht der zehnte Platz, den die Richter gesehen haben.
Blut! Adelinde Cornelissen abgeläutet
15 Pferde waren qualifiziert für die Kür, 14 erscheinen als platziert: Die Niederländerin Adelinde Cornelissen und Governor, ein Totilas-Sohn aus einer Vollschwester von Parzival, kamen nicht bis zum Schlussgruß. Durchgängig ging der Rappe gegen die starre Hand seiner Reiterin. Im Galopp klingelte dann Chefrichter Lehrmann. Es bedurfte nicht des offiziellen Weges, Chefrichter zückt weißes Taschentuch, um rot eingefärbtem Schaum zu dokumentieren. Das war Blut, eindeutig. Einmal mehr bei dieser Reiterin.
Der Spanier José Antonio Garcia Mena, Elfter (79,361), zeigte eine besondere Idee: Übergang Galopptraversale-Piaffe-Galopptraversale. Schöne Anlehnung, am Anfang etwas zu viel des legeren, zeichnete den Ritt aus. Aber immer in Selbsthaltung, vor allem in den Serienwechseln auf gebogenen Linien. 79,361 Prozent! Große Freude!
Die Dänin Nanna Skodborg Merrald und Orthilia zeigen die beste ihrer Runden in Hagen. Das Maul der Gribaldi-Tochter ist weiterhin das Problem. Häufig zu offen, aber nicht so schlimm wie in den anderen Prüfungen. Insgesamt trägt sich die Stute etwas mehr. In den Zweierwechsel gibt es einen Fehler. 78,904 Prozent, Zwölfte.
Carl Hester und En Vogue hatten heute nicht den besten Tag. Immer wieder mal Spannung. Der Übergang in eine erste, frühe Piaffe-Pirouette ist holperig. Der Wallach stützt sich auf das Vorderbein und dreht sich auch um dasselbe, statt um die tragende Hinterhand zu wenden, wie es sein soll. Beim Abwenden auf Mittellinie nach 20 Einerwechseln auf gebogener Linie erschreckt En Vogue vor seiner eigenen Hinterlassenschaft. „Pferdeäppel? Hier? Warum?“ Prompt folgt bei den nächsten Einern ein weiterer Fehler. Den Piaffen fehlte heute der Rhythmus und am Ende hält der Jazz-Sohn gar nicht zum Grüßen. 78,375 Prozent, Platz 13.
Helen Langehanenberg und Annabelle
Platz 14 sind es am Ende mit 77,214 Prozent für Helen Langehanenberg und Annabelle. Die erste Piaffe wünscht man sich aktiver. Die gesamte Vorstellung von „Mausi“ und Helen hat viele tolle Momente und solche, bei denen noch „Luft nach oben ist“. Die Übergänge Schritt-Piaffe-Schritt unterstreichen die Durchlässigkeit. Die doppelte Pirouette nach links ist etwas groß, die nach rechts misslingt komplett. Gleich danach springt die Holsteiner Stute wieder sichere Einerwechsel – Licht und Schatten … Zum Schluss, als wieder das Glockenspiel aus dem „Tanz der Zuckerfee“ aus Tschaikowskys Nussknacker-Suite, erklingt, zeigt die Conteur-Tochter eine Piaffe-Pirouette mit 360 Grad-Drehung. Ein sehr guter Abschuss. Für die Prüfung und für das Debüt in einer deutschen Championatsmannschaft!
Die Ergebnisse finden Sie hier.
Hinweis: Dieser Artikel wird laufend aktualisiert.men’s jordan upcoming releases | men’s jordan retro release dates
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