Nach langer Abstinenz vom Wettkampf ist ihr Westfale Delgado wieder zurück. Der bunte Fuchs, der schon im Grand Prix viele Fans hatte, war heute morgen im Training gestolpert und hatte seine Reiterin unter sich begraben. Davon war heute Nachmittag nichts mehr zu spüren. Der De Niro-Sohn zog sein Programm mit den Höhepunkten in Passagen und der gesamten Trabtour durch, aber in den fliegenden Galoppwechseln von Sprung zu Sprung patzte auch er. Die 77,395 Prozent sollten am Ende für Platz vier reichen.
Doch noch kamen die beiden Niederländer Hans Peter Minderhoud und Edward Gal, das Paar, dessen Pferde den Vornamen Glock nach dem österreichischen Waffenproduzenten tragen, der das Paar bezahlt. Gal, der Favorit auf eine Einzelmedaille, hatte den letzten Startplatz gelost. Minderhoud ging als Vorletzter ins Stadion, in dem 26.000 Zuschauer gespannt warteten. Der sonst stets braungebrannte Minderhoud war reichlich blass. Nicht, weil er den Mannschaftssieg seiner Mannschaft zu intensiv gefeiert hätte, sondern weil es ihn in der vergangenen Nacht erwischt hatte. „Ich habe die halbe Nacht über der Toilette gehangen und mich übergeben. Tagsüber war ich dann im LKW, meine Beine waren wie Spaghetti. Alle, denen ich begegnete, sagten: Man siehst du schlecht aus. Da habe ich gedacht, danke, noch zwei solche Sätze und ich bin weg.“ Aber im Sattel sei es dann besser gegangen. Minderhouds Hengst Johnson v. Jazz, einst Siegerhengst in den Niederlanden und zweifacher Weltmeister der jungen Dressurpferde, ging gut. Aber nicht so gut wie im Grand Prix. Es waren kleine Unsauberkeiten in der Anlehnung und Dynamik, aber das Paar kam, trotz Fehlern in den 15 Einerwechseln auf der Diagonale, auf 79,034 Prozent. Minderhoud verließ die Bahn, glücklich sein bislang bestes Ergebnis bei einem Championat geritten zu sein. Dass er 20 Minuten später mit der Bronzemedaille in der Soers galoppieren würde, konnte da niemand wissen. Es kam ja noch Edward Gal.
Schon beim Einreiten war aber deutlich: Dies ist nicht der Undercover aus der Mannschaftswertung, wo der Ferro-Sohn entspannt und konzentriert gegangen war. Der Rappe wirkte aufgedreht und machte tatsächlich kurz vorm Einreiten noch auf dem Absatz kehrt. Er galoppierte wie ein verspanntes Kaninchen, mehr hopsend als springend, die Mittellinie hinunter, ein Halten war nicht zu erkennen. Der 14-Jährige piaffierte vorne, hinten hüpfte er mit beiden Hinterbeinen. Gal blieb nur die Flucht nach vorn. Er bekam etwas mehr Ruhe in den Rappen. Gal hatte aber die Hände voll. Der Hals war eng, die Augen groß, Spannung nicht zu übersehen (dennoch gab es für einige der Passagen Noten deutlich über 8,0, – Motto: „Erst bringen wir ihn in Rage, dann reiten wir Passage“, wie es bei August Schulte-Quaterkamp heißt). Im Schritt meinte man bereits ein leichtes Rosa des Schaums am Maul zu erkennen. Als aus dem Rosé ein deutliches Schweinchen-Rosa geworden war und der Chefrichter Andrew Ralph Gardner (GBR) das aus seiner Position genau sehen konnte, griff er zur Glocke. „Als er direkt vor mir war, da habe ich es gesehen und dann musste ich es leider tun.“ Abgeläutet, aus der Traum von Silber. Dafür Bronze für Minderhoud.
Undercover sei ziemlich hektisch geworden, als das letzte Pferd den Abreiteplatz verlassen hatte, berichtet Disziplintrainer Jonny Hilberath. „Er war unreitbar“, sagte Edward Gal.
Startnummer 43 beim Training für den GP Special – mit dem Ergebnis „unreitbar“
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