EM Göteborg: Isabell Werths 16. Titel, Cosmos Tanz zu Silber

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Isabell Werth und Weihegold – nach Gold mit der Mannschaft folgte der nächste Titel in der Einzelwertung bei den Europameisterschaften 2017 in Göteborg für die erfolgreichste Dressurreiterin der Welt. (© Pauline von Hardenberg)

In einem spannenden und knappen innerdeutschen Duell hat Isabell Werth bei der Europameisterschaft in Göteborg den Einzeltitel im Grand Prix Special gewonnen. Sönke Rothenberger wurde mit Cosmo Zweiter, die Dänin Cathrine Dufour gewann Bronze. Dorothee Schneider ist für die Kür qualifiziert, während Helen Langehanenbergs Damsey nach Aussagen von Bundestrainerin Monica Theodorescu „null Bock“ mehr hatte.

Viel weniger Fehler, harmonischere Runden und in der Spitze hohes Niveau – das sind die Eckdaten der Europameisterschaft im Grand Prix Special. Zehn Jahre nachdem Isabell Werth in La Mandria mit Satchmo Gold im kontinentalen Vergleich gewonnen hat, stand die Weltranglistenerste wieder oben auf dem Podium.

Europameister wird, wer gegen ein Flugzeug bestehen kann

Pauline von Hardenberg

Nach zehn Jahren wieder Europameisterin: Isabell Werth mit Weihegold. (© Pauline von Hardenberg)

Es war eine enge Entscheidung, denn beide Spitzenpaare kamen nicht ganz fehlerfrei durch die Aufgabe im Ullevi Stadion von Göteborg. Die Oldenburger Stute Weihegold ließ sich in der ersten Piaffe etwas bitten, da hielt das Publikum den Atem an. Sönke Rothenbergers Cosmo ging den „Grand Prix Special seines Lebens“ (das ja erst zehn Jahre währt, da ist also noch Luft nach oben), wie Bundestrainerin Monica Theodorescu es zusammenfasste. „Cosmo ist ein Flugzeug, dazu jung, frisch und gesund“ – ein Zukunftspferd, was ja nicht erst seit heute bekannt ist. Aber: Seit heute ist Sönke Rothenberger mit seiner ersten Einzelmedaille als Senior dekoriert, und das im Jahr vor den Weltmeisterschaften!

Isabell Werth war mehr als zufrieden. „Weihe ist einer super Verfassung, absolute Topform“. Ein bisschen spannend hatte sie es gemacht (alle Details zu den Ritten in unserem Liveticker nachzulesen). „In der ersten Piaffe habe ich gedacht, jetzt keinen Fehler provozieren. Es fühlte sich so an, als würde man erkennen, dass es eine Piaffe ist. Halt nur nicht so, wie sie sonst piaffiert. Es kann auch mein Fehler gewesen sein, ich war etwas früh mit der Hilfe und dadurch etwas vor dem Punkt.“

Werth stand vor der Entscheidung: Einmal zupacken, oder der Stute vertrauen und ihr die Zeit geben, von allein wieder in Schwung zu kommen. Die Entscheidung war klar: „Nicht zu viel riskieren, die anderen waren mir ja auf den Fersen.“ Tatsächlich dürfte die beste Dressurreiterin aller Zeiten den Atem der nächsten Generation schon im Nacken gespürt haben. Für sie erklärte sich die kleine Abstimmungsschwierigkeit aber ganz einfach: „Da merkt man eben den Unterschied zwischen fünf Grand Prix Specials, die wir bislang gemeinsam bestritten haben und ich weiß nicht wie vielen Küren.“

Die nächste Generation

Viel wurde über die Generationen gesprochen. Werth, definitiv Ü40, stand auf dem Podium mit zwei Vertretern nicht nur U30, sondern sogar U25. Beide waren durch die Junge Reiter Tour mit ihren Pferden zusammengewachsen. Die mit der Bronzemedaille ausgestattete Dänin Cathrine Dufour sogar seit dem Juniorenlager. Sönke Rothenberger feixte bei der Pressekonferenz:

Zusammen sind wir so alt wie Isabell

Sönke Rothenberger über sein und Cathrine Dufours Alter im Verhältnis zu dem von Isabell Werth

Isabell Werth machte, sichtlich amüsiert, zum Schein auf beleidigt: „Ja, ja, das Thema wieder … “ Die Jungen wären super für den Sport diktierte sie der Weltpresse danach ganz ernsthaft in die Blöcke. Und: „Ich habe ja auch mal mit 21 Jahren zwischen den Großen gesessen.“

Rückblende

Vor 28 Jahren ist sie ihre erste Europameisterschaft geritten. Vor zehn Jahren gewann sie den letzten Einzeltitel, mit Satchmo, der jetzt mit Pony Kelly seinen Ruhestand auf dem Hof in Rheinberg genießt. „Ich bin dankbar, dass ich mit so vielen verschiedenen Pferden habe Championate bestreiten dürfen“, sagte sie. „Platz vier mit Johnny (Don Johnson 2015 bei der EM) in Aachen war auch wie eine Medaille.“

Aber das klang noch nicht wie ein Abgesang, eher wie ein kurzer Blick zurück, nur um dann nach vorne zu schauen. Die allernächste Zukunft war nach der Dopingprobe der Vetcheck und die Begrüßung der Familie. Die war kurz nach dem Titelgewinn in Göteborg angekommen. Dann natürlich die Kür, morgen ab 14.30 Uhr. Werth wird um 17.10 Uhr als letzte ins Viereck kommen (www.st-georg.de wird auch morgen wieder im Liveticker online berichten). Werth ist motiviert, wird sich heute abend sicherlich „einen Gin Tonic“ gönnen, weiß aber auch, wie hoch die Erwartungen sind. „Es wird nicht ganz einfach, das Ergebnis von Aachen zu erreichen, das fühlte sich schon fast wie 100 Prozent an. Also 100 Prozent dessen, was Weihe zu leisten im Stande ist.“

Sönke, der Jäger

Pauline von Hardenberg

Ein Pferd, „das alle schlagen kann“, weiß sein Reiter: Sönke Rothenbergers Van Gogh-Sohn Cosmo. (© Pauline von Hardenberg)

Werth ist die Gejagte, ihr souveräner Weltcupsieg und die Hallensaison 2016/17 hat sie zum Maß aller Dinge in Sachen Kür gemacht. Sönke Rothenberger hat sein Programm erst einmal international geritten, in Aachen. Da gab es 85,75 Prozent. Rothenberger gibt sich auf charmante Weise selbstbewusst: „Mein Pferd kann jeden schlagen, das weiß ich seitdem ich das erste Mal auf ihm gesessen hab.“

Gänsehaut habe ich sonst nie beim Dressurreiten bekommen, sondern nur als ich beim Springen das erste Mal über ein 1,60 Meter-Hindernis gesprungen bin.

„Bei Cosmo war die Gänsehaut sofort da. Und wenn ich an unseren Ritt heute denke, dann kommt sie gleich wieder.“ Rothenberger zeigt auf seinen Unterarm. Alle Möglichkeiten sind das eine, aber „im Viereck muss eben alles zusammenkommen“, sagt der 24-Jährige.

Dressurreiten ist wie bei einem Jongleur. Du hast alle Teller in der Luft und dann muss die Abstimmung perfekt funktionieren.

Einmal wären die Teller wohl zu Boden gegangen während Rothenbergers Ritt. Am Ende des starken Galopps kommt ein fliegender Wechsel. Der misslang. „Ich habe angefangen zu denken: Jetzt noch einen Galoppsprung mehr, so dass nicht im Protokoll steht, ,starker Galopp nicht zu Ende geritten‘ oder doch früher, weil es sich so anfühlte, dass der Wechsel hätte kommen sollen. Da ist dann der Fehler passiert.“ Dass er aber sofort wieder Pirouetten mit Bewertungen über 80 Prozent danach ritt, zeigt seine große Konzentration, oder? Rothenberger lacht und winkt ab: „Du hast gar keine Zeit, dich zu ärgern oder zu grübeln. Du bist in der Ecke, musst auf die Mittellinie und dann kommt schon die Pirouette.“

Die Passage am Schluss wurde wie bei nahezu allen der letzten zehn Starter vom rhythmischen Klatschen des Publikums begleitet. Cosmo ist ja bekannt dafür, auch mal den Schalk im Nacken zu haben. Ob Rothenberger vor der Situation Respekt hatte? „Ich habe erst im Nachhinein gedacht, ist ja gut, dass er da nicht den Hampelmann gemacht hat. Aber er war so gut zu reiten, dass ihn das gar nicht gestört hat.“

Cathrine Dufour mit einem Plan

Begeistert, aber auch klar fokussiert auf die kommenden Aufgaben, war die Bronzemedaillengewinnerin, die Dänin Cathrine Dufour (Details zu allen Ritten in unserem Liveticker): „Cassidy fühlte sich besser an als im Grand Prix, er war entspannter. Deswegen konnte ich auch im Galopp mehr Risiko wagen als vorgestern.“ Neben Isabell Werth zu sitzen, das sei ein Gefühl, das sie immer noch nicht fassen könnte, sagte die Dänin.

Die Überraschung aus Schweden und Lodbergen

Pauline von Hardenberg

Ein Paar, mit dem zu rechnen ist, sind Therese Nilshagen und der Oldenburger Hengst Dante Weltino. (© Pauline von Hardenberg)

Schon in Aachen hatte sie aufhorchen lassen. Aber vor heimischen Publikum hat die Schwedin Therese Nilshagen, die seit Jahren in Deutschland lebt und beim Dressurleistungszentrum Lodbergen angestellt ist, dann die kleine Sensation perfekt gemacht. Mit dem Oldenburger Hengst Dante Weltino, den sie fünfjährig übernommen hat, ist sie gewachsen. Mit ihm hatte sie sich für das Finale für den Nürnberger Burg-Pokal qualifiziert. Unter der Anleitung von Klaus Balkenhol wuchsen beide in ihre erste Grand Prix Saison, der jetzt zehnjährige Danone und seine Reiterin. Heute klappte alles, 78,585 Prozent, und das Potenzial des herrlichen Rappen ist immer noch nicht ganz ausgereizt. Gut, dass die Familie der Stockholmerin nicht darauf bestanden hat, dass sie wie geplant nur ein Jahr in Deutschland reiten würde, um anschließend in Schweden Jura zu studieren.

The one to watch

Bedeutend besser gelangen die Auftritte der Briten Carl Hester und Nip Tuck, Platz fünf, und Spencer Wilton mit Supa Nova v. De Niro, Platz sechs. Gerade Supa Nova ist „one to watch“ wie es die Briten sagen, einer, den man auf der Liste haben sollte. Platz acht für den Schweden Patrik Kittel und Delaunay – dessen Gebissüberprüfung nach dem Grand Prix am Dienstag mehr als zehn Minuten in Anspruch genommen hatte, um dann festzustellen, dass nichts (also auch kein) Blut zu beanstanden war. Dies zu betonen war extra Frank Kemperman, Vorsitzender des Dressurkomitees des Weltreiterverbandes (FEI), in die Pressekonferenz nach der Einzelwertung geeilt. Im Nachhinein disqualifiziert wurde nach dem Grand Prix die Russin Inessa Merkulova, weil sich in Mister X‘ Maul nicht nur Schaum angefunden hatte.

Dorothee und Helen nicht ohne Fehler

Dorothee Schneider hatte lange Zeit einen sehr sicheren, selbstverständlichen Eindruck in der Prüfung mit Sammy Davis jr. hinterlassen. Doch in der Linkspirouette fiel der bayerische Rappe aus, auch in der letzten Piaffe ließ er sich reichlich bitten – das waren teure Momente. Mit 73,249 Prozent und Platz zwölf war das aber ein Championatsdebüt nach Maß für den Elfjährigen in seiner ersten „echten“ Grand Prix Saison nach dem Louisdor-Preis Sieg 2016.

Nicht zögerlich, sondern gar nicht wollte Damsey piaffieren. Als dezentere Hilfen nicht mehr halfen, packte Helen Langehanenberg einmal richtig zu, was der Dressage Royal-Sohn mit einem herzhaften Schlag nach dem Sporn quittierte. Der Hengst habe „null Bock“ mehr gehabt, so die genauso trockene wie treffende Einschätzung von Bundestrainerin Monica Theodorescu. Schneider wird in der Kür der besten 15 starten.

Alle Ergebnisse finden Sie hier.

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

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  1. Mona Vogelsang

    Herzlichen Dank für die lebendige Zusammenfassung und Nachschau – darauf ist man leider angewiesen bei der sonstigen Berichterstattung aus Göteborg … Clipmyhorse.tv liefert die Bilder des offiziellen Fernsehens, leider ist die Übersicht über Starterliste, Startzeit und Ergebnisse sehr verbesserungswürdig (im Gegensatz zu diesen Daten von der Vielseitigkeit – da war alles rasant schnell und insgesamt perfekt, hier noch ‚mal ein Dankeschön an die Ausrichter).


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