Wegen eines Videos, in dem die britische Olympiasiegerin Charlotte Dujardin auf die Beine eines Pferdes schlagen soll, hat der Weltreiterverband (FEI) nun mit einer Suspendierung reagiert. Auch FEI-Präsident Ingmar de Vos nimmt Stellung zu dem prominenten Fall kurz vorm Auftakt der Olympischen Spiele in Paris.
Der Weltreiterverband (FEI) hat eine sechsmonatige Sperre gegen die Britin Charlotte Dujardin verhängt. Gestern war der FEI ein Video zugespielt worden, in dem die Olympiasiegerin einem Pferd vom Boden aus beim Piaffieren mit einer Peitsche an die Beine schlägt. Ein niederländischer Anwalt hatte das Video auf Geheiß eines anonym bleiben wollenden Informanden bei der FEI angezeigt.
Das offizielle FEI-Statement zur Sperre von Charlotte Dujardin
Die FEI hat offiziell die vorläufige Suspendierung der britischen Dressurreiterin Charlotte Dujardin (FEI ID: 10028440) mit sofortiger Wirkung ab dem Datum der Mitteilung, dem 23. Juli 2024, bekannt gegeben. Mit dieser Entscheidung ist sie nicht berechtigt, an den kommenden Olympischen Spielen 2024 in Paris oder an anderen Veranstaltungen unter der Zuständigkeit der FEI teilzunehmen.
FEI Sperre von Dujardin umfasst auch nationale Turniere
Während dieses Zeitraums der Suspendierung ist es ihr untersagt, an allen Aktivitäten im Zusammenhang mit Wettbewerben oder Veranstaltungen unter der Zuständigkeit der FEI oder mit Wettbewerben oder Veranstaltungen unter der Zuständigkeit eines nationalen Verbands (NF) teilzunehmen. Dies gilt auch für alle Aktivitäten im Zusammenhang mit der FEI oder der NF. Darüber hinaus hat sich der britische Pferdesportverband dieser vorläufigen Suspendierung angeschlossen, sodass Frau Dujardin während dieses Zeitraums ebenfalls nicht an nationalen Veranstaltungen teilnehmen darf.
Chronologie der Ereignisse, die zur Sperre von Charlotte Dujardin geführt hat
Am 22. Juli 2024 erhielt die FEI ein Video, das Frau Dujardin bei einem Verhalten zeigt, das gegen die Grundsätze des Wohlergehens der Pferde verstößt. Dieses Video wurde der FEI von einem Anwalt vorgelegt, der einen ungenannten Beschwerdeführer vertritt. Nach den eingegangenen Informationen wurde das Video angeblich vor mehreren Jahren während einer von Frau Dujardin in einem privaten Stall durchgeführten Trainingseinheit aufgenommen.
Nachdem die FEI das Video erhalten hatte, leitete sie umgehend eine Untersuchung ein. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden Frau Dujardin, und die Verbände British Equestrian und British Dressage über die Vorwürfe informiert. Frau Dujardin wurde eine Frist bis 17:00 Uhr Schweizer Zeit am 23. Juli gesetzt, um auf die Anschuldigungen zu reagieren. In der Folge bestätigte Frau Dujardin, dass es sich bei ihr um die in dem Video abgebildete Person handelt, und räumte ein, dass ihr Verhalten unangemessen war.
Freiwilliger Rückzug am Tag nach der Anklage
Am 23. Juli 2024 beantragte Charlotte Dujardin eine vorläufige Suspendierung bis zum Abschluss der Untersuchungen und zog sich freiwillig von den Olympischen Spielen 2024 in Paris zurück. Sie bestätigte außerdem, dass sie bis zum Abschluss der FEI-Untersuchung an keinen Wettkämpfen teilnehmen wird.
Die FEI verurteilt jegliches Verhalten, das dem Wohlergehen der Pferde zuwiderläuft, und verfügt über ein strenges Reglement, um gegen solches Verhalten vorzugehen. Unser Engagement, die höchsten Standards für das Wohlergehen von Pferden und den Sportsgeist zu gewährleisten, bleibt unerschütterlich. Die FEI erkennt die Kooperation von Charlotte Dujardin, British Equestrian und British Dressage bei den laufenden Ermittlungen an und beabsichtigt, so schnell wie möglich zu handeln.
FEI-Präsident nimmt Stellung zur Sperre der Olympiasiegerin
„Wir sind zutiefst enttäuscht über diesen Fall, insbesondere im Hinblick auf die Olympischen Spiele in Paris 2024. Es liegt jedoch in unserer Verantwortung und ist von entscheidender Bedeutung, dass wir jeden Fall von Missbrauch aufklären, da das Wohlergehen von Pferden nicht gefährdet werden darf“, sagte FEI-Präsident Ingmar De Vos. „Charlotte hat echte Reue für ihre Handlungen gezeigt, und wir erkennen ihre Bereitschaft an, Verantwortung zu übernehmen. Trotz des unglücklichen Zeitpunkts glauben wir, dass diese Maßnahme das Engagement der FEI für das Wohlergehen unserer Pferdepartner und die Integrität unseres Sports bekräftigt.“
Um die Integrität der Untersuchung zu wahren, wird die FEI keine weiteren Kommentare zu dieser Angelegenheit abgeben, bis der Prozess abgeschlossen ist.
++ Update ++ Korrektur der FEI: keine sechsmonatige Sperre, sondern Suspendierung für die Dauer des Verfahrens
Nachdem Charlotte Dujardin sich zu den Vorwürfen gegen ihre Person gemeldet und ihren Rücktritt von der Teilnahme an den Olympischen Spielen 2024 in Paris verkündet hat, hat die FEI zunächst eine Sperre von sechs Monaten für die Britin verkündet. Dies wurde nun korrigiert. Charlotte Dujardin ist nicht für einen Zeitraum von sechs Monaten gesperrt, sondern suspendiert für die Dauer des Verfahrens. Der Zeitraum ist damit zum jetzigen Zeitpunkt noch unbestimmt.
Ich glaube leider nicht mehr, dass Charlotte Dujardin ein Einzelfall ist. Keiner wird zu Hause im eigenen Stall kontrolliert, es gibt keine unangemeldeten Kontrollen, Anky von Grunsven hat die Rollkur angewandt und angepriesen, wurde zig-fach platziert! Als Totilas nicht mehr ‚funktionierte‘ wurde was gemacht?! Zeuge wird man auf einem beliebigen nationalen oder int. Abreite- oder Turnierplatz. Manchmal kann ich nur noch weinen, was im Namen des Pferdesports auch noch beklatscht wird! Mit dem Partner Pferd lässt sich alles machen, weil es so sanfte Riesen sind, die nicht ausbrechen. Und wenn doch, dann sind sie von Menschenhand gebrochen und werden als Monster verschrien. Mein Herz blutet, weil tagtäglich Pferde für das große Geld geopfert und gequält werden und es passiert: nichts! Außer mal eine kleine Sperre und dann geht es weiter
Ich bin maßlos enttäuscht! Mir fehlen die Worte!
Wie sehr habe ich mich bei den Olympischen Spielen in London über das harmonische Miteinander von Charlotte Dujardin und Valegro gefreut! Dieses Paar war eine Augenweide und extrem wichtig dafür, sich die klassische Reiterei wieder in Erinnerung zu rufen. Die befand sich nämlich in größter Gefahr vor lauter Rollkur-Inflation und exaltierten Tennessee-Walker-ähnlichen Trabbewegungen als aus der Zeit gefallen, völlig unterzugehen.
Selbst Albert Stecken war sehr angetan von Charlotte Dujardin, und bezeichnete sie völlig zu Recht als großes Talent. Es gibt auch bei YouTube zahlreiche herzergreifende Reportagen über ihre Lebens-geschichte und ihre Grundhaltung, die sehr authentisch herüberkommen – und einen wieder an das Gute im reitenden Menschen glauben lassen. Ich habe mich auch für sie gefreut, als sie mit dem jungen Imhotep ihren überraschenden großen Auftritt bei den Europameisterschaften in Riesenbeck hatte und das Publikum begeisterte: ein unbekümmertes Pferd, das ein zufriedenes Leben in quasi Robusthaltung führen darf. Ja und dann aber auch wieder im krassen Gegensatz dazu, ihre Disqualifikation im Grand-Prix bei den Europameisterschaften in Rotterdam, als ihre Stute Freestyle deutlich aus der Flanke blutete. Das alles zerstört das gerade erst wieder zurückgewonnene Vertrauen bei Pferd und Zuschauer, und es macht den Sport kaputt.
Abgesehen davon frage ich mich, warum das Video erst jetzt nach 2,5 Jahren veröffentlicht wird, punktgenau vor den Olympischen Spielen – und das von einem niederländischen Anwalt im Namen eines anonymen Augenzeugen? Und warum stehen Reiter offensichtlich auch als angehende Trainer bzw. Experten so sehr unter Erfolgsdruck, dass sie bei einer „Bildungsveranstaltung“ den zu coachenden Reiter und sein Pferd mit Zwang zur Piaffe treiben müssen. Hier wäre Standing gefragt gewesen im Sinne von: „Sie sind mit diesem Pferd offensichtlich noch nicht so weit, dass sie eine Piaffe so ausführen können, wie es gefordert wird und richtig ist. Das liegt daran, dass … . Bitte gehen Sie in der Ausbildungsskala noch einmal einen oder mehrere Schritte zurück, und geben Sie ihrem Pferd und sich selbst die Zeit, die es dafür braucht. Und holen Sie sich weitere Unterstützung auf diesem Weg.“
Alles in allem bin ich sehr desillusioniert – und wehre mich gegen den Gedanken, niemanden mehr vertrauen können zu sollen. Die Olympischen Spiele haben noch nicht einmal angefangen, und werden schon jetzt mehr als getrübt.
Ganz schlimm, aber leider kein Einzelfall.
Und ab nächster Woche werden wir Herrn Sostmeier wieder von „Feiner Anlehnung“, gewaltigem Abfussen“ und „spektakulären Verstärkungen“ schwärmen hören…. während wir andere zugeschnürrte Mäuler, Strampeltritte und Einbeintrab sehen…. Es ist so traurig….
Jeder, der (wie ich) Einblick in den „großen“ Sport hat und hinter die Kulissen blickt weiß, dass sehr viele (nicht alle!) regelmäßig, gezielt und bewusst Gewalt ggü. dem Pferd anwenden. Ich habe schon viel, sehr viel gesehen (und mitunter geweint) und bin – wie Sabine – schon lange auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Geld und Erfolg wiegen eben schwerer als Pferdeliebe und Anstand. Vor einigen Wochen hatte ich mich mit einem O-Richter unterhalten und der meinte, dass doch alles in Ordnung sei und es nur wenige schwarze Schafe gäbe… (keine Diskussion erwünscht). Tja, die Scheuklappenproduzenten müssten längst Millionäre sein. Olympia kann kommen….
Die Dressur muss aufhören, den Pferden so etwas anzutun, wenn sie überleben will.
Was so schade ist: viele tolle ReiterInnen mit Ihren Pferden haben sich von diesen Trainingsmethoden abgekehrt, der Reitsport hat sich so positiv entwickelt. Wichtig ist auch, dass wir uns an den guten Beispielen orientieren und diese wertschätzen.
Ich sehe es anders als meine Vorschreiberin: Pauschale Verurteilung des gesamten Reitsports hilft uns nicht weiter. Ja: es passiert tatsächlich viel – und doch ist noch viel zu tun.
Leider muss ich hier feststellen, dass dieses ganze Gerede über „Tierschutz“ total pharisäerhaft ist. Bei Herrn Helgstrand hat man ihn gesperrt, mit der Begründung, er sei der Trainer, Besitzer und damit letztendlich der Verantwortliche für das Geschehen. OK, kann man so sehen. Aber dann muss dieses Narrativ bitte auch für alle gelten. Frau Dujardin trainiert und arbeitet mit und für Herrn Hester. Niemand kann mir erzählen, dass sie irgendetwas macht, wovon er nichts weiß, was er nicht abgesegnet bzw. angeordnet hat und was er somit auch zu verantworten hat. Wenn Frau Dujardin also raus ist, dann muss Carl Hester auch raus. Aber das ist natürlich unangenehm für das britische Team, vor allem wo gerade der „Heldenepos“ über ihn im Kino laufen soll.
Muss nicht so sein. Kann auch sein dass Frau Dujardin zusätzlich noch freiberuflich und selbstständig in Eigenregie arbeitet und auf anderen Anlagen Kurse gibt oder Schüler hat. Genaueres müsste man recherchieren und wird vermutlich auch recherchiert. Bis dahin ist gemäss der Unschuldsvermutung Herr Hester erst mal raus aus der Nummer.
Dies ist der zweite Versuch, einen Kommentar hierzu zu veröffentlichen. Weshalb der erste nicht hochgeladen wurde, ist nicht ersichtlich. Leider muss man feststellen, dass die Sorge um das „Tierwohl“ immer mit einem sehr selektiven Maßstab auftritt. Betrachtet man die Causa Helgstrand, so ist festzustellen, dass Herr Helgstrand für die Taten seiner Angestellten bestraft wurde, weil er als der letztlich Verantwortliche dargestellt wird. Kann man so sehen oder auch hinterfragen. Frau Dujardin arbeitet, trainiert schon ihre gesamte Karriere bei Herrn Hester. Wer will bitte glauben, dass die angewandten Methoden nicht auch genau dort gelernt wurden? Doch hier springt Frau Dujardin über die Klinge. Man muss sich fragen, warum dies so ist. Carl Hester ist ein britischer Nationalheld mit einem eigenen Kinoepos und wichtiges Mitglied der Olympiamannschaft. Da passt eine Suspendierung nicht ins Bild. Ich will hier das Verhalten von Fr Dujardin nicht entschuldigen, aber es wird ständig mit zweierlei Maß gemessen. Ein weiterer Fall wäre die Causa Franz T. aus Bayern, wo jemand gesperrt wird ohne belegbare Beweise, nur aufgrund von diffusen Aussagen von Zuschauerinnen. Solange man hier nicht nachvollziehbar einfach aus dem Bauch heraus oder dem öffentlichen Druck nachgebend Entscheidungen trifft, wird sich nichts ändern.
Das war der letzte Sargnagel für den Reitsport als olympische Disziplin.
Laut Bild-Umfrage sprechen sich 3/4 der Leser für den Stopp der Reiterei bei Olympia aus …
Sehr Schade, aber die sogenannten Vorbilder sind selbst schuld …