Die Kür, letzter Tag bei den Deutschen Meisterschaften in Balve. Nachdem am Vorabend bekannt geworden war, dass Showtime nicht an den Start gehen würde, schien der Weg frei für Isabell Werths 17. Deutschen Meistertitel. Frederic Wandres und Ingrid Klimke landeten auf dem Podium. Gerichtet wurde „interessant“.
Isabell Werth und Quantaz haben die Kür in Balve gewonnen. Das war der 17. Deutscher Meistertitel für Isabell Werth. Und das zu einer Kür („Pomp and Circumstances“), die schon 25 Jahre auf dem Buckel hat. „Zeitlos“ nennt Werth die Kür, die in den 1990er Jahren für ihren Wallach Amaretto einmal zusammengestellt wurde. „Sie ist von den Linien her eine Kür, die es den Pferden einfach macht, in den Kürsport hereinzukommen“, sagt Werth. „Satchmo ist bei der WM 2006 dazu gegangen, weil wir gar nichts anderes hatten.“
Der heilige Geist in Balve
Quantaz ging heute eine nahezu fehlerfreie Runde. Einmal, zum Auftakt der Prüfung, scheute der Quaterback-Sohn und galoppierte im starken Trab auf der Diagonalen an. Der Grund: ein Altar! Der hatte dort beim morgendlichen Arbeiten noch gestanden. In Balve wird am Sonntag traditionell gebetet. „Dahin war so ein bisschen eine Schlangenlinie, aber mit Unterstützung des heiligen Geistes …“ Was Werth wohl sagen will: Vier Zügel für ein Hallelujah.
Die Galoppwechsel funktionierten gut, am Ende standen 85,45 Prozent zu Buche. Fünf Paare blieben über 80 Prozent in der Kür. In anderen Jahren waren das schon mehr. Dorothee Schneider und Showtime waren nicht am Start und werden auch nicht in Aachen in der Nationenpreismannschaft dabei sein. Das hat der Dressurausschuss im Anschluss an die Kür-Entscheidung in Balve bekanntgegeben.
Für Frederic Wanders fiel die Bilanz von Balve knapp aus: „Zweimal deutscher Vizemeister zu werden, was will man mehr?“. Und: „Was für ein Wochenende, phänomenal!“ Und Ingrid Klimke war einfach nur glücklich über ihren konzentrierten Franziskus. „Er hatte in allen drei Prüfungen beide Antennen bei mir“. Klimke trainiert dressurmäßig nun schon Anfang diesen Jahres häufiger mit Jonny Hilberath. Das scheint gut zu passen.
Vor Dressurrichtern und auf hoher See …
… ist man in Gottes Hand. Diese Erkenntnis war mehrfach ein Thema in Balve. Das war im Grand Prix Special so, aber auch heute in der Kür (die einzelnen Kür-Notizen finden Sie untenstehend). Besonders hart traf es Benjamin Werndl, der mit Famoso eine Kür ablieferte, die in Sachen Harmonie ganz oben stand. Ulrike Nivelle, Richterin bei B, sah ihn auf Platz acht und gab ihm satte zehn Prozent weniger als der Siegerin. Das wurde gepfiffen rund um das Balver Viereck, um das gestern schon geraunt wurde bei der ein oder anderen Notenverkündung.
Dass Famosos Hinterbeine im starken Trab nicht gerade in Richtung Bauchdecke abfußen, ist nichts Neues. Aber der Wallach tritt leicht über die Spuren der Vorderhufe, er schwingt im Rücken, ja, schwingt (!!!) bergauf, das dürfte ja auch Berücksichtigung finden. Wer dran zweifelt – Skala der Ausbildung, einfach mal angucken.
Die Ritte in der Übersicht
GOLD: Isabell Werth und Quantaz 85,45 Prozent
Technisches
Zum Auftakt galoppiert Quantaz im starken Trab an so wie schon im Grand Prix, Passage-Traversalen, Trabtraversalen in sicherer Stellung als gestern, Passage/Piaffe regelmäßig, starker Schritt vorn kurz/lang, neun Zweierwechsel gelingen fehlerfrei, Isabell Werth klopft kurz am Hals, auch die Einerwechsel gelingen.
Musik
Einreiten zu Queen’s „Mama“, was auch die Galoppmusik ist, „Pomp and Circumstances“ von Edgar Elgar begleitet vieles, was im Zweitakt stattfindet, seit 25 Jahren ist diese Kür in Amt und Würden, zu der auch „Land of Hope and Glory“ gehört. „Hannes“, Warum nicht, ist dazu häufig gegangen. Und viele andere mehr.
Choreographie
Die Linien sind konventionell, alles im Fluss, in Aachen soll Quantaz eine neue Kür gehen, anspruchsvoller und zu Bonnie Tyler-Melodien.
SILBER: Frederic Wandres und Duke of Britain 83,385 Prozent
Technisches
Gehorsame Lektionsfolgen, sehr präzise die Lektionen zu den vielen Musikwechseln, im starkem Trab wünschte man sich mehr Abdruck hinten, weit ausgreifende und kreuzende Trabtraversalen. Fehler in den Zweierwechseln, volles Risiko im starken Galopp. Danach doppelte Galopppirouette, auch die Einerwechsel mit Fehlern.
Musik
Als die Hits in den Charts waren, die Frederic Wandres in seiner Kür verwendet, war er selbst noch ein ganz kleiner Junge. Der 35-Jährige ist voll und ganz in den 80ern. Frankie goes to Hollywood „Relax“, Modern Talking, dann „High Energy“, Pet Shop Boys „Westend Girls” zu Traversalen, „Shout to the Top“ von Style Council. Gassenhauer, „Power of Love“ zum Schritt, die den Fuchs unterstützen. Nik Kershaw: „Wouldn’t it be good“. Jo! Would it.
Choreographie
Auch er geht, wie andere, im Schritt über die Halbdiagonale mit Piaffe bei B und 45 Grad Wendung und danach weiter im Schritt.
BRONZE: Ingrid Klimke und Franziskus 82,825 Prozent
Technisches
Alles frisch nach vorwärts angelegt, gehorsam, manchmal in der Piaffe nicht ganz so aktiv wie in den Vortagen, aber „Franz“ ist immer kooperativ. Und das Paar zeigt so viel fliegende, fehlerfreie Galoppwechsel wie alle Ritte zuvor in Summe.
Musik
Spanischer Gesang, „La Cintura“ von The Voice-Juror Alvaro Soler, Kastagnetten und „Despacito“ im Galopp. Da schwingt die Hüfte mit, also die des Betrachters, Ingrid Klimkes ja so und so.
Choreographie
25 Einerwechsel, daraus direkt Übergang in den starken Schritt und das direkt vor C – das muss man sich trauen. Kann Ingrid aber, denn es klappt! Aus versammeltem Schritt in die doppelte Galopppirouette, dann Galopp-Traversale, beim Erreichen des Hufschlags sofort Zweierwechsel – auch an der kurzen Seite – dann wieder direkt daraus in die Traversale nach rechts – cool!
Am Ende starker Trab in eine Piaffe, Pirouette dann Passage. Das Programm ist Franziskus schon in Herning im Oktober 2021 gegangen, aber Ingrid hat noch einmal etwas nachjustiert. Sie ist im Aachen-Team. In der Dressur ist das eine Nationenepreis-Premiere für sie.
Benjamin Werndl und Famoso 81,375 Prozent
Technisches
Passage-Traversale, Piaffen, fließende Übergänge, Trabverstärkung hinten schleppend, aber elastisch und im Takt, Schritt vom Fleck weg schreitend und energisch mit deutlichem Übertritt und gutem versammelten Schritt nachfolgend. Sichere Einerwechsel. Pfiffe für die 77,75 Prozent, die Richterin Ulrike Nivelle bei E gesehen hat.
Musik
Folkloristische Klänge, klingt nach Soweto Chören, im Galopp geben Geigen den Ton an.
Choreographie
Starker Trab auf Diagonale und direkt am Ende kurz vor K eine Piaffe-Pirouette, der Übergang aber leider etwas holperig. Überall passiert etwas, gute Raumaufteilung, eine spitzenmäßige 360-Grad-Piaffe-Pirouette zum Abschluss, daraus in eine akzentuierte Passage. Sitz? Ideal!
Dorothee Schneider und Faustus 80,4 Prozent
Technisches
Sie beginnen im Galopp, sofort eine Rechtspirouette dann gleich Zweierwechsel, am Ende reagiert Faustus leider einmal zu spät auf die Hilfe. Äppeln in der Linkspirouette, da droht der Hannoveraner auszufallen, Doro rettet aber die Situation noch. Tolle Galopptraversale, gute Einerwechsel, starker Galopp federnd lebhaft in der Passage einmal angaloppiert, Passage-Traversale gut, im versammelten Trab wünschte mach sich das Vorwärts-seitwärts noch etwas geschmeidiger, da kommt im Trabablauf der Vollblüter Forrest xx auf der Mutterseite durch. Auch in der Trabverstärkung wünschte man sich größere, schwingendere Bewegungen.
Musik
Orchester , Chöre, auch hier ein bisschen angereichert mit folkloristisch klingenden Anmutungen
Choreographie
Aus der Galopppirouette direkt Zweierwechsel auf gebogener Linie wieder auf gebogener „einfacher Schlangenlinie“ dann Einerwechsel, am Ende sehr gute 360 Grad-Fächerpiaffe daraus direkt losgelassener Schritt.
Frederic Wandres und Bluetooth 79,425
Technisches
Passage und Piaffen zu Beginn, in den Trabtraversalen hätte sich der Bordeaux-Sohn durchgängiger etwas mehr tragen dürfen. Schritt losgelassen und entspannt. Starker Galopp mündet in doppelter Pirouette mit sicherer Rückführung.
Musik
Techno-Beats, Songs aus den 2010ern, „Tuesday“ von Burak Yeter ist das bestimmende Lied für Piaffen und Passagen.
Choreographie
Höhepunkt: Fächerpiaffe bei A mit 90 Grad-Wendung, dann weiter in Passage-Traversale, das ganze spiegelbildlich auch noch mal von der anderen Hand.
Helen Langehanenberg und Annabelle 79,175 Prozent
Technisches
Trabtraversalen im Wechsel von Passage und versammelten Trab. Die im versammelten Trab könnten noch geschmeidiger sein. Doppelte Galopppirouette in die Traversale, die Einerwechsel auf gerader Linie hätte man sich geschmeidiger in der Oberlinie und Nierenpartie gewünscht, auch der starke Trab schwingt nicht wirklich. In Sachen Anlehnung und Selbsthaltung der beste der drei Auftritte des Paares in Balve. Auch die Piaffen mit (noch) größerer Selbstverständlichkeit als noch in Grand Prix und Grand Prix Special.
Musik
Tschaikowskys Ballettmusik aus „Der Nussknacker“, der „Tanz der Zuckerfee“ mit dem gezupften Geigen-Pizzicato und dem zarten Glockenspiel, taucht neben anderen Melodien des Komponisten immer wieder auf.
Choreographie
Fächerpiaffe bei G vor den Richtern, daraus versammelter Schritt, Piaffe, dann starker Schritt. Zweierwechsel auf einer „einfachen Schlangenlinie“ – well done!
Carina Scholz und Tarantino 77,95 Prozent
Technisches
Viel Passage und Piaffe zum Auftakt, die Paradelektionen des wuchtigen Hannoveraners. Wechsel zwischen Traversalen in der Passage und im versammelten Trab. Den Galoppwechseln hätte man mehr Durchsprung gewünscht.
Musik
Gesang, E-Gitarren, ein Beat betont durchgängig die Taktsicherheit des Dunkelbraunen, Pinks „A million dreams“ im Galopp
Choreographie
Piaffe bei E, daraus direkt in die Galopptraversale nach rechts, die Serienwechsel hingegen konventionell auf der Diagonalen.
Franz Trischberger und DSP James Bond 77,325 Prozent
Technisches
Sichere Piaffen auf der Stelle, in der Trabarbeit wünscht man dem mächtigen Johnson-Sohn etwas mehr „Wumms“ aus der Hinterhand. Sicher auch die Passage-Traversale aus einer Piaffe heraus, die Traversale nach rechts im versammelten Trab ist nicht ganz sauber im Takt, am Ende einhändig gerittene Passage zum Schlussgruß. Herr Trischberger, Sie haben die Lizenz zum tollen Kürprogramm-Reiten!
Musik
Tja, bei dem Namen des Pferdes kann man schlecht eine andere Wahl treffen als Filmmusik. James Bond-Melodien, ein paar Schüsse und eine Stimme, die verkündet „mein Name ist Bond, James Bond“, „Skyfall“ zum Schritt, Adele sei Dank.
Choreographie
Nach etwas Passage und Piaffe schneller Übergang in die Galopptour. Super: Zweierwechsel, bereits auf gebogener Linie, dann Einer auf einem Mittelzirkel und über die Halbdiagonale wieder zurück in die Zweierwechsel, fehlerfrei, mühelos, Klasse, Starker Schritt bei X, Piaffe mit 90 Grad-Drehung dann wieder Schritt, gute Raumaufteilung!
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