Isabell Werth zum neunten Mal Weltmeisterin, Sönke Rothenberger im Pech

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Freude pur bei der neuen Weltmeisterin Isabell Werth mit der wunderbaren Bella Rose! (© Pauline von Hardenberg)

Das neunte Gold ihrer Karriere auf Weltmeisterschaften hat Isabell Werth heute in Tryon mit Bella Rose gewonnen. Hinter Laura Graves, USA, und der Britin Charlotte Dujardin wurde Sönke Rothenberger mit Cosmo nach fehlerhaftem Ritt Vierter. Dorothee Schneider qualifizierte sich für die Kür. Für Jessica von Bredow-Werndl ist die WM beendet.

Es war ein hochklassiges Feld. Eines, das mehr neue Gesichter und Überraschungen parat hatte, als das im Vorfeld zu erwarten war. Nach dem Grand Prix-Sieg hat Isabell Werth mit Bella Rose nun das neunte WM-Gold ihrer Karriere gewonnen. Im Sattel der Westfalenstute setzte sie sich mit beinahe fünf Prozent von der Konkurrenz ab.

Isabell Werth: „Mit der Goldmedaille ins Krankenhaus“

Fünf Pferde blieben in diesem Grand Prix Special über 80 Prozent. Darunter waren mindestens zwei, deren Potenzial in der Szene bekannt war: Freestyle der Britin Charlotte Dujardin, mit neun Jahren das jüngste Pferd im Viereck, und die Stute Well Done des Schweden Patrik Kittel.

„Drei Reiter über 81 Prozent, da wusste ich, dass wir das Beste geben müssten, um die Goldmedaille zu gewinnen.“ Aber echte Zweifel an den Championatsqualitäten von Bella Rose hatte die nun neunfache Weltmeisterin nie gehegt. „Ich fühlte mich so sicher. Sie ist so selbstbewusst. Es ist immer toll reinzugehen und du weißt, du hast das Pferd, das es packen kann.“ Werth spielte die Stärken der Belissimo M-Stute aus, Piaffen und Passagen sowie Trabtraversalen. Und sie kam ohne Fehler durch Lektionen, bei denen es auf den Turnieren seit dem Comeback der Stute nach vierjähriger Turnierabstinenz Anfang Juli noch gehakt hatte. Heute und hier war diese Kombination nicht zu schlagen. 39 mal stand eine 10,0 im Protokoll, immer wieder für die Übergänge zwischen Piaffen und Passagen.

Pauline von Hardenberg

Traversalen – so wie Bella Rose und Isabell Werth zeigte sie sonst niemand. (© Pauline von Hardenberg)

Bei der Siegerehrung hatten Isabell Werth und Charlotte Dujardin offensichtliches Vergnügen, das Publikum zum Applaudieren zu motivieren. Anschließend, nach Pressekonferenz und Dopingprobe, wollte Isabell Werth nur noch eines: Ins eine halbe Stunde entfernte Spartanburg fahren und Madeleine Winter-Schulze im Krankenhaus besuchen. Werths Mäzenin und Freundin war gestern gestürzt, gebrochener Oberschenkel. Heute Vormittag war sie operiert worden. Isabell Werth hatte gestern Abend das Krankenhaus mit einem Versprechen verlassen:

Ich bringe die Goldmedaille mit ins Krankenhaus. Dann stoßen wir mit Champagner an.

Weniger nach feiern sah die US-Amerikanerin Laura Graves aus. Sie hatte wohl auf Gold gehofft. Das wäre auch drin gewesen. Ihr 16-jähriger Verdades ging eine souveräne Runde. Graves hatte den mächtigen Wallach jederzeit unter Kontrolle. Grobe Fehler unterliefen dem Paar nicht.

Laura Graves gewinnt Silber

Serienwechsel und Passagen, gute Seitengänge – Graves hatte schon vorher gesagt, dass es das letzte Championat für den Wallach sein würde. Verdades ist 16 Jahre alt. Mit ihm begann die Karriere von Graves, die sich buchstäblich nach oben hat arbeiten müssen. Keine Millionärstochter, sondern eine Friseurin, ursprünglich aus Vermont. Mit dem Florett As-Sohn hat sie ihren Traum verwirklicht.

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Los geht’s für die mitfavorisierten Lokalmatadoren Laura Graves und Verdades! (© Pauline von Hardenberg)

„Er hat immer Richtung Stadion gedrängt beim Abreiten, er wollte sich präsentieren“, erzählte Graves. Das Klima sei für ihn kein Problem. „Ich lebe in Florida, das hier ist wie Winter“. Es war heiß und drückend. Der tropische Sturm Florence, von dem immer noch niemand sagen kann, inwiefern er die WM beeinträchtigen wird, kündigte sich an.

81,717 Prozent legten die beiden vor. Das war die Marke, an der sich ihre ärgsten Konkurrenten orientieren mussten. Darunter auch Sönke Rothenberger (im Liveticker können Sie noch einmal die Ritte nachvollziehen).

„Luft raus“ bei Cosmo und Sönke Rothenberger

Für viele waren Sönke Rothenberger und Cosmo die gar nicht mal so geheimen Favoriten auf eine Einzelmedaille. Wenn nicht sogar den Titel. Doch heute sollte es einfach nicht sein. Cosmo patzte in seiner Paradedisziplin, den fliegenden Galoppwechseln von Sprung zu Sprung. Und das gleich zweimal, in den 15 auf der Diagonalen und den neun „Einern“ zwischen den Pirouetten. Auch die beiden ersten Piaffen waren heute längst nicht in „Cosmo-Qualität“. Dass er sie beherrscht, zeigte er bei Piaffe Nummer drei, bei X auf der Mittellinie vor dem Schlussgruß. Allein, die Punkte waren futsch. Mit 81,277 Prozent lieferte er dennoch ein Spitzenergebnis ab. Auch ohne Mathematikstudium kann man sich ausrechnen, wo das Paar ohne die Patzer gelandet wäre. Bei Cosmo sei „die Luft raus gewesen“, sagte Sönke Rothenberger nach seinem Ritt.

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Zu viele Fehler in Lektionen, die sonst zu den absoluten Highlights im Repertoire gehören (Galoppwechsel!) waren teuer. (© Pauline von Hardenberg)

Ich hätte es dem Pferd gewünscht, dass er mal Einzelweltmeister wird, weil er es wirklich verdient hätte von der Qualität her.

Profitieren konnte von den Fehlern Charlotte Dujardin, die einen denkbar anspruchsvollen Startplatz erwischt hatte. „Ich fühlte mich wie ein Sandwich mit Sönke vor mir und Isabell hinter mir. Oh my god, habe ich da gedacht.“ Aber sie konnte unbeschwert ins Stadion reiten. Mit der erst neunjährigen Fidermark-Tochter Freestyle auf Anhieb eine Medaille zu gewinnen, das kam dann doch überraschend. Die Bronzemedaille um den Hals konnte die Valegro-Reiterin dann auch nur feststellen, dass es „unglaublich“ war. „Ich hätte nichts besser machen können. Es war ihr dritter Grand Prix Special, ich hatte nichts zu verlieren. Sie hat die Herausforderung angenommen. Sie hat geliefert“. Das Pferd hat großes Talent für Piaffen und Passagen. Im Eifer des Gefechts hüpfte sie heute in der Passage mehrfach ungleich mit den Hinterbeinen. Aber für neun Jahre eine unglaubliche Leistung.

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Auftritt Titelverteigerin Charlotte Dujardin mit ihrem neuen Star im Stall, Mount St. John Freestyle. Carl Hester gibt letzte Tipps. (© Pauline von Hardenberg)

Und Charlotte Dujardin guckt schon nach vorne: „Isabell kann sich warm anziehen!“ Charlottes Trainer und Mentor Carl Hester wurde mit seiner neuen Hoffnung, dem Hannoveraner Delicato v. Diamond Hit-Regazzoni Neunter. 77,219 Prozent sind beachtlich für ein Pferd, das in seiner ersten Grand Prix-Saison gleich ins WM-Finale vorrückt. Ohne fehlerhafte Einerwechsel und mit etwas mehr Energie in den Piaffen wäre da aber noch mehr drin gewesen.

Dorothee Schneider für Kür qualifiziert

Einen wunderbar harmonischen Ritt legten Dorothee Schneider und Sammy Davis jr, hin. Die Ausbilderin zelebrierte Dressurreiten. Der bayerische Rappe war immer vor den treibenden Hilfen seiner Reiterin. Es war eine der besten Prüfungen, die der San Remo-Sohn gezeigt hat. Lediglich zwischen den Pirouetten gab es bei den neun fliegenden Wechseln von Sprung zu Sprung einen Abstimmungsfehler. „Sammy“ sprang nach der ersten Pirouette schnell schon einmal zwei Wechsel, „ein Missverständnis“. Die 15 Einerwechsel auf der Diagonalen hingegen waren ein echter Höhepunkt. Schneider war zufrieden mit ihrem Pferd: „Er wollte nach vorne in den Passagen, war vor mir“.

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Dorothee Schneider und Sammy Davis jr. zeigten eine herrlich harmonische Runde. (© Pauline von Hardenberg)

Nicht ganz so gut lief es für Jessica von Bredow-Werndl. Sie gehe mit einem lachendem und einem weinenden Auge, lautete ihr Fazit. „Die Kraft hat heute einfach gefehlt, da müssen wir nichts schönreden. Das ist die anstrengendste Aufgabe der Welt. Das zehrt unheimlich.“ Sie habe extra wenig abgeritten, aber dennoch stockte die Trakehner Stute Dalera heute in den Piaffen. Dazu kamen noch Fehler in den Einerwechseln.

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Die letzte Piaffe von Dalera und Jessica von Bredow-Werndl war heute die beste. (© Pauline von Hardenberg)

Platz 16 insgesamt für ein Pferd, das vor neun Monaten den Louisdor-Preis gewonnen hat und dass vor zweieinhalb Jahren nach Aubenhausen gekommen war, ohne schon auf Grand Prix-Spur zu sein. „Ich kann mich nur bedanken, dass sie heute wieder ihr letztes Hemd für mich gegeben hat.“

Neue Pferde, alte Gesichter

Die Plätze fünf und sieben gingen an Patrik Kittel mit der Stute Well Done und Edward Gal mit Zonik. Well Done, ein edles, hochtalentiertes Pferd, das der Schwede Kittel versuchte mit feinerer Anlehnung zu präsentieren als man das sonst bei ihm schon erlebt hat, hat. Höhepunkte hat die Stute in Passagen und auch in der Galopptour. Von anderem Kaliber ist der mächtige Hengste Zonik. Unter dem Niederländer Edward Gal punktete der Däne, dessen Vater Zack in derselben Prüfung 17. wurde, in starkem Trab, Passagen und Schritt. Die Anlehnung war im Vergleich zum Weltcup-Finale in Paris deutlich verbessert. Zonik wirkte zufriedener. Die Piaffen sind aber immer noch recht matt, mitunter fußen die Hinterbeine tendenziell rückwärts.

Als zweitbeste US-Teilnehmerin wurde Kasey Perry-Glass mit Dublet, einem Dänen v. Diamond Hit, Sechste. Sie wirkt äußerst dezent ein, die Passage-Tour des Schwarzbraunen zu sehen, macht einfach nur Spaß. Platz acht ging an die zweitbeste des starken schwedischen Teams, Juliette Ramel und Buriel. Ihre 77,280 Prozent basierten vor allem auf einer sicheren Passage-Tour. Teamkollegin Therese Nilshagen landete mit dem Oldenburger Hengst Dante Weltino auf dem zehnten Rang.

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

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