Jessica von Bredow-Werndl und Dalera haben mit persönlicher Bestleistung, 84,379 Prozent, einen Spitzen Grand Prix als erste des deutschen Olympia-Dressurteams hingelegt. Das Paar setzte sich in Gruppe C vor die erste Überraschung der Spiele, die Deutsch-Amerikanerin Sabine Schut-Kery und Sanceo.
Regen bringt Segen – alter Spruch, immer noch wahr. Jessica von Bredow-Werndl und Dalera haben das heute in Tokio bei den Olympischen Spielen unter Beweis gestellt. Mit 84,379 Prozent setzte sich das Paar aus Aubenhausen an die Spitze der letzten Startgruppe C. Gleichzeitig ist die Bewertung eine, an die kein anderes Paar am heutigen Auftaktag zu den Olympischen Spielen im Grand Prix herankam (wie genau die Kriterien für den Grand Prix aussehen, haben wir hier für sie zusammengestellt). In Gruppe C hatte sich die Dänin Cathrine Dufour mit einem Ritt in die Pole Position geritten, der viele Highlights aufwies.
Spitzen-Grand Prix, „atemlos bei den Pirouetten“
Es war ein Grand Prix, wie man ihn nicht jeden Tag geboten wird: Das Einreiten war sicher, nach einer Sekunde stand die Stute geschlossen auf allen vier Beinen. Die Visitenkarte eines Ritts – gelungen! An leichtem Zügelkontakt setzte sich die Trakehner Stute in Bewegung. Alles leicht, federnd und über den Rücken ausgeführt. Nach den Trabtraversalen lag die Wertung bei 84,286 Prozent. Und die Lektionen, in der die Easy Game-Tochter besonders zu punkten weiß, waren da ja noch gar nicht gefordert. Aber dann: die erste Piaffe – einmal schnaubte die „Queen“ aus Aubenhausen ab, Takt, Federkraft und Selbsthaltung tat das keinen Abbruch. Im Gegenteil – die Übergänge fließend und energisch, dem Ideal nahe. Vor dem starken Schritt lagen die Wertungen bei durchschnittlich 83,846 Prozent.
Der versammelte Schritt: locker und taktsicher, die Passage und anschließende zweite Piaffe makellos und mehr noch: die Übergänge dieser Lektionen der höchsten Versammlung einfach spitze – so sah es auch die Jury: Hier gab es die ersten Zehnen dieser Olympischen Spiele.
In der Galopptour lieferte das Paar ebenfalls ab: Dalera sprang sichere fliegende Galoppwechsel, sowohl die Zweier- als auch die 15 Einer – nicht nur gut ausgeführt, sondern auch nahezu ideal eingeteilt. Im starken Galopp machte Jessica von Bredow-Werndl dann den Hahn richtig auf. Auch in den versammelten Galopplektionen verlief alles so, wie es die Reitlehre fordert, die Pirouetten zentriert, mit aktiv springendem Hinterbein auf kleinem Radius. Ausbalanciert und zu jeder Zeit in Selbsthaltung und leichter Anlehnung. „Bei den Pirouetten habe ich einmal gedacht, mir bleibt die Luft weg. Ich halte mich ja echt für fit, aber diese hohe Luftfeuchtigkeit, die machte sich da bemerkbar. Vielleicht habe ich auch einfach vergessen zu atmen.“
Atemberaubend war alles, was nach dem Übergang zur abschließende Trabtour folgte: Die Mittellinie mit Passage, Piaffe bei X und Passage bis zum Gruß – Weltklasse – anders darf man das nicht beschreiben.
Mit 84,379 Prozent erzielte Jessica von Bredow-Werndl damit zum Auftakt ihres Olympiadebüts – ihre persönliche Bestleistung im Grand Prix. Eine Steigerung um fast drei Prozent. Bislang war der Grand Prix von Neumünster im Jahr 2020 mit 81,5 Prozent die Top-Leistung der beiden.
Bundestrainerin Monica Theodorescu war von der Vorstellung begeistert: „Ich habe zwar nicht alle Prozentpunkte einzeln im Kopf, aber für mich war das der beste Grand Prix bisher, den Jessi und Dalera gezeigt haben: schön geschlossen und schwungvoll, das Pferd während der ganzen Prüfung wundervoll im Genick und zufrieden kauend. Die Anlehnung war noch mal besser, die Versammlung insgesamt besser. Es war einfach ein Genuss mit ganz vielen Höhepunkten und, wie man so auf Neudeutsch sagt, sehr schön im Flow.“
Überraschung: Sabine Schut-Kery, noch ein Spitzen-Grand Prix
Für eine erste Überraschung sorgte die US-Amerikanerin Sabine Schut-Kery. Die gebürtige Deutsche, die seit 2007 für ihre Wahlheimat USA reitet, zeigte mit Sanceo eine äußerst harmonische Runde. Nicht spektakulär, aber zu jeder Sekunde wunderschön anzusehen. Der schicke San Remo-Sohn ging fehlerfrei mit großem Selbstverständnis.
Mag seine Trabverstärkung auch etwas laufend sein, in den Piaffen und Passagen vereint er leichtfüßiges, aktives Abfußen mit Kadenz und einer vorbildlich gesenkten Hinterhand. Wie er mit tiefer Kruppe in der Piaffe arbeitete, mit schwingendem Rücken, stets stabil in der Anlehnung – das war eine Augenweide. Auch in anderen Lektionen, wie beispielsweise den in doppelter Wertung ins Protokoll einfließenden Galopppirouetten, punktete der Hannoveraner.
Tränen bei Hans Peter Minderhoud
Die Niederländer Hans Peter Minderhoud begann mit seinem Hengst Dream Boy mit Traversalen, die mehr Biegung hätten vertragen können. Die Piaffen waren auf der Stelle, häufig etwas statisch und mit tendenziell hohem Sprunggelenk und wenig über den Rücken schwingend ausgeführt. Der starke Schritt war sicher im Takt mit etwas wenig Raumgriff aus der Schulter. Im versammelten Schritt musste der Hengst äppeln.
Wie sein Lebens- und Teampartner Edward Gal ritt Minderhoud in einem quietsch orangenem Frack, Team Oranje eben. In der Silhouette erschien Dream Boy häufig so, wie sich das gehört. 76,817 Prozent reichten aber nicht, um direkt weiterzukommen in Gruppe C. Die Kürteilnahme ist aber dennoch noch nicht ganz ausgeschlossen. Es kommen ja nicht nur die jeweils zwei besten der Gruppen, sondern auch die sechs weiteren im Wertnotenranking in die Einzelentscheidung.
Nach dem Ritt flossen die Tränen bei „HaPe“. Der Grund: Er musste an den Hengst Zonik denken, der sich vor wenigen Tagen nach einer Operation beide Hinterbeine gebrochen hatte.
Hester nicht ganz so gut wie erwartet
Carl Hester und En Vogue blieben hinter den Erwartungen zurück. Hesters Sitz und seine zurückhaltende Hilfengebung ist immer schön anzuschauen. Aber neben einigen sehr guten Momenten, etwa in den Piaffen, gab es auch Fehler, so in den Serienwechseln. Der Brite kam auf 75,388 Prozent. Damit war er, pitschnass geregnet, aber dennoch zufrieden. „Wir hatten Probleme bei der Anreise, mein Pferd ist nie vorher geflogen, und er kein guter Reisender. Er hat dieses Jahr nur ein internationales Turnier in Hagen bestritten. Er musste strikt still stehen 19 Stunden lang. Als er vom LKW kam, war er völlig steif. Wir haben ihn dann drei Tage nur im Schritt geführt, bis die Pferde wieder zu sich gekommen sind. Das ist ja ähnlich wie bei Menschen. Jetzt sind unsre Pferde frisch und fit.“
Pechvogel des Tages
Der Finne Henry Ruoste hatte sich für seinen Tokio-Trip sicherlich mehr ausgerechnet. Sein Wallach Kontestro kann sich spektakulär bewegen und ist auch schon geflogen. Eigentlich ideale Bedingungen. Wäre da nicht der Regen heute Abend in Tokio gewesen. Die Plastikhauben, die die TV-Kameras vor dem Wasser schützen sollten, behagten dem kalibrigen Wallach so gar nicht. Im starken Trab blieb Kontestro stehen, wollte umdrehen. Die Spannung setzte sich durch die gesamte Prüfung fort. Dennoch ritt der Finne, der in Nordrhein-Westfalen lebt, tapfer diesen Grand Prix zu Ende. In Doha war das Paar noch in der Kür weit vorne. Aber da regnet es ja auch weniger.
Die Ergebnisse finden Sie hier.
Das Ranking bislang
Mit der nach neuem Prinzip erstellten Startliste entscheiden die Rangierungen innerhalb der Startgruppen über die weiteren Startplätze. Eine offizielle Rangliste gibt es individuell nicht. Hier die zwischenzeitlich besten Reiterinnen und Reiter und ihre Wertnoten:
Jessica von Bredow-Werndl | GER | Dalera | 84,39 Prozent |
Cathrine Dufour | DEN | Bohemian | 81,056 |
Edward Gal | NED | Total US | 78,649 |
Sabine Schut-Kery | USA | Sanceo | 78,416 |
Chartotte Fry | GBR | Everdale | 77,096 |
Hans Peter Minderhoud | NED | Dreamboy | 76,817 |
Therese Nilshagen | SWE | Dante Weltino | 75,14 |
Carl Hester | GBR | En Vogue | 75,124 |
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Dieser Artikel wird in den kommenden Minuten noch weiter aktualisiert.nike air jordan 1 factory outlet | reviews on air jordan outlet
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