Julio Mendoza Loor schreibt Geschichte bei den Pan-Amerikanischen Spielen und qualifiziert sich für Paris

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Fassungslose Freude bei Julio Mendoza Loor (ECU) nach seinem Siegesritt mit Jewel'S Goldstrike (© FEI/Shannon Brinkman)

Die Dressurentscheidungen der Pan-Amerikanischen Spiele in Santiago de Chile bzw. Quillota für die Reiter endeten gestern mit einem historischen Erfolg für Ecuador und zwei neuen Kandidaten für die Olympischen Spiele.

Die Küren auf Intermédiaire I und Grand Prix-Niveau haben gestern über die Vergabe der Einzelmedaillen auf dem Viereck der Pan-Amerikanischen Spiele 2023 in Santiago de Chile entschieden. Julio Mendoza Loor und Jewel’s Goldstrike sorgten für die erste Dressurgoldmedaille für Ecuador seit Einführung der Spiele vor 72 Jahren. Silber holte der Brasilianer Joao Marcari Oliva mit Feel Good VO. Bronze sicherten Anna Marek und Fire Fly für die USA, die ja schon Mannschaftgold gewonnen hatten.

Julio Mendoza Loor und sein zwölfjähriger KWPN-Wallach Jewel’s Goldstrike (v. Bretton Woods) galten spätestens seit dem Grand Prix Special als Favoriten auf Einzelgold. Hier siegten sie mit netto 75,617 Prozent. Mit den drei Prozent Bonuspunkten, die bei den Pan-Amerikanischen Spielen für die Reiter in der großen Tour vergeben werden, waren es also 78,617 Prozent. Da sich die Mannschaften bei den Pan-Amerikanischen Spielen sowohl aus Paaren in der großen als auch in der kleinen Tour zusammensetzen, soll der Bonus den „Vorteil“ der Reiter in der kleinen Tour ausgleichen.

Einen Bonus haben der Ecuadorianer und sein Fuchs aber eigentlich nicht nötig. Sie haben auch schon bei regulären CDI in den USA Grand Prix-Ergebnisse um 74 bis 75 Prozent und Kür-Ergebnisse über 80 Prozent erzielt. Gestern konnten sie das noch einmal weit übertreffen: Satte 87,230 Prozent vergaben die Richter.

Loor: „Mein Plan war es, fehlerfrei zu gehen und das habe ich gemacht!“ Sicher war er sich dessen allerdings nicht. „Besonders nach dem letzten Übergang aus der Pirouette direkt in die Piaffe, was ziemlich kompliziert ist, war er wirklich bereit.“ Ein emotionaler Moment für ihn. „Danach musste ich wirklich meine Tränen zurückhalten, weil ich einfach nur weinen wollte!“

Seit fünf Jahren hat er seinen „Goldie“. Er sagt, der Wallach sei ein Familienmitglied. „Das erste Mal als ich ihn geritten bin, musste ich lachen, weil er ein bisschen frech sein wollte, und ich sagte: ,Na los Baby, zeig’s mir!‘ Ich liebe seinen Charakter und wir sind beste Freunde geworden.“

Zuhause hat Jewel’s Goldstrike ein ziemlich paradiesisches Pferdeleben: „Er lebt 24/7 draußen. Er hat seine eigene Box mit seinem Namen dran, aber er liebt seine Weide. Wenn er dort am glücklichsten ist, dann ist das für mich der Ort, wo er leben muss.“

Zweites Silber für Brasilien

Für Brasilien war Joao Marcari Olivas Erfolg schon die zweite Silbermedaille nach der Mannschaftswertung. Darüber sei er stolz und glücklich, erklärte der 27-Jährige, der seinen elfjährigen Westfalen Feel Good v. Franziskus bekam, als dieser eineinhalb Jahre jung war.

Die beiden sind also quasi gemeinsam groß geworden. Offenbar macht sich das bezahlt: 86,160 Prozent sprechen für sich. Dabei ist Feel Good eigentlich nur sein Zweitpferd.

Ursprünglich wollte Marcari Oliva mit seinem Olympia- und WM-Partner von 2021 bzw. 2022, dem Lusitano Escorial, antreten. „Ich habe mehr Erfahrung mit Escorial. Er ist älter und er war meine erste Wahl. Aber mein anderes Pferd (Feel Good) hat mir das gleiche gegeben oder vielleicht mehr. Man weiß nie, was gewesen wäre, hätte ich Escorial geritten. Aber dieses Pferd hat sein Bestes gegeben.“

Überraschung für Marek

Dass sie die Bronzemedaille gewonnen hat (81,305 Prozent), war für Anna Marek eine Riesenüberraschung. Zumal sie ihre Teamkollegin und Titelverteidigerin Sarah Tubman mit First Apple hinter sich ließ.

„Man verbringt so viel Zeit im Trainingslager. Da sind all die Erwartungen, wenn man hierher kommt. Ich habe das ganze Jahr dafür gearbeitet und gehofft, es ins Team zu schaffen. Dann ist man hier und bereitet sich vor. Und dann der erste Ritt, das erste Mal bei einem Championat, wenn man nicht nur für sich selbst und die Besitzer reitet, sondern für das Team und das Land … Dieses Gefühl, das ich nach dem Grand Prix hatte, ohne dass ich die Punkte kannte, es fühlte sich wie ein toller Ritt für Fire Fly und mich an und es war ein Gefühl, das ich nie zuvor in meinem Leben gehabt habe!“

Als sie erfahren hat, dass sie eine Medaille gewonnen hat, war sie schon wieder im Stall. „Ich stand in der Box, und als ich erfahren habe, dass ich Bronze gewonnen habe, bin ich ausgeflippt! Ich habe fast mein Pferd zum Abheben gebracht. Meine Trainerin Anne Gribbons hatte mir vor dem Einreiten gesagt, Du reitest nun nicht mehr für die Mannschaft, nur noch für Dich selbst. Du hast nichts zu verlieren, also gib alles!“

Das hat sich ausgezahlt.

Zwei Olympia-Tickets

Neben den Mannschaftsstartplätzen, die bereits vorgestern an Brasilien und Kanada vergeben worden waren, ging es in Chile noch um zwei Einzelstartplätze bei den Olympischen Spielen in Paris. Der eine davon ging an den neuen Pan-Amerikanischen Meister, Julio Mendoza Loor mit seinem Jewel’S Goldstrike. Die andere Fahrkarte holten Svenja Grimm und Doctor Rossi als Achtplatzierte der Kür für Chile.

Svenja Grimm klingt jetzt nicht unbedingt chilenisch. Tatsächlich stammt Grimm aus Deutschland, lebt aber in Chile. Als Juniorin war sie noch unter deutscher Flagge am Start. Nach ihrem Schulabschluss hat sie in den USA und in Südafrika in verschiedenen Dressurställen gearbeitet. Dann hat sie in Amsterdam angefangen zu studieren, ehe ein Job sie nach Chile lockte, wo sie schließlich zusammen mit ihrem Partner und Trainer Mario Vargas einen Dressurstall eröffnet hat. Vargas ist Chilene und war selbst dreimal bei Pan-Amerikanischen Spielen am Start.

Nun lautet also das nächste Ziel Paris für Grimm und ihren Oldenburger De Niro-Sohn Doctor Rossi.

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Dominique WehrmannRedakteurin

Studierte Politologin, seit 2006 bei St.GEORG. Als Jugendliche Dressurtraining bei Hans-Georg Gerlach, Michael Settertobulte und Reitmeister Hubertus Schmidt und das auf einem selbstgezüchteten Pferd. Verantwortet die Bereiche Spitzensport und Pferdezucht. Im Presseteam des CHIO Aachen und der Pferdemesse Equitana, hat für den NDR im Fernsehen kommentiert.

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