Quasi ein Wimpernschlagfinale war die Entscheidung im Deutschen Dressur-Derby 2022 in Hamburg. Zum vierten Mal seit der Derby-Geschichte trat eine Dame gegen zwei Herren an. Und zum ersten Mal endete es zugunsten der Dame, in diesem Fall Kathleen Keller, die auf allen drei Finalpferden eine gute Figur gemacht hat.
Mit 206,833 Punkten holte Kathleen Kröncke ihren zweiten Sieg im großen Hamburger Dressur-Derby nach 2011 (damals noch als Kathleen Keller und als jüngste Siegerin aller Zeiten). Das Derby ist ihr Heimspiel – auch wenn sie seit ihrer Hochzeit mit dem ehemaligen Pony-Europameister Nikolas Kröncke in England lebt und reitet. Kröncke hatte zunächst gezögert, die lange und seit dem Brexit ja auch sehr aufwändige Reise aus England nach Hamburg mit ihren Pferden auf sich zu nehmen. Aber Veranstalter Volker Wulff persönlich rief sie an, um Überzeugungsarbeit zu leisten. So wurde nun eine Woche Hamburg-Urlaub mit Mehrwert daraus. Gestern Abend gewann sie auf San Royal die Grand Prix-Kür, heute wurde es ein historischer Derby-Erfolg, als sie sich als einzige Dame gegen zwei Herren durchsetzen konnte. Das hatte es in der Geschichte des Derbys, bei dem seit 1996 Damen und Herren gemeinsam antreten, noch nicht gegeben.
Der 2019er Champion Frederic Wandres musste sich mit 205,033 Punkten knapp geschlagen geben. Derby-Neuling Hendrik Lochthowe belegte mit 203,866 Punkten Rang drei. Er konnte sich zudem freuen, dass sein Bricco Barone das mit Abstand beste Pferd des Finales war. Der quirlige Breitling W-Sohn erzielte für alle drei Reiter Wertungen von über 70 Prozent und war auch noch beim letzten Ritt unter Frederic Wandres mit Feuereifer bei der Sache. Er wirkte, als könne er das ganze Finale noch einmal gehen. Ob Hendrik Lochthowe, der den Wallach auch ausgebildet hat, ein bisschen traurig sei, dass er das beste Derby-Pferd hatte, selbst aber „nur“ Dritter war? „Überhaupt nicht! Ich bin glücklich, dass er mit den anderen beiden so gut gegangen ist“, betonte Lochthowe.
Knackpunkt Hampton Court
Als Knackpunkt des Pferdewechsels erwies sich Kathleen Krönckes Hampton Court. Obwohl ein Hüne von einem Pferd mit riesigem Bewegungsablauf zeigte der Hochadel-Sohn unter seiner eigenen, ja sehr zierlichen Reiterin eine harmonische Runde, leicht in der Anlehnung und sicher balanciert in den Rückführungen. Piaffieren war allerdings schon hier nicht wirklich seins (68,30 Prozent).
Als nächster stellte Frederic Wandres den kalibrigen Dunkelfuchs vor. Die beiden schienen so gar keinen Draht zueinander zu finden. Wandres versuchte alles, aber schon bei der Grußaufstellung machte der Wallach sich frei und stand mehr schlecht als recht. Von der weichen Anlehnung, die er noch unter Kathleen Kröncke gezeigt hatte, war auch nichts mehr zu sehen. Wandres schien Mühe zu haben, ihn reell durchs Genick zu reiten. In der letzten Traversalverschiebung galoppierte Hampton Court an. Die erste Piaffe war nicht gezeigt, die Pirouetten eher Volten. Dazu gesellte sich ein Fehler in den Zweierwechseln und auch in der letzten Piaffe auf der Mittellinie schien Wandres ziemlich zu verhungern. Später auf den Ritt angesprochen, war Wandres ehrlich: „Das war für mich ein bisschen der Killer. Die Grand Prix Lektionen waren einfach nicht abrufbar. Zumindest in dem Moment nicht.“ 61,633 Prozent hatten die Richter dem Paar gegeben.
Hendrik Lochthowe bekam Hampton Court deutlich besser zu packen als Wandres. Er stellte ihn bewusst etwas tiefer ein vor schwierigen Lektionen, wie den fliegenden Wechseln, aber piaffieren wollte er auch unter ihm nicht. Unter dem Strich gab es aber immer 66,533 Prozent für die beiden und zudem einen herzlichen Applaus vom Publikum, das sehr wohl erkannt hat, dass Lochthowe hier sein ganzes reiterliches Geschick in die Waagschale geworfen hat. Sein Fazit: „Ich hatte auf allen Pferden tolle Momente. Der starke Trab bei Hampton Court war der Knaller!“
Darauf ein Dom Perignon
Das dritte Pferd des Finales war Frederic Wandres‘ erst neunjähriger Dimaggio-Sohn Dom Perignon. Was Grand Prix-Einsätze angeht, ist der Fuchs noch ein recht unbeschriebenes Blatt. Trotzdem tat er für alle drei Reiter sein Bestes. 71 Prozent hatte er unter seinem eigenen Reiter, 66,333 mit Kröncke und 64,833 mit Lochthowe.
Wettschulden sind Ehrenschulden
Während Hendrik Lochthowe der Siegerehrung auf dem großen Springplatz mit gemischten Gefühlen entgegensah, weil sein Bricco Barone auch noch nach drei Grand Prix-Prüfungen höchst munter war, hatte Kathleen Kröncke ganz andere Sorgen. Ihr jagdbegeisterter Vater hatte sie schon im Vorfeld des Derbys gefragt, ob sie denn die Schauschleppe mitreiten würde. „Nein, Papi!“, lautete die Antwort. „Auch nicht, wenn du das Derby gewinnst?“ Kathleen Kröncke sagte, sie habe nicht ansatzweise damit gerechnet, tatsächlich zu gewinnen. So antwortete sie leichten Herzens: „Ja, dann mache ich das.“ Die Hoffnung, dass ihr Vater die Abmachung heute vergessen haben würde, erfüllte sich nicht. Und so gab es bei der Schleppe also eine Pikörin im Frack mit blauem Band.
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