In Lier stand heute zunächst der CDI4* Grand Prix und dann der Grand Prix Special der 3*-Tour auf dem Programm. Es gab eine schwedische und eine britische Siegerin und zwei deutsche Reiterinnen auf den zweiten Plätzen.
Für die Siegerinnen des gestrigen CDI3* Grand Prix, Charlotte Dujardin und ihre zehnjährige Westfalen-Stute Alive and Kicking, war heute Grand Prix Special Premiere. Die hätte kaum besser laufen können.
„Audrey“, wie die zarte Rappstute im Stall heißt, ist keine „Lampenaustreterin“. Trotzdem punktete sie auch im Grand Prix Special von Anfang an, obwohl die Aufgabe ja zu Beginn ständige Wechsel zwischen starkem Trab und Passage fordert. Zwar gaben die meisten Richter ihr in den – unter den Gesichtspunkten Schwungentfaltung, Rahmenerweiterung und Raumgewinn, sehr gelungenen – Verstärkungen nur Siebenen. Aber sowohl für die mühelosen und vollkommen ausbalancierten Übergänge als auch die getragenen und aktiven Passagen erhielt sie Wertnoten bis 8,0.
Die gab es auch für die Piaffen, die sie absolut taktrein, mit deutlicher Hankenbeugung, gesenkter Kruppe und guten Übergängen aus der und in die Passage zeigte und dazu bereits besser auf der Stelle als noch gestern.
Zwei kleine Schnitzer unterliefen den beiden heute. Im vrsammelten Schritt kurz vor dem Übergang in die Piaffe musste Alive and Kicking äppeln. Als Dujardin die Hilfe zur Piaffe gab, quittierte Alive and Kicking das mit einem kurzen Hochwerfen der Kruppe. Danach piaffierte sie wieder für eine 8. Der andere Lapsus unterlief ihnen in den Einerwechseln zwischen den beiden Pirouetten. Die selbst waren dann wieder ein Highlight.
Dann die Schlusslinie, wo die Stute gestern bei X eigentlich halten wollte. Heute schien ihr vollkommen klar zu sein, dass bei X Piaffe gefragt ist. Sie zeigte die beste der Prüfung. Mühelos kam sie daraus in die Passage und Dujardin klopfte ihr ganz nebenbei zweimal deutlich auf den Hals und gab dabei die Anlehnung auf. Diese Geste sagte im Grunde alles über das Gerittensein des Pferdes, das sich nicht im mindesten aus dem Takt bringen ließ und so ausbalanciert, wie sie sich die ganze Prüfung über gezeigt hatte, zum Schlussgruß kam. 75,192 Prozent gaben die Richter dem Paar.
Die beiden kennen sich zwar schon seit sechs Jahren, aber turniermäßig waren sie auf internationalem Parkett bislang noch nie in Erscheinung getreten. Fazit Lier: Der erste Ausflug aufs Festland für Audrey war ein Erfolg auf ganzer Linie.
Rang zwei für Semmieke Rothenberger
Nur ein Paar hätte Charlotte Dujardin und Alive and Kicking den Sieg noch streitig machen können: Semmieke Rothenberger und Flanell, die beiden Viertplatzierten des gestrigen Grand Prix. Das heute war erst der zweite Grand Prix Special der beiden und zwischenzeitlich sah es so aus, als würden sie der dreifachen Olympiasiegerin Dujardin den Rang ablaufen. Die Einerwechsel, wo das Paar gestern einen teuren Fehler hatte, waren heute ebenso ein Highlight wie die Zweier. Für den mutig nach vorne geritten und problemlos wieder verkürzten starken Galopp gab Isabelle Judet den beiden eine 9. Ein minimaler Balanceverlust im letzten Galoppsprung der beiden Pirouetten war schade, weil aus möglichen Achten so „nur“ 7 und 7,5 in den beiden doppelt zählenden Lektionen wurde. Dann die Schlusslinie, die die beiden sicher nach Hause brachten, auch wenn Flanell in die Piaffe etwas „hineinbremste“. Aber alles in allem eine tolle Vorstellung, die mit 74,426 Prozent belohnt wurde und von Isabelle Judet sogar mit Rang eins.
Platz drei für Jovian
Während es für die zehnjährige Siegerin der erste Grand Prix Special war, ist der gleichaltrige Jovian beinahe ein alter Hase in dem Metier. Der Apache-Sohn war achtjährig, als Andreas Helgstrand ihn zum ersten Mal in eine Special präsentierte. Neu ist für ihn allerdings der Reiter auf seinem Rücken, Patrik Kittel. Schon gestern im Grand Prix waren sie Dritte gewesen, und Rang drei wurde es auch heute.
Man hatte den Eindruck, Jovian war seine Umgebung heute nicht ganz geheuer. Er kam nicht recht zum Loslassen. Darunter litten der starke Schritt und insbesondere die Galopptour. Kittel klopfte ihm zwischendurch immer wieder beruhigend den Hals, aber so ganz schaffte er es nicht, Jovian zum Loslassen zu bringen. Grund zufrieden zu sein hatte er trotzdem, denn sowohl die Pirouetten als auch die Piaffen gelangen schon etwas besser als gestern. 73,298 Prozent gaben die Richter.
Noch drei weitere deutsche Paare waren im Grand Prix Special am Start. Fabienne Müller-Lütkemeier und Valesco belegten mit 70,532 Prozent Rang sechs. Luca Sophia Collin holte in ihrem ersten Grand Prix Special auf Ferrero D den siebten Platz mit 68,936 Prozent. Und schließlich belegten Joana Peterka und Davidoff ter Kwincke mit 67,851 Prozent Rang elf.
Insgesamt hatten sich 18 der 41 Paare gestern aus dem Grand Prix für den Special entschieden. Der Rest ging in der Kür an den Start.
CDI4* Grand Prix nach Schweden
Während in der Drei-Sterne-Tour die Newcomer und Wiedereinsteiger den Ton angaben, war es ein alter Hase, der den Vier-Sterne-Grand Prix für sich entschied: der nun 17-jährige Oldenburger Evergreen Dante Weltino v. Danone mit Therese Nilshagen. Die beiden sehen ihrer achten (!) Grand Prix-Saison entgegen und Dante scheint bereit zu sein. Mit kleinen Schnitzern wie zum Beispiel beim Rückwärtsrichten wurden es 73,848 Prozent für das erfahrene Paar, das zusammen neben den Olympischen Spielen in Tokio vier Europa- und zwei Weltmeisterschaften bestritten hat.
Knapp geschlagen geben mussten sich nach einer runden Prüfung mit 73,522 Prozent Dorothee Schneider und der zwölfjährige Dayman. Ulrike Nivelle bei C sah die beiden an der Spitze mit 74,457 Prozent. Für das Halten und Rückwärtsrichten erhielt das Paar von Alban Tissot (FRA) bei E sogar eine 9. Der belgische Kollege Olivier Smeets bei M hatte sie allerdings nur auf Rang sieben mit 70,978 Prozent. So wurde es Rang zwei.
An dritter Stelle reihte sich ein Paar ein, das auf dem Kontinent noch nie in Erscheinung getreten ist, in seiner Heimat England aber bereits von sich reden gemacht hat: Betty Moody und ihr zehnjähriger KWPN-Wallach Jagerbomb. Moody hatte den Braunen selbst gezogen und als Vater für das Wunschfohlen von ihrer Jazz-Stute jenen Hengst ausgesucht, der heute die Ehrenrunde angeführt hat, Dante Weltino.
Wäre es allein nach Alban Tissot gegangen, dann hätte der Sohn den Vater heute hinter sich gelassen. Der Franzose gab Jagerbomb 75,761 Prozent. Sein Gegenüber bei B, Enzo Truppa (ITA), war da ganz anderer Meinung. Hier wurden es 69,565 Prozent. Das eine war arg viel, das andere zu wenig für eine weitgehend fehlerfreie und losgelassene, harmonische Runde bei leichter Anlehnung, mit viel Go und Höhepunkten zum Beispiel in den Serienwechseln. Luft nach oben ist noch in den Piaffen. Unter dem Strich beendete das britische Paar sein Debüt auf dem Kontinent mit 72,543 Prozent und hinterließ einen sehr positiven Eindruck.
Ebenfalls platziert waren Fabienne Müller-Lütkemeier und Valencia As. Mit 72,087 Prozent wurden sie Sechste.
Alle Ergebnisse aus Lier finden Sie hier.
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