Mit einem sicheren Ritt und einem teuren Fehler in der Galopptour hat Matthias Rath sich bei der EM-Dressur mit Thiago vorerst an die Spitze des Feldes gesetzt. Auch die Dänen und die Briten hatten schon ihren jeweils ersten Mannschaftsreiter im Viereck.
Als erster Teamreiter für Deutschland ging Matthias Alexander Rath mit Thiago ins Viereck bei der Dressur-EM. Vorm Einreiten ritt Rath noch etwas Schulterherein ums Viereck.
Matthias Alexander Rath und Thiago
Insgesamt hätte man dem Rappen im ersten Teil der Aufgabe gewünscht, dass er seinen schon von Haus aus nicht gerade langen Hals etwas mehr im Ganaschenwinkel hätte öffnen dürfen. Die erste Piaffe war gleichmäßig getreten. Der Schritt ist ein Schwachpunkt des kompakten Rapphengstes. 6,6 für das starke, 6,4 für das versammelte Tempo, in dem sich der Hengst zeitweise leicht verwarf.
Mit viel Energie und mehrfachem Schnauben zeigte Thiago die zweite Piaffe. Wohl um dem Totilas-Sohn die Möglichkeit zu geben, sich auszubalancieren, ritt Rath diese Piaffe mit durchhängendem Kandarenzügel. In der Galopptour gelang vieles sicher, die Serienwechsel schwankten leicht (7,4 für sowohl Zweier- als auch Einerwechsel). Doch vor der zweiten Pirouette fiel der Rappe, der insgesamt trotz seines kurzen Rückens noch mehr unter den Schwerpunkt springen dürfte, einmal aus – 6,1, teurer Fehler. Glänzen konnte das Paar vom Schafhof dann auf der letzten Mittellinie. Die Abfolge von Passage, Piaffe und Passage gelang sicher. Aber dann kam es auf den letzten Metern zu einem Moment des Zögerns in der letzten Passage.
Aus eigener Zucht
Es sei „doppelt emotional“, so Matthias Alexander Rath, mit einem Pferd an den Europameisterschaften teilzunehmen, das man von Anfang an kennt – Thiago ist auf dem Schafhof geboren. Seine Mutter ist die Hannoveraner Stute Wahajama, eines der letzten Erfolsgpferde von Raths Stiefmutter Ann Kathrin Linsenhoff. Sein Fazit: „Es hätten sicherlich noch ein paar Punkte mehr sein können, wenn ich die Rechtspirouette richtig eingeleitet hätte“. Aber Thiago sei noch jung, zehn Jahre, gehe erst seine erste richtige Grand Prix-Saison und sei eben ein „frisches Pferd“. Das habe auch der Vetcheck gestern gezeigt. Diese Energie in die richtigen Bahnen zu lenken, sei nicht immer einfach gewesen. Rath spielt darauf an, dass der Rappe schon mehrfach, allerdings zumeist im Grand Prix Special, bei den Piaffen hartnäckig den Job quittiert hatte. Doch Rath ist zuversichtlich: „Wir haben den Schalter gefunden“. Nun stünde ein „festes Konzept“ dahinter, „wir machen jedes Mal dasselbe“.
74,845 Prozent lassen Rath nach dem ersten Viertel der Starter in Führung liegen.
Daniel Bachmann Andersen (DEN) und Vayron
Direkt im Anschluss kamen Daniel Bachmann Andersen und Vayron ins Viereck. Der Westfale hatte große Augen beim Antraben und entsprechende Spannung an der kurzen Seite zu Beginn der Prüfung der beiden. Dafür kam dann ein starker Trab mit einem gewissen Wow!-Effekt. Auch die Trabtraversalen, Faktor zwei im Grand Prix in der Wertung, gelangen ausdrucksstark, weit greifend und kreuzend. Das Halten und geschmeidige Rückwärtsrichten war das Highlight aller bisherigen Ritte (7,8). Auch Vayron geht 2023 erst seine erste „richtige“ Saison. Daniel Bachmann Andersen und der westfälische Vitalis-Sohn kennen sich nicht einmal ein Jahr. Die Übergänge aus der Piaffe heraus in die Passage sind noch nicht ganz sicher. In der ersten Piaffe gelang das nur über Schritt. In allen Piaffen hätte der Wallach mehr tragen müssen und weniger stützen im Vorderbein.
Der starke Schritt wurde mit klarem Übertritt gezeigt, ein bisschen mehr an-die-Hand-Heranziehen wäre wünschenswert gewesen. Die Übergänge rund um die zweite Piaffe gelangen besser. Die Zweierwechsel waren schwankend, die Zick-Zack-Traversale gut eingeteilt – mit einem solch großen Pferd (Stockmaß knapp 1,90 Meter) kein einfaches Unterfangen. Auch diesem Duo wurde die zweiten Pirouette zum Verhängnis. Der Däne musste mit den Händen deutlich ausgleichen, damit der Wallach noch einigermaßen auf der Line landete (6,4). Vayron hatte während der Prüfung ein Eisen verloren, sagte Daniel Bachmann Andersen nach seinem Ritt, der mit 74,146 Prozent, Zwischenwertung Rang drei, bewertet wurde. Hufeisen sollen ja Glück bringen …
Gareth Hughes (GBR) und Classic Briolinca
Die Stute kann Piaffe und Passage und grandiose Pirouetten, das sind ihre Highlights. Und die zelebrierte Gareth Hughes. Dem gegenüber stand ein starker Trab, der laufend war. Ein paar unterschiedlich hoch fußende Tritte im Vorderbein waren an der kurzen Seite auch dabei. Während man der ersten Piaffe noch etwas mehr Fleiß gegönnt hätte – wenngleich sehr gleichmäßig und vor allem mit ganz fließenden Übergängen gezeigt – waren die beiden weiteren Piaffen von besonderer Güte. Was bei diesem Paar Spaß macht, ist die sichere, leichte, aber dennoch konstante Anlehnung und Selbsthaltung. Beispielhaft, wie aus dem Lehrbuch, auch die Pirouetten (8,4 in der Rechtspirouette.). Das Halten am Ende war kaum als solches zu erkennen. Mit 74,565 Prozent ist der Brite aktuell nach einem Viertel des Grand Prix Zweiter. Die britische Richterin Isobell Wessels mochte die Darbietung ihres Landsmann ganz besonders: Sie zückte 77,2 Prozent – das war die mit Abstand höchste Note bislang. Dem standen 71,848 Prozent gegenüber, vom Niederländer Eduard de Wolff van Westerrode.
Hier das jeweils aktuelle Zwischenergebnis von der Dressur-EM 2o23.
0 Kommentare
Schreibe einen Kommentar