Wenn es derzeit ein Paar im Dressursport gibt, das stellvertretend für Leichtigkeit und Eleganz steht, dann sind das Jessica von Bredow-Werndl und Dalera. Das war es, was sie heute auch in Neumünster in der Qualifikation für die Weltcup-Kür in einer eigenen Liga spielen ließ.
Mit 84,395 Prozent gewannen die Olympiasiegerinnen und dreifachen Europameisterinnen Jessica von Bredow-Werndl und ihre Trakehner Stute Dalera BB den Kurz-Grand Prix, die Qualifikation für die Weltcup-Kür von Neumünster. Die wenigen Zuschauer, die in der Holstenhalle zu dieser reinen Dressurvariante der VR Classics zugelassen waren, waren völlig aus dem Häuschen als Jessica von Bredow-Werndl und Dalera zum Schlussgruß aufmarschiert waren. Die Trabtour der zwei war eine Augenweide – super stabil in der Anlehnung, Genick immer höchster Punkt, mustergültige Anlehnung eines ruhig und zufrieden kauenden Pferdes. Überhaupt, Zufriedenheit war das, was Dalera ausstrahlte.
Fünf-Sterne-Richterin Ulrike Nivelle saß heute nicht am Tisch, sondern war abgestellt worden, die Reiter nach ihren Ritten zu interviewen. Die zusätzliche Zeit, die das kostet, wurde dafür innerhalb des Rittes eingespart, denn wie jetzt bei allen Weltcup-Etappen, wurde auch in Neumünster der Kurz-Grand Prix geritten. Also 4,5 statt 6,5 Minuten. Ulrike Nivelle konnte ihrer Richterrolle offenbar nicht ganz entkommen, denn sie stellte den Reitern weniger Fragen nach ihrem Eindruck ihrer Prüfung, sie gab vielmehr ihre eigenen Eindrücke wieder. Und die lauteten bei Jessica von Bredow-Werndl und Dalera: „Wir genießen es sehr, dir zuschauen zu dürfen. Habe beim Richten immer schon gedacht, wir müssten auch eine 12 haben. Das ist so eine Harmonie, eine Eleganz, eine Perfektion.
Wenn es nach ihrer Reiterin ginge, hätte Dalera auch schon für ihren Charakter eine 12 verdient: „Dalera überrascht mich jedesmal aufs Neue und verzaubert mich. Ich war letzte Woche nicht fit und wusste gar nicht, ob ich reiten kann. Aber sie ist wie eine beste Freundin, die einen an die Hand nimmt und sagt: Hey, wir machen das! Ich will jetzt los!“ Und dann haben die beiden mal eben die Holstenhallen gerockt. Diesmal eben im Kurzformat.
Die Meinungen zum Thema Kurz-Grand Prix gehen auseinander. Doch der Tenor der meisten Reiter ist, dass sie lieber die lange Aufgabe reiten, in der die Pferde auch mal durchatmen können. Und viele ärgern sich, dass die FEI auch hier quasi im Alleingang über die Köpfe von Richtern und Reitern hinweg entschieden hat, dass der Kurz-Grand Prix nun bei allen Weltcup-Stationen geritten wird. Mehr dazu demnächst im St.GEORG.
Platz zwei für Isabell Werth
Zurück zur Prüfung. Auf dem zweiten Platz reihten sich Isabell Werth und der nun zwölfjährige Quaterback-Sohn Quantaz ein. Der DSP-Hengst wurde von den Richtern mit 78,553 Prozent bedacht. Ein dicker Patzer passierte in den Zweierwechseln, als der Hengst einmal aussetzte. Das nahm Isabell Werth ganz auf ihre Kappe. Doch alles in allem hat man den Eindruck, der hübsche Braune habe an Sicherheit und Stabilität gewonnen. Die Traversalen waren fließend, das Rückwärtsrichten in Ordnung. Die Pirouetten gelangen zentriert und fleißig mitspringend, in der Piaffe-Passage-Tour zeigte der Hengst viel Engagement, besonders in der Passage, wo man sich allerdings eine gesenktere Kruppe wünschen würde.
Ulrike Nivelle fragte Isabell Werth nach ihrem „Trick“, mit dem sie alle ihre Pferde dazu bringt, so schön zu traversieren. Werth daraufhin: „Da gibt es keinen Trick! Das ist ganz einfach: Innerer Schenkel, äußerer Zügel. Eben das, was uns immer wieder begegnet … “
Skodborg Merrald führt starke dänische Delegation an
17 Jahre alt ist die Oldenburger Gribaldi-Tochter Orthilia inzwischen. Bekannt wurde sie unter Fiona Bigwood für England, ging dann zu Agnete Kirk Thinggaard, mit der sie allerdings nie recht in Schwung kam. Wegen einer Verletzung, die sie sich auf dem Paddock zugezogen hatte, musste die talentierte Stute lange pausieren. Vor rund einem Jahr übernahm Nanna Skodborg Merrald dann den Beritt der Stute. Und man muss sagen: Orthilia scheint einen zweiten Frühling zu erleben. Elastischer und mehr durch den Körper war sie auch nicht, als sie mit dem Team Silber bei den Olympischen Spielen in Rio 2016 und den Europameisterschaften 2015 in Aachen gewann.
Was das Gesamtbild unter Skodborg Merrald trübt, ist das offene Maul der Stute. Sonst wären es wohl sogar noch mehr als 77,921 Prozent gewesen, die die beiden Mannschaftsbronze-Gewinner der EM 2021 in Hagen heute bekamen. Die Highlights: die erste Traversale nach links und die sehr rhythmische und aktive Piaffe-Passage-Tour. Danach folgte ein starker Schritt mit genügend Übertritt. Wermutstropfen in der Galopptour waren die Zick-Zack-Traversalen, in denen es zwar keinen Fehler gab, die Stute aber hinter die treibenden Hilfen kam und dadurch eng wurde. Danach folgten ausdrucksvoll nach vorne-oben durchgesprungene Zweierwechsel und sehr zentrierte Pirouetten, die – ebenso wie die Piaffen – zeigten, wie sehr die Stute bereit ist, Last aufzunehmen. Fazit: Trotz des offenen Mauls ein elegantes, harmonisches Paar.
Dänische Championatsreiter
Auch die Plätze vier und fünf gingen nach Dänemark, und zwar an Skodborg Merralds Olympia- bzw. Olympia- und EM-Teamkolleginnen, die Olympia-Siebten Carina Cassøe Krüth und Heiline’s Danciera (77,632 Prozent) sowie Cathrine Dufour mit Vamos Amigos (77,395). Wobei letztere sowohl bei den Olympischen Spielen in Tokio als auch bei EM in Hagen im Sattel von Bohemian saß.
Die Fürstenball-Tochter Danciera und Carina Cassøe Krüth geben zusammen einfach ein schön anzuschauendes Paar ab. „Elegant!“ ist das erste, was man denkt, wenn man die beiden sieht. Highlights ihrer heutigen Prüfung waren der starke Trab, die Passagen, die Schrittreprisen und sehr schön nach vorne durchgesprungene Zweierwechsel. Die erste Pirouette war etwas groß, die zweite besser. Die Einerwechsel dazwischen waren allerdings ein Satz mit X. In den Piaffen neigt die Stute dazu, die Hinterbeine zu kreuzen.
Cathrine Dufours zehnjähriger Vitalis-Sohn Vamos Amigos, der der Familie Pigley gehört, scheint ein heißer Ofen zu sein. Man wünschte sich insgesamt noch mehr Ruhe und Erhabenheit während der Aufgabe, was vielleicht aber auch eine Frage der Routine und Kraft ist. Dann käme er wohl auch noch mehr zum Tragen und dazu, das Genick mehr zu öffnen. Toll waren heute der starke Trab, die Passagen und die Pirouetten (besonders die nach rechts). In den Serienwechseln auf der Mittellinie kam dann allerdings Spannung auf, weshalb der Wallach auch gleich zwei Einerwechsel mehr machte als verlangt. Die Piaffen sind in der Anlage eifrig und kraftvoll. Aber noch schwankt der Wallach stark. Auch das wird sich vermutlich mit der Entwicklung von noch mehr Tragkraft geben.
Mausi und mehr
Rang sechs ging an Helen Langehanenberg und Annabelle, „Mausi“. Für die nun 14-jährige Conteur-Tochter, die ja im vergangenen Jahr zum deutschen Goldteam bei den Europameisterschaften in Hagen gehörte, ist Neumünster quasi ein Heimspiel. Schließlich ist sie Holsteinerin, geboren bei Brillenkönig Günther Fielmann im Land zwischen den Meeren. Tatsächlich war sie auch rank wie ein Springpferd. Aber ihre Vorstellung war die eines gereiften Dressurpferdes. Verlor sie früher in den Piaffen schon mal die Balance, wenn sie zu viel Last aufnehmen wollte, gehörte die Piaffe-Passage-Tour heute zu den Highlights der Aufgabe. Ein Patzer in den Zweierwechseln verhinderte, dass es mehr wurden als 76,132 Prozent.
Über ein gelungenes Turnier-Comeback konnten sich Benjamin Werndl und sein Farewell III-Sohn Famoso freuen. Seit August 2020 war der 13-jährige Oldenburger Sohn kein internationales Turnier mehr gegangen. Heute eröffneten er und Werndl die Prüfung mit einer soliden 75,421 Prozent-Runde.
Dahinter reihte sich ein neues Paar ein: Patrik Kittel auf dem ebenfalls oldenburgisch gezogenen Zack-Sohn Blue Hors Zepter. Der heute 14-jährige Fuchs war von Daniel Bachmann Andersen ausgebildet worden und galt eigentlich als Thronfolger von Zack. Bis Bachmann Andersen das Gestüt Blue Hors verließ und sich selbstständig machte. Kurzzeitig setzten die Blue Hors-Leute ihren Landsmann Andreas Helgstrand in den Sattel, doch das war nur eine kurze Liaison. Stattdessen fragten sie vor einigen Wochen den in Dülmen bei Münster beheimateten Schweden Kittel, ob er Zepter nicht übernehmen wolle. Die Frage mussten sie nicht zweimal stellen. So steht der Fuchs nun in Deutschland und gab heute sein Turnierdebüt unter schwedischer Flagge, das mit 73,131 Prozent und Rang acht belohnt wurde. Wie es mit ihnen weitergeht, weiß Kittel noch nicht. Aber so lange der Wallach nicht verkauft wird, wird er ihn erstmal weiter reiten.
Morgen in der Kür wird Zepter übrigens zu Scandics Billy Idol-Kür gehen. Um 11.15 Uhr geht das erste Pferd in die Bahn. Das Losglück wollte es, dass Jessica von Bredow-Werndl und Dalera die Weltcup-Etappe von Neumünster als letztes Paar um 13.43 als letztes Paar beschließen.
Alle Ergebnisse aus Neumünster finden Sie hier.jordan retro shoes mens release dates | air jordan 1 retro high og chicago release date
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