Zumindest aus deutscher Sicht war der nationale Grand Prix bei den VR Classics Neumünster heute wohl ebenso spannend, wie zuvor der Kurz-Grand Prix der Weltcup-Tour. Am Ende war es nicht nur Isabell Werth, die allen Grund zur Freude hatte.
Wobei die erfolgreichste Reiterin aller Zeiten schon klar sagte, dass sie „super happy“ sei mit ihrer zehnjährigen Hannoveraner Stute Superb, die in Neumünster den zweiten Grand Prix ihres Lebens ging. Vor einem Dreivierteljahr war die Rappstute v. Surprice bei der Louisdor-Preis Qualifikation auf Hof Kasselmann am Start gewesen. Damals konnte man schon sehen, dass sich da einmal ein Grand Prix-Pferd entwickeln wird. Nun ist es da. Mit 77,533 gewannen Isabell Werth und die Stute den Grand Prix von Neumünster.
Das Paar begann mit einer sicheren Grußaufstellung und einem groß angelegten starker Trab. Dann die Traversalen Marke Werth, allerdings mit leichtem Abkippen hinter die Senkrechte beim Umstellen, so dass die zweite Traversale nach links nicht ganz so schön war die nach rechts. In der Passage federt die Stute kraftvoll und erhaben ab. In der ersten Piaffe schmiss sie beim Abfußen hinten rechts einmal die Kruppe hoch. Das kostete Punkte. Die zweite war besser, aber vorne noch leicht stützend. Nach dem Angaloppieren aus der Passage sprang die Stute vor der Ecke einmal um. Ansonsten tolles rundes und fleißig repetierendes Galoppieren. Zu Beginn der Zweierwechsel schnaubte die Stute einmal hart ab, ließ sich aber nicht aus dem Takt bringen. Die Einerwechsel waren eines der Highlights der Prüfung. In den Zick-Zack-Traversalen muss Werth noch arbeiten, um die Stute vor sich zu halten. Klare Lastaufnahme in den fleißig mitgesprungenen Pirouetten. Und dann eine gute Schlusslinie, auf der die letzte Piaffe die beste der Prüfung war.
„Ich bin sehr sehr zufrieden, weil auch von Ankum nach jetzt die Selbstverständlichkeit noch weiter reinkommt. Wenn wir jetzt noch weiter reifen … Sie will wirklich auch keinen Fehler machen. Jetzt muss einfach Kraft (kommen). Vielleicht war ich zehn bis 15 Minuten zu lange draußen. Aber gut, das sind alles Sachen, die man jetzt lernen muss. Aber unterwegs war es eigentlich toll, ich bin super zufrieden.“
Nicht für die Interviewenden bestimmt war wohl der Satz, den sie ihrer Pflegerin Steffi beim Rausreiten nach der Siegerehrung zurief: „Hast du die Passage da jetzt gerade gesehen? Wahnsinn!“ Keine Frage, Isabell Werth hält ganz große Stücke auf Superb.
Patrik Kittel und eine weitere Entdeckung
Ebenfalls erst zehnjährig ist die westfälische Fürst Fugger-Tochter Forever Young HRH, die unter Patrik Kittel mit 76,167 Prozent auf Rang zwei tanzte. Was besonders auffiel war die gleichmäßige leichte Anlehnung. Dazu trabte die Stute losgelassen, dabei kadenziert und aktiv abfußend, allerdings immer mit etwas hoher Kruppe. Was sonst noch auffiel: Die Piaffen sind rhythmisch, aber noch sehr im Vorwärts angelegt und (noch?) schwankend. Im Schritt könnte die mehr zur Hand hinziehen, aber er war klar geregelt. Zweierwechsel schön aus der Ruhe heraus entwickelt und dann ausdrucksvoll nach oben durchgesprungen. Ebenso die Einer. Geschmeidige Zick-Zack-Traversalen und zentrierte Pirouetten.
Die zweite Überraschung war das Paar auf Rang drei, Nicole Wego-Engelmeyer und Saphira Royal. Die ehemalige WM-Bronzemedaillengewinnerin gehört der Russin Elena Knyginicheva, einer Stammkundin von Wego-Engelmeyers Arbeitgebern, der Familie Kasselmann. Sie hatten die elegante rheinische San Amour-Tochter zunächst Kristina Bröring-Sprehe zur Verfügung gestellt. Doch da diese ihr zweites Kind erwartet, kommt nun Nicole Wego-Engelmeyer in den Genuss, die 13-jährige Rappstute vorzustellen.
Und nach Genuss sah die Runde aus, die von den Richtern mit 75,400 Prozent bedacht wurde. Das fing schon mit dem fliegenden starken Trab an, in dem die Stute eine Rahmenerweiterung zeigte, sie sie dieser Tage selten zu sehen ist. Sie traversierte schwungvoll mit weitem Kreuzen zu beiden Seiten. In der ersten Passage wurde sie hinten leicht breit. Die Piaffen gelangen allesamt mit Lastaufnahme, könnten aber etwas fleißiger sein. Leichte Stockungen gab es bei den Übergängen aus der Piaffe in die Passage. Ein weiterer Höhepunkt: die erhaben nach oben raus und durchgesprungenen Zweierwechsel. Im starken Galopp bewies die Reiterin Mut zum Risiko, die Rückführung gelang sicher. Danach folgten geschmeidige Zick-Zack-Traversalen mit Ausdruck. Super Pirouetten nach links und rechts! Wobei die Meinung der Richter da auseinander gingen. Yuri Romanov bei E gab beide Male eine 9, Ulrike Nivelle bei C in der ersten nur eine 7, in der zweiten dann eine 8. Katrina Wüst bei M zückte für beide eine 7,5.
Fazit: Tolle Vorstellung, vor allem angesichts dessen, dass es erst das zweite gemeinsame Turnier für die beiden war. Nicole Wego-Engelmeyer hat nun erst einmal den Auftrag, die Stute in den Sport zu bringen. Ob sie danach zu Kristina Bröring-Sprehe zurückgeht, sei noch völlig offen. Die Entscheidung läge ja bei den Besitzern – die auch in Neumünster waren und die Reiterin gar nicht mehr aus der Umarmung entlassen wollten.
Weitere Ergebnisse
Vierte wurden der Louisdor-Preis Sieger 2020, Bonheur de La Vie und Sandra Nuxoll. Der elegante Bordeaux-Sohn ist ein Pferd, das eigentlich keine Schwächen hat. Leider schwangen die Vorderbeine im starken Trab heute nicht ganz gleichmäßig hoch und in der ersten Piaffe, die die Reiterin vorschriftsmäßig auf der Stelle angelegt hatte, fußte der Wallach ein paar mal hinter die Abdruckspuren. Das war teuer. Die nächsten Piaffen legte die Reiterin geschickt mehr nach vorne an und das Problem hatte sich erledigt. Weitere Highlights: die gute Schritttour, gerade und ausdrucksvoll nach oben gesprungene Zweier, wunderbare Wechsel von Sprung zu Sprung, zentrierte Pirouetten, die erste etwas besser als die zweite. In Prozent ausgedrückt hieß das: 74,333.
Es schlossen sich an in der Rangierung bis Platz zehn: die Österreicherin Victoria Max-Theurer auf dem Totilas-Sohn Topas mit 72,70 Prozent, Emma Kanerva im Sattel von Greek Air v. Gribaldi (72,70), die Deutsche Bank Reitsport-Akademistin Bianca Nowag und ihre Foundation-Tochter Florine mit vielen Highlights und einer wunderbar flüssigen Trabtour sowie sehr verbesserten Piaffen (72,367), Fabienne Müller-Lütkemeier und Valencia AS, die heute noch kleine Abstimmungsprobleme hatten (72,033). Lena Waldmann und Cadeau Noir belegten Rang neun (69,067), dicht gefolgt von Stefan Lehfellner (AUT) und Rockabilly (69,033).
Alle Ergebnisse finden Sie hier.mens jordan release dates 2022 | michael kors outlet in niagara falls canada
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