Olympia 2024 zieht derzeit weltweit unzählige Sportfans in seinen Bann. St.GEORG-Chefredakteur Jan Tönjes ist bei den Olympischen Spielen in Paris für Sie vor Ort. Von dort berichtet er über alle Reitsportwettbewerbe – und täglich über seine Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen rund Olympia 2024.
Der gestrige Tag war einer, der mit hohen Erwartungen begann. Da lag doch irgendwie Gold in der Luft nach dem grandiosen Auftakt der Springreiter. Genau genommen lag heute erstmal Nebel in der Luft. Ich war ein bisschen Laufen. Unser Hotel liegt zwar in einer Gegend mit viel Bautätigkeit und einigen Bauruinen, aber es gibt einen tollen Wald mit einem See in der Mitte. So richtig urig. Es tropfte von den Blättern mächtiger Buchen als ich nach rechts abbog und auf einen Reitweg stieß. Parallel zu einer Asphaltstraße ein schöner Sandweg, auf dem sogar ein paar Geländehindernisse standen. Knapp einen Meter hoch, die Stangen in großen Eisenhalterungen liegend, sodass man sie auch seitlich herausziehen konnte. Tolle Idee, so etwas habe ich in Deutschland noch nie gesehen. Sehr zur Nachahmung empfohlen! Als ich ins Hotel zurückkam, tropfte ich ähnlich wie die Buchen. Sehr zu meiner Beruhigung kam ein Kollege von der dpa etwas später in die Hotellobby und hätte jeden Wet T-Shirt Contest gewonnen (ich bin da aber auch keine Konkurrenz und der Rest des internationalen Journalistentrupps nippte am Kaffee statt sich sportlich zu betätigen).
Tolle Hindernisse – Enttäuschende Leistungen
Die Euphorie steigerte sich beim Betrachten des Parcours. Es ist einfach nur der Wahnsinn, mit wie viel Liebe zum Detail Hindernisse für diese Olympischen Spiele gestaltet wurden. (Hier die Beschreibung und ein paar Eindrücke). Um diese Galerie zu erstellen, braucht es übrigens auch eine gewisse Grundkondition. Der „Media Course Walk“, also die Parcoursbesichtigung für uns Journalisten, startete um 13 Uhr. Um 14 Uhr wurde schon das erste Pferd im Stadion erwartet. Also rein, von Sprung zu Sprung gefetzt, iPhone raus, Bild nach Hamburg gemailt, wo das Team – danke, ihr seid spitze! – dann schon mit dem Hochladen beginnt. Dann weiter zu Sprung 2, iPhone raus… und so weiter. Dass es enttäuschend verlaufen ist, muss man nicht noch einmal betonen. Zwei Netzroller und Platz fünf. Einfach nur schade. Bemerkenswert ist, wie viele Ersatzpaare zum Einsatz kamen. Über den Modus, drei Reiter, kein Streichergebnis, wurde auch heute viel gesprochen. Keiner mag ihn, alle fragen sich, warum die Grundprinzipien des Sports, die sonst immer gültig sind, konkret bei Nationenpreisen, hier so umgebastelt werden müssen. Andererseits muss man natürlich auch sagen, dass bei einem Staffellauf auch alles klappen muss. Wenn da einer stolpert oder den Staffelstab beim Wechsel verliert, gibt es auch kein Streichergebnis.
Frankreichs unerschütterliche Euphorie
Die Unterstützung durch das französische Publikum sprengt weiterhin alles zuvor Dagewesene. In einer Umbaupause läuft zur musikalischen Untermalung „Champs Élysée“, die Hymne auf den Prachtboulevard von Joe Dassin (wer sich nicht ganz sicher ist, das klingt so). Und da stimmt die gesamte Tribüne beim Refrain ein, die Kartenkontrolleure drehen sich zur Tribüne, fordern mit hochgereckten Armen zum Mitsingen auf. Bin gespannt, ob bei Jessis Kür dann auch mitgesungen wird, Piaf sollten die Franzosen ja kennen, für Piaffe ist dann Dalera zuständig. Aber das ist ja erst morgen, heute Konzentration auf den Grand Prix Special.
Unsere Webseite läuft jetzt endlich wieder stabil. In Hamburg ist dran gewerkelt worden. Als Dankeschön für Ihre und eure Treue hat unsere IT-Abteilung die Werbeanzeigen deutlich reduziert – für noch mehr Lesevergnügen auf st-georg.de.
Das Gold ist greifbar
Heute könnte es dann etwas werden mit dem Mannschaftsgold. Denn die Dressurreiter sind dran, und nach dem Grand Prix sah es ja wirklich gut aus für Team Deutschland. Wobei man schon konstatieren muss, die Dänen sind dicht dran. Ganz sicher, so sieht es auch jeder hier im Pressezentrum, und auch andere Menschen, mit denen man ins Gespräch kommt, machen diese beiden Mannschaften Gold und Silber unter sich aus. Die Aufgabe, in der die Entscheidung fällt, ist der Grand Prix Special. Ich habe kurz die entscheidenden Eckdaten in einem Beitrag zusammengefasst, dort ist auch die Startliste zu finden. Bleibt noch die Frage, wer Bronze gewinnt. Da sieht es für mein Dafürhalten momentan sehr danach aus, als wären es die Briten. Auch wenn sie auf Charlotte Dujardin verzichten müssen, so haben sie mit Charlotte, Lottie, Fry und Glamourdale, ja das amtierende Weltmeisterpaar am Start. Und auch Carl Hester konnte sich über seine Noten mit dem KWPN-Hengst Fame nicht über eine zu strenge Bewertung beschweren. Nummer drei im britischen Team ist Becky Moody mit Jagerbomb. Den kennt sie schon von Geburt an. Und, das hat ja das Ergebnis der Franzosen im gestrigen Springfinale gezeigt, selbstgezogene Pferde sind alle mal gut für eine Team-Bronzemedaille bei diesen Olympischen Spielen.
Daumen drücken und abwarten
Die 30 Teamreiterrinnen und -reiter gehen ab 10.00 Uhr ins Viereck. Deutschland, das ja in dem Qualifikations-Grand Prix als Mannschaft am besten abgeschnitten hat, hat die Startpositionen 10., 20. und 30.
Als erstes muss Frederic Wandres mit Bluetooth ins Viereck und zwar um 11.30 Uhr. Er ist der letzte Starter des ersten Drittels. Direkt vor ihm wird Daniel Bachmann Andersen für Dänemark mit Vayron am Start (11.20 Uhr) gewesen sein. Der freut sich schon, denn der Grand Prix Special liegt dem riesengroßen Vitalis-Sohn noch mehr als der Grand Prix. Das hat er mir schon vorgestern gesagt mit so einem gewissen Leuchten in den Augen. Zumindest haben wir dann schon einmal eine erste Positionsbestimmung, wie eng die beiden Mannschaften beieinander liegen.
In der zweiten Gruppe ist Isabell Werth mit Wendy um 13.25 Uhr gefordert. Zu diesem Zeitpunkt werden wir dann auch schon wissen, welche Note der Brite Carl Hester mit Fame, Startzeit 13.05 Uhr, und die Dänin Nanna Skodborg Merrald mit ihrem Oldenburger Zepter, Startzeit 13.15 Uhr, erzielt haben.
Die letzten zehn Starter gehen dann ab 13.55 Uhr ins Viereck. Da gilt es sicherlich ein Auge zu werfen auf die Niederländerin Dinja van Liere mit Hermes, 14.55 Uhr, direkt gefolgt von Charlotte Fry (GB) und Glamourdale. Die beiden gehen um 15.05 Uhr in diesen Grand Prix Special. Schlussreiterin für das Team Dänemark ist schließlich Catherine Laudrup-Dufour mit der Hannoveraner Stute Freestyle um 15.15 Uhr.
Dann kommt der ganz spannende Moment, Jessica von Bredow-Werndl und die Trakehner Stute TSF Dalera BB werden die olympische Mannschafts-Entscheidung der Dressur beschließen. Los geht es für das Paar aus Aubenhausen um 15.25 Uhr. Und dann um circa 15.35 Uhr werden wir dann wissen, ob der Traum von der deutschen Goldmedaille in der Dressur wahr geworden ist. Könnte sich dann so anhören: „C‘est magnifique, c‘est la médaille d‘or pour l‘Allemagne!“ Wäre doch schön.
Hier die Startliste.
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