Olympia 2024 Einzelentscheidung Dressur: Liveticker zum Kopf-an-Kopf-Rennen von Laudrup-Dufour, von Bredow-Werndl und mehr

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Die alles entscheidende Schlusslinie im Grand Prix Special Olympia 2024: Hätten Jessi und Dalera hier gepatzt, wäre Gold definitiv verloren gewesen. Aber sie zelebrierten die Schlusslinie geradezu, und das ohne Fehler. (© Pauline von Hardenberg)

Die frischgebackenen Mannschaftsolympiasieger aus Deutschland, Frederic Wandres, Isabell Werth und Jessica von Bredow-Werndl treten heute mit 15 weiteren Startern zur Einzelentscheidung in der Dressur an. Bei Olympia 2024 verspricht die Grand Prix Kür ein ebenso hohes Maß an Spannung wie im Grand Prix Special. Jan Tönjes berichtet im Liveticker für Sie und euch.

Bis zu 25 Grad sollen es heute werden in Versailles mit einigen Wolken, also nochmal angenehmes Wetter im Reitstadion, bevor die Temperaturen morgen zur Einzelqualifikation Springen wieder an der 30 Grad-Marke kratzen.

Liveticker Olympia 2024 Dressur Einzelfinale, Grand Prix Kür

Update 13.35 Uhr

Wir beenden den Liveticker an dieser Stelle. Vielen Dank für Ihr und euer Interesse! Später gibt es noch einen großen Bericht mit allen Stimmen zum Einzelfinale Dressur. Au revoir!

Einzelolympiasieg für Jessica von Bredow-Werndl und Dalera

Sie haben es geschafft! Es war der Ritt ihres Lebens, und die Kür zu Klängen aus Frankreich hat Jessica von Bredow-Werndl und ihrer Queen Dalera den zweiten Einzelolympiasieg nach Tokio 2021 beschert.

Ergebnisse:

🥇 90,093 Prozent Jessica von Bredow-Werndl und Dalera

🥈 89,614 Prozent Isabell Werth und Wendy

🥉 88,971 Prozent Charlotte Fry (GBR) und Glamourdale

Alle Ergebnisse Olympia 2024 Einzelfinale Dressur finden Sie hier.

Cathrine Laudrup-Dufour und Freestyle (DEN)

Die nächste Reiterin in der Bahn, die feines Reiten zu zelebrieren weiß. Die Dänin Cathrine Laudrup-Dufour und Freestyle. Mucksmäuschenstill das Stadion, als sie das Handzeichen gibt und angaloppiert.

Das Paar beginnt mit äußerst akzentuierten Passagen. Und einer guten Piaffe. „Whatever it takes“ zum starten Trab, der mit einem Taktfehler kurz vor F endet. Traversale nach rechts mit weitem Kreuzen. Dann die Traversale nach links in der Passage, von M bis zur Mittellinie. Dort eine Piaffe mit 180° Drehung, dann geht es nach rechts in einer weiteren wunderschönen Passagetraversale weiter. Es ist von der Orchestrierung her eher eine Kür der leisen Töne. Zwar unterstreicht Perkussion hin und wieder eine Lektion, aber immer wieder sind es auch die zarten Pianoklänge, die das Paar begleiten.

Den Schritt zeigt sie auf der linken Hand auf einer Zirkellinie von R bis kurz vor C, dazu der berühmte Song von Céline Dion aus dem Film Titanic, „My Heart Will Go On“, allerdings nicht gesungen, sondern instrumental. Dann aus dem Schritt eine Piaffpirouette, die in eine Galopppirouette übergeht. Der Schwierigkeitsgrad auch hier definiert mit 99 Prozent.

Nach einer weiteren Pirouette rutscht die Hannoveraner Stute in den Zweierwechseln ein bisschen hinter die Senkrechte mit der Nasenlinie, das ist vermutlich eine Sicherheitsmaßnahme, nachdem es in den Prüfungen zuvor in den Serienwechseln ja kleine Fehler gegeben hatte. In den Einerwechseln ist dann aber die Nase wieder vor der Senkrechten. Am Ende einer doppelten Pirouette ein ganz kleiner Rhythmusverlust, bevor es in der Galopptraversale weitergeht.

Aus den Zweierwechseln über die Diagonale bis F ein Übergang in den starken Schritt. Wieder „My Heart Will Go On“, zum Abschluss bei X eine Galopppirouette nach rechts, daraus der Übergang zur Piaffpirouette nach links, 180° gewendet und da heraus in die Passage bis zum Gruß.

Das war eine tolle Kür. Aber, das wage ich zu prophezeien, zum Sieg wird das nicht reichen.

88,093 Prozent. Fünfte. Das ist Gold für Jessica von Bredow-Werndl. Doppelolympiasiegerin. Silber für Isabell Werth. Ihre 14. Olympiamedaille – legendär!

Jessica von Bredow-Werndl und Dalera (GER)

Nun also geht es ums Ganze. Nun geht es darum, ob Jessica von Bredow-Werndl und ihre Trakehner Stute ihren Erfolg von Tokio wiederholen können. Doppel-Olympiasiegerin, das gibt es nur ganz, ganz selten. Jessi hat ihre Kür noch einmal in der Choreografie etwas abgeändert. Sie hat Elemente aus der La La Land-Kür von Tokio in das Programm zu französischer Musik hineingenommen. Mit feiner Anlehnung, ruhig passagierend, kommt das Paar in die Bahn.

Jeder weiß, wie fokussiert Jessi sein kann. Sie weiß, jetzt geht es um alles. Und wir hoffen, dass die Queen das auch weiß.

Paris, Chérie, dazu federt das Paar in die Bahn. Passage zum Auftakt dazu Édith Piaf. Und eine herrlich federnde erste Piaffepirouette zum Auftakt. Daraus starker Trab über die Diagonale Richtung K. Schwierigkeitsgrad zu diesem Zeitpunkt 100 Prozent.

Traversalverschiebungen zu „I love Paris in the spring time“, geschmeidige Traversalen zeigt die Trakehner Stute, exakt auf den Zentimeter der musikalische Übergang wieder zu einer Passage. Das ist die Dalera, wie wir sie kennen. Und eine konzentrierte Jessica von Bredow-Werndl, die die nächste Piaffpirouette zeigt aus der heraus wiederum ein starker Trab, der den Namen verdient, entwickelt wird.

„Il di de mon amour“ für den starken Schritt, Pferd und Reiterin machen einen entspannten Eindruck. Im versammelten Schritt stimmt der Takt zu „La vie en Rose“. Und mit dem ersten „Padam, Padam“, Angaloppieren und sofort in die Linkstraversale.

Starker Galopp mit Risiko, die Zweierwechsel funktionieren genau wie später abgebogene Linie auch die einer Wechsel. Die Stute auch viel besser in der Anlehnung als noch in der gestrigen Prüfung. Dann das Abwenden auf die Mittellinie bei A. Sofort fangen alle an zu klatschen in der Arena, Dalera quittiert das mit leichter Spannung im Hinterbein. Das Publikum, fachkundig, wie es ist, sieht das, reduziert den Applaus und eine wunderbare Piaffe auf der Stelle aus der heraus dann wiederum eine Passagetraversale – alles im Takt. Alles im Dalera-Style.

Am Ende in der Passagetraversale zum Gruß. Und Dalera steht. Und Jessi fällt ihr auf den Hals. Und sie klopft sie.Die Menschen im Stadion springen teilweise von ihren Sitzen, Standing Ovation für Jessi, für die Trakehner Stute, die gelassen, als sei das alles nichts, im Stadion sich feiern lässt.

90.093 – Führung!

Dinja van Liere und Hermes (NED)

Kurz eine Bemerkung für alle Zuchtfans. Es ist schon bemerkenswert, der Trakehner Hengst Easy Game hat zwei Nachkommen unter den besten Sechs hier bei den Olympischen Spielen. Dabei war der große Trakehner niemals einer aus der Kategorie Vieldecker. Er ist schließlich nicht nur der Vater von Dalera, die gleich kommen wird, sondern auch der Vater von Hermes. Und den zeigt die Niederländerin Dinja van Liere.

Los geht es mit der Passage. Halten kurz vor X. Daraus dann eine Passage nach rechts und die Spice Girls. Die singen davon „What you really really want“. Ich denke mal idealerweise eine Medaille. Die erste Piaffe sicher am Platz, die Übergänge in die Passagen gut. Bewusst zeigt die Niederländerin gleich zum Auftakt der Kür die größten Stärken ihres Braunen.

In den folgenden Trablektionen, begleitet Lady Gaga mit „Wild Romance“. Die Traversalen im versammelten Trab, und zu den Piaffen sind dann wieder die Spice Girls dran. Im Schritt „I will always love you“ von Whitney Houston berühmt gemacht, von Dolly Parton, die auch schon in der Kür von Isabell Werth eine Rolle gespielt hat, geschrieben. Der starke Schritt ist entspannt. Der Hengst tritt einen Huf über.

Die Galopptour beginnt mit Zweierwechseln, dazu „Don’t go Chasing Waterfalls“. Die Einerwechsel, die sich an eine doppelte Pirouette anschließen, gelingen. Aber das Manko des Hengstes ist es einfach, dass er in der gesamten Galopparbeit die Kruppe nicht ausreichend gesenkt hat. In der Pirouette schafft er das. Es ist ein heiteres Potpourri aus radiotauglichen Popsongs der letzten 30 Jahre, die den Ritt der beiden begleiten. „Working Nine to Five“ ist einer davon, Donna Summer lässt grüßen. Auch hier klatscht das Publikum begeistert im Takt mit, als zum Schluss noch einmal die Spice Girls zu vernehmen sind. Isabell Werth hat mit Verkündung des Ergebnis von Dinja van Liere sicher: 88,432 Prozent.

Charlotte Fry und Glamourdale (GBR)

Die Weltmeisterin hat sich mit ihrem niederländischen Hengst musikalisch dem Veranstaltungsort angepasst, das hat sie gestern verraten. Ihre Kür, Best of British, die sie in Herning zum Weltmeistertitel geführt hat, hat sie um Best of French, bestes aus Frankreich, ergänzt.

Los geht es aber mit „God Save the King“ in der Passage. Und dazu Queen, dann beim Einreiten „Another One bites the Dust“. Der niederländische Hengst steht ruhig und zu Freddie Mercurys Stimme passagiert der Rappe durch die Bahn.

Die erste Piaffe gelingt deutlich besser als die Piaffe gestern im Grand Prix Special. Das gilt auch für die zweite. Robbie Williams „Let Me Entertain You“ zu einem starken Trab von H-X nach F. Lemon Tree, was aus Schwaben stammt, zu den Trabtraversalen von K bis B und B bis H.

Vergleichsweise früh zeigt die Engländerin den Schritt, dazu „If I see in Heaven“. Das versammelte Tempo ist gut, der starke Schritt zwar entspannt, aber der Hengst müsste einfach noch mehr überfußen.

Und dann kommt der Moment, auf den alle warten, wenn der Rappe in der Bahn ist, der starke Galopp. Volles Risiko, dynamischer als in den beiden Prüfungen zuvor, er mündet in eine doppelten Pirouette. Fliegende Galoppwechsel zu zwei Sprüngen auf gebogener Linie zu „Sledge Hammer“ von Genesis. Und dann das musikalische Zitat für Frankreich zur Galopppirouette, ein Ausschnitt aus der Marseilles, der sich dann auch noch einmal bei der Galopppirouette nach links wiederholt.

Die technischen Noten im Durchschnitt bei über 81 Prozent in der Galopptour des Paares. In den Einerwechseln zu „Bitter sweet Symphony“ von The Verve scheint der Hengst einmal kurz gesprungen zu sein. Die nächste Diagonale gehört den Beatles, „Hey Jude“, und dem Übergang von den Zweierwechseln direkt in die fliegenden Galoppwechsel von Sprung zu Sprung.

Als der wummernde Beat von „Another One bites the Dust“ einsetzt und das Paar noch einmal passagiert und piaffiert klatscht das Stadion im Takt mit. Ein kleiner Stolperer in einer Passagetraversale zum Abschluss dürfte das Punktekonto nicht zu sehr schmälern. Mit insgesamt 88,971 Prozent muss sich Lottie Fry ihrer Vorreiterin knapp geschlagen geben und ist derzeit Zweite.

Isabell Werth und Wendy (GER)

Es war im Januar, dass Isabell Werth bekannt gab, dass sie ein neues Pferd im Stall hat. Nämlich Wendy, zehn Jahre alt, in Dänemark gezogen. Eine Tochter des Sezuan. Es war eine Tour de Force, die das Paar gemeinsam bewältigt hat. In Rotterdam, beim Nationenpreis, eingetauscht für Superb, schaffte sie den Weg in Richtung deutsches Team.

Dann überzeugte das Paar beim CHIO Aachen. Gestern dann hier die beste Leistung der deutschen Equipe, die das so hauchdünn gewonnene Mannschaftsgold möglich machte. Damit ist Isabell Werth die erfolgreichste olympische Teilnehmerin Deutschlands – aller Zeiten! Denn seit gestern hat sie acht Goldmedaillen gewonnen. Mal sehen, ob heute nicht noch eine weitere dazu kommt.

Barry Manilows „Mandy“ zum Galopp, dem Einritt. Die Stute steht still, dann setzt Gesang ein „Our love is live“, der Auftakt zu „Stumblin in“. Passage und eine erste Piaffe, dann über die Mittellinie starken Trab. „Islands in the Stream“ von Kenny Rogers und Dolly Parton, intoniert zu einer Passagetraversale, die in eine Piaffpirouette mündet in 180° Drehung, daraus dann die Passagetraversale nach links. Die Traversale im versammelten Trab nach rechts zu Fleetwood Mac.

Kurz vor B wiegt Isabell nach dem Durchparieren im starken Schritt ab, kommt bei V an, nimmt die Stute dort auf. Auch der versammelte Schritt im Takt. Geigen und Gesang, der kurz nach dem Angaloppieren einsetzt. Wir sind wieder bei Barry Manilow. Aber es ist nicht er der da singt. Sondern jemand anders. Und der bekommt auch einen Buchstaben durcheinander. Denn er singt nicht von Mandy, sondern von Wendy!

Volles Risiko im starken Galopp über die Diagonale von H nach F. Kurz vor F eine doppelte Pirouette und gelungener Zweierwechsel. Auch die Einerwechsel auf der Diagonale bereiten keine Probleme, doch dann springt Wendy einmal kurz. Beim Übergang in den starken Trab stolpert die Stute vorne einmal, Werth reitet den starken Trab nicht voll aus.

Der Abschluss dann mit Passagen und Piaffen mit Richtungswechsel zu „Stumblin in“ begleitet vom rhythmischen Klatschen des Publikums. Als sie nach einer 360° Piaffe Wendy noch ein paar Schritte auf der Stelle piaffieren lässt, braust schon der Applaus auf, der dann ohrenbetäubend wird zum Abschluss.

89,614 Prozent, damit übernimmt Isabell Werth die deutliche Führung und setzt die letzten vier Starterpaare ordentlich unter Druck. Das ist eine Leistung, für die es eine Goldmedaille geben könnte.

Nanna Skodborg Merrald und Zepter (DEN)

Bei den Olympischen Spielen in Tokio vor drei Jahren hat die Dänin noch den Vater ihres aktuellen Olympiapferdes geritten, den berühmten Zack. Der genießt mittlerweile seine Rente und sein Sohn Zepter, beim Oldenburger Pferdezuchtverband registriert, ist die Nummer eins für Nanna.
Locker und entspannt federt der Fuchs, der die Gruppe der letzten, der besten Sechs einleitet, in der Passage ums Viereck. Und wenn man so entspannt ist, dann muss man dazu „Relax“ spielen, den Hit von Frankie Goes to Hollywood aus den 1980er Jahren. Passage bis kurz hinter X. Halten, Gruß.
Weiterhin „Relax“ in der Passage und gleich eine herrlich gesetzte Piaffpirouette mit 180° Drehung, aus der heraus es dann nach rechts geht in der Traversale. Super präzise Abstimmung zwischen Lektionen und Musik. Der Fuchs war ganz gezielt und dosiert vorbereitet worden auf die Olympischen Spiele. Das zahlt sich aus, wie man sieht, wenn er hier zu „Let’s Dance“ von David Bowie nach links in der Passage traversiert.
Das dezente Glöckchen zum Auftakt verrät: Es geht musikalisch weiter mit den achtziger Jahren, diesmal zu „Tears for Fears“. Aber in den Serienwechseln, den Zweiern, gibt es einen kleinen Fehler.
Die Dänin unterbricht die Galopptour für den Schritt, den sie bevorzugt im unteren Bereich des Viereck zeigt. Der versammelte Galopp zeigt das Paar dann wieder Richtung der kurzen Seite bei C. Und in dieser Region wird dann wieder angaloppiert. Eine doppelte Pirouette zu „Tears for Fears“, diesmal zu Einerwechseln, leider am Ende ein Fehler.
Zu Zickzack-Traversalen im Galopp, „Falco“, Amadeus. Auf einer Reservelinie zeigt das Paar fehlerfreie Zweierwechsel und pariert durch zur Passage.
Und wenn Achtziger, dann dürfen die Eurythmics nicht fehlen. „Sweet Dreams are made of these“, dazu Passage und eine Fächerpiaffe bei X, die man sich beinahe klassischer nicht vorstellen könnte, und in der Passage unter Applaus des Publikums zum Gruß. 83,293 Prozent, damit Rang vier und schon jetzt aus der Traum von einer Medaille für Skodborg Merrald und Zepter.

Pauline von Hardenberg

An Stars und Sternchen mangelt es auch heute nicht im Reitstadion von Versailles. Fotografin Pauline von Hardenberg hat Schauspieler Ryan Gosling gesichtet. (© Pauline von Hardenberg)

Daniel Bachmann Andersen und Vayron (DEN)

Musikalisch ganz etwas anderes hat sich Daniel Bachmann Andersen für seinen mächtigen Westfalenwallach ausgesucht. Es ist Filmmusik, die, das verrät schon der Titel, viel Dramatisches hat. Es ist die Musik aus Pearl Harbor. Es dominieren tiefe satte Streicher, dazu Piaffen und Passagen. Einige Choreografie Elemente erinnern an die Kür, die Daniel mit dem Hengst Zack geritten hat, unter anderem beim Weltcup-Finale und den Europameisterschaften.

Die Passagen sind erhaben, die Piaffen reichen in der Qualität nicht ganz daran. Aber das ganze Pferd hat sich unwahrscheinlich verbessert im Vergleich zu den Europameisterschaften im vergangenen Jahr. Piano zum versammelten Schritt. Im starken Schritt entspannt sich der Wallach. Dann baut die Musik mit Perkussion und tiefen Bläser noch einmal Spannung auf. Und es geht in den Galopp.

Galopptraversale, Pirouette, Galopptraversale, fliegender Wechsel, Galopppirouette, ein sehr kontrollierter Ritt. Dann starker Galopp daraus.

Eine doppelte Galopppirouette, an die sich fliegende Galoppwechsel zu zwei Sprüngen anschließen. Alles ohne Fehler. Beeindruckend, wie der Vitalis-Sohn im starken Galopp durch die Arena metert.

Starker Trab auf der Mittellinie, da klatscht das Publikum schon, aber, das ist der Clou der Kür, Daniel pariert bei X in die Piaffe, setzt eine Fächerpiaffe nach links und rechts an, stellt das Pferd dann wieder gerade und passagiert zum Schluss einhändig, und das weiß das Publikum zu notieren. 84,85 Prozent und damit Rang zwei vor der letzten Pause.

Update 12:10 Uhr Frederic Wandres: Ein schöner Abschluss?

Der Bereiter von Hof Kasselmann antwortet: „Danke, das kann man so sagen. Heute hat Monica Theodorescu beim Reinreiten zu mir gesagt, denk dran, du bist Olympiasieger seit gestern und hast ne Goldmedaille, also es ist wirklich das höchste der Gefühle, was ich mir irgendwie vorstellen kann und das beflügelt einen natürlich nochmal ein bisschen. Heute hatte ich mir wirklich auf den Deckel geschrieben, die Runde mal wirklich zu genießen.

Ich bin oft so ein Kopfmensch. Alle Prüfungen davor und das ganze Jahr schon, immer fürs deutsche Team, hat man immer die Konkurrenz im Auge und guckt immer, was machen die anderen, man muss performen und das muss klappen und man darf nicht versagen und dies und das. Das ist ja auch alles okay, das eine will man, das andere muss man, das gehört auch dazu. Aber das haben wir ja dann auch bewiesen, jetzt auch die letzten Tage und auch schon oft davor.

Aber diesen einen Ritt wollte ich jetzt wirklich einfach für mich, mal sagen, ich reite wirklich einfach zur Freude, für die ganze Passion, die wir jetzt die ganzen Jahre da reingesteckt haben und gearbeitet haben und geschwitzt haben. Jeder, der auch mal beim Turnier im Sattel gesessen hat, weiß, dass da Erfolg und Demut so nah beieinander liegen. Und deswegen: Ich bin da reingegangen und hab mich einfach nur gefreut.“

Pauline von Hardenberg

Frederic Wandres und Bluetooth konnten die Grand Prix Kür bei Olympia 2024 in Paris vollends genießen. (© Pauline von Hardenberg)

Becky Moody und Jagerbomb (GBR)

Sie kam als Ersatzreiterin, und sie hat richtig Eindruck hinterlassen. Die Britin Becky Moody mit ihrem selbstgezogenen Jagerbomb. Der Dante Weltino-Sohn beginnt im Galopp. „It’s not unusual to be loved by anyone“ macht klar, wer hier musikalisch die nächsten Minuten bestimmen wird. Der Altmeister, Tom Jones. Dem wurden ja kiloweise Schlüpfer auf die Bühne geschmissen, mal sehen, was hier so passiert.

Das Halten ist kaum zu erkennen, Jagerbomb will los. Und zwar im Galopp, doppelte Pirouette zum Auftakt. Direkt daraus 14 Einerwechsel. Da geht die Kür gerade 30 Sekunden. Wow! Starker Galopp über die Diagonale nach F und von der rechten Hand auf die Mittellinie, dort zwischen V und P die nächste Pirouette, diesmal rechtsherum, ebenfalls doppelt.

Acht Zweierwechsel, schnurgerade und gut. Das Durchparieren etwas holprig, dann gleich starker Trab und neuer Song, „Sex Bomb“. Nach Traversalen im versammelten Trab dann weiterhin Tom Jones, aber nun intoniert er die Prince-Hymne „Kiss“. Dazu Passage und eine gesetzte Piaffe.

Jetzt liegt die Bewertung bei gut 85 Prozent in der Durchschnittsnote. Aber im Schritt, so und so nicht die beste Grundgangart des Wallachs, zackelt er einmal an. Sowas kostet Punkte.

Erneut Galopp, Zweier- und Einerwechsel in Folge, doppelte Pirouette, daraus Traversale, unterbrochen von doppelten Pirouetten. „Sex Bomb“ zu Jagerbomb und Moody noch ein weiteres Mal. Und „Kiss“ zu Passagen und Piaffen. Da klatscht das Publikum schon, aber noch ist Becky Moody nicht ganz fertig. Eine Piaffepirouette und ein starker Trab bilden das Finale ihrer Kür. 84,357 Prozent und derzeit Rang zwei hinter ihrem Teamkollegen Carl Hester und Fame.

Emmelie Scholtens und Indian Rock (NED)

Der Rapphengst mit dem mächtigen Hals steht wie ein Baum zum Auftakt. Los geht es in der Passage, gefolgt von einer Piaffe mit 90°-Richtungswechsel, daraus starker Trab.

Auch wenn Scholten bemüht ist, den Hengst oben zu behalten, geht er doch eigentlich die ganze Zeit über hinter der Senkrechten. Der starke Trab ist der lockerste, den Indian Rock im Verlauf dieser Olympischen Spiele bislang gezeigt hat. Der Piaffe wohnt aber weiterhin etwas Artifizielles bei.

Orchestermusik begleitet den Ritt. Zu akzentuiert fällt diese nicht aus. Im versammelten Schritt schaut sich der Apache-Sohn erst einmal die Zuschauer an der kurzen Seite etwas genauer an. In den Galopppirouetten geht der klare Takt im Hinterbein deutlich verloren. Der Hengst stemmt mehr, als dass er um das innere Hinterbein springt.

In der Linkspirouette ist das Problem deutlich geringer als in der nach rechts. im Vorderbein weit ausgreifende sichere Zweierwechsel auf der Diagonalen bis H. Die zweite Rechtspirouette etwas besser im Hinterbein als die erste. Fliegende Galoppwechsel von Sprung zu Sprung auf der Mittellinie, an die sich ein starker Galopp anschließt und der Übergang in die Passage mit guter Schwungentfaltung. In der Passage fällt wieder auf, dass der Hengst die Tendenz hat, im rechten Vorderbein deutlich höher auszuschwingen als links.

Mit 81,75 Prozent derzeit Rang drei.

Carl Hester und Fame (GB)

Der zweite Bordeaux-Sohn in diesem Finale der Olympischen Dressurentscheidungen in Paris 2024. Hester hat eine neue Kür versprochen. Die beginnt in der Passage. Halten bei X. Lateinamerikanische Rhythmen begleiten den Auftakt, der recht klassisch angelegt ist.

Mit einer ganzen Diagonale in starken Trab, gefolgt von einer Trabtraversale nach links. Kurz vor E dann nach rechts eine Passagetraversale. Vor den Richtern eine Piaffepirouette aus der heraus es in der Passage seitwärts geht.

Zu spannend ist diese Kür bislang nicht, entspannt geht der niederländische Hengst Fame im Schritt. Man wünschte sich allerdings deutlicheres Überfußen. Im Galopp geht es zunächst die Mittellinie im starken Tempo in Richtung C und vor den Richtern reitet Hester die erste doppelte Galopppirouette.

Wie schon gestern wünschte man sich den Hengst etwas weniger eng im Ganaschenwinkel. Vorwärts-seitwärts geht es im Galopp weiter, die Serienwechsel funktionieren. Allerdings zeigt Hester zunächst nur elf Einerwechsel. Das reicht, ist aber eben nicht besonders für den Schwierigkeitsgrad von Bedeutung. Ihm gelingt der Wechsel von den Zweierwechsel direkt in die Einerwechsel. Und dann pariert Hester durch, passagiert und die Stimme von Mary Hopkins ist zu vernehmen. „Those were days my friend“ singt sie, das Publikum klatscht mit. Der Applaus begleitet das Paar bis zu einer Schluss-Piaffe bei X und zum Gruß. Bisherige Führung mit 85,161 Prozent.

Isabel Freese und Total Hope (NOR)

Vater Totilas, Mutter Weihegold, die in Rio bei den Olympischen Spielen unter Isabell Werth am Start war. Diese Mischung präsentiert Isabel Freese, die schon seit langem in Mühlen bei Paul Schockemöhle angestellt ist und dort dessen Dressurhengste präsentiert. So wie eben Total Hope, mit dem sie es ins olympische Finale geschafft hat.

Die Norwegerin hat sich für eine Ikone des Gesangs entschieden, für Cher. „If I could turn back time“ ist der erste Song, dazu eine Passage und eine Piaffepirouette, aus der es in die Passagetraversale geht. Die Traversalverschiebung im versammelten Trab wird musikalisch begleitet von „Strong Enough“. Der mächtige Hengst, der ja auch in seinem Hauptberuf genug zu tun hat, punktet in diesen Lektionen höchster Versammlung. Sie sind ihm ja auch wirklich in die Wiege gelegt worden.

Deutlicher Übertritt im starken Schritt, der versammelte Schritt anschließend klar abgesetzt. Und es geht auf der linken Hand in den Galopp. Das scheint der Hengst zu wissen, denn es geht gleich in den starken Galopp, und dann metert er richtig los, so dass Isabel Freese etwas halten muss. Sie schafft es aber, zu der doppelten Pirouette vorm Chefrichter bei C, den Hengst mit dem dicken schwarzen Hals wieder bei sich zu haben.

Serienwechsel, Galopptraversalen, Pirouetten – alles funktioniert. 17 schnurgerade Einerwechsel auf der Mittellinie genau im Takt. Zur Musik klatscht das Publikum rhythmisch, anschließend dann auf der Diagonalen der Übergang von den Zweierwechseln in die Einerwechsel.

Leider gibt es da ganz am Ende noch ein kleines Missverständnis. Es folgt ein Übergang in eine Piaffe bei A, 90°-Wendung und dann in die Passage auf der Mittellinie. Das Publikum klatscht zu Cher, da kommt dann doch etwas zu viel Spannung auf, schade, denn es kommt zu zwei Taktfehlern im starken Trab. Aber die sind der Begeisterung des internationalen Publikums geschuldet. Endergebnis: 83,050 Prozent.

Frederic Wandres und Bluetooth (GER)

„Would I Lie to you?“, das ist der Song zum Einreiten und ein Zeichen, wir sind in den achtziger Jahren. Heute präsentiert der große Frederic dazu den Oldenburger Bordeaux-Sohn Bluetooth. Locker und zufrieden galoppiert Bluetooth rund um das Viereck.

„Can you Feel It?“ Das kann eigentlich nur eine rhetorische Frage sein, die zum Auftakt der Kür von Frederic Wandres und Bluetooth durch das Stadion schallt. Einer der ersten ganz großen Hits, der Jackson Five, jener Band, in der der kleine Michael Jackson seine Gesangskünste erstmals der Welt präsentierte. Zu den Jackson Five Traversalen im versammelten Trab nach links, dann der Wechsel zurück zu „Would I lie to you“ und eine Passage-Traversale, die direkt bei A in eine Piaffpirouette mit 180° Drehung mündet.

Daraus wieder Passagetraversale und von E nach M eine Traversale im versammelten Trabe. Dynamischer, starker Trab mit deutlicher Rahmenerweiterung über die Diagonale bis P. Dort auf der rechten Hand angekommen, fließender Übergang in die Passage und eine Piaffe bei A. Hohe Bewertung bislang, jetzt der Schritt. Ganz entspannt und losgelassen schreitet der Oldenburger durchs Viereck mit vorbildlich langem Hals. Die Nüstern auf Höhe des Gelenks. So soll es sein.

Earth, Wind and Fire übernehmen musikalisch. Wir sind im Galopp angekommen. „Fantasy“ zu Galopptraversalen, Die Linkspirouette – zwar doppelt gesprungen – gelingt, daraus fliegende Galoppwechsel zu zwei Sprüngen auf einer leicht gebogenen Linie. Starker Galopp von M Richtung K und die Rechtspirouette, die gestern im Grand Prix Special nicht so toll funktioniert hat und auch diesmal tut sich der Bordeaux-Sohn etwas schwer mit dem Galopptakt im Hinterbein.

Mit „Finger schnipsen“ und Gesang wird der Abschluss eingeleitet. Eine Piaffe und starker Trab zu „Can you feel it?“ und der Gruß perfekt stehend vor den Richtern. Dem Publikum hat es außerordentlich gut gefallen, Riesenapplaus gibt es für das Paar aus Hagen am Teutoburger Wald. 81,35 Prozent bedeutet derzeit Rang zwei hinter Emma Kanerva und Greek Air.

Therese Nilshagen und Dante Weltino (SWE)

Nach einer Dressur, die im Mannschaftswettbewerb so gar nicht so gelaufen war wie erhofft, erleben wir jetzt Therese Nilshagen in ihrem zweiten Olympischen Finale. Mit dem wunderschönen Oldenburger Hengst Dante Weltino war sie schon in Tokio in der Kür am Start. Mittlerweile ist Dante 17 Jahre alt. Seinen Sohn Jagerbomb werden wir später noch erleben für Großbritannien.

Eine Piaffe nach dem Gruß, danach starker Trab über die Diagonale bis H. Für das schwedisch-oldenburgische Paar gibt es Musik von Adele. Im starken Trab reißt der Rappe die Beine hoch wie eh und je. „Set fire to the rain“ ist die erste Musik von Adele. Aber Dante lässt seine Reiterin nicht im Regen stehen, weder in der Passage-Traversale noch im Seitwärts im versammelten Trab. Was den technischen Wert zu diesem Zeitpunkt ein bisschen drückt, sind die Piaffen, die waren noch nie die Spezialität dieses Hengstes.

Schritt im unteren Zirkel, bei den Olympischen Spielen mit sieben Richtern, wird auch der genau beäugt von den Richter-Positionen links und rechts des Ausritt bei A. „The Greatest“, weg von Adele, hin zu Sia. Dazu Zweierwechsel und eine doppelte Pirouette, die etwas groß angelegt ist. Und dann der starke Galopp! Das Markenzeichen von Dante Weltino. Danach die doppelte Pirouette linksherum vor den Richtern bei A.

„Don’t Give Up“ wird gesungen aber daran denkt jetzt auch keiner, denn es läuft viel besser als gestern. Die nächste Rechtspirouette, wieder doppelt angelegt, gelingt super bis zum letzten Sprung. Da springt der Rappe hinten einmal um. Es folgen Serienwechsel und noch eine Pirouette. In den Zweierwechseln ist dann leider komplett der Wurm drin, vermutlich weil der Rappe weiß, dass der Grundgedanke ist, anschließend Einerwechsel zu zeigen. Das ist teuer. Eine Fächerpiaffe zum Schluss regt die Leute zum Klatschen an. Adele und dann noch einmal richtig guter starker Trab zum Gruß. Viele Highlights, aber auch einige technische Probleme. 74,714 Prozent.

Victoria Max-Theurer und Abbeglen (AUT)

Eine Schülerin von Isabell Werth, was man mittlerweile im gesamten Reitstil deutlich erkennt. Viki ist bekannt dafür, dass sie tolle Küren reiten kann.

Sie beginnt im Galopp. Anders als alle anderen galoppiert sie weit nach vorne, grüßt dort, dann erklingt Klassik. Starker Trab zu „Halleluja“. Und so lieblich die Flöten auch klingen mögen, für einen Moment vergisst Abbeglen, dass er jetzt eigentlich piaffieren soll. Mozart zu lockeren Trabtraversalen folgen. Die unterschiedlichen Motive aus der klassischen Musik sind interessant miteinander verwoben. Und nun, da auch noch zwei Soprane zu vernehmen sind, piaffiert der Westfale auch.

Der starke Schritt ist die Lektion, bei der der mächtige Dunkelbraune nicht unbedingt prädestiniert ist für eine Maximalbewertung. Geigen begleiten das Paar im Schritt. In den Galopptraversalen, die zum Auftakt des Galopps stattfinden, wünschte man sich den Ganaschenwinkel etwas offener. Im Galopp wird man zeitweise in das Wien der Operettenzeit gebeamt. Serienwechsel, Pirouetten – alles funktioniert, sehr synchron mit der Musik. Zum Abschluss eine Piaffepirouette mit 360° Drehung und daraus geradewegs im starken Trab zum Chefrichter bei C. Der Schlussgruß emotional. Victoria Max-Theurer ist bewegt von ihrem Reiten und freut sich über ihr Pferd. Das sind schöne Szenen. Ergebnis: 75,375 Prozent.

Emma Kanerva und Greek Air (FIN)

Einen wirklich wunderbaren Grand Prix Special hat die Finnin Emma Kanerva gestern schon aufs Parkett gezaubert. Das war klassisch gutes Reiten, so wie sie es bei Reitmeister Hubertus Schmidt gelernt hat. Schon lange lebt sie in Deutschland. Seit einiger Zeit ist sie in Stade zu Hause. Ihr Fuchs Wallach Greek Air ist 13 Jahre jung. Sie hat ihn selbst ausgebildet und alle hoffen, dass ihr noch solch eine tolle Runde wie gestern gelingen mag.

Die Passage zählt zu den Stärken des Gribaldi-Sohnes, und deswegen beginnt die Kür auch damit. Das Pferd sehr erhaben taktmäßig, und locker, dann zu „Please don’t stop the Music“ eine Traversale im versammelten Trab. Und nach rechts eine Traversale in der Passage, super abgesetzt. Katy Perry untermalt die Lektionen höchster Versammlung. Die Tour dauert nun schon zwei zweieinhalb Minuten, und Greek Air hat noch nicht einen falschen Tritt gemacht, nicht einmal ist er aus dem Takt gekommen.

Die Piaffe sicher am Platz, und dann daraus sofort ein entspannter Schritt im klaren Viertakt mit Gelassenheit vom Feinsten. Klänge von Rihanna zum Galopp, „Umbrella“. Gott sei Dank braucht man den heute hier in Versailles nicht. Dazu Serienwechsel und eine erste, sehr zentrierte Galopppirouette doppelt gesprungen rechts herum. 19 (!!) Einerwechsel, einer besser als der andere.

Wenn man bei allem Schwärmen noch etwas anmerken möchte, die Galopptraversalen hätten etwas mehr Biegung haben können. Jetzt das nächste Highlight: der direkte Übergang von fliegenden Galoppwechseln zu zwei Sprüngen in Einerwechsel. Das Ganze auf gebogener Linie dargeboten.

Der letzte Musikwechsel, wieder „Please don’t stop the Music“ zum starken Trab und noch einmal Passagen, und Piaffen auf den letzten Metern. Eine toll gesetzte Piaffpirouette, ein Übergang vom Feinsten. Dressurreiten kann so schön sein! Das findet auch das Publikum, das im Takt mitklatscht und Greek Air weiterhin unterstützt. Der Fuchs lässt sich nicht aus dem Konzept bringen. Jubeln nach dem Gruß gehört zum Dressurreiten dazu. Manchmal sieht das etwas aufgesetzt aus, bei Emma Kanerva ist es sicherlich aus vollem Herzen. Ein super Ritt, der hoffentlich auch die entsprechende Bewertung erfährt. Mit 81,607 die vorläufige Führung.

Pauline Basquin und Sertorius de Rima Z (FRA)

Die Französin, die man normalerweise im schwarzen Dress ihres Arbeitgebers, dem Cadre Noir kennt, war die Überraschung der Europameisterschaften in Riesenbeck im vergangenen Jahr. Mit ihrem feinen Reiten auf dem genauso feinen Sandro Hit-Sohn Sartorius de Rima Z hat sie sich viele Fans geschaffen. Hier, bei den Olympischen Spielen, ist sie allerdings im blauen Frack der französischen Nationalmannschaft am Start. Denn Uniformen sind generell tabu bei Olympia.

Latino-Rhythmen mit französischen Gesang zum Auftakt. Und dann das Motto dieser Kür, „Let’s Dance“, David Bowie, ein Klassiker aus den achtziger Jahren, dazu eine gleichmäßig abgesetzte Passage, die gleich als Traversale gezeigt wird. Die nächste Traversale im versammelten Trab, dann zu einem weiteren Bowie-Song, „Dancing in the Street“.

Wunderschön zu sehen bei diesem Paar: das Genick ist der höchste Punkt, die Nase vor der Senkrechten, die Anlehnung fein. Die Choreografie ist geschickt gewählt, sie reitet Schritt, bevor die erste Piaffe kommt. Diese Lektion zählt nicht zu den großen Stärken von Sertorius de Rima Z. Hier ist es aber eine Pirouette mit 90°-Drehung in der Piaffe, die zwischen versammelten Schritt und starken Schritt eingebaut ist. Und da piaffiert der kleine Braune gut.

Funk-Musik aus den Achtzigern zum Galopp. Die erste Pirouette etwas groß. Es schließen sich fehlerfreie Zweierwechsel auf gebogener Linie an. Dann im starken Galopp die Mittellinie herunter. Am Ende der Einerwechsel, die nach einer etwas besser gelungenen doppelten Pirouette folgen, wird der Galopp kurz und in den folgenden Einerwechseln gibt es abermals einen Fehler.

Beim Übergang von der Galopppirouette in die Piaffepirouette auf der Mittellinie ist ein bisschen der Tank leer. Aber als dann „Alors on danse“ von Stromae erklingt, da weiß das Publikum, was angesagt ist. Alle klatschen im Takt mit und dann zeigt Pauline Basquin auch die Piaffe auf der Stelle, die sie den Richtern noch schuldig ist. Gesamtnote: 79,118 Prozent.

Sandra Sysojeva und Maxima Bella (POL)

Das jüngste Pferd dieser Olympischen Dressurwettbewerbe und auch das mit dem vermutlich tiefsten Rücken. Beim Vet Check war ich einigermaßen überrascht. Aber die Stute geht damit gut um. Die Rappstute ist gerade einmal acht Jahre jung, und man muss sich schon fragen, ob ein Pferd in diesem Alter schon an Olympischen Spielen teilnehmen muss.
Passagieren und piaffieren kann dieses Pferd. Und von einer französischen Chansonette musikalisch untermalt, beginnt diese Kür.

Leichtes Trällern über Paris dazu ein Pferd, den man wünschte, dass es die Kruppe tiefer bekäme. Der starke Trab mit viel Ausdruck – Ausdruck im Vorderbein. Zu Trab und weiteren Verstärkungen dann „Mister Sandman“. Zeitweise ist die Reiterin, die erst seit kurzem für Polen am Start ist, leicht vor der Musik.

Auch wenn man das Alter des Pferdes kritisch finden kann, überfordert wirkt die Stute mit dem Hals, der jedem Deckhengst gut zu Gesicht stünde, zu keiner Sekunde. Im Gegenteil. Der Schritt, zu dem Geigen spielen, vollkommen entspannt. Die Musikauswahl wechselt. Zum Galopp jetzt die Titelmusik der „Muppet Show“. Komplexe Abfolgen wie fliegende Wechsel, starker Galopp, doppelte Galopppirouetten – alles kein Problem für Maxima Bella. Nicht ganz flüssig, aber clever: Übergang aus Einerwechseln auf der Diagonale in eine Piaffpirouette. Dazu wieder die französische Chansonette. Da klatscht das Publikum begeistert auf den letzten Metern mit. Endergbnis: 80,075 Prozent.

Patrick Kittel und Touchdown (SWE)

Kittel ist einer der versiertesten Kür-Reiter der Welt. Ihm gelingt es eigentlich immer, Musik zu finden, die das Publikum mitreißt. Auf diese Art und Weise hat er auch in diesem Jahr das recht mittelmäßig besetzte Weltcup Finale in Riad gewonnen. Dort, wie hier in Paris, hat er Touchdown gesattelt. Der Quarterback Sohn, der einst gekört war als Hengst in Schweden, dann kastriert wurde. Ein Pferd, das vorne gut anfängt, aber hinten nie wirklich real trägt. So auch in dieser Kür. In den Piaffen tritt das Pferd breit und sucht nach Balance.
Auftakt Schritt, dazu Piano. Filmmusik von James Bond (Billie Eilish) untermalt den Beginn, der lektionsmäßig geprägt ist von Passagen im Geradeaus und als Traversalen. Klarinetten unterstützen diese Traversalen. Das Ganze sehr getragen und nicht so viel auf populäre Songs, die jeder aus dem Radio kennt, ausgerichtet, wie man das von Kittel sonst kennt. Er nutzt die Arena gut aus. So reitet er beispielsweise den starken, und auch den versammelten Schritt auf dem unteren Zirkel. Dann wird die Musik etwas dramatischer, Perkussion setzt ein und er setzt Touchdown in den Galopp. Fliegende Galoppwechsel zu zwei Sprüngenauf gebogener Linie. Genau so die Einerwechsel. Das Stadion ist interessanterweise nicht ausverkauft, im Gegenteil, es dürfte zu zwei Dritteln besetzt sein. Aber Applaus können auch um 10.000 Menschen spenden. 80,854 Prozent lautet das Ergebnis für die beiden.

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

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  1. Karin Schweiger

    Lieber Jan Tönjes,
    ich hoffe ja, Ihnen – als Kommentator u.a. bei den Trakehner Körungen – ist da nur ein Tippfehler unterlaufen, aber GREEK AIR, das Pferd von Emma Kanerva, ist kein Garibaldi-Sohn, sondern ein Sohn der Trakehner Sport- und Vererberlegende GRIBALDI. Gribaldi, nur nebenbei, ist der Vater von Easy Game, den Sie korrekterweise als Vater von Dalera und Hermes in Ihrem Text hervorgehoben haben … Kleine Nebenbemerkung: Auch Total Hope ist – als Sohn des Totilas – ein Gribaldi-Enkel. Zudem ist Gribaldi der Muttervater von Fames (Carl Hester) Vater Bordeaux.
    Fazit: Ganz schön viel Trakehner Gribaldi unter dem Spitzendutzend der Weltdressur …

  2. C. Gronen

    Einen Sonderpreis – den es leider noch (?) nicht zu vergeben gilt – für dasjenige Pferd, welches kaum einmal mit dem Schweif schlägt, ginge an Wendy und Isabell Werth.
    Vielen Dank für diesen reiterlichen Kunstgenuss!


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