Mit dem unfassbaren Abstand von 4,369 Prozent hat die deutsche Dressurequipe bei den Olympischen Spielen in Tokio die Mannschafts-Goldmedaille gewonnen. Es ist das 14. Dressur-Gold für deutsche Dressurreiter bei Olympischen Spielen und die siebte Olympische Goldmedaille für Isabell Werth. Die USA gewinnt Silber vor Großbritannien.
Jessica von Bredow-Werndl mit Dalera (84,681 Prozent), Isabell Werth und Bella Rose (83,298) sowie Dorothee Schneider auf Showtime (80,608) haben die Mannschafts-Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in Tokio gewonnen. Die Equipe setzte sich mit mehr als vier Prozent von der Konkurrenz ab. Platz zwei ging an die überraschend starke Abordnung aus den USA vor Großbritannien.
14. Dressur-Gold für die deutsche Dressurequipe
Ein Team, dessen Reiterinnen die Plätze eins, zwei und vier auf der Weltrangliste einnimmt, ist schwer zu schlagen. Aber: Dressur-Gold wird erst vergeben, wenn die letzte Reiter-/Pferd-Kombination das Viereck verlassen hat. Das waren Jessica von Bredow-Werndl und die Trakehner Stute Dalera, als punktbeste deutsche Kombination aus dem Grand Prix in der letzten der drei Startgruppen.
Jessica von Bredow-Werndl lieferte eine nahezu perfekte Runde ab. Eine Bewertung im Bereich von 86 Prozent schien zum Greifen nahe. Dann kamen die 15 fliegenden Galoppwechsel von Sprung zu Sprung und die Trakehner Stute Dalera hob den Schweif. „Shit happens“, einmal mehr. Wie schon in Rotterdam und kürzlich bei der letzten Sichtung in Kronberg. Gewichtiger Unterschied: Diesmal blieb Dalera nicht stehen. O-Ton Jessi.
Keine Frage, wer jetzt morgen die Topfavoritin ist. „Jessi hat schon klar die Nase vorn. Doro und ich werden sehen, wie wir sie ärgern können. Und ein paar andere Reiter sicherlich auch“, sagt Isabell Werth nach der Ehrenrunde mit diesem gewissen, für sie so typischen Blitzen in den Augen.
Isabell Werth: Goldmedaille Nummer sieben
Dass Bundestrainerin Monica Theodorescu stolz und glücklich war, war klar. Nach der Ehrenrunde verbeugte sie sich tief vor Isabell Werth: „Sieben Goldmedaillen, das ist schon etwas Besonderes, Respekt!“ Ihren Platz in den Geschichtsbüchern hat Isabell Werth schon lange sicher. Im Reitsport ist es ein dickes Kapitel, im deutschen Sport dürfte es auch mehr als eine Seite sein. Und was einmal mehr die reiterlichen Fähigkeiten dieser Ausnahmereiterin unterstreicht, war der heutige Auftritt.
Vorgestern hielt sich die Stute noch fest und Isabell Werth ritt auf Sicherheit. Heute war der Tag X und Isabell lieferte! Keine Fehler, um mal technisch zu beginnen, und ein Pferd, das losgelassener, schwingender und in bedeutenderer Selbsthaltung die Prüfung absolvierte als noch im Grand Prix. Und bei allem Einsatz für die Mannschaft hatte man den Eindruck, dass die berühmte Schippe, die man drauflegen können sollte, für die Kür noch vorhanden ist. Die letzte Linie mit Passage und Piaffe war nicht nur der Abschluss der Aufgabe für das deutsche Dressur-Gold. Es war auch die Kampfansage für die morgige Kür.
Dorothee Schneider macht es spannend
Den Auftakt hatte Dorothee Schneider gestaltet. Showtime war zufriedener in der Arena. Er begann wie ein König. Im ersten Teil der Prüfung unterlief dem eingespielten Team dann ein Fehler. Der Sandro Hit-Sohn galoppierte an statt aus der Passage in die Trabverstärkung zu kommen. Die Analyse hatte die Pferdewirtschaftsmeisterin sofort zu Hand: „Ich hätte ihn vielleicht mit dem rechten Ohr ein bisschen mehr vor der rechten Schulter haben können, er war ein bisschen links gestellt. Vielleicht hätte ich das vorher noch absichern müssen. Ich hinterfrage mich ja immer gerne selber, das tue ich jetzt natürlich auch. Vielleicht ein bisschen mehr Kontakt am rechten Zügel noch und das wäre nicht passiert, aber es kann natürlich sein, dass es auch mit dem Übergang zum Galopp im Grand Prix zusammenhängt, das will ich nicht abstreiten. Aber für mein Gefühl hätte er noch ein bisschen mehr am rechten Zügel sein können.“
Wie auch immer. Die beiden kämpften sich mit einer sicheren Runde und einer hoch konzentrierten Galopparbeit wieder aus dem kleinen Tal heraus. Am Ende waren es dann über 80 Prozent. Und Dressur-Gold nach einem Jahr 2021, das so anders verlaufen ist, als Dorothee Schneider sich das eigentlich vorgenommen hatte: „Es ist erstmal unglaublich, dass es auf diesem kurzen Weg noch geklappt hat. Erst Herpes, dann das Schlüsselbein. Dann kam er sehr spät in den Prüfungsmodus, so dass ich natürlich gehofft habe, dass das noch klappt, aber das ist ja nicht selbstverständlich, dass man sich innerhalb von drei Turnieren für Olympia qualifiziert. Es ist einfach ein grandioses Erlebnis hier noch einmal mit diesem großartigen Team unterwegs sein zu dürfen und mit diesem unglaublichen Pferd hier sein zu können, was mir immer wieder ein unglaublich tolles Gefühl gibt und mit mir ist. Und dieses „mit mir sein“ ist so besonders und es ist natürlich auch sehr emotional nach dem, was mit passiert ist. Ich bin – wie soll ich das erklären? – überwältigt!“
USA – Yes, we can!
Die USA waren ein wenig die große Unbekannte in der Olympiagleichung. Zwar hatten alle drei Teamreiter, allen voran Adrienne Lyle, diese Saison herausragende Ergebnisse, aber immer nur auf heimischem Boden und nie im Direktvergleich mit den Europäern. Dass sie den nicht zu scheuen brauchten, demonstrierten die Silbermedaillengewinner heute eindrücklich. Allen voran Sabine Schut-Kery und ihr San Remo-Sohn Sanceo. Schon im Grand Prix waren die Kalifornierin und der 15-jährige Hannoveraner Hengst DIE positive Überraschung des Tages gewesen. So schön kann Dressurreiten sein. Kein Stechen, kein Ziehen, kein Quetschen, dafür eine stabile Anlehnung, in jeder Phase in vorbildlichem Seitenbild, ermöglicht von einem starken Hinterbein und einem schwingenden Rücken. Ergebnis: 81,596 Prozent – hoch verdient!
Die im Vorfeld mehrfach mit über 80 Prozent bedachte Adrienne Lyle auf ihrem Sandro Hit-Sohn Salvino blieb etwas unter den Erwartungen mit einem eher matten Hinterbein und einer dadurch nicht immer stabilen Anlehnung, wobei der Hengst heute besser ging als noch im Grand Prix. 76,109 Prozent gab es.
Eine Sternstunde gelang auch Steffen Peters und dem von Helen Langehanenberg ausgebildeten Spielberg-Sohn Suppenkasper, aka „Mopsi“. Steffen Peters riskierte alles, ließ keinen Punkt liegen und hatten den hünenhaften KWPN-Wallach heute gut auf Zug und von hinten herangeschlossen, 77,766 Prozent.
Starke Briten holen Bronze
Auch die Briten wurden im Vorfeld nicht von jedem Experten als sichere Medaillenkandidaten eingeschätzt. Die Brexit-Gebeutelten verließen kaum die Insel. Die Politik und Corona – das reicht, um den Ärmelkanal zu meiden.
Carl Hester setzte als erster Reiter des Teams GB ein Zeichen. Der Routinier, der 1992 seine ersten Olympischen Spiele geritten ist, zeigte den niederländischen Wallach En Vogue, der Charlotte Dujardin gehört, um Klassen besser als im Grand Prix. Fehlerfrei, der Reiter im ruhigen Sitz, dezent aber effektiv einwirkend, wissend, wo man welche Punkte holt. Der Schritt des Rappen ist schwach, die Serienwechsel schön angelegt. Der Jazz-Sohn arbeitete gut über den Rücken. Immer bergauf und locker. Hester hat ein Problem bei diesen Spielen: „Ich bin 30 Jahre älter als Lotti (Fry). Und ich bin der älteste aller Olympiasportler im Team GB.“ Reporterfrage: „Und Paris?“ Hester: „Oh mein deutscher Fanclub, very charming“.
Dass Hester nicht nur im Sattel, sondern auch als Trainer maßgeblich zu der Bronzemedaille des Team GB beigetragen hat, hat für den 54-Jährigen auch praktische Vorteile. „Ach das Training, ja, das ist ja auch ganz gut gegen die Langeweile. Was will man denn sonst unter diesen Bedingungen den ganzen Tag hier machen?“
Charlotte Dujardin war mit ihrem Gio flott unterwegs. Mit nun fünf Olympiamedaillen ist sie eine der erfolgreichsten Olympioniken Großbritanniens. „Cool oder? Auch wenn ich das bis gerade eben noch gar nicht wusste.“ Für den kleinen Fuchs war es der zweite internationale Grand Prix Special seines Lebens! Sie konnte „Pumpkin“ gar nicht genug loben.
Pech für Dänemark und mehr
Klare Medaillenchancen waren im Vorfeld vor allem den Dänen eingeräumt worden, die mit Cathrine Dufour und Bohemian 80 Prozent-Kandidaten in ihren Reihen haben. Tatsächlich lieferten sie auch heute die stärkste Leistung fürs Team (77,720 Prozent). Doch ein massiver Patzer, als der westfälische Bordeaux-Sohn beim Herausreiten aus der (doppelt zählenden) Pirouette einmal umspringt, kommt die Mannschaft teuer zu stehen. Das war bitter. Aber in der Kür sollte man die beiden auf dem Zettel haben.
Ganz stark heute der Auftritt von Carina Cassøe Krüth und ihrer Fürstenball-Tochter Heiline’s Danciera mit einer supereleganten Trabtour (77,249 Prozent). Und auch Nanna Skodborg Merrald und Zack schlugen sich bei ihrem Championatsdebüt wacker, wobei der gefragte Vererber vom Gestüt Blue Hors heute nicht immer zufrieden in der Anlehnung wirkte.
Team Oranje
Absolut unübersehbar: die Niederländer mit ihren orangefarbenen Fräcken. Marlies van Baalen machte mit Totilas-Sohn Nummer eins, Go Legend, den Anfang. Sie hat mit dem Wallach ein hoch talentiertes Pferd. Aber da sind noch zu viele Mängel in der Durchlässigkeit, die das Gesamtbild trüben.
Hans Peter Minderhoud und Dream Boy machten ihre Sache sehr ordentlich. Der Vivaldi-Sohn lieferte eine gehorsame, weitgehend fehlerfreie Runde, der allerdings etwas der Schmelz und Glanz fehlte, um in der Einzelwertung vorne mitzumischen.
Totilas-Sohn Nummer zwei, Edward Gals Total US, wirkte heute in der Trabtour weniger überfordert, wie noch im Grand Prix. Doch im Galopp zeigte sich, dass der erst neunjährige Hannoveraner Hengst nicht reell über den Rücken arbeitet und dass seine Hinterhand nicht trägt. Ohne große Lektionsfehler gab es trotzdem das beste Mannschaftsergebnis, großzügige 79,894 Prozent. Nach der Prüfung schritt er am hingegebenen Zügel entspannt aus dem Viereck – ganz der Papa.
Schwedische Augenweide
Die Schweden hatten ja schon im Vorfeld Pech durch den Ausfall von Patrik Kittels Well Done de la Roche. Die Schwestern Antonia und Juliette Ramel blieben heute beide unter ihren Möglichkeiten mit ihren beiden KWPN-Wallachen Brother de Jeu, der in einer Piaffe den Dienst quittierte und Levade übte, und Buriel KH.
Aber Therese Nilshagen und der Lodbergener Hengst Dante Weltino haben geliefert! Ein Pferd, das sich reell selbst trägt, dementsprechend stabil in der Anlehnung ist und stets vor seiner Reiterin – herrlich anzusehen. Bei aktiveren Piaffen wäre er ganz vorne dabei.
Alle Ergebnisse des Grand Prix Special
GOLD: Deutschland
Dorothee Schneider | Showtime | 80,608 Prozent 2652 Punkte |
Isabell Werth | Bella Rose | 83,298 Prozent 2740,5 Punkte |
Jessica von Bredow-Werndl | Dalera | 84,681 Prozent 2786 Punkte |
GESAMT | 8178,5 Punkte |
SILBER: Vereinigte Staaten von Amerika
Adrienne Lyle | Salvino | 76,109 Prozent 2504 Punkte |
Steffen Peters | Suppenkasper | 77,766 Prozent 2558,5 Punkte |
Sabine Schut-Kery | Sanceo | 81,596 Prozent 2684,5 Punkte |
GESAMT | 7747 Punkte |
BRONZE: Großbritannien
Carl Hester | En Vogue | 78,344 Prozent 2577,5 Punkte |
Charlotte Fry | Everdale | 76,854 Prozent 2528,5 Punkte |
Charlotte Dujardin | Gio | 79,544 Prozent 2617 Punkte |
GESAMT | 7723 Punkte |
4. Platz: Dänemark
Nanna Skodborg Merrald | Zack | 74,210 Prozent 2441,5 Punkte |
Carina Cassøe Krüth | Heiline’s Danciera | 77,249 Prozent 2541,5 Punkte |
Cathrine Dufour | Bohemian | 77,720 Prozent 2557 Punkte |
GESAMT | 7540 Punkte |
5. Platz: Niederlande
Marlies van Baalen | Go Legend | 71,292 Prozent 2345,5 Punkte |
Hans Peter Minderhoud | Dream Boy | 76,155 Prozent 2505,5 Punkte |
Edward Gal | Total US | 79,894 Prozent 2628,5 Punkte |
GESAMT | 7479,5 Punkte |
6. Platz: Schweden
Antonia Ramel | Brother de Jeu | 67,447 Prozent 2219 Punkte |
Juliette Ramel | Buriel | 75,714 Prozent 2491 Punkte |
Therese Nilshagen | Dante Weltino | 75,988 Prozent 2500 Punkte |
GESAMT | 7210 Punkte |
7. Platz: Spanien
Severo Jurado Lopez | Fendi | 70,152 Prozent 2308 Punkte |
José Antonio Garcia Mena | Divina Royal | 73,754 Prozent 2426,5 Punkte |
Beatriz Ferrer-Salat | Elegance | 74,894 Prozent 2464 Punkte |
GESAMT | 7198,5 Punkte |
8. Platz: Portugal
Maria Caetano | Fenix de Tineo | 68,693 Prozent 2260 Punkte |
João Miguel Torrao | Equador | 68,298 Prozent 2247 Punkte |
Rodrigo Torres | Fogoso Horsecampline | 74,726 Prozent 2458,5 Punkte |
GESAMT | 6965,5 Punkte |
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