Charlotte Fry gewinnt mit Glamourdale die Dressur-Weltmeisterschaft. Favoritin Cathrine Dufour wird Zweite, Bronze ging an die Niederländerin Dinja von Liere und Hermès. Zum zweiten Mal seit 2010 hat kein deutscher Reiter eine Einzelmedaille gewinnen können, aber Isabell Werth und Benjamin Werndl waren dicht dran.
9,9 für den starken Galopp und ein Raunen aus tausenden Kehlen – das war vielleicht der Schlüsselmoment bei der Dressur-Weltmeisterschaft. Charlotte, „Lottie“, Fry galoppierte da mit Glamourdale in nie gesehener Qualität über die Diagonale. Schon im Grand Prix hatte das Publikum reagiert. Doch die Reiterin hatte in der Mannschaftsaufgabe nichts davon mitbekommen. Im Grand Prix Special, der sie zur Weltmeisterin machen sollte war das anders. „Heute habe ich es gehört im starken Galopp. Ich habe sogar etwas drauf gewartet.“
Dass der Rapphengst sich davon ablenken lassen könnte? Nein! „Glamourdale hat die Atmosphäre geliebt. Er fühlte sich viel besser an als gestern.“ Im Grand Prix hatte fast alles geklappt, nur die Pirouetten nicht. „Meine Trainerin Anne van Olst hat wegen der Pirouetten die ganze Nacht nicht geschlafen und überlegt, wie man das Problem gefixt bekommt. Und Isabell hat mir auch noch ’nen Tipp gegeben. Das war super. Isabell ist eine Legende, die Königin. Mein Vorbild seitdem ich fünf Jahre alt bin.“
Nun guckt die 26-jährige Britin nach vorn. Auf übermorgen, auf die Kür, die neu ist. Und dann auch noch weiter voraus. „Es sind meine ersten (Welt-)Meisterschaften im Seniorenlager. Und es ist schon fast beängstigend: Er kann ja noch so viel besser werden.“ Damit ist wohl klar, dass sie die Olympischen Spiele in Paris 2024 fest eingeplant hat.
16 Zehnen standen heute im Protokoll und 82,058 Prozent darunter – die Goldmedaille.
„Es fühlte sich viel besser als gestern an, auch die Verbindung schien mir viel besser, fast wie bei Cassidy, abgesehen von dem dicken Bauch und dem dicken Hals“, so fasste Cathrine Dufour ihre Leistung bei den Dressur-Weltmeisterschaften in ihrer Heimat zusammen. Getragen von enthusiastischen Zuschauern – „das Publikum macht ’nen verdammt guten Job für mich, danke!“ – gewann sie im Sattel von Vamos Amigos die Silbermedaille.
Dinja van Liere (NED) ist Pragmatikerin. Ihr erster Gedanke sei gewesen, „Shit, ich wollte doch die 80“. Aber 80 Prozent gab es nicht, unter anderem wegen zweimaligen Scheuens. Hermes, über Vater Easy Game ein Halbbruder väterlicherseits zu Dalera, sei ja noch jung, so seine Reiterin, die mit der erfolgreichen niederländischen Westernreiterin Rieky Young trainiert. „Nun ja, er ist jung, er ist ein Hengst, ich sage immer, er ist ein Clown, er kann so lustig sein. Er hat ein großes Ego. Und er ist sich sicher, dass das Publikum seinetwegen da ist.“
Auch Isabell Werth trauert der Bronzemedaille als Viertplatzierte nicht nach. „Sind wir schneller im Hotel“, sagt sie und strahlt. Ein offenes, fröhliches Lachen – zufrieden ist die mehrfache Weltmeisterin. Weil alles geklappt hat. Und weil Quantaz voll bei ihr war, trotz des Applauses für die Vorreiterin. Dass der britische Richter Peter Storr sie deutlich tiefer sah als alle anderen? Ein Achselzucken. Werth ist „happy“, lässt sich die Zufriedenheit nicht nehmen.
„Das war die bislang beste Prüfung meines Lebens, aber …“ Genau, die nächste steht ja schon am Mittwoch an. Somit muss Benjamin Werndls Satz entsprechend gedanklich ergänzt werden. Heute ging der Mann aus Aubenhausen beherzt ans Werk. „Es war die schwungvollste Prüfung, die ich bislang geritten bin“ resümiert er. Platz fünf, und viele die ihn gerne auf der Bronzeposition gesehen hätten, wie man von mehreren Seiten hörte, da kann man schon zufrieden sein. Zumal, wenn es der erste Start auf einer Dressur-Weltmeisterschaft ist.
Nicht happy war Ingrid Klimke, zwang sich aber zum Motto „Think positive!“ „Fangen wir mal mit den positiven Dingen an. Die Wechsel waren klasse, die Versammlung war gut. Der Schritt auch, da hat er sich schön gedehnt. Aber er war heute mau, schon beim Abreiten war es etwas mühselig. Dass ich nicht in die Kür gekommen bin, da bin ich schon enttäuscht.“ War ja hoffentlich nicht die letzte Chance in einem Dressur-Championatsteam!
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