Stuttgart: Weltcupsieg für Klimke und Franziskus, Werth Zweite, Werndl Dritter

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Ingrid Klimke und Franziskus tanzten in der Weltcup-Kür in Stuttgart zum Sieg. (© FEI/Leanjo de Koster)

Mit der persönlichen Bestleistung von 83,440 Prozentpunkten gewannen Ingrid Klimke und der 14-jährige Fidertanz-Alabaster-Sohn Franziskus die Weltcupkür in Stuttgart. Schon beim Einreiten habe sie gemerkt, dass er heute ganz bei ihr sei, sagte Klimke. Damit drehte sie den Spieß nach Platz zwei im Grand Prix heute um.

Auch vom Beifall des Publikums, der dem Vorstarter galt, ließ sich der Hannoveraner Franziskus nicht ablenken. Ebenso wenig wie von den Jubelstürmen nach der Vorstellung, die er mit geradezu stoischer Ruhe über sich ergehen ließ. Das kennt man von ihm auch anders. Zu einem gute Laune verbreitenden Pop-Potpourri tanzte Franziskus durch die schwierigsten Lektionen wie Piaffe-Pirouetten, doppelte Galopppirouetten und häufige Wechsel zwischen den verschiedenen Trabtempi. In den Verstärkungen flog er mit Siebenmeilenstiefeln übers Viereck, immer mit schönem Seitenbild, die Nase vor der Senkrechten, das Genick der höchste Punkt. Kleine Haken, wie ein nicht ganz durchgesprungener Galoppwechsel und mal eine Unregelmäßigkeit im Hinterbein bei Piaffen und Passagen konnten den Gesamteindruck nicht trüben, dass hier Reiterin und Pferd eine Sternstunde erlebten. Klimke führte die gute Form von Franziskus auf einen verbesserten Trainingsablauf zurück. „Sein Hauptjob ist das Deckgeschäft, das wird auch so bleiben“, sagt sie. Aber ich hatte mehr Zeit in den vergangenen Monaten, sodass er mir öfter von der Deckstation zum Reiten gebracht wurde.“ Und zu Turnieren reise sie jetzt immer einen Tag früher an, um Franziskus Zeit zu geben, sich zu akklimatisieren.

Patzer bei Quantaz unter Werth

Isabell Werth und Quantaz, die am Freitag den zum Weltcup gehörenden Grand Prix gewonnen hatten, mussten diesmal mit Platz zwei zufrieden sein (82,030). Das lag an mehreren Fehlern, die sich Quantaz erlaubte, einmal in den Zweierwechseln, zum anderen fiel er in einer Pirouette aus, aber insgesamt zeigte sich Werth zu Recht zufrieden mit der Entwicklung des zwölfjährigen Quaterback-Hohenstein-Sohnes (DSP), der deutlich gereift ist und an Ausstrahlung gewonnen hat. Auch der sehr hohe Schwierigkeitsgrad der Kür, etwa der Übergang von der Piaffe-Pirouette in die Galopppirouette, um nur ein Beispiel zu nennen, brachten Punkte. „An ein paar Abstimmungsdingen müssen wir noch feilen“, sagte Werth. „Aber das große Ganze mit der Musik von Bonnie Tyler macht mir viel Spaß und ich glaube, den Menschen auch.“

Pensionierung von „Ken“ verschoben

Auch Benjamin Werndl war mit seinem dritten Platz (81,885) des westfälischen Damon Hill-Florestan-Sohnes Daily Mirror mehr als zufrieden. „Ich bin wirklich glücklich, dass ich mit meinem 18-jährigen Pferd hier in der absoluten Weltspitze mithalten konnte“, sagte er. Für seine Kür, die er mit einer doppelten Galopppirouette begann, hatte er afrikanische Rhythmen ausgesucht. Schnurgerade Zweierwechsel auf der Mittellinie, flüssige schwungvolle Traversalen und inzwischen sehr ordentliche Piaffen, früher ja mal eine Problemlektion, brachten weitere Punkte. Als Daily Mirror im lockeren Trab die Halle verließ, sah er aus wie ein Sechsjähriger und seine Pensionierung wurde auch erstmal verschoben. „Vielleicht in ein paar Monaten“, sagte Werndl.

Ein persönliches Bestergebnis lieferte Frederic Wandres auf dem zwölfjährigen eleganten Bordeaux-Riccione-Sohn Bluetooth (81,580), der ja als junges Pferd von Ingrid Klimke ausgebildet wurde. Hier waren die Höhepunkte die Piaffen, die Piaffe-Pirouetten und die fließenden Übergänge.

Dorothee Schneider, mit 80,290 Prozent Fünfte, begann ihre Kür auf Faustus mit der Galopptour, wobei der federnde starke Galopp ein besonderer Höhepunkt war. Die Einerwechsel auf gebogener Linie wurden sicher gesprungen, was bekanntlich als besondere Schwierigkeit gilt.  Die Piaffen des 14-jährigen Falsterbo-Forrest xx-Sohnes haben sich insgesamt verbessert. Leider verpatzte er die letzte Piaffe, weil er äppeln musste, dafür gab es dann nur eine vier.

Auf den Plätzen hinter den fünf Deutschen mussten sich die ausländischen Gäste einreihen. Eines auffallendsten Pferde dieser Weltcupkür war der erst neunjährige KWPN-Hengst Indian Rock v. Apache-Vivaldi unter der Niederländerin Emmelie Scholtens. Der hat alles, was ein Spitzenpferd braucht, Schönheit, Eleganz, Ausstrahlung und einen spektakulären Bewegungsablauf, vor allem in Piaffe und Passage, wobei der Hinterhand (noch?) die Kraft fehlt, die enorme Aktion der Vorhand aufzufangen. Die Richter hatten Mühe, das Bewegungswunder richtig einzuordnen, die Plätze schwankten zwischen drei und neun.

Noch ein Pferd, das man sich merken sollte, ist der zehnjährige Totilas-Sohn Torveslettens Titanium, geritten von Marieke van der Putten (NED). Er piaffierte und passagierte fast wie sein Vater, der starke Tab mit deutlich aktiverem Hinterbein. Mit 77,690 Prozent wurde van der Putten Elfte hinter Jessica von Bredow-Wendl, die die Lyon-Siegerin Dalera zu Hause gelassen und mit Ferdinand nicht ihr bestes Turnier erwischt hatte. In den Piaffen und Passagen gab es ungleiche Tritte, fast blockierte er ein paarmal und es erwies sich als Pech an diesem Tag, dass die Kür von Piaffe und Passage nur so strotzte. Mehr als Platz zehn (78,205) war diesmal nicht drin. Aber da kommen ja wieder bessere Tage …

Nach der Weltcup-Etappe von Stuttgart führt Benjamin Werndl das Gesamtklassement an, Ingrid Klimke ist nun auf Platz zwei vorgerückt, dahinter rangiert derzeit Isabell Werth an dritter Stelle. Das ganze Ranking sehen Sie hier.

Alle Ergebnisse von der Weltcup-Kür in Stuttgart finden Sie hier.

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

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