In Santiago de Chile laufen momentan die 19. Pan-Amerikanischen Spiele, bei denen es nicht nur um die kontinentalen Meisterschaften, sondern auch um die letzten Fahrkarten zu den Olympischen Spielen 2024 geht. Medaillen und Tickets auf dem Viereck wurden gestern verteilt.
Zum neunten Mal konnten sich die US-Dressurreiter in Santiago de Chile als Pan-Amerikanische Meister auf dem Viereck feiern lassen. Sie konnten die Meisterschaft ohne zusätzlichen Druck genießen, denn für die Olympischen Spiele 2024 waren sie schon vorher qualifiziert.
Anders ihre Kollegen in der FEI-Olympiaqualifikationsgruppe. Zwei Fahrkarten waren noch zu vergeben. Brasilien gewann überraschend Silber vor den Titelverteidigern aus Kanada. Damit sind sie die Glücklichen, die ebenfalls in Paris dabei sein werden.
Zum Reglement
Die Teams können sowohl Paare für die kleine (Prix St. Georges, Inermédiaire I, Inter I Kür) als auch die große Tour (Grand Prix, Special und Kür) schicken. Mannschaften, die ausschließlich Reiter in der kleinen Tour haben, können sich nicht für die Olympischen Spiele qualifizieren, ebensowenig Teams, bei denen nur ein Paar in der großen Tour startet. Die Olympiatickets werden an die Mannschaften vergeben, die mindestens zwei Paare in der großen Tour haben. Es zählen die drei besten Mannschaftsergebnisse. Dabei werden für die Paare in der großen Tour drei Prozent als Bonus vergeben. 60 Prozent netto wären bei den Pan Am Games also 63 Prozent. Es gewinnt die Mannschaft mit den meisten Punkten, unabhängig davon, ob diese in der kleinen oder der großen Tour erzielt wurden.
Gold für die USA
Für die USA ritt der 21 Jahre junge Christian Simonson – übrigens auch nominiert als „Newcomer des Jahres“ bei den FEI Awards – mit Son of a Lady in der kleinen Tour und gewann sowohl Prix St. Georges als auch Intermédiaire I mit jeweils 74,971 Prozent.
Die drei anderen Paare für die USA waren Anna Marek auf Fire Fly, Codi Harrison mit Katholt’s Bossco und Sarah Tubman im Sattel von First Apple. Zusammen kamen sie auf 450,670 Punkte, mit denen sie Brasilien (443,343) und Kanada (431,937) hinter sich ließen.
Bestes Paar für die USA waren Sarah Tubman und First Apple. Vor vier Jahren in Lima waren sie noch Sieger in der Kleinen Tour, nun sind sie im Grand Prix Viereck angekommen. Im Grand Prix hatten sie mit 76,065 Prozent das zweitbeste Ergebnis, im Special wurden es 76,872 Prozent und das drittbeste Ergebnis.
Anna Marek und Fire Fly waren mit 74,891 Prozent aus dem Grand Prix (Vierte) und mit 74,489 Prozent aus dem Special gekommen (Platz sechs).
Das Streichergebnis bildeten Codi Harrison und Katholt’s Bossco – zuvor bekannt unter Severo Jurado Lopez und Carina Cassøe Krüth–, die den Grand Prix mit 73,305 Prozent (Sechste) und den Special mit 71,957 Prozent beendeten (Zehnte).
Sarah Tubman fasste ihr Siegergefühl so zusammen: „Wir sind das jüngste Team seit langem, das die USA losgeschickt haben und ich bin wirklich stolz, sagen zu können, dass wir alle persönliche Bestleistungen geliefert haben und das mit einer super Kameradschaft.“
Auf dem Treppchen zu stehen und die Nationalhymne aufgrund seiner Leistungen zu hören, sei das eine, „aber es ist noch einmal etwas ganz anderes, das zusammen mit drei Freunden zu erleben“.
Silber für Brasilien
Für die Brasilianer war es ein historischer Tag. Zum ersten Mal überhaupt konnten sie die Silbermedaille bei Pan-Amerikanischen Spielen entgegennehmen und sich dann auch noch für Olympia qualifizieren.
Möglich gemacht haben es unter anderem zwei Paare, für die es die erste Grand Prix-Saison überhaupt ist: Paulo Cesar Dos Santos auf Fidel De Sasa JE (GP: 67,804/14, Special: 68,638/15.) und Renderson Silva De Oliveira im Sattel von Fogoso Campline (GP: 75.,304/3., Special: 74,936/4.).
Dos Santos: „Das ist der besonderste Tag in meinem Leben, ein wirklich bedeutender Moment meiner Karriere. Es war ein sehr anstrengendes Jahr für mich. Aber ich war zuversichtlich, dass ich hier mit einem sehr starken Team sein würde, und dass wir in der Lage sein würden, unser Ziel zu erreichen, die Silbermedaille und auch die Qualifikation für die Olympischen Spiele.“
Für den dritten Mann im Team, Joao Victor Marcari Oliva, war es schon deshalb ein besonderes Erlebnis, weil er und sein Pferd, der elfjährige Westfale Feel Good v. Franziskus (Z.: Tina Ludwichowski) zusammen aufgewachsen sind. Oliva bekam Feel Good, da war der Wallach eineinhalb Jahre jung. Er selbst ist 27. „Er ist schon sehr lange bei mir und heute hat er mir alles gegeben, wofür wir die letzten neuneinhalb Jahre gearbeitet haben.“ Und das war eine Menge! Im Grand Prix waren die beiden bestes Paar mit 76,478 Prozent. Im Special belegte er Rang zwei mit 78,362 Prozent.
Manuel Rodrigues Tavares de Almeida Neto erlebte ein einzigartiges Comeback. Das letzte Mal ist er vor sieben Jahren ein Turnier geritten. Nicht irgendeines, sondern die Olympischen Spiele im eigenen Land, in Rio, wo Brasilien als Gastgebernation ohnehin gesetzt war. Da saß er allerdings noch auf einem der ihm vertrauten Lusitanos. Seit Anfang des Jahres hat er nun die Hannoveraner Stute Rosa Belle v. Dancier-Rubin Royal unter dem Sattel.
Die 14-jährige Fuchsstute ging zuvor schon Grand Prix unter Tavares de Almeida Netos Schwester. Er sagte: „Sie ist das erste deutsche Pferd, das ich reite. Es war eine ziemliche Herausforderung und ich könnte nicht glücklicher sein über das Ergebnis.“
Im Grand Prix waren sie Elfte (69,369), im Special belegten sie mit 68,894 Prozent Rang 14.
Bronze für Kanada
Beatrice Boucher und Summerwood’s Limei waren Kanadas einziges Paar in der kleinen Tour. Sie belegten jeweils Rang zwei hinter Simonson und Son of a Lady mit 70,471 Prozent.
Daneben hielten Naima Moreira Laliberté auf dem 16-jährigen, einst unter Spaniens Jordi Domingo Coll erfolgreichen Statesman v. Sandro Hit (Z.: Bernd Eylers), Mathilde Blais Tétreault mit Fedor und Camille Carier Bergeron im Sattel von Sound of Silence (Westfale v. San Amour, Z.: Thomas Sieverding) die kanadische Flagge hoch.
Laliberté und Statesman, der mit Coll 2012 Sechster im Finale der Weltmeisterschaften der jungen Dressurpferde gewesen war und später Spanien bei der EM 2017 in Göteborg vertrat, waren letztes Jahr auch bei den Weltmeisterschaften in Herning im Einsatz. Sie wurden Achte im Grand Prix (72,739) und Neunte im Special (72,021).
Mathilde Blais Tétreault und ihr KWPN-Wallach v. Johnson beendeten den Grand Prix an zehnter Stelle (70,391) und waren Elfte im Special (71,957).
Camille Carier Bergeron und Sound of Silence belegten im Grand Prix noch Rang 15 (67,565). Doch im Special liefen sie zu großer Form auf: Rang fünf mit 74,511 Prozent.
Ausblick
Die Entscheidung in der Einzelwertung fällt am Mittwoch. Hier werden kleine und große Tour quasi gemeinsam gewertet. Das bedeutet, der Beste aus der Intermédiaire I Kür gewinnt Gold, wenn er mehr Punkte bekommt als das beste Paar aus der Grand Prix Kür. Im Falle einer Punktgleichheit gewinnt allerdings das Grand Prix-Paar.
Die besten drei Reiter pro Nation aus der Intermédiaire I bzw. dem Grand Prix Special haben sich für die Einzelentscheidungen in der Kür qualifiziert. Sie steht für Mittwoch auf dem Programm.
Als Favoriten dürften neben Titelverteidigerin Tubman vor allem der Brasilianer Joao Victor Marcari und ein „Jugendfreund“ Feel Good gelten sowie der Beste des Special. Das war eine Überraschung, den Ecuadorianer Julio Mendoza Loor und seinen KWPN-Wallach Jewel’s Goldstrike v. Bretton Woods hatten wahrscheinlich nicht viele auf der Liste. Tatsächlich hat das Paar in den USA aber mehrfach Ergebnisse zwischen 74 und 75 Prozent in Grand Prix und über 80 Prozent in Küren erzielen können. Gestern im Special kamen sie auf 78,617 Prozent, ohne die Bonusprozente also starke 75,617.
Alle Dressurergebnisse aus Santiago finden Sie hier.
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