Wegen Video – Dänische Dressurreiterin Carina Cassøe Krüth: Anzeige statt Olympia

Von
TOKYO – Olympische Spiele / Olympic Games 2021

Enge Zusammenarbeit: Andreas Helgstrand im Coaching mit Carina Cassøe Krüth. (© sportfotos-lafrentz.com)

Dass die Dänin Carina Cassøe Krüth nicht Teil des Dressuraufgebots für Olympia ist, kam für viele überraschend. Statt sie zu nominieren, hat der dänische Reitsportverband sie beim Disziplinarausschuss angezeigt. Hintergrund ist ein Trainingsvideo der Schülerin von Andreas Helgstrand.

Carina Cassøe Krüth war nicht in Aachen am Start in diesem Jahr, genauso wie die anderen dänischen Olympia-Dressurreiter. Dafür, dass Nadja Aaboe Sloth und Favour Gersdorf in Aachen plötzlich von der Startliste der Kür verschwunden waren, gibt es wohl einen Grund: Der dänische Warmblutverband hat am folgenden Montagnachmittag das Team für Paris 2024 benannt. Nadja Aaboe Sloth erscheint dort als Reservereiterin und nicht wie allgemein erwartet Carina Cassøe Krüth. Cassøe Krüth hatte in den vergangenen Jahren an allen Championaten für Dänemark teilgenommen. Sie ritt 2021 im Olympia-Kürfinale in Tokio, wurde 2022 Team-Weltmeisterin. Außerdem stand sie 2023 in Riesenbeck bei der Europameisterschaft auf dem Treppchen.

Trainingsvideo führt zu Anzeige gegen Carina Cassøe Krüth

Wie der dänische Fernsehkanal TV2 meldet, soll ein Trainingsvideo der Grund für die Nicht-Nominierung der Helgstrand-Schülerin sein. Morten Schramm Rodtwitt, Direktor des dänischen Pferdesportverbandes, bestätigt gegenüber TV 2 Sport, dass Cassøe Krüth ursprünglich als Reservistin ausgewählt worden war. Am Montagmorgen habe sie sich aus persönlichen Gründen zurückgezogen. Nach Aussagen von Schramm Rodtwitt sei der Verband am Sonntagabend in den Besitz des Videos gelangt. Gegenüber TV2, dem Sender, der die Journalistin Rebekka Klubien als Pflegerin bei Helgstrand Dressage eingeschleust hatte (hier der Podcast dazu), sagte er: „Ich kann bestätigen, dass wir ein Video erhalten haben, und das Video hat uns veranlasst, Carina Cassøe beim Disziplinarausschuss des dänischen Pferdesportverbandes anzuzeigen“.

Auf der offiziellen Webseite des Verbandes wird lediglich vermeldet, dass der Verband einen Reiter/eine Reiterin „beim Disziplinarausschuss wegen Verstoßes gegen die Gemeinsamen Bestimmungen für den Pferdesport §16 angezeigt hat“. Der Fall warte nun auf die Beurteilung durch den Disziplinarausschuss.

Im zitierten Paragrafen 16 steht unter anderem: „Reiten darf niemals mit psychischem oder physischem Missbrauch oder Gewalt gegenüber dem Pferd verbunden sein. Bestrafung und übermäßige Korrekturen – d.h. unverständliche, unnötige und/oder übermäßige Anwendung von körperlicher oder verbaler Einwirkung auf das Pferd (einschließlich der Verwendung von Peitschen, Zügeln, Sporen oder anderen Vorrichtungen), sowie Zügelhilfen, die Schmerzen oder Unbehagen verursachen – dürfen zu keiner Zeit in der Ausbildung und im Umgang mit Pferden angewendet werden“.

Carina Cassøe Krüth bezieht Stellung nach Aus für Olympia

Der Kanal TV 2 Sport hat Carina Cassøe Krüth zu dem Video befragt. Die Reiterin sagt, sie bedauere den Umgang mit dem Pferd. „Die Videosequenz stammt von einer Trainingseinheit im Februar 2022 und zeigt einen offensichtlichen Fehler meinerseits, den ich sehr bedauere und der sicherlich nicht zu meiner Art der Pferdeausbildung passt.“ Cassøe Krüth hatte ihre besten Ergebnisse in den Jahren 2021 und 2022. Interessanterweise also zu der Zeit, in der das Video entstanden ist, was auch etwas über das Richten zu dieser Zeit aussagt.

2024 konnten die Fürstenball-Tochter und ihre 39-jährige Reiterin nicht mehr an die zuvor erzielten Resultate heranreichen. 2023 wurde das Paar noch Achte in der Kür bei den Europameisterschaften. Beim Nationenpreis in Rotterdam 2024 stieg die Stute, die zu Beginn ihrer Karriere durch ihren Schmelz und Schwung viele Fans hatte, komplett aus. Mehr als 67 Prozent war da für die Team-Weltmeister von 2022 nicht drin.

#doitride-Newsletter   Sei dabei und unterstütze die #doitride-Kampagne! Mit unserem Newsletter verpasst Du keine Neuigkeiten rund um #doitride. Jetzt aktivieren!

Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

stgeorg_newsletter_booklet
  1. Doris Huber

    Es freut mich, auch wenn der Grund dafür alles andere als erfreulich ist, dass der dänische Verband konsequent ist. Respekt für die Verantwortlichen! Danke auch an alle, die zur Aufklärung von Missständen beitragen. Das dient allen, die reell reiten und ausbilden und den Pferden sowieso.

  2. Günter Schmieschek

    Mich freut es auch sehr, dass der Verband durchgreift und das Wohl der Pferde im Auge hat,
    diese edlen Tiere haben Respekt und gefühlvolle Behandlung verdient.
    Leider steht immer noch das GELD bei vielen Beteiligten an erster Stelle und an letzter das Pferd. Wenn ich zu sagen hätte, würde ich jeden, der ein Pferd nicht gerecht behandelt auf
    Lebenszeit vom Pferdesport sperren. Das würde Wirkung zeigen, dann würde sich vermutlich
    auch etwas ändern – zum Wohle der Pferde.

  3. Stephanie

    Das ist doch nur die Spitze des Eisberges! Wenn man in der Lage ist EINMAL so brutal mit einem Pferd umzugehen, dann macht man es IMMERR. Reumütigkeit, Scham und die Versicherung, dass wäre nicht ihr Stil, nehme ich Dujardin Charlotte null ab. Das Video ist ein Offenbarungseid was ihre Denke angeht. Sie sollte nie wieder öffentlich reiten dürfen.


Schreibe einen neuen Kommentar