Jessica von Bredow-Werndl und Dalera und Isabell Werth mit Weihegold haben mit der Grand Prix Kür heute Abschied vom Sport genommen: einmal interimsweise, einmal von Dauer. Nach ihrem Triple-Gold bei Olympia und drei Goldmedaillen bei der EM in Hagen holte sie nun verdient den Weltcup-Sieg und fand: „Es fühlte sich besser an als in Tokio.“ Zweite wurde Cathrine Dufour (DEN) mit Vamos Amigos, gefolgt von Isabell Werth und Weihegold.
Ab dem Moment, in dem Jessica von Bredow-Werndl mit Dalera in das Viereck einreitet, sieht es spielerisch aus bei diesem Paar. Das war auch bei ihrer bewährten Kür zu den Klängen von La La Land beim Weltcup-Finale am Samstag in Leipzig nicht anders. Auch wenn der Schweif hier und da leicht schlägt, dennoch schiebt sich diese große 15-jährige Easy Game-Tochter in Piaffen und Pirouetten so zusammen, dass sie gefühlt einen Meter kürzer ist als normalerweise. Und dabei ist sie am Samstag ruhig im Maul, stet in der Anlehnung und wie immer in den letzten Monaten mit dem Genick am höchsten Punkt. Der schwierige Übergang vom Schritt in die Galopppirouette gelingt ebenso fehlerfrei und ohne Spannung, wie die Wechsellinien. Die Galopppirouetten sind auf der Untertasse gesprungen, gelungene Einerwechsel sind der Reiterin während der Prüfung ein Halsklopfen wert. Bis auf eine unruhige letzte Grußaufstellung ganz so, wie man es sich wünscht. Aber der aufbrandende Applaus und Standing Ovations der 8.000 Zuschauer in der Leipziger Messehalle sprechen eine deutliche Sprache. Zu recht. Es ist zwar kein persönliches Bestergebnis, aber dennoch ein neuer Superlativ: der erste Weltcup-Sieg eines deutschen Reiters auf deutschem Boden.
Das Richtergremium, bestehend aus Chefrichter Henning Lehrmann bei C, dem Briten Clive Halsall bei K, Eduard de Wolff van Westerrode (NED) bei E, der Französin Isabelle Judet (im Kurz-Grand Prix noch als Chefrichterin) bei H, Kurt Christensen (DEN) bei M, Annette Fransen Iacobaeus aus Schweden bei B und Michael Osinski (USA) bei F sahen das Paar ebenfalls allesamt an der Spitze des 17-köpfigen Starterfelds. Die A-Note mit Bewertungen jenseits der 80 Prozent, die B-Note für die Artistik mit Noten jenseits der 90 Prozent, führten insgesamt zu dem Ergebnis von 90,836 Prozent. Insgesamt vergeben die Richter ganze 26 Mal die Note 10. Es ist das drittbeste Ergebnis in einer Grand Prix Kür für das Paar hinter dem Auftritt bei Olympia und dem in Hagen bei den Europameisterschaften. Mit über vier Prozent Abstand sichern sich von Bredow-Werndl und die Trakehner Queen Dalera den Weltcup-Sieg – ein großer Pokal komplettiert nun die Medaillensammlung der Aubenhausenerin, auch wenn da noch eine fehlt, nämlich die für den Einzeltitel bei Weltmeisterschaften. Die in Herning muss sie nun aber wohl oder übel sausen lassen, schließlich erwartet sie im WM-Monat August ihr zweites Kind, ein Mädchen. Wohl oder übel, weil es Jessica von Bredow-Werndl bei Dalera besonders schwer fällt, sie von einem anderen Reiter fit halten zu lassen. Sie wolle selbst noch in den Sattel steigen, bis es wirklich nicht mehr geht. Und dann will sie zurückkommen. Man darf gespannt sein.
Dufour wird mit einer „Bombe“ Zweite
Zehnjährig ist der Vitalis-Sohn Vamos Amigos, und er könnte mit seiner dänischen Reiterin Cathrine Dufour in diesem Jahr noch eine sehr wichtige Rolle spielen, wenn es um die Medaillen bei der Weltmeisterschaften in Herning (DEN) geht. Bis dahin hat der hellbraune Wallach der Familie Pidgley noch Zeit, weiter zu reifen und Kraft zu bekommen. Denn die fehlte in der Kür auf diesem Niveau noch an mancher Stelle.
Die Grußaufstellung zu Beginn der Kür gelingt dem Paar – überhaupt, stehen kann Vamos Amigos. Aber wenn er sich in Bewegung setzt, dann ist er ‚on fire‘, wie die 30-jährige Dufour tags zuvor selbst über den Vitalis-Sohn sagte. Das kann jedoch nicht kompensieren, dass es dem Wallach in den Piaffen noch an Balance mangelt. Er schwankt stark von links nach rechts, auch wenn er fleißig abfußt. Dann zeigt er einen spektakulären starken Trab, in dem er allerdings nicht nennenswert überfußt. Ab und an wird der Wallach in der Prüfung etwas eng im Hals, auch das könnte sich mit zunehmender Reife noch zum Besseren verändern. Die Passage von Vamos Amigos beeindruckt hingegen. Viel Raumgewinn, viel Takt, eine sehr aktive Hinterhand. Auch der starke Schritt ist ein Highlight dieses Paares. Sofort lässt der Westfale los, kommt gut zum Schreiten.
Die Zweierwechsel wie auch die Einerwechsel auf gebogener Linie – dies ja ein erhöhter Schwierigkeitsgrad, mit dem man entsprechend richtig punkten kann – gelingen fehlerfrei, auch die Zweierwechsel mit Übergang zu Einerwechseln. Nach der letzten Grußaufstellung lässt sich Vamos Amigos vom Publikum mit Applaus belohnen. Der Wallach scheint es zu genießen, verlässt so gelassen wie sonst kein Pferd der Prüfung im Schritt das Viereck. 86,164 Prozent lautet das Ergebnis für das Paar, dessen Bewertungen in der B-Note sogar an die der Weltcup-Siegerinnen von Bredow-Werndl und Dalera heranragen. Nur die Ausführung muss noch korrekter gelingen. Jammern auf hohem Niveau, ist doch der zweite Platz in einem Weltcup-Finale sozusagen der zweite Platz der „Hallenweltmeisterschaften“. „Er war eine Bombe heute, so viel ist sicher“, beschreibt Dufour ihr Pferd nach dem Ritt. Die hat sie aber erfolgreich entschärfen können. Die Kür war die von Dufours langjährigem Erfolgspferd Cassidy. Für den Sommer solle Vamos Amigos jedoch eine eigene bekommen, versichert die Dänin. Da müssen sich die Deutschen warm anziehen.
Zum Abschied Rang drei für Werth und Weihe
„Ich bin sehr stolz, das Pferd auf diese Weise aus dem Sport zu verabschieden“, sagte die beste Dressurreiterin aller Zeiten, Isabell Werth, im Anschluss an die Weltcup-Kür in Leipzig. Denn die 17-jährige Don Schufro-Tochter zeigte in der Prüfung zuvor noch ein letztes Mal, was in ihr steckt und wieso sie den Dressursport so viele Jahre lang maßgeblich mitprägte.
Angespannt sei Isabell Werth gewesen, sagt sie, denn natürlich wollte sie den letzten Auftritt der Rappstute auf der sportlichen Bühne nicht vermasseln. So gelang die Kür ohne gröbere Fehler und mit guten Piaffen und Passagen – einfach Marke Weihegold. Lediglich in einer Piaffe fußte die Stute einmal auf. Ruhig in der Anlehnung, kadenzierte Passage-Traversalen und sichere Galopp-Traversalen wie auch Pirouetten. Und dann die Schlusslinie, einhändig, zu den Klängen von „Question of Honor“ von Sarah Brightman, deren Refrain lautet: „Ob du gewinnst oder verlierst, es ist eine Frage der Ehre“. Die Zuschauer ehren die Vorstellung des Paars mit tobendem Applaus und Standing Ovations, die Richter mit 85,921 Prozent. Ein ehrwürdiger Abschied der 17-jährigen Oldenburger Stute aus dem Sport, der mit dem Podium – Platz drei – belohnt wird.
„Wir können mit Druck umgehen“
Auch die anderen beiden dänischen Reiterinnen im Weltcup-Finale zeigten solide Runden. Carina Cassøe Krüth wurde mit Heiline‘s Danciera Vierte mit 84,971 Prozent. Die elfjährige Stute v. Fürstenball zeigt den gefühlt besten starken Schritt des gesamten Abends. Das Pferd bewegt sich durch den gesamten Körper, schreitet und dehnt sich ans Gebiss. Auch der starke Trab ein Highlight des Paars mit drei, vier Fuß Übertritt. Ebenso bemerkenswert: Die Stute schlägt nicht ein einziges Mal mit dem Schweif in der Kür, er pendelt stets ruhig. Geradezu ein Alleinstellungsmerkmal des Paares. Dafür wünschte man sich in den Piaffen ein bisschen mehr Schwung und in den Einerwechseln unterlaufen den beiden Fehler. Bei der abschließenden Grußaufstellung steht die Stute offen. Die Anlehnung wirkt während des gesamten Rittes leicht, elastisch bei diesem Paar.
Nanna Skodborg Merrald landete im Sattel von Atterupgaards Orthilia auf Rang fünf mit 81,239 Prozent. Die 17-jährige Stute fällt häufig durch ihr offenes Maul auf, auch wenn die Anlehnung fein aussieht. Die Traversalen, Passage und Piaffe und die Übergänge dazwischen sind Höhepunkte der Kür dieses Paares. Lediglich in dem schwierigen Übergang vom starken Galopp direkt in die Piaffe unterläuft Orthilia und Skodborg Merrald ein Fehler, die Stute fällt kurzzeitig in den Schritt. Dennoch ballt die Dänin die Faust bei der letzten Grußaufstellung, ist sichtlich zufrieden mit der Leistung ihrer Stute. Das bestätigt Nanna Skodborg Merrald später auf Nachfrage: „Sie (Orthilia, Anm. d. Red.) hat da drinnen alles getan, was sie konnte, und ich bin glücklich darüber, dass wir keine größeren Fehler gemacht haben.“
Cathrine Dufour sprach später im Hinblick auf die Weltmeisterschaften in Herning von einem starken Team. „Das System in Dänemark hat sehr gut funktioniert in den letzten vier fünf Jahren, und jetzt man da ganz klar die Ergebnisse sehen.“ Und die Reiterinnen und Reiter des kleinen Staates zwischen den Meeren seien zudem reif für ein Championat und allen mentalen Belastungen, die damit einhergehen: „Wir Dänen, mich eingeschlossen, können mit Druck umgehen. Und natürlich setzen wir andere gerne unter Druck“, schmunzelt Dufour.
Helen Langehanenberg und Mausi auf Platz sechs
Die dritte Deutsche im Bunde des Weltcup-Finals ist Helen Langehanenberg. Mit ihrer hünenhaften Holsteiner Stute Annabelle besticht sie auch in der Kür durch feine Anlehnung und hohe Schwierigkeitsgrade. So gelingen dem Paar Fächerpiaffen und Piaffe-Pirouetten rhythmisch und auf der Stelle. Zu Musik von Schwanensee zeigt Annabelle einen versammelten Schritt in vorbildlichem Viertakt, auch das gelingt nicht jedem Paar in dem Weltcup-Finale. Daraus entwickelt sie eine Piaffe, von da geht es über zum starken Schritt. Die Conteur-Tochter dehnt sich gut, könnte aber noch mehr zum Schreiten kommen.
Die Zweierwechsel wiederum gelingen auf gebogener Linie, bei den Einerwechseln unterläuft dem Paar jedoch ein Fehler. Sie habe „einmal zu viel riskiert“, erläutert Langehanenberg das Missgeschick. Ansonsten ließ sich sehr gut durchs Viereck führen“, auf Herning hofft sie natürlich. „ Ja klar“, sagt sie, „ich warte ab“. Das Ergebnis von 78,839 Prozent bedeutete Platz sechs mit Annabelle.
Frankreich auf Platz sieben
Dass die Stimmung in der Halle von Leipzig angespannt war, war vor allem bei Charlotte Fry aus Großbritannien und ihrem 14-jährigen Dark Legend zu spüren. Der Hengst hatte sich vor einer Ecke gefürchtet und war danach völlig von der Rolle, auch wenn er sein Bestes versuchte, sich wieder zu fangen.
Einige Paare später erlebte auch die Französin Morgan Barbançon mit ihrem 16-jährigen Sir Donnerhall II v. Sandro Hit-Donnerhall einen kurzen Schreckmoment. Der Hengst erschrak ebenfalls einmal, noch vor dem Einreiten ins Viereck, aber schon nachdem Barbançon das Zeichen zum Starten der Musik gegeben hatte. Dennoch schaffte sie es, noch im richtigen Timing zu ihrer Kür-Musik einzureiten. Das Paar beginnt anders als alle anderen mit starkem Galopp, der sehr eindrücklich ist. Überhaupt ist die Galopptour bei dem Paar spektakulär, in maximalem Bergauf angelegt. Dieser Aufwand kostet allerdings kraft. Eine Galopppirouette links springt Sir Donnerhall II einmal gleichzeitig, beim Aufnehmen des Galopps für die Wechsel fällt er einmal kurz in den Trab. Dann gelingen die Einerwechsel zu Zweierwechseln jedoch fehlerfrei, erneute Einerwechsel auf die Pressetribüne zu nicht ganz an der Schnur gezogen sondern leicht schwankend. Im Übergang von der Passage zur Piaffe scheint die für Frankreich startende Dressurreiterin einmal eine zu deutliche Hilfe zu geben, Sir Donnerhall II geht der Schwung verloren. Immer wieder klappert der Hengst leicht mit der Unterlippe. Die Trabtraversalen gelingen ausdrucksvoll, symmetrisch auf beiden Händen als Zick-Zack-Traversale angelegt mit dem zweiten Teil als passage-artige Traversale. Mit Celine Dións Lyrik „I’m alive“ geht es in die finale Grußaufstellung – geschafft. Morgan Barbançon ist zufrieden mit ihrem Ritt, ballt die Faust. 76,986 Prozent gibt es dafür von den Richtern. Als zwölftes Paar ist es zwischenzeitlich der zweite Rang für das Paar hinter „Mausi“ und Annabelle, da bleiben sie auch, kommen schlussendlich jedoch auf den siebten Platz. Ihr Hengst sei sehr heiß und schwierig zu reiten gewesen, sagt eine dennoch zufriedene Barbançon später.
Kittel und Blue Hors Zepter Achte
Zufall? Patrik Kittel nutzt den Moment vor dem Einreiten ins Viereck, in dem er mit Blue Hors Zepter direkt vor der Kamera von ClipMyHorse.TV vorbeitrabt, um sein Pferd zu klopfen. Eine letzte Aufmunterung, ein letztes „wir schaffen das zusammen“. Dann geht es los. Mit Pop-Rock aus den 80er Jahren geht es erstmal in eine längere Piaffe-Passage-Tour, die dem Paar gut gelingt. Später beginnt Kittel eine Galopppirouette beinahe wie eine Volte, dann ist die Abstimmung aber wieder da. In den Zweierwechseln gibt es einen Fehler, der starke Galopp vor der nächsten Pirouette ist sehr auf Sicherheit geritten. In den Einerwechseln springt der Blue Hors Zack-Sohn zweimal kurz, das kommt dem Paar teuer zu stehen. „Vieles war gut, anderes weniger gut“, erkennt Kittel kurz nach seinem Ritt an. 76,725 Prozent lautet das Ergebnis für das Paar. Am Ende ist das der achte Platz – kein so schlechtes Ergebnis im Weltcup-Finale für ein Paar, das sich erst seit wenigen Wochen kennt. Das Interesse an Blue Hors Zepter dürfte dadurch nicht gerade abgenommen haben, der Hengst steht laut Kittel zum Verkauf. Er werde sich folglich für die Saison eher auf seine anderen Pferde konzentrieren.
Alle Ergebnisse der Grand Prix Kür in Leipzig finden Sie hier.
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