Werth, Wendy, Wetter – Aachen Dressurnationenpreis-Sieg, drei Deutsche in Front im Grand Prix

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CDIO5* Grand Prix: Isabell Werth und Wendy siegten in Aachen (© toffi-images.de)

Im Nationenpreis von Aachen geht es heute um die Olympiastartplätze. Den Auftakt machte Isabell Werth mit Wendy, der Quereinsteigerin, die eigentlich in der CDI4*-Tour hätte reiten sollen. Das Wetter spielt mit, zumindest ein wenig. Der Artikel wird laufend aktualisiert.

Fazit des Grand Prix: Werth und Wendy wittern Versailles

Ja, entschieden wird erst am Samstag, nach dem Grand Prix Special von Aachen. Dann tagt der Dressurausschuss. Im Grand Prix Special wird in Paris bei den Olympischen Spielen die Mannschaftsentscheidung ausgeritten. Da ist die Aufgabe, auf die es ankommt. Der Grand Prix ist nur die Qualifikation für die Kür in Paris. Die Einzelmedaillen sind die Kirsche auf der Sahne. Die Sahne soll bereits möglichst golden sein, Teamgold ist das Ziel der deutschen Abordnung.

Jessica von Bredow-Werndl und Dalera sind gesetzt. Um die zwei weiteren Mannschaftsplätze und den Posten des oder der Reservistin geht es in Aachen. Der Grand Prix, den die Deutschen als Sieger des Nationenpreises abschlossen – anders als sonst zählt diesmal nur diese Aufgabe, nicht noch der Grand Prix Special – war eine spannende Prüfung. Spannend und spannig zugleich.

Für Isabell Werth dürfte la soleil, die Sonne, scheinen. Mit der Stute Wendy konnte sie nicht nur die Prüfung gewinnen, sondern mit 76,5 Prozent eine echte Duftmarke gesetzt. Lediglich ein Fehler in den Zweierwechseln trübte die Prüfung. Mal sehen, wie das mit dem Grand Prix Special am Samstag ab 9 Uhr funktioniert (Details zum Ritt von heute weiter unten im Ticker).

Ingrid Klimke war mehr als glücklich, voll ausgeritten hat sie Franziskus nicht. Mit mehr als 76 Prozent hat der Hengst in Aachen beim dritten Turnier in Folge – nach München und Balve – abgeliefert. Werth lobt die Grundqualität der dänischen Stute, „die Galopparbeit, Passage, Piaffe“. Ihr Zwischenfazit nach dem ersten 5*-Dressurtag: „Auf einem guten Weg. Und Luft für Weiterentwicklung“.

Der Wurm war heute drin bei Bluetooth und Frederic Wandres. Schon als die beiden vor Beginn der Prüfung ums Viereck ritten, startete der Bordeaux-Sohn einmal durch. Beachtenswert, und das unterstreicht die Feinabstimmung des Paars, ist, wie Bluetooth nach Fehlern oder Unstimmigkeiten blitzschnell wieder fokussiert bei der Sache ist. „Er fühlte sich besser denn je an, geschmeidig, guter Schritt“, bilanziert Wandres. „Normalerweise ist es ja unsere Stärke, dass wir fehlerfreie Prüfungen abliefern, Samstag werden wir abliefern – die Noten der Richter zeigen, dass auch sie die Entwicklung von Bluetooth wertschätzen.“

toffi-images.de

Katharina Hemmer und Denoix beim Abreiten beim CHIO Aachen 2024

Katahrina Hemmer ist der Pechvogel des Tages. Denoix, dessen Weltklassequalität heute ein paar Mal aufblitzte, kam überhaupt nicht mit der Stadionatmosphäre zurecht. Er wollte schon gar nicht in das heilige Rund hinein. Und als er drinnen war, begann er zu schwitzen. Die Nerven schlug dem Destano-Sohn auf die Verdauung. Einfach nicht sein Tag… Der Teamsieg (228,173) mag etwas trösten.

Zweite wurden die Niederländer (215,674), die keine Olympiakombination nach Aachen geschickt hatten. Platz drei ging an die Dänen (214,544), die ebenfalls ein B-Team geschickt hatten. Knapp dahinter landete das US-Team (214,283), das bei den Olympischen Spielen in diesem Jahr keine Bedeutung haben sollte.

Mannschaftsergebnis Nationenpreis CDIO5* Aachen 2024

Update 15.35 Uhr Patrik Kittel (SWE) und Jovian

9,1 für den starken Trab, hohe Achter-Noten für die weitkreuzenden Traversalen. Und sogar das Rückwärtsrichten mit einer 7,7 – Jovian und Patrik Kittel beginnen mit hohen Noten. Die Piaffen gelingen besser als sie noch unter Andreas Helgstrand aussahen, aber immer noch sind sie die schwächsten Lektionen des Hengstes. Nicht wirklich synchron, nicht immer koordiniert. Der Hengst senkts sich in der Kruppe, aber nach Tragkraft sieht es nicht aus. Mit Noten bis 6,7 tendieren die Richter immer noch zu „ziemlich gut“. Weit nach links und rechts schwankende Zweierwechsel (7,0) zu Beginn der Galopptour, trotz der großen Galoppmechanik gelingt es Kittel, den Apache-Sohn gut durch die Zick-Zack-Traversalen zu bringen (7,2). Von den Pirouetten, die gänzlich ohne Biegung gezeigt werden, gelingt die zweite kontrollierter als die erste (74,652/5.).

Update 15.20 Uhr

Das Halten ist so, dass noch Luft nach oben ist, vorne auseinander. Bluetooth muss sich erstmal sortieren (6,5). Kadenzierte Traversalen, eine schwingende Trabverstärkung  und ein Halten vor C, das den Auftaktgruß vergessen macht. Auch das Rückwärtsrichten gelingt richtig gut. Erste Piaffe minimal im Vorwärts, wunderbar im Fluss, schwingend im Rücken mit gleitenden Übergängen. Bei knapp 77,5 Prozent liegt das Paar vorm Schritt. Starker und versammelter Schritt mit Energie und Fleiß und jeweils im richtigen Rahmen (jeweils 7,5). Wenn man bei den Piaffen etwas bemängeln möchte, dann den Umstand, dass der Schweif nicht ruhig ist. Aber Bluetooth macht nicht den Eindruck, ungern zu piaffieren, im Gegenteil.

Dann die Galopptour: Bei den Zweierwechseln kommt es zu einer Unstimmigkeit kurz vor X. Schon wenige Meter danach haben beiden wieder zueinandergefunden. Ausbalancierte Zick-Zack-Traversalen, Einerwechsel – alles wieder im Fluss, Noten knapp unter 8,0. Vor der Linkspirouette dann ein Abstimmungsproblem und in der Rechtspirouette  ist auch der Wurm drin, das ist teuer. Die letzte Mittellinie dann wieder rhythmisch und gut abgestimmt. 75,63 Prozent, damit Dritter und drittbester Deutscher.

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Update 14.30 Uhr

Endel Ots (USA) und Bohemian

Nach Ingrid Klimke war direkt der US-Amerikaner Endel Ots ins Stadion gekommen. Für ihn eine Premiere, für sein Pferd nicht: Bohemian, der Bordeaux-Sohn mit unterschiedlichen Vornamen – aktuell Zen Elite’s – in den vergangenen Jahren, hat hier in Aachen schon mit der Dänin Cathrine Dufour Begeisterung entfacht. Ganz so gelingt das dem US-Amerikaner nicht. Der Westfale sieht gut und sportlich aus, bewegt sich drahtig. Aber dass sein neuer Reiter nicht über die Grand Prix Routine verfügt, kommt immer wieder durch. Mal sind die Pirouetten nach schwacher Einleitung in Bezug auf Stellung, Biegung und Größe eher so „naja“, und in den Piaffen wird der Westfale eng. Das kennt man aber, das soll man nicht dem Reiter anlasten. Der versucht so weich wie möglich einzuwirken, dabei verzichtet er komplett auf den Kandarenzügel, der im Wind schaukelt (71,435/11.).

Nadja Aaboe Sloth (DEN) und Favour Gersdorf

Die Dänin Nadja Aaboe Sloth und ihr elfjähriger Favour Gersdorf sind ein Paar, an dem nichts ist, das gekünstelt wirkt. Reelles reiten, immer gut anzuschauen, nicht spektakulär, aber gut: Mit 72,348 Prozent (zwischenzeitlich Platz vier, schlussendlich Neunte) hilft sie dem dänischen Team, das eine verpatzte Prüfung von Anna Zibrandtsen und Quel Filou (68,522/) zu kompensieren hat. Mit einem Schönheitsfehler kurz vorm Schlussgruß wird NAanna Skodborg Merrald mit St. Schufro Secshte (73,674).

Dinja van Liere (NED) und Vita di Lusso

Die Niederländerin Dinja van Liere konnte mit dem Vitalis-Sohn Vita di Lusso punkten. Auch wenn der Hannoveraner phasenweise etwas unbeweglich in der Oberlinie wirkt, so liefert doch seine Lektionen technisch sauber ab. 74,696 Prozent (Platz vier) sind die persönliche Bestleistung des erst neun Jahre jungen Braunen. Die Prüfung war erst sein dritter internationaler Grand Prix. „Ich verehre dieses Pferd“, so die Championatsreiterin.

Pauline Basquin (FRA) und Sertorius de Rima Z IFCE

In Riesenbeck bei der EM war sie die Riesenüberraschung, in Aachen übte Pauline Basquin noch einmal mit ihrem feingliedrigen Sandro Hit-Sohn Sertorius de Rima Z IFCE für den Auftritt im Viereck vor dem Schloss von Versailles in drei Wochen. Fehlerfrei gelingen die Lektionen. An der Piaffe hat sie noch einmal gearbeitet. Der Wallach fußt jetzt hinten energischer ab und kann das manchmal nicht voll ausbalancieren. Dennoch immer wieder ein Paar, dem man einfach gern zuschaut (73,283/8.).

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Update 13.30 Uhr: Ingrid Klimke und Franziskus

Sonnenschein für „Franz“, Franziskus! Das braune Fell des Fidertanz-Sohns glänzt in der Sonne. Und der Hannoveraner steht beim Gruß wie ein Baum. Die erste Trabverstärkung ist noch etwas konservativ geritten. Das  Rückwärtsrichten führt das Paar so korrekt durch wie es keine andere Kombination auch nur annähernd gezeigt hat.

Am Ende der ersten Piaffe droht ein Taktverlust. Aber Ingrid kann Franziskus motivieren und sie kommt „gut raus“.  Im starken Schritt hätte man sich etwas mehr Zug nach vorn gewünscht (6,8). Dafür reitet Ingrid KLimnke das, was man auch selten zu Gesicht bekommt. Einen wirklich guten versammelten Schritt, erhaben und doch mit gutem Fleiß (7,4). 15 sichere Piaffetritte auf der Stelle (7,8) mit einem Übergang, der auch gelingt (7,5), beenden die Trabtour.

Dann der Galopp. Perfekt eingeteilte fliegende Galoppwechsel zu zwei Sprüngen von der Art, wie sie sein sollen: leicht und sicher in der Anlehnung, das Genick der höchste Punkt (8,0) . Auch in den Zick-Zack-Traversalen das Bild eines Pferdes, das sich selbst trägt (7,8). Die 15 Einerwechsel gelingen gut, sehr zentrierte Pirouetten (7,9) und eine super Schlusslinie (Passage-Piaffe-Passage) komplettieren den Ritt. Ein absolut ausbalanciertes Dressurpferd, das entspannt stehenbleibt als der Applaus im Dressurstadion aufbrandet.

Ingrid Klimke war auf Wunsch von Bundestrainer Jonny Hilberath schon am Montag in Aachen angereist, sodass die beiden auch an diesem Tag noch gemeinsam arbeiten können. Der Aufwand hat sich ausgezahlt: 76,043 Prozent, das ist Platz zwei in der laufenden Prüfung nach 22 Startern. Dass es heute gut werden würde, habe sie schon nach dem morgendlichen Training gewusst, sagt Ingrid Klimke nach dem Ritt. „Es war wie in Stuttgart bei der Weltcup-Kür, da wollte er auch schon morgens nicht mehr raus aus der Halle“. Franz, der ja auch „mal auf Sendung“ sein kann, habe sich wohlgefühlt im Stadion. Wer es live gesehen hat, der konnte das in jedem Moment der Prüfung sehen. Damit hat Franziskus, Zweiter, zum dritten Mal in dieser grünen Saison sein Können und seine Konstanz unter Beweis gestellt.

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Update 11.10 Uhr

Als Katharina Hemmer das Viereck in Aachen betritt, haben elf der 35 Paare schon die Prüfung absolviert. In Führung liegt Isabell Werth (76,5) mit Wendy.  Zweite ist zu dem Zeitpunkt die Britin Charlotte Fry mit dem Schimmel Especial, einem Everdale-Sohn, der in schöner Anlehnung spannungsfrei durchs Viereck marschiert ist (71,935).

Katahrina Hemmer und Denoix beginnen zunächst mit einem sicheren Halten. Das Antraben ist eines Marke „ungeduldig“. Der Zwölfjährige will los ( 6.6). Frage: Ist das Energie oder Spannung? Im ersten starken Trab muss Denopix äppeln, das bringt ihn aber nicht weiter aus dem Konzept (7,3). Die Traversalen gelingen gut (7,8 und 8,0). Nach kurzem, hinten offenem Halten zeigt das Paar ein gehorsames Rückwärtsrichten (6,7). In den Passagen sind sie Richter nicht zu großzügig, die Übergänge in die erste Piaffe sind fließend. Der starke Schritt beginnt schont leicht gespannt, Denoix äppelt schon das zweite Mal (5,9).

Die Spannung entlädt sich dann in der zweiten Piaffe. Der Fuchs fängt gut an, dann tritt er einen Tritt zurück, hebt sich vorne heraus und macht einen Satz nach vorn.

In den Zweierwechseln unterläuft ein weiterer Fehler. In den Pirouetten fehlt die Souveränität, sie wünschte mach sich auch deutlicher gebogen. Dass der Destanso-Sohn am Ende auf der Mittellinie wieder so passagiert wie bei den Deutschen Meisterschaften in Balve und auch in der letzten Piaffe seine eigentliche Qualität zeigt, hilft dann nicht mehr wirklich. Der Fuchs, der als Schweißfuchs das Viereck im Stadion verlässt zeigte heute Nerven, schade (68,326).

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Isabell Werth lässt Wendy in Aachen beim Abreiten immer wieder länger Schritt am langen Zügel gehen. Das Wetter macht da nur bedingt Spaß, Schritt zu reiten. Nieselregen, 16 Grad – nur die Harten kommen in den Garten. In Piaffen und Passagen stellt Werth, die auf ihre siebte Olympiateilnahme hofft, die dänische Stute, die bei Andreas Helgstrand das ABC des Grand Prix gelernt hat, rund ein. Nach dem Erfolg von Rotterdam wurde Wendy für die CDIO5*-Tour benannt, Quantaz ging dafür gestern in der 4*-Tour.

Im Viereck dann: Sonnenschein beim Einreiten. Ein Zeichen für Werth und Wendy? Im starken Trab ist es ein knapper Hufbreit Übertritt auf der ersten Diagonalen (7,3). Die Traversalen sind gleichmäßig im Takt, das Genick wünschte man sich gelegentlich noch etwas stabiler. Beim Halten steht Wendy unter Werth mit weit nach hinten herausgestellten Hinterbeinen. Das Rückwärtsrichten ist etwas zögerlich und hätte schreitender ausgeführt werden dürfen (6,6). Die erste Piaffe setzt Isabell Werth recht früh an. Die Tritte werden am Platz ausgeführt mit gelungenen Übergängen (Piaffe: 7,8). Im starken Schritt tritt die Sezuan-Tochter zwei Huf über. Im versammelten Schritt ist der klare Viertakt nicht immer gegeben (5,6). Mehrfaches Schnauben in der zweiten Piaffe, die die Stute mit klar gesenkter Kruppe zeigt.

Gute Galopptour, ein Schönheitsfehler für Werth und Wendy

Die fliegenden Galoppwechsel sind noch nicht 100 Prozent gerade (7,5). In den Zick-Zack-Traversalen kann das Paar punkten mit Wendys dynamischer Galoppmechanik – das werden die Verschiebungen wirklich gesprungen (7,9). In den 15 fliegenden Galoppwechseln von Sprung zu Sprung springt Wendy einen Wechsel im letzten Drittel kurz (6,6). Ausgleichen kann das Paar den Lapsus in den mit höher als 8,0 bewerteten Pirouetten. Die letzte Piaffe bei X auf der Mittellinie ist mit Energie und Rhythmus ausgeführt.  Am Ende der Passage kurz vorm Schlussgruß geht die Energie im Hinterbein auf den letzten Metern etwas aus. 76,5 Prozent erhält das Paar von den Richtern, die auch am Olympischen Viereck sitzen werden. Der frühe Vogel fängt den Wurm. Werth siegt in der Prüfung.

Der Artikel wurde laufend aktualisiert.

Ergebnis CDIO5*-Grand Prix Aachen 2024

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

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