Ein Heimspiel ist das Wiesbadener Pfingstturnier für Mannschaftsolympiasieger Sönke Rothenberger. Dass er dieses Jahr daran teilnehmen konnte, erforderte eine Planänderung. Aber es hat sich gelohnt. Spannend ging es zu bei der Einlaufprüfung für den Louisdor Preis. Und nach der ersten EM-Sichtung des Nachwuchses ist noch einiges offen.
Sönke Rothenberger hatte eigentlich in der Kür-Tour von Wiesbaden an den Start gehen wollen. Da sich die Startzeiten jedoch mit Prüfungen an der Uni überschnitten haben, musste der Mannschaftsolympiasieger umplanen. Er ritt heute morgen den Grand Prix für den morgigen Special mit seinem vierbeinigen Lehrmeister und gewann. 72,26 Prozent gab es für das Paar. Das genügte, um den dreifachen Deutschen Meister der Berufsreiter, Heiner Schiergen auf dem KWPN-Wallach Aaron, auf Abstand zu halten. Der zwölfjährige Florencio-Sohn kam mit 71,440 Prozent aus dem Viereck. Rang drei ging an Juliane Brunkhorst und Fürstano v. Fürst Heinrich (71,100).
Nachwuchs top
Spannend wird morgen die Qualifikation für den Louisdor Preis werden. Das zeigte sich heute schon in der Einlaufprüfung, wo zwei Pferde völlig unterschiedlicher Machart jedes auf seine Weise überzeugen konnte. Am Ende siegte Dorothee Schneiders Nachwuchshoffnung Faustus (oder vielmehr eine ihrer diversen Nachwuchshoffnungen). Die Mannschaftsolympiasiegerin und der neunjährige Hannoveraner v. Falsterbo-Forrest xx bestreiten aktuell ihre erste gemeinsame Turniersaison. Beim Global Dressage Forum im Oktober 2016 hatten sie aber schon einmal einen ersten öffentlichen Auftritt. Schon damals sorgte der imposante Braune für Gesprächsstoff. Die ersten Turnierauftritte hielten, was das GDF versprach. Bei vier Starts hat er bislang viermal gewonnen. Heute war das fünfte Mal.
Mit 74,974 Prozent siegte das Paar in der Intermédiaire II überzeugend. Faustus wirkt bereits sehr ausgereift und Dorothee Schneider versteht es, ihn stets im Bergauf mit feinster Anlehnung zu präsentieren. Absolutes Highlight des Wallachs sind die taktmäßigen Piaffe-Passage-Übergänge. Aber auch die anderen Schwierigkeiten der Königsklasse der Dressur beherrscht er bereits sehr souverän und mit der gewünschten Gelassenheit, dabei stets im Gleichgewicht. Einzig in der Linkspirouette gab es heute ein kleines Missverständnis, das Punkte kostete. Aber insgesamt boten Faustus und seine Reiterin ein Bild großer Harmonie.
Geraldine Zweite
Im Vergleich zu dem recht kompakt gebauten Faustus hat Ingrid Klimkes Geraldine es schwerer, sich zu schließen. Das gelingt der Fürst Gradios-Tochter trotzdem. Wenngleich die Piaffen – wie es die Aufgabe ja auch vorsieht – sehr im Vorwärts angelegt sind, zeigt Geraldine hier absolut die Bereitschaft, Last aufzunehmen und die Hanken zu beugen. Es fehlt hier noch ein wenig die Gelassenheit, mit der Tritte an Erhabenheit gewinnen.
Geraldine in der Piaffe ist übrigens auch das Titelmotiv des aktuellen St.GEORG. Hier geht’s zum Heft.
In Sachen Leichtfüßigkeit und Elastizität hat die bunte Dunkelfuchsstute dem Sieger sogar noch etwas voraus. Sie ist das Musterbeispiel eines Pferdes, dessen Bewegungen durch konsequente reelle Ausbildung schöner und erhabener geworden sind. Leider tauchte sie ihrer Reiterin heute von Zeit zu Zeit ein wenig ab. Und als Ingrid Klimke sie dann mit einer Parade wieder vor ihre treibenden Hilfen bekommen wollte, hob Geraldine sich einmal aus der Anlehnung heraus. Wären diese kleinen Unruhen nicht gewesen, hätte sie Faustus womöglich geschlagen. Der Chefrichter bei C, Peter Holler, hatte sie vorne gesehen. Insgesamt erzielten die beiden 73,237 Prozent. Man darf gespannt sein, wie das ganze morgen, in der entscheidenden Prüfung für die Louisdor Preis-Qualifikation aussieht.
Franziskus Dritter
Noch so ein Pferd, das durch die Klimke’sche Schule eine enorm positive Entwicklung gemacht hat, ist der Hannoveraner Hengst Franziskus. Der Fidertanz-Alabaster-Sohn mit dem Riesentalent und dem ebenso großen Ego ist inzwischen voll auf der Seite seiner Reiterin und kämpft für sie. So auch heute. Mit 72,842 Prozent belegte er Platz drei in der Einlaufprüfung. Aber da geht noch was!
Hermes vor Hermes
Auf Rang vier stand das Pferd Hermes, auf Platz fünf der Reiter Hermes. Der bayerische Ausbilder Uwe Schwanz stellte den nach dem Götterboten benannten neunjährigen Hotline-Lanciano-Sohn sehr ansprechend vor und erhielt dafür 71,526 Prozent.
Knapp geschlagen geben mussten sich mit 71,474 Prozent Marcus Hermes und der zehnjährige Hannoveraner Rovereto v. Rousseau-Wolkenstein II.
Alles offen bei den EM-Sichtungen
Wiesbaden ist traditionell auch immer eine Station für den Dressurnachwuchs, der zu den Europameisterschaften will. In diesem Jahr ging es spannend wie selten zu auf dem Wiesbadener Viereck. Zumindest bei den Junioren. In der ersten Wertung triumphierte Johanna Sieverding auf der ehemaligen Dressurpferde-WM-Finalistin Lady Danza v. Dimaggio mit 71,649 Prozent. Für Johanna ist dies die erste Saison im Juniorenlager. Im vergangenen Jahr ritt sie noch Ponys. Der Umstieg gelang, das hatten sie schon an anderer Stelle gezeigt, unter anderem beim Preis der Besten vor wenigen Wochen, wo sie Bronze gewannen. Trotzdem lief es in Wiesbaden in der zweiten Prüfung nicht mehr ganz so gut, Rang neun.
Genau umgekehrt platzierte sich Linda Erbe mit dem siebenjährigen Fierro. Wie schon beim Preis der Besten war die erste Prüfung so lala, Rang neun. Dafür klappte es in der zweiten Runde richtig gut, Sieg mit 74,895 Prozent. Beim Preis der Besten hatte eine ähnliche Aufholjagd dem Paar am Ende Silber beschert.
Sehr konstant in ihren Leistungen zeigten sich hingegen die beiden Sieger im Preis der Besten und Deutschen Meister des Vorjahres, Rebecca Horstmann und der selbst gezogene und ausgebildete Friend of mine. In beiden Wertungen wurden sie Dritte.
Junge Reiter
Klarer war die Sache bei den U21-Jährigen. Hier gingen beide Prüfungen an Hannah Erbe und den Carabas-Sohn Carlos – die übrigens beim Preis der Besten Silber hinter Jil-Marielle Becks gewonnen hatten (die in Wiesbaden nicht am Start war). Im vergangenen Jahr wurden Hannah und Carlos dreifacher Junioren-Europameister. Eigentlich dürfte Hannah auch diese Saison noch in der Altersklasse U18 starten. Aber sie hatte entschieden, es schon auf S-Niveau zu versuchen. 76,447 Prozent in der zweiten und 75,947 Prozent in der ersten Wertungsprüfung sprechen eine deutliche Sprache, wie richtig diese Entscheidung war.
Denselben Plan hatte auch Semmieke Rothenberger gefasst, die mit Dissertation und Geisha gleich zwei Pferde für diese Tour unter dem Sattel hat. In Wiesbaden hatte sie allerdings nur die Gribaldi-Tochter Geisha am Start, die ihre Reiterin nicht enttäuschte. In der ersten Wertung gab es 75,368 Prozent, in der zweiten 74,684 Prozent.
Das Nachsehen hatte in beiden Prüfungen Luca Michels auf dem Rheinländer Rendezvous v. Riccione. Dieses Paar hatte sich in den letzten Monaten kontinuierlich gesteigert. In der ersten Prüfung erhielten die beiden genau 73 Prozent. In der zweiten waren es 72,553 Prozent.
In Warendorf hatte Nachwuchsbundestrainer Hans-Heinrich Meyer zu Strohen gesagt, die Leistungsdichte der Jungen Reiter sei so hoch gewesen wie noch nie beim Preis der Besten. Das war keine Eintagsfliege.
Ponys
Die Ponydressurreiter hatten heute erst ihre erste Sichtung. Die sicherte sich in Abwesenheit der Europameisterin und Preis der Besten Siegerin Lucie-Anouk Baumgürtel die Silbermedaillengewinnerin aus Warendorf, Jana Lang auf Cyrill. Für die beiden ist dies ihre erste gemeinsame Saison, aber sie haben sich schon sehr gut zusammengerauft. Eine runde Vorstellung wurde heute mit 76,077 Prozent belohnt.
Platz zwei ging an Cyrills Stallkollegen Danilo. Er geht die zweite Saison in Folge unter Tabea Schroer und machte diese im vergangenen Jahr schon zur Mannschaftseuropameisterin. Die Prüfung der beiden heute enthielt einige Highlights. Allerdings schlichen sich immer mal wieder Taktprobleme ein, besonders auf den gebogenen Linien und mitunter auch in den Verstärkungen. 73,590 Prozent gaben die Richter.
Dritte wurde Anna Middelberg auf Drink Pink mit 72,103 Prozent vor Nele Löbbert und Carlos WE (71,744). Die zweite Wertung der Ponyreiter steht für morgen auf dem Plan.
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