Der Ritt seines Lebens – bislang. So die Bilanz von Benjamin Werndl, Zweiter nach dem ersten Tag der Mannschaftsentscheidung. Bislang, denn: „Es kommen ja noch weitere Tage“. Wie Ingrid Klimke ritt auch Werndl persönliche Bestleistung. Die Niederländerin Dinja van Liere führt.
Benjamin Werndl Zweiter, Ingrid Klimke Siebte – aus deutscher Sicht ein Auftakt nach Maß bei den Weltmeisterschaften der Dressurreiter in Herning. Mit mehr als 77 Prozent, 77,003 waren es exakt, schaffte auch Werndl eine persönliche Bestleistung. Und er betonte nachdrücklich, dass dies seine „bislang“ beste Prüfung war. Es kämen ja noch ein paar Tage.
Erste Gratulantin zum Ritt war Jessica von Bredow-Werndl. Per Telefon habe seine hochschwangere Schwester ihm ein „affentittengeil“ zugerufen. So kann man das formulieren. Wer es etwas differenzierter möchte: Es war vor allem ein Ritt, der sich wohltuend durch den Bilderbuch-Sitz des Reiters, das Gleichmaß der Bewegungen des Pferdes und die ganz und gar klassische Präsentation von einigen anderen Ritten der Spitzengruppe abhob. Vor der Trabtraversale nach rechts gab es eine kleine Taktstörung in der Ecke und die Trabverstärkungen, ja, da geht mehr. „Es ist immer ein Ritt auf der Rasierklinge. Ein Abwägen, wie viel kann ich machen.“ In punkto Trabverstärkung verspricht Werndl mehr in den kommenden Tagen. Allerdings muss man denjenigen, die die Hinterhand von Famoso in den Trabverstärkungen als einziges Kriterium heranziehen, entgegenhalten, dass es ja auch Kriterien wie Rahmenerweiterung, Takt oder auch einen schwingenden Rücken gibt. Gerade letzteres gab es bei höher bewerteten Trabverstärkungen eher selten zu sehen, auch bei einigen Ritten der Top Ten.
Alles im Fluss
Und damit Schluss mit den Trabverstärkungen. Es gibt so viele andere Lektionen, in denen Famoso seine Ausbildung unter Beweis stellte. Die Piaffen und Passagen und vor allem die herrlich fließenden Übergänge zwischen diesen beiden Lektionen der höchsten Versammlung. Die Zick-Zack-Traversalen zählten zu den besten des Tages. Das wurde aber nicht von allen Juroren, sieben sind es bei den Weltmeisterschaften, honoriert. Auch die Pirouetten waren zentriert, mit ausreichend Fleiß. Im versammelten Schritt war die Einleitung etwas festgehalten und in den Einerwechseln hätte man sich noch etwas mehr Raumgewinn geünscht.
Was man dem hochkonzentrierten Ritt von Werndl ansah: Fokus war die ganz große Überschrift. Championate habe er ja schon von seiner Schwester gekannt. „Aber reinreiten ist noch besser als reinführen“, lacht der 38-Jährige. Mittels der Technik des „Taperings“ aus dem Programm eines Mentaltrainers hat er sich auf diesen Moment seiner Karriere vorbereitet. Der Athlet lernt, alles andere links und rechts auszublenden, sodass nur die eine, die eigentliche Aufgabe übrig bleibt. Wie es jetzt weitergeht? Werndl zögert keine Sekunde: „Das Einreiten die Mittellinie herunter, Halten, Grüßen.“ Er ist schon in der mentalen Vorbereitung auf den Grand Prix Special am Montag, zu einem Zeitpunkt als Werndl vor der Weltpresse steht und Famoso noch Schritt geführt wird. „Aber“, ergänzt er, „es gibt natürlich noch andere Dinge auf der Welt“. Die nehme er selbstredend war in diesen Zeiten. So relativierten sich einige Dinge, „und das hilft“.
Dinja van Liere in Führung
Mag man bei Benjamin Werndls Ritt das ein oder andere Mal in Gedanken auch etwas geschnalzt haben, beim Siegesritt dachte man an manchen Stellen eher „hohoho“. Immer dann, wenn der niederländische Hengst Hermes v. Easy Game unter der Niederländerin Dinja van Liere die Hinterbeine in der Passage und Piaffe besonders hochriss. Der Braune ging eine Prüfung ohne Fehler, bei der man sich gerade in der Galopptour manchmal die Kruppe ingesamt tiefer gewünscht hätte. Die letzte Passage-Piaffe-Passage-Tour war äußerst regelmäßig, da holte die 31-Jährige noch einmal Punkte.
Weil ein Streichergebnis grundsätzlich immer abgezogen wird, brachte der 78,835 Prozent-Ritt die Niederländer auf dem offiziellen Ergebnisbogen erst einmal in Führung. Die zweite Teamreiterin der Niederlande, Thamar Zweistra ist mit Ich weiß mit 72,376 Prozent Neunte.
Dänen stark wie erwartet
Hatte lange Zeit der 18 Jahre alte Hengst Zack geführt, musste Nana Merald Rasmussen die Pole Position zu Ende des ersten Wettkampftags räumen. Sie ist auf Position vier. Ihre dänische Teamkollegin Carina Cassøe Krüth setzte sich mit Heiline’S Danciera vor sie. Wie stark Team Denmark ist, zeigt der Abstand der beiden. Es trennen sie lediglich 0,139 Prozent. Die Fürstenball-Tochter wurde teilweise etwas überhastet vorgestellt. Zu Beginn der Trabtraversale nach rechts stolperte sie einmal, danach ging sie deutlich taktunrein, fing sich aber wieder. Die Trabverstärkungen waren dynamisch, die letzten weniger gut als die zuvor gezeigten. In der Piaffe würde sich eine Videoanalyse lohnen. Die Rappstute fußt nicht immer diagonal, von einer Bewegung, die durch den Körper fließt, ist da in der Lektion wenig zu sehen. In der Zick-Zack-Traversale ritt die Dänin einmal einen Galoppsprung mehr als die geforderten sechs.
Don’t forget Team Great Britain!
76,164 Prozent zogen die Juroren für die schwedischen Olympiafinalisten Buriel und Juliette Ramel. Der 16 Jahre alte Osmium-Sohn piaffiert zwar wie ein Metronom und passagiert genauso. Aber sowohl in Trabverstärkung als auch den Serienwechseln muss man die Rückentätigkeit in Frage stellen. Gerade in den Einerwechseln stemmt sich er Wallach mehr nach oben, als im Fluss nach vorne die Serienwechsel durchzuspringen. Mit Patrik Kittel und Therese Nilshagen haben die Schweden morgen noch zwei potentielle Top-Scorer in der Hinterhand.
Die Stute Classic Briolinca ist zweifelsohne eines der talentiertesten Pferde für die Passage-Piaffe-Tour. Wenn der Brite Gareth Hughes in diesen Lektionen unterwegs ist, gibt es wenig zu meckern. In der Galopptour ist die Stute von ihrem Schöpfer etwas weniger großzügig bedacht worden. Da wünschte man sich mehr „Wumms“ von hinten und dadurch mehr Großzügigkeit insgesamt. Eine solche „praktische“ Galoppade kommt dem Reiter in Lektionen wie Zick-Zack-Traversalen oder auch Pirouetten entgegen. Doch in den fliegenden Galoppwechseln limitieren sie den Gesamteindruck. Diesbezüglich waren die Juroren nicht zu streng. 75,978 Prozent sind wichtige Punkte für Team GB, denn morgen kommen ja noch das doppelte (Char-)Lottchen. Bewegungsgigant Glamourdale mit „Lotty“ Fry und die „Wundertüte“ Imhotep, Olympiahoffnung von Charlotte Dujardin. Kaum einer hat den Wallach bislang gesehen. Die Eindrücke vom Training lassen aber einiges erwarten. Einzelmedaillenverdächtig ist der Fuchs nicht. Noch nicht.
Im ersten Teil der Prüfung flogen dem Spanier Alejandro Sánchez Del Barco die Herzen der Richter samt einigen Achten nur so zu. Der elegante Reiter musste seinen schicken iberischen Schimmel Quincallo de Inbalco aber in der letzten Piaffe deutlichst daran erinnern, dass Piaffe eine trabartige Bewegung auf der Stelle ist. Und Bewegung war da nicht mehr die Hauptpriorität des elfjährigen Hengstes.
Morgen beginnt die Prüfung um 11 Uhr (hier finden Sie die Startliste). Isabell Werth und Quantanz starten um 16.05 Uhr. Und das „Unternehmen Teammedaille“ beendet Frederic Wandres dann mit Duke of Britain um 19.45 Uhr. Dann werden auch die Podiumsplätze feststehen, weil die Totalverweigerung des amerikanischen Pferdes Valentine von Ashley Holzer die US-Equipe aus dem Rennen schoss. Holzer ist letzte mit etwas über 61 Prozent, die zweite Teamreiterin, Katie Duerhammer und Quartett, rangiert an Position elf.
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