Nach der Euphorie über die fünfjährigen Dressurpferde bei der Jungpferde-WM 2014 folgte heute bei den Sechsjährigen ein wenig die Ernüchterung. Am Ende siegte eine Holländerin, von der man es nicht erwartet hätte, und eine Österreicherin sorgte für Gänsehautstimmung.
Zum zweiten Mal durfte Kirsten Brouwer an diesem Wochenende an der Pressekonferenz der drei besten Reiter/innen teilnehmen, diesmal mit der Goldmedaille um den Hals. Allerdings war der Sieg ihres Vivaldi-Tango-Sohns Dancer Forever selbst für die wie immer zahlreich vertretenen holländischen Fans eine kleine Überraschung. Die hätten vielmehr den Sieger der Qualifikation vorne gesehen, den Vivaldi-Ferro-Sohn Dream Boy unter Gerdine Maree. Für den gab es dann Bronze.
Der Sieger Dancer Forever aus der Zucht von G.A. Roza und im Besitz des holländischen Talentscouts Ad Valk zusammen mit Emmelie Scholtens und Jeroen Witte, war heute das einzige Pferd, das auf eine Gesamtnote von 9,0 und besser kam. Auf 9,04, um genau zu sein. Dabei hatte man allerdings den Eindruck, dass die Richter fanden, es sei jetzt mal an der Zeit, einen Weltmeister zu küren und in die oberen Etagen der Notenkiste zu greifen. Im Trab erhielt Dancer Forever eine sehr großzügige 9,8. Ohne Frage bewegt er sich tatsächlich sehr elastisch und stets im Takt. Allerdings lässt seine Hinterhandaktivität zu wünschen übrig. Die hätte man gerne lebhafter abfußend, tragend und schiebend. In den Worten von Kommentator Dr. Dietrich Plewa: Für eine 10,0 wünschen wir uns noch mehr Schub in den Trabverstärkungen. Auf der anderen Seite schwärmte er von dem ausgesprochen eleganten und charmanten Pferd mit imponierend gleichbleibender Frequenz.
Sehr positiv war die stete Anlehnung in schöner Haltung und die gute Biegung nach rechts. Nach links hätte man sich da noch etwas mehr gewünscht. Zwar war der zweite Wechsel nachgesprungen, aber da der erste Wechsel nahezu optimal war, wurde im Bereich Durchlässigkeit trotzdem eine 9,0 gegeben. Im Schritt gab es die 7,9 und im Galopp sowie dem Gesamteindruck die 9,3. Noch in der Pressekonferenz sagte Richterin Maria Collander als Erklärung für die Note trotz verpatztem Wechsel: Er ist ein junges Pferd. Das war kein echter Fehler. Er hat einfach sein Hinterbein vergessen. Seine Reiterin konnte dem nur zustimmen und ergänzte, dass diese Aufgabe wirklich schwierig sei für die Sechsjährigen mit den vier fliegenden Wechseln.
Tatsächlich bereitete das heute einigen Reitern Probleme, weshalb die Silber-geschmückte Österreicherin Stephanie Dearing sich für ihre Prüfung auch eine ganz klare Strategie zurecht gelegt hatte: Bloß keine Fehler machen! Das hat geklappt. Als Dearing und der Hannoveraner Del Magico, Dimaggio-Feinbrand-Sohn aus der Zucht von Stefan Hermann, Aufstellung für den letzten Gruß genommen hatten, schlang Dearing dem Schimmelhengst die Arme um den Hals der einzige wirkliche Gänsehautmoment des diesjährigen WM-Finales bei den Sechsjährigen. Ein Bild der Harmonie, lobte denn auch Dr. Dietrich Plewa und ergänzte: Die Reiterin sieht aus, als hätte sie Spaß gehabt bei ihrem Ritt. Da konnte Stephanie Dearing nur selig grinsend nicken.
Wie schon in der Qualifikation gefiel Del Magico, der als Dreijähriger auch zu Gast auf dem Bundeschampionat gewesen war, durch eine superfeine Anlehnung, geschmeidiges Stellen und Biegen und überhaupt absolute Zufriedenheit. Er bot das Bild eines gut gerittenen Pferdes, unspektakulär im besten Sinne, einfach im Einklang mit sich und seiner Welt. Und zudem leistete er sich tatsächlich keine Fehler. Seine Noten: 8,7 im Trab, 7,8 im Schritt, 9,3 im Galopp, 8,8 in der Durchlässigkeit und 8,9 für den Gesamteindruck. Machte 8,66 insgesamt.
Vorbereitet auf Verden hatte Dearing sich auf dem Hof Kasselmann in Hagen. Der dortige Dressurchef Dr. Ulf Möller gehörte zusammen mit Christoph von Daehne zum Auswahlkomitee der Österreicher für die WM. Möller hat Dearing dann noch den letzten Schliff gegeben. Sonst trainiert sie mit ihrem Lebensgefährten, Christian Schumach, der Österreich in der Normandie bei den Weltreiterspielen vertreten wird. Auch Dearing kann inzwischen auf Grand Prix-Erfolge verweisen. Mit der Familie Pengg, der auch Del Magico gehört, verbindet sie eine lange Zusammenarbeit. Das Pferd steht bei ihr. Wie es jetzt weitergeht für ihn? Ich habe vorher mit ihm ausgehandelt, für jede gute Prüfung gibt es eine Woche Koppelurlaub. Den hat er sich ja nun verdient. Und seine Reiterin könnte mit ihrem Mann in die Normandie fahren.
Wenn es nach den Oranje-Fans gegangen wäre, dann wäre der Bronzemedaillengewinner heute Champion geworden: der Qualifikationssieger Dream Boy v. Vivaldi-Ferro aus der Zucht und dem Besitz von T.J.M. Coomans, mit dem die Reiterin, Gerdine Maree, schon seit gut 13 Jahren zusammen arbeitet. Der Schwarze ist in der Tat schon rein optisch so ein Traumpferd, wie sein Name es verspricht. Im übrigen konnte Gerdine Maree Kirsten Brouwer nur zustimmen, als diese erklärte, das besondere an den Vivaldi-Nachkommen sei neben ihrer Qualität ihr Charakter, eben dass sie im Viereck immer alles geben.
Von Dream Boy wünschte man sich da vor allem mehr Fluss in den Bewegungen. Der Trab wirkt abgehackt, es fehlt das Schwingen über den Rücken. Die Bewegungen des nichtsdestotrotz sehr elastischen Trabs scheinen stecken zu bleiben, was auch den stets unruhigen Schweif erklärt. Dabei ist Dream Boy trotzdem leicht in der Hand und beständig in der Silhouette, so dass man dennoch den Eindruck von Harmonie zwischen Reiterin und Pferd hat. Dr. Dietrich Plewa lobte in seinem Kommentar die Kadenz des Pferdes, besonders in der Versammlung. Lediglich in den Verstärkungen wünschte er sich, dass das Hinterbein mehr unter den Körper arbeitet, Note: 8,6. 7,8 gab es im Schritt und 9,0 im Galopp. Der Kommentar hierzu ging leider in den Buhrufen des Publikums unter. Durchlässigkeit und Gesamteindruck wurden je mit 8,9 bewertet, wobei hier die Worte gehorsam, kraftvoll und gute Biegung fielen. Machte alles in allem eine 8,64.
Wenn Gerdine Maree enttäuscht war, dann mochte sie es nicht zugeben: Nun, wenn man hierhin fährt, versucht man natürlich die Beste zu sein. Aber jetzt bin ich glücklich. Am ersten Tag war ich mit wenigen Punkten vorne. Heute ist es umgekehrt.
Über das kleine Finale ins heutige Aufgebot gerutscht und dann überraschend Vierte wurde Beatrice Buchwald mit dem Westfalenhengst Den Haag, einem Diamond Hit-Florestan-Sohn, den Dieter Kellermann gezogen hat, und der wie auch Buchwalds Bundeschampion Lord Carnaby dem Österreicher Dr. Manfred Hödl gehört. Die beiden mussten heute bereits als drittes Paar aufs Viereck. Der schicke Braune gefiel vor allem im Schritt mit gutem Raumgriff und durch den Körper fließenden Bewegungen, 9,2. Auch der Galopp ist toll ein sehr gutes inneres Hinterbein und guter Rhythmus lobte Plewa, 9,0. Im Trab hätten die Richter sich mehr Engagement der Hinterhand gewünscht, insbesondere in den Verstärkungen, 8,4. Was die Durchlässigkeitsnote auf 8,0 drückte, war vor allen Dingen, dass die Richter fanden, in der zweiten Prüfungshälfte habe man dem Hengst angesehen, dass ihm die Kraft ausgeht. Da wurde er zunehmend eng. Ein talentiertes Pferd, das noch mehr Kraft braucht, war das Fazit, 8,5 im Gesamteindruck, 8,62 insgesamt.
Das zweibeste deutsche Ergebnis lieferte das Paar, das heute als erstes aufs Viereck musste: Jana Freund mit der rheinischen Cassini Boy Junior-Tochter Cassiopaya aus der Zucht der ZG Büns und im Besitz der Hengststation Wilbers/Stücker. Die Reiterin war heute sichtlich um eine beständigere Anlehnung bemüht, was ihr in weiten Teilen auch gelang, vor allem im Trab mit super gebogenen, fließenden Traversalen. Der Jury gefiel besonders die natürliche Kadenz in allen Tempi, 9,0. Im Galopp drückt die Stute hinten derartig ab, dass man den Eindruck hat, sie kann gar nicht anders als irgendwann auf die Vorhand zu kommen. Elastizität, Raumgriff und deutliches Abspringen bescheinigte Dr. Dietrich Plewa, mahnte aber zugleich die Bergauftendenz an, 8,6 die Note. 7,9 lautete die Note für den Schritt, bei dem man sich mehr Schulterfreiheit gewünscht hätte. Dafür, dass die Stute im Trab doch von Zeit zu Zeit gegen die Hand ging, gab es Abzüge im Bereich Durchlässigkeit, 8,0. Aber die großen Möglichkeiten des Pferdes, besonders in den schwunghaften Grundgangarten waren eine 8,7 im Gesamteindruck wert. Machte 8,44 und Rang sieben insgesamt.
Wie schon in der Qualifikation erfreuten Loveliness und Charlotte Rummenigge mit einem Auftritt der deutlich machte, dass die beiden ein gutes Team sind. Ein sympathisches Pferd sei die Hannoveraner Lord Loxley-Latimer-Tochter lobten die Richter, und sie wurde sehr harmonisch vorgestellt. Leider unterlief Rummenigge ein massiver Fehler als die Stute beim ersten Außengalopp vor dem Wechselpunkt umsprang und die Reiterin dies nicht korrigierte. Im Trab gab es eine 8,0. Mehr wäre es gewesen, wenn die Stute die Kadenz auch in den Wendungen besser beibehalten würde, erläuterte Plewa. Dafür punktete sie im Schritt (9,0) mit Taktsicherheit, Raumgriff und tollen Pirouetten. Die Durchlässigkeit wurde aufgrund des Fehlers mit 7,5 bewertet. 8,0 gab es im Gesamteindruck, 8,4 als Endnote und Rang zehn.
Deutlich besser als in der Qualifikation präsentierte sich heute Ingrid Klimkes Hannoveraner Hengst Franziskus v. Fidertanz-Alabaster (Z.: Elisabeth Albers). Der Hengst von der Station Holkenbrink, der sich in Deutschland als Fohlenmacher einen Namen gemacht hat, war noch immer ein bisschen Macho wie Dr. Plewa es ausdrückte, aber insgesamt viel mehr bei seiner Reiterin als bei dem ersten Auftritt der beiden. Nach einem Gruß Marke Klimke folgte eine weitgehend fehlerfreie Trabtour. Allerdings wünschte man sich mehr Geschmeidigkeit in den Seitengängen, besonders links, wo er in der Traversale einmal deutlich gegen die Hand ging, 9,2 die Note mit dem Hinweis, dass der Hengst in den Verstärkungen hinten noch minimal breit wird. Da sind also noch Hausaufgaben zu machen. Für vieles andere fehlt es wohl einfach an Routine. Beispielsweise die Konzentration auf Dauer. Denn im Schritt hatte Franziskus dann wohl Zeit, sich Gedanken um seine Freunde auf dem Abreiteplatz zu machen. Jedenfalls wieherte er lautstark nach ihnen und zackelte an. Leider fand er auch nicht mehr zur Ruhe zurück, so dass die Schrittnote bei 6,0 lag. Im Galopp machte der Braune mit guter Bergauftendenz, klarem Dreitakt, ausdrucksvollen Verstärkungen und guten Übergängen wieder Punkte gut, 9,0. Der Ungehorsam drückte die Durchlässigkeitsnote auf 7,0. Im Gesamteindruck gab es 8,0. Machte eine 7,84 insgesamt für die Olympiasiegerin und den einstigen Bundeschampion der vierjährigen Hengste.
Richtig doof lief es heute für den Bundeschampion der Fünfjährigen 2013, den Oldenburger Fidertanz-De Niro-Sohn Flamboyant (Z.: Werner Meyer) unter Marita Pundsack. Von der Grundqualität her hätte der Dunkelbraune ganz nach vorne gehört. Leider und auch Dr. Dietrich Plewa bedauerte dies explizit zeigte Flamboyant heute immer wieder Taktprobleme im Trab auf der linken Hand, besonders in den Seitengängen. Das sei wohl eher ein Anlehnungs- denn ein gesundheitliches Problem, orakelte die Jury und gab heute eine 6,8 im Trab und je eine 7,0 in der Durchlässigkeit und dem Gesamteindruck. Ansonsten gab es nicht viel zu meckern 8,2 im Schritt (Etwas mehr Übertritt!), 8,8 im Galopp (elastisch mit deutlichem Schwebemoment, etwas mehr Lastaufnahme). Da blieben unter dem Strich noch 7,56 und Rang 14.
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