Es war zu erwarten! Als vorletztes Pferd der Prüfung bei der Premiere der Weltmeisterschaften der siebenjährigen Dressurpferde in Ermelo holte Sezuan den zweiten Titel am heutigen Tag für das Dänische Warmblut und den dritten für sich selbst.
Was hat Dorothee Schneider da für ein Zukunftspferd unter dem Sattel! An Sezuans Titelgewinn gab es auch heute nichts zu deuteln – wenngleich der dänische Warmblüter v. Zack-Don Schufro (Z.: Linette Jaeger, B.: Gestüt Peterhof) sich heute auch nicht mehr ganz so überlegen zeigte wie noch in der Qualifikationsprüfung. In einer anderen Liga als der Rest des Feldes spielte er dennoch. Allerdings schien der sonst so coole Hengst heute etwas unter Spannung zu stehen. Das begann schon beim Einreiten im versammelten Galopp, als er vor dem Halten hinten beidseitig sprang. Dementsprechend vorsichtig schickte Dorothee Schneider Sezuan in die erste Trabverstärkung – wobei der Hengst auch mit halber Kraft voraus immer noch mehr trabt als zwei Drittel seiner Konkurrenten. Eben weil Schneider hier in den Augen der Richter ein wenig mehr hätte riskieren sollen, gaben sie für den Trab keine 10, sondern „nur“ eine 9,8. Ansonsten gab es in der ersten Hälfte der Prüfung kaum etwas, was man sich hätte besser vorstellen können. Takt, Kadenz, Elastizität und Ausdruck suchen im Trab ihresgleichen. Und das beste: Sezuan hält das auch in den Seitengängen. Im Schritt dehnte er sich an die Hand heran und marschierte groß, fleißig und gelassen los, 9,8. Im Galopp baute der Hengst dann jedoch leichte Spannungen auf. Vor der ersten Pirouette, der nach links, sprang er einmal mit beiden Hinterbeinen gleichzeitig. Er begann zunehmend mit dem Schweif zu schlagen, besonders vor den Wechseln. Dennoch gelang es Dorothee Schneider mit viel Gefühl die Dinge unter Kontrolle zu halten. Die Wechsel waren trotz Spannung schnurgerade nach vorne-oben gesprungenen. Die Galoppverstärkung? „Bergaufer“ und kraftvoller geht’s nicht! Das alles sind Highlights, wie man sie auch in der heutigen Pferdezucht selten zu sehen bekommt. Die Richter: „Eigentlich ist der Galopp seine beste Gangart, aber heute zeigte Sezuan leichte Spannungen im Rücken vor den fliegenden Wechseln. Darum heute eine 9,4.“ Diese „leichten Spannungen“ schlugen sich auch in der Durchlässigkeitsnote nieder – wobei dem gegenüber unter anderem die geschmeidigen Seitengänge und die vorbildliche Dehnung beim Zügel-aus-der-Hand-kauen-lassen im Trab standen, 9,3. Und die Perspektive? An der gibt es nicht’s zu interpretieren: 10,0. Mit insgesamt 89,005 Prozent Weltmeister zum Dritten!
„Als erstes muss ich sagen, dieses Pferd ist einfach unglaublich. Er ist immer bei mir und gibt immer alles!“, schwärmte Schneider nach ihrem Ritt. Sie kennt Sezuan, den sie nun seit dreieinhalb Jahren ausbildet, gut. Diese Spannungsmomente entstehen, wenn er ein bisschen zu viel will, erklärte sie. Und die Atmosphäre in Ermelo trug wohl auch ein bisschen dazu bei. Die Entscheidung, sich mit Sezuan auf die WM zu konzentrieren und nicht auf den Nürnberger Burg-Pokal haben die Besitzer getroffen, das Ehepaar Jasper-Kohl. „Sie wollten gerne bei den ersten Weltmeisterschaften der Siebenjährigen dabei sein und versuchen, den Hattrick zu schaffen“, sagte Dorothee Schneider. Den haben sie nun. Wie es weitergeht mit Sezuan, ob er im nächsten Jahr Nürnberger Burg-Pokal geht oder vielleicht sogar schon Louisdor-Preis („Er hat viel Talent für Piaffe und Passage!“), das wissen jedoch weder die Reiterin noch die Besitzer: „Sezuan sagt den nächsten Schritt an!“, so Schneider und gibt weiter zu bedenken, dass der erst siebenjährige Hengst mit den großen Bewegungen für viele Dinge Zeit braucht. Die soll er bekommen. „Die Gesunderhaltung ist das wichtigste!“, betont die Reiterin und fügt hinzu, dass sie auch von den Besitzern keinerlei Druck bekommt. Jetzt fliegt sie erst einmal nach Rio und Sezuan bekommt ein bisschen Freizeit auf der Weide. Bei welcher Gelegenheit man den Hengst wiedersieht, ist also nicht ganz klar. Fest steht aber: Wenn nichts völlig unvorhersehbares passiert, wird man ihn wiedersehen!
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