WM Verden 2021: Hesselhøj Downtown sorgt für dänischen Sieg beim Finale der fünfjährigen Dressurpferde

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Jeanna Hogberg und Hesselhøj Downtown (© von Korff)

Was seinem Vater versagt blieb, hat der Sohn heute geschafft: Hesselhøj Downtown sicherte sich den Titel bei den Weltmeisterschaften der fünfjährigen Dressurpferde 2021 und die erste Goldmedaille für seine schwedische Reiterin Jeanna Hogberg vom Stall Helgstrand.

Der heutige Tag dürfte Schwedens Jeanna Hogberg nochmal eine Portion Rückenwind für die Europameisterschaften der Dressurreiter in zwei Wochen in Hagen bringen. Dort reitet sie auf dem „heimgekehrten“ Lorenzo ihr zweites Championat für Schweden nach der WM in Caen. Heute holte sie ihre erste Goldmedaille. Zu verdanken hat sie das einem Pferd, das man als rundum knuffig beschreiben kann: dem Dänen Hesselh0j Downtown, gezogen von Dorthe und Hans Jørgen Hock und im Besitz von Jeanna Hogbergs Arbeitgeber Helgstrand Dressage. Noch im Besitz muss man wohl sagen, denn wie (fast) alle Pferde bei Helgstrand Dressage ist natürlich auch Downtown käuflich zu erwerben. Er ist ein Sohn des Hengstes Donkey Boy, der einst selbst fünfjährig Bronze und siebenjährig Silber bei der WM in Ermelo gewonnen hat. Er ist inzwischen ebenfalls bei Helgstrand Dressage stationiert. Wie gut er sich vererbt, konnte man heute übrigens nicht nur beim Sieger (der übrigens eine Zack-Mutter hat) erleben. Dazu später.

Der erste Gedanke bei dem kompakten Downtown mit seiner weißen Nase und seinem Ponyköpfchen: niedliches Pferd! Dann staunt man, wenn der eher kleine Braune sich in Bewegung setzt. Die Ohren immer vorne, tat er willig seinen Job. Auch wenn es eher Mittel- denn Arbeitstrab war, den Hogberg in den Schlangenlinien ritt und eher Arbeits- als versammelter Trab. Aber wie ihr Chef Andreas Helgstrand später sagte: „Da waren heute sechs Pferde bei den Fünfjährigen, die hätten gewinnen können. Da musste man volle Power geben und durfte keine Fehler machen.“ Das gelang Hogberg heute besser als den Kollegen.

Der Trab: viel Schwung, Elastizität und Mechanik – allerdings auch etwas hohe Sprunggelenke in den Verstärkungen und wenig Dehnung an die Hand beim Zügel aus der Hand kauen lassen. Die beiden zeigten ein super Kurzkehrt, dann sehr schöne Schritttour und trotz leichter Spannung nach dem ersten Mittelgalopp unterlief ihnen auch in der Galopptour kein Lektionsfehler. Allerdings monierten hier auch die Richter, dass Downtown doch etwas mehr versammelt werden sollte. Ansonsten kamen sie aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus: 10 im Trab, 9,5 in Schritt, Galopp, Durchlässigkeit, 10 für die Perspektive dieses „gehorsamen und glücklich aussehenden Pferdes“. Das machte 97 Prozent oder eine Wertnote von 9,7 in Summe und den Titel.

Silber für Danciero

von Korff

Eva Möller und Danciero (© von Korff)

Zu den sechs Pferden, die heute auch hätten gewinnen können, zählt allen voran der Hannoveraner Hengst Danciero v. Dancier-Floriscount, Silbermedaillengewinner beim Bundeschampionat, Gewinner der Qualifikation, einstiger Siegerhengst in Westfalen und nun unter dem Sattel von Eva Möller zu einem Dressurpferd herangereift. Heute wurde es die Silbermedaille für den Rappen, der die Huldigung vollkommen gelassen entgegennahm. Mochten die Kollegen bei der Siegerehrung auch die Begleitung ihrer Pfleger benötigen, er stand wie ein Denkmal am hingegebenen Zügel bis der letzte Ton der Hymne für den dänischen Sieger verklungen war. So gelassen und gleichzeitig voll da war er auch heute in der Aufgabe.

Wie schon in der Qualifikation begrüßte er die Richter erst einmal mit einem lautstarken Wiehern, blieb aber voll konzentriert. Und nach der Grußaufstellung ging’s los. Schon beim Bundeschampionat wurde deutlich, wie sehr der Hengst sich weiter entwickelt hat, auch körperlich. Ein Muskelpaket, aber locker, elastisch und durchlässig mit gleichmäßiger Anlehnung und insgesamt dem Eindruck von Zufriedenheit. Kleine Schnitzer gab es aber auch. Das Kurzkehrt war einmal gedreht, in der Rechtsvolte verwarf er sich und bei der Rückführung nach der zweiten Galoppverstärkung ging er kurz gegen die Hand. Dem gegenüber stand aber eine bereits jetzt ausgeprägte Balance, Geraderichtung und hohe Versammlungsbereitschaft. Dabei streckte Danciero sich sowohl beim Zügel aus der Hand kauen lassen als auch im Schritt willig ans Gebiss und suchte vertrauensvoll den Kontakt.

Die Richter lobten seine willige Mitarbeit, die schönen Übergänge und die Dehnung. Im Außengalopp hätten sie sich noch etwas mehr Bergauf gewünscht, darum wurde es im Galopp heute nicht die 10, sondern „nur“ die 9,8. Die 10 vergaben sie für die Perspektive dieses „schönen Paares für die Zukunft“. Die freilich nur so lange dauert, bis jemand kommt, der Danciero nicht widerstehen kann. Wer auch immer das sein wird, er bekommt ein solide gerittenes Pferd, das bei seinem ersten WM-Finale neben den bereits genannten Wertnoten eine 9,6 im Trab, eine 9,4 im Schritt und eine 9,5 für die Durchlässigkeit erhielt. Zusammen also 96,60 Prozent oder 9,66.

Dancieros Züchter Johann Weber und Hinrich Broers waren selbst vor Ort, um den Erfolg ihres Hengstes mitzuerleben. Sie haben daheim noch zwei Vollschwestern zu ihrem Aushängeschild, die beide in der Zucht sind.

Bronze ans KWPN

von Korff

Kirsten Brouwer und Lightning Star aka „Lilly“ (© von Korff)

Sechs Hengste und eine Quotenfrau dominierten die WM Entscheidung der Fünfjährigen. Die Quotenfrau war die KWPN-Stute Lightning Star v. Ferguson-De Niro (Z.: Titan Wilaras, B.: u.a. Stall Brouwer) unter Kirsten Brouwer. Sie bestach durch eine unheimliche Leichtfüßigkeit und natürlichen Grundschwung, der seinesgleichen sucht. Allerdings wurden die Tritte mitunter schon etwas „passagey“ und auf den Volten konnte sie die Kadenz noch nicht ganz so gut halten. Dennoch, das ist kein „gemachter“ Trab, wie er bei den Weltmeisterschaften ja schon häufig zu sehen gewesen ist. Man hat eher den Eindruck, dass die Stute noch an Kraft gewinnen muss, um insgesamt stabiler zu werden. Im Galopp kamen denn auch leichte Spannungen auf, was dazu führte, dass der Sprung nicht mehr ganz rund war und an Raumgriff verlor. Aber es gelang Kirsten Brouwer gut, das zu managen, wofür sie von den Richtern explizit gelobt wurde.

Sie gaben der Stute eine 9,2 für den Trab und für die Durchlässigkeit. Im Schritt griffen sie zur 9, im Galopp und in der Perspektive zur 9,5. Das ergab eine Wertnotensumme von 92,80 Prozent.

Der Rest der glorreichen sechs

In der Tat waren es nicht nur die drei Erstplatzierten, denen man den Titel im Vorfeld zugetraut hatte. Im selben Jahr, in dem Helgstrand Dressage Danciero bei der Westfalen-Körung als Siegerhengst erwarb, feierte der dänische Handelsstall mit einem anderen Hengst, der bei ihnen zur Welt kam, den Titel bei der Oldenburger Körung: Global Player v. Grand Galaxy Win-Don Schufro (Z.: Henrik Hansen), der – wie Danciero auch – Helgstrand nicht alleine, sondern zusammen mit der Hengsthaltung Schockemöhle gehört. Auch er wird von Eva Möller in Deutschland ausgebildet.

Vielleicht hat das Paar die Medaille in dem Moment vergeben, in dem der Hengst im Außengalopp einmal ausfiel. Ansonsten gelang den beiden eine ansprechende Prüfung mit sicherer Anlehnung, geschmeidigen Schlangenlinien und mustergültigen Einfachen Wechseln. Allerdings kippte Global Player zwischendurch hinter die Senkrechte und die Galopptour wirkte anfangs etwas frei. Seine 92,6 Prozent setzten sich zusammen aus der 8,6 in der Durchlässigkeit und ansonsten überall mindestens einer 9 – Trab und Schritt 9,5, Galopp 9,2, Perspektive 9,5 für dieses laut Kommentatorin Susanne Baarup „very wonderful horse“.

Fünfter wurde der in den Niederlanden reich dekorierte Hengst Las Vegas v. Ferdeaux-Wynton (Z.: J. Deenen) unter Franka Loos. Die beiden waren als frisch gebackene Pavo Cup-Gewinner nach Verden gekommen und das kann man durchaus verstehen. Der Hengst ist riesig groß und schon dadurch eine imposante Erscheinung. Das bestätigt er, wenn er sich in Bewegung setzt mit majestätischen, schwungvoll erhabenen Bergaufbewegungen, für die es heute die 9,5 im Trab und die 10 im Galopp gab. Perspektive und Durchlässigkeit wurden mit 9,5 bewertet. Der Schritt kommt in Sachen Raumgriff nicht ganz mit: 7,8. Am Ende wurden es 92,10 Prozent inklusive Abzug für Verreiten, als Franka Loos im Schritt eine falsche Linie gewählt hatte.

Schade! Das war der erste Gedanke, nachdem Hannah Laser und der Hannoveraner Damaschino ihre Prüfung beendet hatten. Der Fuchshengst v. Danone-Fidertanz, über Generationen ein waschechtes Produkt des Klosterhofs Medingen, begann mit einer wunderbaren Trabtour. Er wohl kaum länger als 15 Minuten abgeritten worden. Im Gegensatz zu vielen Kollegen hatte er kein nasses Haar am Körper (was bei den anderen nicht allein dem immer wieder einsetzenden Regen geschuldet gewesen war). Das Seitenbild war schön, aber vielleicht könnte die Anlehnung eine Idee leichter sein. Dafür gelang es Hannah Laser  mustergültig, die verlangten Tempi im Trab zu zeigen. Arbeitstrab war Arbeitstrab und in den Verstärkungen fand sie genau das richtige Maß, den Hengst zum Strahlen zu bringen, ohne ihn zu „überreiten“, 10,0. Der Schritt war klar geregelt mit „gutem“ Raumgriff, 8,5. Und dann der Galopp. Als das Paar aus dem Schritt angaloppierte, dachte man noch: Wow! Auf dem Hinterbein, ausbalanciert, schöne Selbsthaltung. Aber dann kam der erste Mittelgalopp und bei Damaschino kam Spannung auf. Er kommt etwas auf die Vorhand. Laser bringt die Aufgabe ohne Lektionsfehler zu Ende, aber da wäre definitiv mehr möglich gewesen als eine 8,5 im Galopp. Die Durchlässigkeit wurde trotzdem noch mit 9,5 bewertet, die Perspektive ebenso. Gesamt: 91 Prozent oder 9,1.

Apropos eleganter Fuchshengst, ein solcher ist auch der siebtplatzierte Belvedere DB (für Züchter Jürgen de Baey) v. Belissimo M-Danone unter Stefanie Wolf. Der Bereiterin des Stalls Hinnemann gelingt es immer wieder, ihre Pferde in genau passendem Rahmen vorzustellen und so strahlen zu lassen. Belvedere scheint aber noch nicht 100 prozentig losgelassen in der Oberlinie zu arbeiten, erkennbar an der Nickbewegung im Trab. Trotzdem: tolles Pferd! 87,6 Prozent oder 8,76.

Achter wurde ein weiteres Helgstrand-Pferd, der Oldenburger Wallach (der erste Wallach!) Francis Drake v. Franklin-Don Schufro (Z.: Jobst Hartmann) unter Leonie Richter. Der Braune hat ein ausdrucksstarkes Vorderbein, kam heute aber in der Trabtour hinten nicht ganz mit, besonders in den Wendungen. Dann gesellte sich noch ein Taktfehler in der zweiten Trabverstärkung hinzu. Im Galopp zeigte Francis Drake sich dann aber schon sehr gut ausbalanciert und bereit, sich versammeln zu lassen. Endergebnis 87 Prozent, 8,7.

Platz neun belegten mit 85 Prozent die Sieger der Qualifikation, Nicole Casper und der Oldenburger Hengst Bohemian v. Bon Coeur-Rotspon (Z.: ZG Schmitz-May). Den beiden gelang eine rundum solide Prüfung (bis auf einen Taktfehler in der zweiten Trabverstärkung), wobei die Anlehnung im Trab recht fest wirkte und der Hengst etwas zu hoch und eng eingestellt. Aber er machte den Eindruck eines zufriedenen, willig mitarbeitenden Pferdes, das bemüht war, alles richtig zu machen.

Auf zwei Pferde sollte man unbedingt noch eingehen. Das ist zum einen die For Romance-Lord Sinclair-Tochter La Traviata unter Sandra Kötter. Dass die Stute in der Schweiz gezogen wurde, ist unübersehbar. Der Brand des Schweizer Verbandes nimmt ihren halben linken Oberschenkel ein. Unübersehbar ist aber auch ihr Art sich zu bewegen. Für ihren Trab hatte sie schon in der Qualifikation eine 10 bekommen. Das ist einfach toll – so elastisch und weg vom Boden bei einer Leichtigkeit, die ihresgleichen sucht. Allerdings ist sie inklusive Verden gerade mal eine Handvoll Turniere gegangen und wirkte doch noch recht beeindruckt von all den Eindrücken, die hier auf sie einstürmten. Darunter litt leider die gesamte Prüfung und insbesondere Schritt und Trab. Die Richter trösteten: „Wir haben gesehen, dass du heute quasi auf einer Bombe gesessen hast.“ Ergebnis: 83,20 Prozent.

Das andere Pferd, das ins Auge stach, war ein weiterer Nachkomme oder vielmehr eine Tochter von Donkey Boy: Tophøjs Diadora. Tolles leichtfüßieges Traben mit natürlicher Erhabenheit. Doch ihr spanischer Reiter Eric Guardia Marquez machte es ihr heute nicht leicht mit seiner auffallend unruhigen Hand. Trotzdem: beeindruckender Raumgriff im starken Trab, losgelassener fleißiger starker Schritt. Im Galopp kam allerdings Spannung auf. Die Stute machte sich fest, verlor die Balance, sprang mehrfach um. Dass sie sich durchaus versammeln kann, sah man in den Rückführungen. Trotzdem waren heute nicht mehr drin als 81,40 Prozent und der vorletzte Platz.

Alle Ergebnisse finden Sie hier.

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Dominique WehrmannRedakteurin

Studierte Politologin, seit 2006 bei St.GEORG. Als Jugendliche Dressurtraining bei Hans-Georg Gerlach, Michael Settertobulte und Reitmeister Hubertus Schmidt und das auf einem selbstgezüchteten Pferd. Verantwortet die Bereiche Spitzensport und Pferdezucht. Im Presseteam des CHIO Aachen und der Pferdemesse Equitana, hat für den NDR im Fernsehen kommentiert.

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