Souverän holten sich die
deutschen Springreiter den siebten Titel in der Geschichte der Europameisterschaften
vor Frankreich und Großbritannien. Carsten Otto Nagel konnte seine Führung
verteidigen und hat beste Chancen, am Sonntag seinen ersten Einzeltitel zu
erringen.
Es war ein bequemer Sieg, mit 10,41 Fehlern insgesamt, der bereits nach dem dritten von vier Reitern feststand. Der letzte deutsche Reiter, Ludger Beerbaum auf Gotha, ritt schon als Europameister ein. Mit einem sauberen Nullfehlerritt rundete er den Erfolg des Teams ab. Die elfjährige Goldfever-Tochter Gotha (Hann.) rührte keine Stange an, vor allem aber übersprang sie den Wassergraben weit und deutlich. Dort hatte sie zum Missvergnügen ihres Reiters an den beiden Vortagen gepatzt wie viele andere Pferde auch. Gestern war der Graben leicht verändert, so dass er sich besser vom sandigen Untergrund abhob und wirkte damit etwas freundlicher. Ich ritt zwar ohne großen Druck, weil wir ja schon Europameister waren, sagte Beerbaum, aber ich wollte doch beweisen, dass ich zu Recht fürs Team selektiert worden bin.
Marco Kutscher auf dem zwölfjährigen Schimmelhengst Cornet Obolensky v. Clinton (BWP) und Carsten-Otto Nagel auf der 13-jährigen Holsteiner Corrado-Tochter Corradina, hatten mit einer Nullrunde den Grundstein zum Sieg gelegt. Janne Friederike Meyer auf dem ebenfalls 13-jährigen Libero-Sohn Lambrasco konnte sich sogar einen Abwurf erlauben, ohne die Goldmedaille zu gefährden. Der nur kleine Holsteiner Wallach, der immer ein bisschen höher zu springen scheint, als er kann, nahm auf der letzten Linie noch einen Oxer mit. Es fehlte etwas die Konzentration, es war nach zwei schweren Parcours nicht einfach, mein Pferd noch mal zu begeistern., sagte Meyer, die 2010 bereits zum deutschen Weltmeisterteam gehörte. Ihre vier Punkte waren am Ende das Streichergebnis Aber ich bin superglücklich, es ist mein zweites Championat und meine zweite Goldmedaille. Mit diesem Erfolg wie schon mit dem Sieg im Großen Preis von Aachen im Juli hat sich Janne Friederike Meyer endgültig in der deutschen Spitze etabliert.
Als erster war Marco Kutscher strahlend aus dem Parcours gekommen. Der Reiter wiederholte den Fehler von Donnerstag nicht, als er Cornet Obolensky vor der breiten Triplebarre auf der letzten Linie zu deutlich zurückgenommen hatte, was in zwei Abwürfen resultierte und den vorzüglichen Eindruck vom Zeitspringen am Mittwoch zu trüben drohte. Diesmal ließ Kutscher den Hengst vorwärts galoppieren und souverän segelte der Schimmel über alle Klippen. Ich bin Otto Becker dankbar, dass er den Start von Cornet mitgetragen hat, sagte Kutscher. Der Bundestrainer war sich des Risikos bewusst, den Hengst, der wegen eines Knochenbruchs im Huf lange hatte pausieren müssen, mit nach Madrid zu nehmen.
Carsten-Otto Nagel auf Corradina konnte nicht nur das Team mit einer Nullrunde vor die bis dahin in Führung liegenden Niederländer bringen, er verteidigte auch seine Spitzenposition in der Einzelwertung (0,69), die am Sonntag entschieden wird. Er braucht jetzt nur keinen Fehler mehr zu machen, dann ist er Europameister. Dicht hinter ihm liegt das britische Urgestein Nick Skelton auf dem Holsteiner Contender-Sohn Carlo (1,04) und der Niederländer Gerco Schröder auf New Orleans (1,54).
Auch Bundestrainer Otto Becker war die Erleichterung anzusehen. Seine Statistik kann sich sehen lassen. Im drei Jahren gab es beim jeweiligen Championat einmal Bronze und zweimal Gold für seine Mannschaft. Das war tiptop. Ich glaube, die brauchen mich gar nicht mehr, sagte er, Jeder hilft jedem, es ist der Wahnsinn.
Die Silbermedaille ging an Frankreich (15,95), den Briten (22,46) verhalfen abwurfreiche Runden der Niederländer (23,42) zur Bronzemedaille. Diese mussten sich mit Platz vier und dem Minimalziel, der Olympiaqualifikation, zufrieden geben. Schweden (34,74) und die Schweiz (40,66), auf den Plätzen fünf und sechs, ergatterten die letzten beiden Plätze für London 2012.
Alle vier deutschen Reiter kämpfen am Sonntag noch um den Einzeltitel, Janne Friederike Meyer auf Rang sieben (6,99) und Ludger Beerbaum auf Platz zehn liegen (8,23) mehr als einen Springfehler hinter dem Führenden Casten-Otto Nagel (0,69), Marco Kutscher (9,23, Platz 14) sogar mehr als zwei. Doch das war gestern abend niemandem wirklich wichtig. Sonntag ist ein neuer Tag.
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