21.000 Euro für Boyd Exell beim Fahren und enttäuschte Deutsche beim Nationenpreis Aachen 2024

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Georg von Stein im Marathon beim CHIO Aachen 2024. (© toffi-images.de)

Freud und Leid lagen beim Wettbewerb der Vierspänner beim CHIO Aachen 2024 dicht beieinander. Dem deutschen Team entglitt zwar der Mannschaftssieg, doch in der Einzelwertung waren die deutschen Fahrer durchaus erfolgreich. Den Mannschaftssiegs sicherten sich wieder einmal die Niederländer, im Einzel siegte der Australier Boyd Exell.

Eigentlich alles wie immer, wenn die Ehrenrunden der Vierspänner am Sonntagnachmittag im Springstadion gefahren werden: Die Niederländer gewinnen den Nationenpreis, Boyd Exell die Einzelwertung. Wer am Morgen im Fahrstadion nicht dabei war, konnte nicht erahnen, welche Dramen sich dort am Vormittag abgespielt hatten, bevor diese Platzierung feststand. Frust und Freude, Jubel und Tränen, das Kegelfahren im Fahrstadion der Aachener Soers war reich an Emotionen wie selten. Frust, weil der lang ersehnte deutsche Sieg im Nationenpreis so nah wie schon lange nicht mehr lag und dann doch nicht gelang. Freude, weil zwei deutsche Fahrer die Kombinierte Wertung auf den Plätzen zwei und drei beendeten. Jubel bei den Niederländern, weil sie ihre Siegesserie fortsetzen konnten. Tränen als Michael Brauchle im Parcours einen falschen Weg fuhr und aus dem Wettbewerb ausschied.

Eigentlich hatte die Mannschaft mit Michael Brauchle, Mareike Harm und Georg von Stein einen komfortablen Vorsprung nach Dressur und Marathon vor den Niederländern, alle drei deutschen Fahrer sind auch als gute Kegelfahrer bekannt. In Aachen konnte das diesmal nur Georg von Stein untermauern, er beendete den wie stets in Aachen schweren Parcours mit lediglich 0,36 Strafpunkten für Zeitüberschreitung. „Wenn die Pferde so gehen wie heute, ist auch ein so schwerer Kurs ein riesiger Spaß“, schwärmt er nach seiner Kegelfahrt. „Die Vier haben so toll mitgemacht, ich bin total happy“.

Die Niederländer hatten schon 6,38 Strafpunkte gesammelt, als Michael Brauchle einfuhr und man davon ausgehen konnte, dass er ein gutes Ergebnis für das Team erreichen würde. Das Malheur passierte an Hindernis 18: Statt der Einfahrt zu dem silbernen Oxer fuhr er in das danebenstehende Hindernis fünf ein. Falscher Weg, Ausschluss aus dem gesamten Wettbewerb. Entsetzen in den Gesichtern der deutschen Fans, Tränen bei Brauchle, Frust beim Bundestrainer. Da halfen spontan auch die tröstenden Umarmungen der Kollegen und deren Grooms nicht.

Aber noch war die Hoffnung nicht aufgegeben, immer noch gab es einen leichten Vorsprung für das deutsche Team, Mareike Harm durfte sich sogar zwei Abwürfe leisten. Aber es sollte wohl an diesem Tag nicht sein, selbst bei der erfahrenen Holsteinerin, die im Kegelfahren schon so oft geglänzt hat, fielen drei Bälle. Es blieb bei dem Traum, nach 2005 mal wieder in Aachen den Nationenpreis zu gewinnen, zweiter Platz (334,52 Strafpunkte). Die Niederländer, die zwischendurch aufgrund ihrer wenig glanzvollen Ergebnisse wenig fröhlich waren, Koos de Ronde, Bram und Ijsbrand Chardon jubelten über einen weiteren Sieg (335,61).

Nicht nur im deutschen Lager wurde gelitten, auch für den US-Amerikaner Chester Weber war heute ein schwarzer Tag. Er vergab im Kegelparcours die Chance seinen aussichtsreichen dritten Rang nach Dressur und Gelände nicht nur zu verteidigen, sondern sich sogar von dem dritten auf den zweiten Platz in der Einzelwertung zu schieben. Ob mangelnde Konzentration oder ein Missverständnis mit seinen Pferden zum Verlassen eines Hindernisses führte, blieb offen, so oder so handelte er sich damit jede Menge Strafpunkte ein und fiel auf den zehnten Platz zurück.

Die einzige strafpunktfreie Runde im Kegelparcours gelang dem Schweizer Jérome Voutaz in dem wie immer in Aachen sehr anspruchsvoll aufgebauten Kurs, in dem wie häufig die knappe Zeit eine große Herausforderung für Pferde und Fahrer war. Ganz überraschend war die Topleistung des Schweizer Meisters nicht, seine vier Freiberger Flower de Gessenay, Leon, Lune de la Vielle Fontaine und Valerio sind nicht nur wieselflink auf den Beinen, sondern durch ihr geringeres Stockmaß den Großen gegenüber auch in den engen Schlangenlinien im Vorteil.

Bei allem Frust über das Mannschaftsergebnis gab es im deutschen Lager viel Grund zur Freude. Mareike Harm errang mit dem zweiten Platz in der Einzelwertung (167,64) ihr bestes Ergebnis, nur einen Wimpernschlag hinter ihr rangierte Georg von Stein (167,97) auf dem dritten Platz. Das war das auch für ihn bisher sein größter Erfolg in Aachen. Darüber freut sich auch der Bundestrainer. „Natürlich ist es bitter, dass wir es dieses Jahr trotz des Vorsprungs letztendlich nicht zum Sieg geschafft haben, aber auf die Einzelleistungen unserer Fahrer bin ich sehr stolz. Vor allem im Hinblick auf die im September in Ungarn anstehenden Weltmeisterschaften war dies schon mal ein Fingerzeig in Richtung Medaillenchance“.

Fast wurde bei all den Dramen um den Mannschaftstitel der Sieg des Australiers Boyd Exell schon zur Selbstverständlichkeit, immerhin fährt der sechsmalige Weltmeister schon zum zwölften Mal als Sieger der Kombinierten Prüfung am Sonntagnachmittag im Springstadion ein. Mit 146,27 Strafpunkten sicherte er sich einen deutlichen Vorsprung vor seinen Konkurrenten und einen weiteren Eintrag auf der Siegertafel am Einritt des Springplatzes.

Wenn Boyd Exell am Sonntagabend sein Gewinngeld aus Aachen abholt, wird er sicher sehr zufrieden sein. Nach seinem zweiten Platz in der Dressur am Donnerstag gewann er am Freitag die „Jagd um Punkte“, am Samstag den Marathon und die am späten Samstagabend ausgetragene Kombinierte Spring-, Vielseitigkeits- und Fahrprüfung zusammen mit seinem Landsmann Kevin McNab und dem Brasilianer Rodrigo Pessoa, am Sonntag die Einzelwertung in der Kombinierten Prüfung sowie die Siegerrunde des Kegelfahrens. Dessen Rangierung hat allerdings keinen Einfluss auf das Mannschaftsergebnis, sondern gilt als eigenständiger Wettbewerb. Das sind in Summe 21.000 Euro Gewinngeld.

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Christine Meyer zu HartumRedakteurin

Expertin für den Fahrsport mit eigener Erfahrung sowohl auf dem Bock als auch als Turnierorganisatorin. Westfälische Züchterin mit erfolgreichen Kindern in Pferdesport und -zucht. Reitwartin und Ansprechpartnerin in der Rubrik „Leser fragen, Experten antworten“. Berichterstatterin über internationale Voltigierevents von vielen Welt- und Europameisterschaften.

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