Auch die Deutsche Reiterliche Vereinigung hatte Vertreter zum vor-olympischen Testevent nach Tokio geschickt, unter anderem DOKR-Geschäftsführer Dr. Dennis Peiler. Der hat nun sein Fazit zu Protokoll gegeben.
Noch ist es knapp ein Jahr hin, bis in der japanischen Hauptstadt Tokio, einer Metropolregion mit knapp 38 Millionen Einwohnern, das größte Sportereignis der Welt beginnt: die Olympischen Sommerspiele. Aktuell finden diverse Testevents statt, die einen Überblick über den Stand der Vorbereitungen bieten sollen. Die sind ziemlich weit, wie sowohl die Reiter – allen voran der Gewinner des Testevents, Michael Jung – als auch St.GEORG-Herausgeberin Gabriele Pochhammer berichteten.
Nun berichtet DOKR-Geschäftsführer Dr. Dennis Peiler im Interview mit den FN-Kollegen, welche Erkenntnisse er und sein Team aus dem Besuch in Tokio gewonnen haben.
Frage: Wie viele Nationen waren beim Testevent vor Ort?
Dr. Dennis Peiler: „Zu unterscheiden sind die Teilnehmer am Wettkampf und am Observer-Programm. Neben uns haben Japan, England und Australien aktiv – also an der Prüfung selbst – teilgenommen. An den Informationsveranstaltungen im Rahmen des Testevents haben etwa 20 Nationen teilgenommen. Die mit Abstand größte Delegation stellte Großbritannien.“
Frage: Wo finden die Spiele im kommenden Jahr statt und wie sieht es mit Unterbringung der Pferde aus?
Dr. Peiler: „Die Wettkämpfe finden vorrangig im Equestrian Park statt, die Geländeprüfung der Vielseitigkeit in Sea Forest. Der Equestrian Park war bereits Standort der Olympischen Spiele 1964, wurde aber natürlich komplett neu gestaltet. Es erwarten uns sehr gute Bedingungen. Alle Ställe sind großzügig gebaut mit ausreichendem Platz für jedes Pferd, sie sind hell und klimatisiert. Auf dem gesamten Gelände sind die Wege für die Pferde mit rutschfesten Belegen verlegt. Überall gibt es ausreichend Waschplätze für die Pferde. Die Trainingsplätze, die neugebaute Reithalle und die Böden sind top. Da es sich hier um die Reitanlage der Japan Racing Association handelt, gehe ich von einer entsprechenden Nachnutzung, auch für Dressur- und Springveranstaltungen aus. Das Gelände soll, so der Plan, für die Entwicklung des japanischen Pferdesports weitergenutzt werden. Der massive Bau der Stallungen und der Gebäude untermauert diese Absichten. Das Gelände in Sea Forest hingegen ist auf eine temporäre Nutzung ausgelegt. Insofern werden die Pferde in mobilen, aber klimatisierten Stallzelten untergebracht. Bei dem Standort handelt sich um eine Art künstlich angelegte Halbinsel, die früher eine Mülldeponie war. Im Hintergrund ist sehr viel Wasser und die beeindruckende Skyline von Tokio zu sehen. Direkt daneben ist die Ruderstrecke angelegt. Die Ruderwettbewerbe wirken sich übrigens auch auf den Zeitplan der Vielseitigkeit im kommenden Jahr aus. Anders als bei den zurückliegender Spiele macht die Dressur den Anfang, nicht die Vielseitigkeit.“
Frage: Wie sieht das mit dem Transport vom Equestrian Park nach Sea Forest aus?
Dr. Peiler: „Der Transport der Pferde mit Transportern des Rennvereins, dauerte beim Testevent etwa 90 Minuten vom Equestrian Park nach Sea Forest.“
Frage: Welche besonderen Erkenntnisse gab es in sportlicher Hinsicht?
Dr. Peiler. „Wie gesagt, die sportliche Infrastruktur ist sehr gut. Ansonsten war es in diesem Jahr eine weitgehend ‚normale‘ Vielseitigkeitsprüfung. Und auch im kommenden Jahr ist es am Ende ein ‚normales Championat‘, mit dem Unterschied, dass die halbe Welt zuschaut und wir uns an einen neuen Modus gewöhnen müssen.“
Frage: Der veränderte Mannschaftsmodus – nur noch drei Reiter pro Team, war der überhaupt nochmal Thema? Und wie wird das mit den Reservisten sein, bezüglich der Akkreditierung?
Dr. Peiler: „Der Modus wurde nicht mehr in der großen Runde diskutiert. Damit müssen wir uns wohl abfinden und jetzt bestmöglich darauf einstellen. Die Akkreditierungen sind immer ein Thema. Die P-Pferde, also die Reservepferde, werden voraussichtlich auch beim Team untergebracht sein.“
Frage: David O’Connor, der Vorsitzende des FEI-Vielseitigkeitsausschusses sprach von kleinen Anpassungen, die noch notwendig seien? Was meint er?
Dr. Peiler: „Kleine Anpassungen trifft es. Hierbei ging es uns vor allem um weitere Optimierungen in Sea Forest, zum Beispiel die Erweiterung der Stallbereiche um eine Möglichkeit, die Pferde im Stallzeit führen zu können, und einen überdachten Vorbereitungsplatz zum Schutz vor der Sonne, aber auch eine gewünschte Verbesserung der sanitären Anlagen.“
Frage: Apropos Sonne. Welche Rolle spielte das Wetter? Es ist ja bekanntlich sehr heiß zu dieser Zeit?
Dr. Peiler: „Das Wetter wird definitiv ein Thema. Wer gut vorbereitet sein möchte, sollte sich sowohl bei den Zwei- wie auch Vierbeinern auf Temperaturen jenseits der 30 Grad einstellen. In den Tagen des Testevents wechselte das Wetter ständig. Es war aber insgesamt gut auszuhalten. Unsere drei Pferde, wir hatten bewusst unterschiedliche Typen dabei, haben das sehr gut weggesteckt. Wer seine Hausaufgaben im Vorfeld gut macht und mit austrainierten und fitten Paaren nach Tokio reist, ist gut aufgestellt. Sicherlich ist es hilfreich, wenn man sich schon vorab auf das Wetter einstellen kann. Der Sommer in Deutschland in diesem Jahr kam dem natürlich sehr entgegen.“
Frage: Wie ist eigentlich die Mentalität der Japaner bezüglich der Pferde? Konnte man da etwas erfahren? Besteht Interesse an dem Sport oder eher nicht?
Dr. Peiler: „Die Japaner lieben Sumo-Ringen und vor allem auch Baseball. Ob sie sich für das Reiten begeistern können, werden wir daran sehen, ob die Plätze in den Stadien gefüllt werden können. Insbesondere in der Vielseitigkeit sind die Japaner sportlich absolut konkurrenzfähig, wenn es um die Verteilung der Medaillen geht. Das haben sie mit ihrem vierten Platz bei den Weltreiterspielen im vergangenen Jahr bereits unter Beweis gestellt. Im Übrigen sind die Japaner selbst sind immer freundlich, hilfsbereit, diszipliniert und organisiert. Das haben wir auch schon anders erlebt, daher habe ich sie bereits in der kurzen Zeit des Testevents ins Herz geschlossen (lacht). Japan ist aber kein Pferdeland wie Deutschland, das ist auch klar.“
Frage: Kommen wir zur Unterbringung? Wie wird das nächstes Jahr sein? Konnte man schon was sehen vom Olympischen Dorf?
Dr. Peiler: „Im kommenden Jahr ist es vorgesehen, dass alle DOKR-Teammitglieder, die nicht im Olympischen Dorf untergebracht sind, gemeinsam in einem Hotel wohnen. Dieses wird ein anderes sein als beim Testevent. Die Zimmer sind natürlich schon reserviert. Das Hotel liegt etwa 30 bis 40 Minuten vom Equestrian Park entfernt. Die Entfernung vom Olympischen Dorf zum Equestrian Park beträgt etwa 26 Kilometer, Fahrtzeit zum Equestrian Park rund 30 Minuten, nach Sea Forest etwas weniger. Das Olympische Dorf ist direkt am Wasser gelegen und konnte mit seinen 21 Gebäuden, die 18.000 Betten für die Teams bereitstellen sollen, bereits aus der Ferne betrachtet werden. Ein Besuch des Dorfes war beim Testevent noch nicht möglich. Für die Grooms wurden 160 Räume mit 320 Betten im Equestrian Park in unmittelbarer Nähe zu den Pferden gebaut.“
Frage: Was ist Ihnen – unabhängig vom Testevent – am meisten in Erinnerung geblieben?
Dr. Peiler: „Die Menschenmassen und die Wolkenkratzer. In Tokio leben 38 Millionen Menschen. Diese Dimensionen kennen wir hier in Deutschland nicht.“
Frage: Sie waren schon in Hongkong, London oder Rio mit dem deutschen Team vor Ort. Wenn man die Austragungsorte vergleicht: Was ist ähnlich, was wird definitiv anders sein?
Dr. Peiler: „Hongkong kommt Tokio am nächsten, zumindest von den klimatischen Bedingungen her. London war eben sehr europäisch. Und im Gegensatz zu Rio haben wir uns zu Tokio zu jeder Zeit sehr sicher gefühlt. Und natürlich sind die Japaner zum jetzigen Zeitpunkt als Rio zum selben Zeitpunkt deutlich weiter, was die sportliche Infrastruktur angeht.“
Frage: Wie war die Organisation insgesamt. Man hört ja, dass die Japaner so weit seien, wie bislang keine andere Nation?
Dr. Peiler: „Für die Gesamtorganisation fehlt mir der Überblick. Für die Reiterei ist sie absolut im Zeitplan.“
Frage: Letzte Frage: Sie packen Ihren Koffer und nehmen mit? Drei Dinge, die Sie dieses Jahr nicht dabei hatten, aber auf jeden Fall nächstes Jahr mit auf die Reise gehen werden. Außerdem drei Dinge, die man getrost zuhause lassen kann.
Dr. Peiler: „Das Deutsch-Japanisch Wörterbuch, Englisch funktioniert zwar meistens, aber eben doch nicht überall. Ein Adapter, das war geplant, hatte ich aber vergessen und musste ihn kurzfristig am Flughafen kaufen. Japanische Yen, nicht überall funktioniert die Kreditkarte. Zu Hause lassen kann man dicke, warme Kleidung. Man benötigt allerdings für die klimatisierten Räume stets einen Pullover oder eine dünne Jacke. Mehr fällt mir gerade nicht ein.“
Das Interview führte Uta Helkenberg.mens jordan release dates 2022 | cheap air jordan 1s high
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