Das Aachener Publikum weiß, dass am Sonntagmorgen im Fahrstadion das Kegelfahren spannend und unterhaltsam ist. So waren auch in diesem Jahr die Tribünen voll besetzt, an den Rändern standen die Fahrsportfans dicht gedrängt. Sie erlebten eine abwechslungsreiche Prüfung, die neben den Ergebnissen reichlich Stoff bot sich mit dem Regelwerk und den daraus folgenden Resultaten auseinanderzusetzen.
Es gibt zwar auch bei den Vierspännern immer mal wieder Überraschungen, aber eines scheint konstant zu bleiben: Die Niederländer gewinnen in Aachen den Nationenpreis. Dieses Jahr zum 16. Mal. Mit 314,33 Punkten siegten Ijsbrand Chardon und sein Sohn Bram, verstärkt durch Koos de Ronde im wichtigsten Nationenpreis der Saison. Das deutsche Team mit Michael Brauchle, Mareike Harm und Georg von Stein fuhr erwartungsgemäß auf den zweiten Platz (322,86 P.). „Mit den Leistungen unserer Fahrer bin ich grundsätzlich sehr zufrieden“, zieht Bundestrainer Karl-Heinz Geiger Bilanz. „Vor allem die tolle Leistung von Mareike Harm im Gelände hat den Abstand zu den Niederländern nach der Dressur verringert. Schade, dass Mareike in der Dressur nicht mehr punkten konnte. Aber sie wird zu alter Stärke zurück finden, dann können wir auch die Niederländer schlagen“, bleibt er optimistisch. (Ergebnisse des Nationenpreis)
Exell siegt – wer auch sonst?
Dritte wurden die Belgier mit Glenn Geerts, Dries Degrieck und Tom Stockmans (344,86). Die Entscheidung fiel erst im Kegelparcours, in dem sie sich vom vierten auf den dritten Platz vorarbeiten konnten, vorbei an den Australiern. Deren vierter Platz war dennoch eine kleine Überraschung. Obwohl nur mit zwei Fahrern angetreten, wären Boyd Exell und Tor van den Berge aufgrund der exzellenten Ergebnisse des Weltmeisters Boyd Exell beinahe auf dem Treppchen gelandet (347,86), ein Fahrfehler Exells verhinderte das. Dass er auch in diesem Jahr die Prüfung gewann (152,25) war keine Überraschung, dominiert der sechsfache Weltmeister doch seit Jahren den Fahrsport. Somit steht sein Name zum elften Mal auf der Siegertafel am Einritt zur Aachener Soers.
Ganz so souverän war sein Sieg aber in diesem Jahr nicht. Er gab vielmehr Anlass zu heftigen Diskussionen. Er war mit einem komfortablen Vorsprung in den Kegelparcours eingefahren, dort gab es einen Fahrfehler, der für Irritationen unter den Zuschauern sorgte, Fachleute inbegriffen. Nach Hindernis sechs beschädigte Exell ein noch nicht durchfahrenes Element, wurde abgeläutet damit dieses wieder aufgebaut werden konnte. Bis zur Wiederherstellung wurde die Uhr angehalten, danach war der Parcours wieder freigegeben, die Fahrt konnte fortgesetzt werden. Die Uhr allerdings lief erst weiter, als Exell schon auf dem Weg zu Hindernis sieben war, das konnte nicht jeder nachvollziehen. Die Rede war von „Zeitgeschenk“, niemand konnte sich erklären, wie und wann denn die nach Meinung vieler in einem solch Fall fälligen zehn Strafsekunden eingepreist waren. Die Entscheidung der Richter ist natürlich bindend, Boyd erhielt drei Strafpunkte für den herabgeworfenen Ball, seinen Sieg gefährdeten sie nicht. Im Nachhinein wurde das Ergebnis noch einmal geändert, statt der zunächst angezeigten 148,38 Punkte standen schlussendlich 152,35 Punkte auf dem Konto des Seriensiegers.
Mareike im Glück
Glücklich wie über einen Sieg war Mareike Harm auf dem dritten Platz, ihre beste Platzierung bei dieser anspruchsvollen und sportlich hochrangigen Prüfung. „Ich bin super happy“, jubelte sie nach der Fahrt durch den Kegelparcours, die sie lediglich mit 0,45 Strafpunkten für Zeitüberschreitung beendete und von den Zuschauern gefeiert wurde. Auch bei ihrem Teamkollegen Georg von Stein blieben alle Bälle liegen, 2,15 Zeitstrafpunkte standen auf der Anzeigetafel. Mit dem Endergebnis von 185,83 Punkten rangierte er auf Platz zwölf. Michael Brauchle, der dritte deutsche Mannschaftsfahrer, erwischte im Kegelparcours nicht die Ideallinie, seine Pferde waren nach der rasanten Fahrt durchs Gelände noch nicht wieder richtig „auf Zug“, wie der Bundestrainer es ausdrückte, nicht stetig und stabil unterwegs. 10,51 Strafpunkte ließen ihn vom zweiten auf dem sechsten Platz im Gesamtklassement abrutschen.
Zwischen Mareike Harm und Michael Brauchle schoben sich die beiden Niederländer Koos de Ronde (Vierter, 164,29) und Bram Chaedon (Fünfter, 164,89). Alle drei Niederländer absolvierten übrigens ohne Strafpunkte den Parcours.
Der neue Mann in Aachen
Alexander Flocke baute als Nachfolger von Dr. Wolfgang Asendorf zum ersten Mal die Parcours in der Soers, entsprechend gespannt war man auf seine Kurse. Nachdem er schon für seinen Premierenparcours beim „Jagd um Punkte“ und den Marathon gelobt worden war, gelang es ihm auch beim Kegelfahren „Wege und Hindernisse zu bieten, die anspruchsvoll und pferdefreundlich sind“, so hatte er im Vorfeld seine Aufgabe definiert. Der Kegelparcours war gut und flüssig zu fahren, allerdings war die Zeit sehr knapp bemessen. Deshalb fielen nicht so viele Bälle, dafür gab es reichlich Zeitstrafpunkte.
Pech für Voutaz
Anlass zum Nachschlagen im Regelwerk gab auch die Fahrt des Schweizers Jérôme Voutaz, bei dem auf halber Strecke die Vorderbracke brach, das ist das Teil, mit dem die Stangenpferde und Vorderpferde verbunden werden. Der Teilnehmer muss in diesem Fall den Fall allein lösen, Hilfe von außen ist nicht gestattet. Bei Voudaz stiegen beide Grooms ab, die eigentlich chic gekleidet auf dem Rücksitz mehr oder weniger bewegungslos Platz nehmen, dafür gibt es fünf Strafpunkte, die Uhr wird natürlich angehalten. Es dauerte einige Minuten, danach war der Schaden notdürftig behoben, die Fahrt konnte fortgesetzt werden, die Zuschauer hatten etwas gelernt aus dem Regelwerk.
Die besten acht Fahrer aus dem Umlauf messen sich noch einmal in einer Siegerrunde. Wieder gab es Grund zum Jubeln für Mareike Harm, die sich nach einer strafpunktfreien Runde in 85,91 Sekunden hinter Ijsbrand Chardon (0/83,09 Sek.) über ihren zweiten Platz freute. Damit war die Holsteinerin schneller als der Niederländer Koos de Ronde (0/86,14 Sek., Platz drei). Auf die Gesamtwertung in der Kombinierten Wertung hat der Ausgang der Siegerrunde keinen Einfluss mehr.
Die Ergebnisse der Viererzugfahrer finden Sie hier.
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