Vierspänner
Neun lange Jahre ist es her, seit die Vierspännerfahrer der Preis der Nationen im eigenen Land gewonnen haben. In Riesenbeck strahlten alle Beteiligten um die Wette, als schon nach dem zweiten Mannschaftsfahrer im Kegelparcours der deutsche Sieg feststand.
Aber ehe irgendetwas in Riesenbeck entschieden werden konnte, mussten die Fahrer zunächst mal den Marathon bewältigen. Und das taten sie. Und wie! Ihre Geländeleistungen waren ähnlich homogen wie die der Zweispänner. Mit Christoph Sandmann, gewohnt zuverlässig in allen Disziplinen, stand nach dem Marathon ein Deutscher oben auf dem Siegertreppchen. 103,95 Punkte im Gelände schoben ihn zudem in der Einzelwertung der Kombinierten Prüfung auf den zweiten Platz und damit in greifbare Nähe auf den Gesamtsieg – zumindest theoretisch. Aber dazu später mehr.
Dass József Dobrovitz aus Ungarn ein forscher Geländefahrer ist, bewies er einmal mehr in Riesenbeck. 105,54 Punkte standen in der Endabrechnung, zweiter Platz in dieser Teilprüfung. Mindestens ebenso forsch fährt Michael Brauchle, wie Sandmann für das deutsche Team am Start. Mit 106,38 Punkte reihte er sich knapp hinter Dobrovitz auf dem dritten Platz ein. Ihm folgt József Dobrovitz sen. mit 107,41 Punkten auf Platz vier. Nach Dressur und Gelände findet sich Dobrovitz sen. in der Gesamtwertung auf dem dritten Platz wieder.
Der Held des Tages war Georg von Stein. Mit einem Gipsfuß und gelegentlichen Atemproblemen wegen geprellter Rippen beendete er die Geländefahrt ohne große Zwischenfälle auf einem guten fünften Platz, 107,65 Punkte. „Meinen Fuß habe ich unterwegs gar nicht gespürt, lediglich das Luftholen tat manchmal weh. Aber die Freude über meine beiden neuen Pferde die ich eingespannt hatte, war viel größer. Die zwei haben das ganz, ganz toll gemacht, ich bin total glücklich. Aachen kann kommen“, freut er sich auf kommende Aufgaben.
Pech für den Führenden nach der Dressur, den Australier Boyd Exell. Im ersten Hindernis war es nur ein abwerfbares Teil, das zu Boden ging, in Hindernis zwei war es sein Groom. Der konnte zwar wieder aufsteigen und die Fahrt fortsetzen, musste aber nach Beendigung des Marathons ärztlich behandelt werden. Für den amtierenden Weltmeister gab es jede Menge Strafpunkte, da waren auch die rasant gefahrenen restlichen Hindernisse nur noch Schadensbegrenzung. 111,90 Pinkte im Marathon, Platz sieben, war für ihn enttäuschend. Dank seines erstklassigen Dressurergebnisses blieb er jedoch in der Gesamtwertung auf dem ersten Platz. Hinter dem Zweiten Christoph Sandmann rangierte Jòzsef Dobrovitz auf Platz drei. Chester Weber (USA), den Zweitplatzierten in der Dressur, ließ eine mäßige Geländefahrt auf den vierten Platz zurückfallen.
Und dann kam das Kegelfahren. 311,80 Punkte standen für das deutsche Team auf dem Konto, das bedeutete die Führung im Preis der Nationen vor der Entscheidung. Dabei hatten sie ein Eisen mehr im Feuer als die an zweiter Stelle liegenden Ungarn (317,36 Punkte), da Vater und Sohn Dobrovitz nur zu zweit das ungarische Team bildeten. Ihr Vorsprung vor den Niederländern war klar, Koos de Ronde, Hermann ter Harmsel und Peter de Ronde lagen mit 328,72 Punkten auf Platz drei.
Am Ende sammelten Christoph Sandmann, Georg von Stein und Michael Brauchle 317,80 Punkte. Das reichte zum Sieg vor dem Ungarischen Vater-Sohn-Duo Dobrovitz und den abgeschlagenen Niederländern, die allerdings auch nicht ihre Topmannschaft geschickt hatten.
In der Einzelwertung gab es einmal mehr dann doch kein Vorbeikommen am amtierenden Weltmeister Boyd Exell. Ein überragendes Dressurergebnis legte den Grundstein für seinen Sieg, egalisierte die schwach begonnene Marathonfahrt. Die strafpunktfreie Runde und der zweite Platz im abschließenden Kegelparcours machte den Sieg in der Kombinierten Prüfung perfekt (152,00 Punkte). Christoph Sandmann war ganz nah dran am Weltmeister, lag vor dem Kegelfahren nur 0,61 Punkte zurück. Vor seinem Start bekam er von Bundestrainer Karl- Heinz Geiger das Signal, dass der Sieg im Nationenpreis schon sicher war, der mehrfache Deutsche Meister also voll auf Risiko fahren konnte „Aber schmeiß nur die Kutsche nicht um!“, gab er ihm mit auf den Weg. Sandmann fuhr eine
rasante Runde ohne Zeitfehler, allerdings fiel ein Ball, so dass es Platz zwei mit 155,61 Punkten wurde. Er musste sich wenigstens nicht ärgern über den herangefallenen Ball, auch mit einer Nullrunde wäre es für ihn der zweite Platz geblieben, Exell macht derzeit wenig Fehler. Schon vor Wochen erklärte Christoph Sandmann mit leichtem Schmunzeln dass es „nicht so schlecht ist, wenn Boyd in Aachen nicht am Start ist …“
Dritter in der Kombinierten Prüfung wurde der Ungar József Dobrovitz sen. (160,42 Punkte), er hatte als einer von drei Fahrern das Kunststück fertig gebracht, in dem kniffeligen Kegelparcours ohne Strafpunkte zu bleiben. Das Kegelfahren wurde gewonnen von dem Schweizer Jéròme Voutaz, der wie ein Wirbelwind über den Platz gefegt war. Michael Brauchle landete auf dem sechsten Platz in der Kombinierten Wertung, 165,13 Punkte. Georg von Stein leistete sich zwei Abwürfe im Parcours, das warf ihn auf Platz acht in der Kombinierten Wertung zurück. Dennoch eine starke Leistung für den Mann aus Modautal, der wegen eines Gipsfußes den Parcours gar nicht abgehen sondern lediglich auf einem Golfcar sitzend besichtigen konnte.
Die Fahrer des siegreichen Teams werden auch bei der Europameisterschaft in Aachen für Deutschland an den Start gehen. Zusätzlich benannte der Ausschuss Fahren des Deutschen Olympiade- Komitees Rainer Duen (Minden), Dirk Gerkens (Paderborn) und Ludwig Weinmayr (Fischbachau).
Christine Meyer zu Hartum
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