Die Prüfungen in der Einzelwertung in der Para Dressur bei den Europameisterschaften in Riesenbeck sind entschieden. Deutsche Athletinnen haben insgesamt vier Medaillen gewinnen können.
Am ersten Tag der Europameisterschaft Para Dressur hatten die deutschen Reiterinnen schon einmal richtig vorgelegt, Gold, Silber und Bronze gewonnen. Heidemarie Dresing machte den fulminanten Auftakt in Grade II, gewann mit Horse24 Dooloop – übrigens einem Vollbruder zum ehemaligen Weltmeister junger Dressurpferde Desperado OLD – die Goldmedaille. Im vergangenen Jahr war der Oldenburger noch mit Juliane Brunkhorst siegreich in Intermédiaire II. Martina Benziger und Nautika ritten in Grade I auf den Silberrang und Melanie Weinand freute sich über die Bronzemedaille mit Lemony‘s Loverboy in Grade III.
Regine Mispelkamp mit 74+ Prozent
Ansporn und Belastung zugleich für Regine Mispelkamp, die vierte Reiterin in der Para Dressur-Mannschaft, die am zweiten Tag des Championats in Grade V an den Start ging. „Am Abend vorher war ich schon ein bisschen aufgeregter als sonst“, berichtet die Reiterin mit der meisten Championatserfahrung. Sie hat unter anderem 2021 bei den Paralympics in Tokio Bronze in der Kür gewonnen. „Heute morgen war ich dann etwas entspannter, und als ich auf meinem Pferd saß, kam mit zunehmender Konzentration auf die bevorstehende Aufgabe auch mehr Ruhe. Als Highlander Delight und ich dann ganz allein waren, wurde es noch besser“.
Highlander Delight, der elfjährige KWPN Wallach v. Florencio-Jazz, der gern auch schon mal Flausen im Kopf hat wenn es auf dem Viereck ernst wird, war heute total bei der Sache. „Es hat mir richtig Spaß gemacht“, kommentierte Regine Mispelkamp die Vorstellung. „Heute haben wir Bronze gewonnen, das ist eine große Freude! Ich hatte mir fest vorgenommen ein Ergebnis von 74 Prozent zu erzielen. Jetzt haben wir 74,2 Prozent erreicht, der Plan ist aufgegangen. Und wir haben sicher noch Luft nach oben“.
Routiniers vorne bei Para-Dressur in Riesenbeck
Der Sieg in dieser Prüfung, analog den Anforderungen einer Dressurprüfung der Kl.M, ging nach Belgien. Michèle George und ihre 13 jährigen Stute Best Of 8 sind ein hocherfolgreiches Paar, dekoriert mit zahlreichen Medaillen. Die zuverlässige Partnerin der jungen Belgierin ist aus hannoverscher Zucht, eine Tochter des Bonifatius-Maurice. Mit 76,08 Prozentpunkten siegte die Favoritin in diesem Grade knapp vor dem Mitfavoriten, dem Niederländer Frank Hosmar mit Alphaville, der glatte 76 Prozentpunkte errang. Der KWPN-Wallach ist mittlerweile 18 Jahre alt und hat mit Hosmar zahlreiche Medaillen bei Europa- und Weltmeisterschaften sowie Paralympischen Spielen errungen.
Vor den Reiterinnen und Reitern des Grades V waren die Bewerber in Grade IV an den Start gegangen, ohne deutsche Beteiligung. Die Goldmedaille in diesem Grade ging an in die Niederlande, Demi Haerkens stand mit ihrer KWPN Stute Daula mit 77,55 Prozentpunkten vorn vor ihrer Teamkollegin Sanne Voets (NED, 75,91), die mit Demantur ebenfalls ein KWPN Pferd gesattelt hatte. Die Vivaldi-Tochter ist wie ihre Reiterin championatserfahren, mit 75,91 Prozent platzierte sich das Paar auf dem Silberrang. KWPN zum Dritten auf dem Bronzeplatz mit Katharina Sollenburg, so der ausgefallene Name der erst achtjährigen Stute unter der Belgierin Manon Claeys (73,44).
Pferde und Reiter in der Para-Dressur
Bereits seit 2002 messen sich die Para Dressurreiter bei Europameisterschaften. Damals war die Veranstaltung in Portugal, mit Riesenbeck ist Deutschland in diesem Jahr zum ersten Mal Veranstalter dieses Championats. Seit 2002 hat sich dieser Sport rasant weiterentwickelt, das lässt sich am besten an der Qualität der Pferde ablesen. „Natürlich müssen die Parapferde brav sein, aber das allein reicht längst nicht mehr“, erklärt Britta Bando, die von 2008 bis 2021 Equipechefin in dieser Disziplin war. „Neben guten Grundgangarten sind auch Versammlungsbereitschaft, Schwung und Ausdruck gefragt“.
25 dieser 61 Top-Pferde, die in Riesenbeck am Start sind, stammen aus deutscher Zucht. Deren Pedigrees lesen sich kaum anders als die der Dressurpferde, die in der EM im Regelsport an den Start gehen. Hengste wie Bellissimo M, Sir Donnerhall, Vivaldi und Escolar machen längst Furore auf den großen Dressurplätzen der Welt, sie stehen auch bei den Para-Dressurpferden in der Ahnentafel.
Die Aufgaben auf dem Niveau eines Championats sind anspruchsvoll, da braucht es ein rittiges, mitdenkendes Pferd, das gleichzeitig tolerant gegenüber den Handicaps seines Reiters ist, und andererseits hochsensibel auf die Hilfen reagieren muss. 61 Reiter aus 21 Nationen gehen in Riesenbeck an den Start. Die Leistungen haben sich im Laufe der Jahre mit den ständig besser gewordenen Pferden parallel dazu deutlich gesteigert.
Ein Medaillen-Quartett
Vier deutsche Reiterinnen, vier Medaillen – das ist eine Ausbeute, die Bundestrainerin Silke Fütterer-Sommer guten Mutes auf die Teamwettbewerbe am Donnerstag und Freitag schauen lässt. Dann werden die Mannschaftsmedaillen ausgeritten. Das Ergebnis aus den Einzelwettbewerben wird hier allerdings nicht berücksichtigt – neues Spiel, neues Glück. In den Einzelaufgaben (offiziell „Grand Prix A“) qualifizierten sich die Teilnehmer für die am Samstag stattfindende Kür: Für den Tag haben sich die deutschen Reiterinnen einiges vorgenommen. „Mal 80 Prozentpunkte erreichen“, wünscht sich Heidemarie Dresing. „79 Prozentpunkt haben Horse24 Dooloop und ich schon erreicht, eine Steigerung ist doch möglich“, bleibt sie vorsichtig optimistisch.
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