WM Herning: Heidemarie Dresing und Regine Mispelkamp verpassen knapp Medaillen bei Para-Kür

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Sanne Voets (NED) mit Demantur RS2 in Herning 2022, wo sie sich am Sonntag noch Gold in der Kür sicherte. (© FEI)

Der letzte Tag der WM in Herning stand auch nochmal im Zeichen der Para-Dressur. Die Reiter präsentierten ihre Küren. Nur knapp an den Medaillen vorbei schrappten Heidemarie Dresing und Regine Mispelkamp in ihren Grades. Der Bundestrainer zog dennoch ein positives Resümee.

„Insgesamt gesehen sind wir ganz zufrieden mit dem Abschneiden unserer Para-Dressurreiter bei dieser Weltmeisterschaft“, zieht Equipechef Nico Hörmann nach den drei Wettbewerben in der BB Horse Arena in Herning Bilanz. „Der Mix aus den beiden erfahrenen Reiterinnen Heidemarie Dresing in Grade II und Regine Mispelkamp in Grade V sowie den Neulingen im Team Anna-Lena Niehues in Grade IV und Gianna Regenbrecht in Grade II war gut. Wenn wir hier auch keine Medaille bekommen haben, wir haben die Qualifikation für die Para-Olympics in Paris erreicht, das ist sehr wichtig. Damit, so hoffen wir, bekommt unserer Para-Sport noch einmal einen Schub, der sich hoffentlich bei der Suche nach Sponsoren bemerkbar macht“.

Viele Para-Pferde aus deutscher Zucht

In der Tat wäre das Engagement von mehr Sponsoren wünschenswert, der Sport ist nicht nur an sich schon kostenintensiv, die Preise für geeignete Pferde sind in den letzten Jahren wie auch im Regelsport rasant gestiegen. Das geht einher mit einer Qualitätssteigerung der Pferde, in Herning deutlich sichtbar. Neue, auch etliche junge Pferde, machten hier auf sich aufmerksam und ermöglichten ihren Reiterinnen und Reitern fabelhaftes Reiten. Dadurch gibt es einen Wandel im Para-Sport. Z.B. haben die Briten ihre Vormachtstellung abgeben müssen, in Herning gingen die meisten Medaillen in die Niederlande oder blieben beim Gastgeber Dänemark. Die deutschen Para-Dresssurreiter haben sich schon vor ein paar Jahren daran gewöhnen müssen, dass andere Nationen an ihnen vorbeiziehen, möchten aber natürlich so schnell wie möglich an vergangene Erfolge anknüpfen. Kleiner Trost: Etliche der Pferde stammen aus deutscher Zucht. Ihre Abstammungen lesen sich wie die der Topp Pferde im Regelsport: Nachkommen von Vivaldi, Gribaldi, Quaterback oder Don Frederico sind aus deutschen Züchterställen und machen Furore für ihre Züchter.

Para-Dressur sorge für Imagepflege des Reitsports

Als nur gelegentlicher Zuschauer beim Para-Dressursport bewundert man neben den reiterlichen Fähigkeiten, die die Sportler trotz ihrer Handicaps beweisen, die sensationellen Leistungen der Pferde. Sie schaffen es zu unterscheiden zwischen den Reiterhilfen, die sich ja nicht von denen im Regelsport unterscheiden, und den Impulsen, die die Reiterinnen und Reiter aufgrund ihrer Einschränkungen ungewollt geben, auf die die Pferde dann nicht reagieren. „Die Qualität unserer Reiterinnen und Pferde ist gut“, ist Equipechef Nico Hörmann sicher. „Wir können mithalten. Müssen wir auch, der Para-Dressursport ist wichtig für den gesamten Reitsport. Gerade jetzt, wo so Vieles im Reitsport in der Kritik steht, können die Paras einen wertvollen Beitrag zur Imagepflege leisten“.

Grade IV mit Sanne Voets an der Spitze

Die Reiterinnen und Reiter in Grade IV eröffneten am letzten Wettkampftag in Herning das Kürprogramm. Mit dem Ergebnis von 82,485 Prozent holte sich die Niederländerin Sanne Voets mit Demantur v. Vivaldi nach ihrem Erfolg in der Einzelwertung auch hier überlegen die Goldmedaille. Silber errang die für die USA startende Kate Shoemaker (80,275). Rodolfo Riskalla aus Brasilien hatte mit dem mittlerweile 19 jährigen Don Henrico seinen unwiderruflich letzten WM Auftritt, der Gewinn der Bronzemedaille (78,385) bedeutete ihm deshalb ganz, ganz viel. Die vergossenen Tränen nach dem Ritt waren aber mehr Tränen der Trauer um den Abschied von der langjährigen Zusammenarbeit mit Don Henrico als Freudentränen. Die deutsche Teilnehmerin Anna-Lena Niehues hatte etwas Mühe, ihre Stute Quimbaya bei sich zu behalten. „Sie hat es mir nicht leicht gemacht“, beschreibt sie ihren Ritt, hat nicht auf meine Hilfen gewartet“. Dennoch zieht sie aus ihrem ersten Championat ein positives Fazit. (74,40, Platz fünf in der Kür).

Grade II: Nochmal Gold für Kristensen

Doppelgold auch für die Dänin Katrine Kristensen in Grade II, die nach dem Sieg in der Einzelwertung auch die Kür für sich entscheiden konnte (75,788 Prozent). Die beiden anderen Podiumsplätze nahmen zwei Reiterinnen aus Großbritannien ein. Auf dem Silberrang Lee Pearson (77,860), Bronze gab es für Georgia Wilson (75,834).

Wie bei den Paralympics in Tokia beendete die deutsche Teilnehmerin Heidemarie Dresing mit La Boum die Konkurrenz auf dem vierten Platz (73,545). „La Boum war überraschend wild, ich musste schon etwas arbeiten. Aber wir sind hier ja auch nicht im Urlaub, sondern auf einer Weltmeisterschaft. Wir haben ein paar kleine Schnitzer gemacht, schade. Aber besser haben wir es heute nicht hingekriegt“.

Die zweite deutsche Teilnehmerin, Gianna Regenbrecht, hatte mit Fürst Sinclair noch viel mehr Probleme. Welche Gespenster ihn an einer kurzen Seite geängstigt haben konnte auch seine Reiterin nicht ergründen, jedenfalls scheute er mehrfach, Regenbrecht konnte den ersten Teil der Kür nicht planmäßig präsentieren. „Als ich aufs Viereck kam, ist er richtig hochgefahren, so dass er sich erst gar nicht wieder eingekriegt hat. Es fehlte nur eine Kleinigkeit, dann hätte er die nächste Stufe gezündet. Nach der ersten Hälfte hat er sich dann etwas beruhigt, aber die Kür war natürlich kaputt. Schade, ich hatte mich so darauf gefreut, zumal er sich auf dem Abreiteplatz echt gut angefühlt hat. Das Gute ist, dass er sich in der Prüfung dann doch noch beruhigt hat“, tröstet sich die sympathische Newcomerin.

Springreit-Bundestrainer als Zuschauer gerührt

Am Sonntag schauten denn doch einige Zuschauer in der BB Arena der Kür zu, unter anderem auch Otto Becker, der Bundestrainer der Springreiter und sein Co-Trainer Marcus Döring. Döring hat großen Respekt vor dem Sport weitab des Springparcours: „Klar möchte ich bei solchen Multi-Championaten auch von den anderen Disziplinen etwas sehen. Bei den Para-Reitern bin ich immer ganz fasziniert von den Leistungen der Reiter. Noch mehr aber beeindrucken mich die Pferde. Ich habe auch die Arbeit außerhalb der Wettkämpfe beobachtet, bei der die Trainingsreiter die Para-Pferde reiten. Und habe gesehen, dass diese Pferde durchaus keine Schlaftabletten sind! Sie machen genau so mal Quatsch wie die Pferde im Regelsport, so dass ich manches Mal gedacht habe: Wie geht das denn, wenn ein Reiter mit Handicap da drauf kommt? Dann habe ich gesehen, wie die Pferde den Schalter umlegen und plötzlich viel artiger sind, wenn der andere Reiter aufsitzt. Dabei zeigen sie ja nicht weniger ihre sportlichen, sondern sind nur gesitteter. Das Verhalten dieser Pferde rührt mich, das gebe ich gern zu.“

Grade III: Nochmal Dänemark

In Grade III waren keine deutschen Reiter am Start. Hier siegte mit einer Kür die Publikum und Richter gleichermaßen begeisterte der Däne Tobias Thorning Joergensen (86,513 Prozent) mit Jolene Hillund holte sich seine zweite Goldmedaille dieser Weltmeisterschaft. Mit Weile dahinter die Niederländerin Lotte Krijnsen und Rosenstolz (76,673). Ganz nah dran beendete die Britin Natasha Baker (Wertz. 76,62) auf dem Bronzeplatz die Weltmeisterschaft.

Grade V: Doppelgold für Belgien

Den Abschluss bildeten die Reiterinnen und Reiter des Grades V. Hier standen die üblichen Verdächtigen auf dem Podium: Ganz oben die Belgierin Michèle George (82,860 Prozent), die mit der Hannoveraner Stute Best of 8 ihre zweite Goldmedaille holte. Wieder „nur“ Silber für Frank Hosmar (80,775),für den Niederländer fühlte es sich dennoch an wie Gold. Sein KWPN Wallach Alphaville war nach schwerer Krankheit wieder genesen, ein Wiedereinstieg in den Turniersport hatte lange infrage gestanden. Umso mehr freute sich Hosmar über eine Gold- und zwei Silbermeddaillen in Herning. Die Bronzemedaille gewann Sophie Wells vom britischen Team mit Don Cara M (79,225). Regine Mispelkamp blieb der bei Championaten ungeliebte vierte Platz (77,06). Ihr zehnjähriger Wallach Highlander Delight‘s hatte sich im Laufe der Weltmeisterschaft von Prüfung zu Prüfung gesteigert, konzentrierte sich jeden Tag etwas mehr auf seine Reiterin, gegen die drei Medaillenträger hatte das Paar dennoch heute keine Chance.

Alle Ergebnisse aus Herning finden Sie hier.

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Christine Meyer zu HartumRedakteurin

Expertin für den Fahrsport mit eigener Erfahrung sowohl auf dem Bock als auch als Turnierorganisatorin. Westfälische Züchterin mit erfolgreichen Kindern in Pferdesport und -zucht. Reitwartin und Ansprechpartnerin in der Rubrik „Leser fragen, Experten antworten“. Berichterstatterin über internationale Voltigierevents von vielen Welt- und Europameisterschaften.

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