Eigentlich wollte sie eine neue Kür reiten, aber ihr Umfeld hat der Britin Charlotte Dujardin davon abgehalten. Das war dann wohl auch gut so. Die Britin siegte mit über 90 Prozent, Helen Langehanenberg unterliefen zwei teure Fehler – „Das ist so, wie es ist.“ Die Top-Ritte in der Übersicht.
Charlotte Dujardin (GBR) und Valegro v. Negro (KWPN)
Etwas hinter der Musik ist die Britin beim Einreiten so viel zu den Fehlern. Der Rest ist nur noch traumhaft! Los gehts mit einer Passage nach links nach dem Gruß, Bläser zu herrlich federnden Piaffen. Aus den klassischen Klängen der Last night of the Proms zu den Lektionen höchster Versammlung mogelt sich dann Paul McCartneys Live and let die an der kurzen Seite in die Musikabfolge hinein. Es folgt ein starker Trab, der das Maximum dessen, was man sich vorstellen kann, darstellt.
Traversalen in der Passage folgen gibt es Zwölfen? Alles sieht einfach aus, nie wirkt etwas gequält. Auch die Höchstschwierigkeiten wie bei A eine Piaffe mit 90-Grad-Drehung, anschließend die Mittellinie hinunter in starkem Trab und daraus gleich in den Schritt an der kurzen Seite. Dann Militärtrommeln zum Angaloppieren, und Land of Hope and Glory zum starken Galopp die heimliche zweite Nationalhymne, gerne von angetrunkenen Briten angestimmt.
Was diesen Ritt neben seiner Leichtigkeit ausmacht, das ist die Präzision: Wenn die Big Ben-Glocke ertönt, dann ist Valegro exakt dabei, in die Pirouette zu gehen, mit Stellung und Biegung, Energie und Ausdruck. Das gilt auch für die von der Olympic Fanfare begleiteten Serienwechsel. Nur aus der dritten Pirouette muss sich Charlotte etwas herausmogeln. „Da bin ich versehentlich mit dem Sporn gekommen, da hat er einen Hüpfer gemacht! Ursprünglich wollte die 28-Jährige nicht noch einmal das Musikprogramm nehmen. Ich dachte, das ist meine London-Kür, das soll sie auch bleiben. Aber dann hätten alle auf sie eingeredet, hätten ihr gesagt, wie gut die Musik sei, wie toll alles passen würde. Da war ich dann irgendwann überzeugt
Gold, 91,250 Prozent
Helen Langehanenberg und Damon Hill v. Donnerhall (WESTF)
Passage zu Beginn, dann ein Halten für eine Zehn! Jetzt Piaffe, daraus starker Trab, alles noch auf der ersten Mittellinie. Damon Hill ist aktiv, dynamisch, zieht mit. In den kraftvollen Passagen pendelt der Schweif vorbei die Zeiten, als einzig peitschende (schwarze) Schweife gut waren für Höchstnoten. Herrlich glänzen die Muskeln unter dem Fell des Dunkelfuchses. Fließende Traversalen, dann in der ersten Passage-Traversale ein kleiner Taktfehler, anschließend eine tolle Piaffe danach starker Trab, super durch den Körper. Kann das reichen? Das Paar ist zumindest in Topform.
Übergang aus der Passage in den starken Schritt, total entspannt, schreitend auf der Zirkellinie. Kein Pferd der Spitzengruppe kann das vergleichbar gut zeigen. Sehr guter versammelter Schritt, alles direkt vor den Richtern das ist geschickt. Wer Schritt hat, der kann ihn auch da zeigen, wo die meisten Richter ihn am besten sehen. Daraus dann ein weiteres Highlight: Angaloppieren in den starken Galopp an der langen Seiten. Maximale Dynamik, WOW! Nach der Pirouette ein Fehler in den Einerwechseln, später sind auch die zweiten Wechsel von Sprung zu Sprung nicht ideal. Helen Langehanenberg ist trotzdem glücklich mit Silber (87,286 Prozent): Es war traumhaft, aber ich hatte zwei Fehler, so ist das halt. Der emotionalste Moment bei der EM war aber der Grand Prix als keiner mehr glaubte, dass wir noch Gold gewinnen, als da alle geschrien und geklatscht haben. Persönliche Bestleistung, drei Prüfungen in Folge!
Silber 87,286 Prozent
Adelinde Cornelissen (NED) und Parzival v. Jazz (KWPN)
Sehr gute Piaffe zu mittelalterlichen Klängen, die Musik ist an den Namen Parzival angelehnt. Zu abwechslungsreich ist die Raumaufteilung nicht. Immer wieder Halbdiagonalen, so auch in den Traversalen. Piano und Gesang zum Schritt, der im versammelten Tempo beginnt, der starke Schritt ist gut.
Dann Spielmannweisen zu Galopptraversalen, Zweierwechsel auf der Mittellinie bergauf, flüssig, gerade genau wie die folgenden Einerwechsel. Aus dem Galopp misslingt die Rückführung, die eigentlich direkt in eine Piaffe bei X münden soll. Aber da klappt die Feinabstimmung nicht, dann Richtungswechsel. Das gefällt den Zuschauern, sie klatschen. Der Fuchs wird lebhafter.
Etwas wenig ideenreich, kaum Überraschungen und dann noch der nicht gelungene Übergang zum Schluss vielleicht auch dem Trainingsrückstand geschuldet. Adelinde Cornelissen ist glücklich, dass sie noch eine Medaille bekommen hat. Am 1. Juni war bei Parzival ein Herzproblem erkannt worden („er reagierte kaum noch auf treibende Hilfen“), eine Kammer hatte nur noch vibriert, die andere Kammer musste das gesamte Pferd versorgen. Erst vier Wochen nach einem sofort vorgenommenen Eingriff begann die Aufbauarbeit. Deswegen dankt sie dem gesamten Team. Wir sind hier nur für die Mannschaft hingefahren, dass sogar noch Einzelmedaillen herausgekomen sind, ist unbeschreiblich!
Seit einem knappen Jahr trainiert sie wieder mit Johan Haminga, der sie einst in den Grand Prix Sport gebracht hat. Immer wieder wurde mir mangelnde Harmonie angekreidet, das wollte ich verbessern. Johan arbeitet sehr viel an den ,Basics da haben wir Fortschritte gemacht. Das sieht man und neben all den anderen Überraschungen dieser Europameisterschaften war der bessere Sitz, wieder in der Senkrechten, und die weicher einwirkende Hand der Niederländerin, etwas, das viele positiv erstaunen ließ.
Bronze, 86,393 Prozent
Edward Gal (NED) und Undercover v. Ferro (KWPN)
Der Totilas-Arrangeur trifft aus das Gal-Prinzip: Passagen und Piaffen am Beginn, untermalt von dramatischer Musik, Streicher, Trompeten, etwas Leichtigkeit bringt ein Klavier. Secretum Revelatum hat Joost Peters, der schon die Totally Totilas-Kür zusammengestellt hat und auch für das Arrangement der berühmten Piano-Kür des Komponisten Wibi Soerjadi verantwortlich zeichnet, mit der Imke Schellekens-Bartels und Sunrise sich bei den Olympischen Spielen in Hongkong und im Weltcupfinale weit vorne platzieren konnte, das Stück getauft.
Der Rappe ist sehr eng in den Traversalen im Trab, wirkt aber entspannter als noch im Grand Prix Special, Piaffe mit 90-Grad-Drehung auf die Mittellinie. Im Schritt wird gesungen, lateinische Texte von einer Frauenstimme, später hört man auch einen Mann. Ein halber Hufbreit Übertritt, mehr ist nicht drin. Aber der Rappe ist schneller unterwegs als in den Prüfungen zuvor. Der starke Galopp verdient diese Bezeichnung, in den Zweierwechseln ist Gal leicht vor der Musik, einmal fällt der Ferro-Sohn im Galopp aus, aber kunstfertig wie Gal ist, gelingen die direkt anschließenden Einerwechsel – sind aber nach wie vor zu kurz. Auch ein Übergang aus dem Galopp in die abschließende Passage klappt nicht, dennoch die beste Vorstellung des Rappen auf diesen Europameisterschaften.
Platz vier, 84,911 Prozent
Kristina Sprehe und Desperados v. De Niro (HAN)
Die Olympiakür aus dem letzten Jahr. Musik aus den 1980-er Jahren. Tainted Love, Fade to grey, zu guten Passagen hier hat der kapitale De Niro-Sohn enorme Fortschritte gemacht, ist viel gleichmäßiger im Hinterbein geworden und Piaffen. Send me an Angel tönt es zu den Traversalen, aber angesichts dieser Dynamik, der guten Stellung und Biegung und den kraftvollen Trabverstärkungen braucht das Paar nicht nach himmlischem Beistand zu fragen. Das ist auch so richtig gut! Erste Schwierigkeit bei A: Piaffe mit 90-Graf Drehung, dann zu Tainted Love im starken Trab die Mittelinie Richtung C. Übergang zum versammelten Schritt,im starken Schritt über die halbe Diagonale, starker Galopp zu Tears for Fears Shout: Gut zentrierte Pirouetten und Zweierwechsel, gute Raumaufteilung, die Einerwechsel gelingen.Die Piaffpirouette zum Schluss, in London noch einhändig geritten, reitet die Dinklagerin diesmal mit beiden Zügeln. Am Ende des Programms ist Kristina Sprehe leicht vor der Musik. Es war das letzte Mal, dass Desperados diese Kür gegangen ist, jetzt soll der Schwierigkeitsgrad erhöht werden, und eine schnellere Lektionsabfolge ist auch geplant.
Platz fünf, 81,875 Prozent
Carl Hester (GBR) und Uthopia v. Metall (KWPN)
Eine musikalische Weltreise durch mehrere Jahrhunderte hat Carl Hester vorbereitet, Filmmusiken, Barock-Chöre und exotische Instrumente. Nach dem Gruß, geht es direkt in eine Linkstraversale in der Passage. Höhepunkt: Der starke Trab mit der Nase maximal, bzw. ideal vor der Senkrechten, Rahmenerweiterung aus dem Bilderbuch! Dann setzen gälische Trommeln ein und eine Geige fiedelt zu akzentuierten Passagen, Filmmusik folgt, Der letzte Mohikaner, zur nächsten Traversale nach links. Die Piaffen gelingen besser als in Grand Prix und Special.
Wieder Trommeln zur Passage, Chöre zum starken Trab, Piaffepirouette mit leichter Taktstörung, gälische Fiedeln, diesmal ohne Trommelunterstützung, passend zum Schritt. Der ist so wie er ist, knapp aber im Takt. Im Galopp dann eine mystische Frauenstimme, dann Einerwechsel mit Chören und Trommeln, sitzen da Indianer? Zitarklänge für die Pirouetten, wir sind wohl jetzt in Indien! Bollywood lässt grüßen, eine glockenklare Arienstimme trällert zur nächsten Pirouette, also sind wir zurück in der alten Welt. Am Ende ist Barock Trumpf: Händels Chor Zadok, der Priester, das ist zwar monumental, macht die zögerliche Piaffe aber auch nicht besser.
Platz sechs, 81,696 Prozent
Anna Kasprzak (DEN) und Donnperignon v. Donnerhall (FIN)
Das Publikum schreit schon, als die Tochter der Hauptsponsorin in die Arena kommt. Wieder Phil Collins-Klänge, die Passage ist vorm Gruß noch etwas matt: Kasprzak beginnt ihr Programm im Galopp, gleich vor den Richtern setzt sie zu einer Pirouette auf der Mittellinie an, nach eineinhalb Drehungen geht es mit Einerwechseln zurück auf der Mittellinie, es folgt ein starker Galopp über die Diagonale aus der Pirouette am Ende dieser Mittellinie heraus. Jetzt Musikwechsel: Invisible Touch zu starkem Trab über die Diagonale, Passage ab V, die erste Piaffe beginnt etwas hektisch, wird im Verlauf aber besser. Wechsel von versammelten Trab und Passage in Traversalverschiebungen, daraus wieder starker Trab über die Diagonale, Flöten zur Piaffe, da hat wohl einer Pepe die Flötentöne beigebracht.
Schritt zu In the air tonight, der Dunkelfuchs kommt leider nicht ganz zur Losgelassenheit, zackelt einmal an, so etwas ist teuer, Schritt kann man nicht wiederholen.
Viele gute Ideen in der Kür, leider gibt es bei einem Highlight, der direkten Abfolge Zweier-/Einer-/Zweierwechsel auf gebogenen Linien, eine Störung in den Zweierwechseln. Wie in den Vortagen wünscht man sich die Nase mehr vor der Senkrechten, dann kann der Donnerhall-Sohn sicherlich einmal die 82-Prozent-Hürde packen.
Platz sieben, 80,161 Prozent
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