Olympia 2024: Die „Vorhölle von Versailles“: Extrem-Hitze setzt Dressurreitern und Gästen massiv zu

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Olympic Games 2024

Frederic Wandres und Bluetooth piaffierten heute gut vor der Kulisse von Versailles. (© Frederic Wandres und Bluetooth)

Olympia 2024 zieht derzeit weltweit unzählige Sportfans in seinen Bann. St.GEORG-Chefredakteur Jan Tönjes ist bei den Olympischen Spielen in ParisMehr …

Olympia 2024 zieht derzeit weltweit unzählige Sportfans in seinen Bann. St.GEORG-Chefredakteur Jan Tönjes ist bei den Olympischen Spielen in Paris für Sie vor Ort. Von dort berichtet er über alle Reitsportwettbewerbe – und täglich über seine Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen rund Olympia 2024.

Wie steigert man eigentlich heiß? Heiß, heißer, Versailles? Und auf französisch heißt warm, so meine ich mich zu erinnern, chaud. Ist ein Hitzeschlag damit ausgelebter Chauvinismus?

Olympia 2024: Extreme Hitze setzt nicht nur den Reitern und Pferden zu

Gestern war es einfach unfassbar heiß. Einige Kolleginnen und Kollegen schickten via WhatsApp Warnungen vor heftigen Gewittern herum. Die kamen aber nicht. (Heute Nacht hat es aber ganz schön gegrummelt, bei 23 Grad um Mitternacht). Aktuell sind sie für heute Nachmittag angesagt. 16 bis 17 Uhr – sollte die App Recht haben, ist dann schon die Reiterei vorbei. Um 15.20 Uhr gehen Jessica von Bredow-Werndl und Dalera ins Viereck. Hoffentlich trocken, bzw. „nur“ schweißnass. Denn das wird nicht ausbleiben.

Am Dienstag wurde auf den unüberdachten Tribünen mit Fächern gefächelt, was die Dinger hergaben. Der Effekt entspricht ungefähr dem, den man erzielt, wenn man bei Starkregen einen dieser 6,99 Euro-Regenschirme tapfer gen Himmel streckt. Kann man machen, muss man nicht.

Olympia 2024: Zuschauer kollabieren bei 34 Grad

In vier Sprachen wird in den Metro- und Tram-Stationen sowie Bahnhöfen vor Überhitzung gewarnt. „Trinken Sie und halten sie auch ihre Haut feucht“. Für die Pferde ist an alles gedacht und auch Daniel Bachmann Andersen stellte sich nach seinem Ritt kurzerhand in eines der Zelte, in denen Ventilatoren Wasser vernebeln. Ich bin kein Fan von Wet-T-Shirt-Contests, aber wenn sich das einer erlauben kann, dann der Däne.

Einige Zuschauer kollabierten, erstaunlich wenige, wie ich finde. Denn 34 Grad sind einfach eine Herausforderung, zumal es kaum Schatten gibt und auf den Tribünen eben überhaupt nicht. Wer am Dienstag gegen Mittag in das große Pressezelt gekommen war, der hätte vermutlich seinen Kirchenaustritt spontan rückgängig machen wollen. Die Szenerie hatte etwas von der Vorhölle. Krebsrote Männchen, bevorzugt mit schwerem Kamera-Equipment, rannten durch die Gänge. Und an den Tischen saßen Menschen mit merkwürdig weiß-gelben Schlieren im Gesicht. Einige davon ebenfalls rot, andere eher fahl. Es sah aus, als habe man die Untoten zum Schreibdienst an Laptops verdonnert.

Fotografen holen sich Sonnenbrand

Die roten Gestalten waren zumeist Fotografen, die auf Sonnenschutz (der für die Schlieren in den Gesichtern der Schreibtisch-Zombies verantwortlich war) verzichtet hatten. Warum? Nicht etwa, dass sich auch schon zu den Knipskünstlern herumgesprochen hat, dass zu viel Sonne nicht so wirklich gut ist. Nein, es ist der penetrante Film an den Fingern, um den man beim Eincremen einfach nicht herumkommt, der den Fotografen Sorgen bereitet. Mit glitschigen Fingern die mehrere tausend Euro teuren Objektive ab- und umzuschrauben, birgt ein großes Risiko. Der Versicherung wird es egal sein, wenn man als Schadensgrund angibt, „ich hatte genau den einen Moment, als das Pferd in der Piaffe das Maul geschlossen und den Schweif ruhig hatte“.

Mich würde interessieren, ob die Richterinnen und Richter eine Klimaanlage in ihren Häuschen haben. Wenn nicht, dann hätten sie mein tiefstes Mitgefühl und Verständnis. Auch für ihre Notenfindung.

Olympia 2024: Springreiter sind in Versailles angekommen

Die Springreiter sind gestern auch schon eingetrudelt. Ihre Pferde sind da. Heute morgen ist die Verfassungsprüfung, die erfahrungsgemäß nicht ganz so stilvoll durchgeführt wird wie bei den Buschreitern. Hoffentlich raucht niemand beim Vormustern…

Ich muss mich in aller Form für die technischen Probleme entschuldigen, die gestern unsere Webseite für Stunden außer Gefecht gesetzt haben. Das nervt Sie und Euch vermutlich. Aber eines ist sicher: Mir geht es nicht anders. Jetzt soll alles laufen, besser als zuvor habe ich aus Hamburg gehört. Hoffentlich!

Wie schlagen sich Isabell Werth und Jessica von Bredow-Werndl?

Schnell noch der Blick auf die Startliste des zweiten Teils des Grand Prix: Um 10 Uhr ist Weltmeisterin Charlotte Fry mit Glamourdale dran. In derselben Gruppe sind auch noch Cathrine Dufour (DEN) und Freestyle an der Reihe (10.38 Uhr) und Isabell Werth wird sich mit Wendy ab 11.25:30 Uhr den Sonnenstrahlen aussetzen. Stichwort Strahlen – ein solches, oder zumindest recht zufriedenes Gesicht, haben die TV-Leute aus Deutschland wenn man sie nach den Einschaltquoten. Ca 2,8 Millionen Menschen haben im TV und den Streamingangeboten den Geländeritt verfolgt. Ich finde, dass diese Zahl optimistisch stimmt.

Aber zurück zur Startliste: Die Schwedin Therese Nilshagen und Dante Weltino stehen für 13.16 Uhr auf der Startliste. Im direkten Anschluss (13.25:30 Uhr) reitet Emmelie Scholtens (NED) dann Indian Rock. In der letzten Gruppe bin ich auf das Reiten des Niederländers Hans Peter Minderhoud und Toto jr. Gespannt (13.55 Uhr). Neun Minuten vor Jessi und Dalera ist die Französisch Pauline Basquin mit Sertorius dran (15.11 Uhr).

Vorm Grand Prix steht noch das Pressegespräch mit den Springreitern an. Mal sehen, was Richard Vogel so von der Eröffnungsfeier zu berichten hat!

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

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  1. Catharina

    Um die Hitze sind alle Anwesenden in Paris und Umgebung wahrlich nicht zu beneiden. Hoffentlich wird es in den nächsten Tagen, wie angekündigt, wieder angenehmer, sodass die Reiter und Pferd nicht zu sehr belastet werden.

    Und wieder ein Dank für den Beitrag. Immer schön dabei zu sein, wenn auch „nur“ literarisch.

  2. Gesa

    Unglaublich, wieviel Heuchelei im Pferdesport existiert. Seit Jahren wird in allen möglichen Pferdezeitschriften darauf hingewiesen, wie belastend hohe Temperaturen für Pferde sind. Es wird empfohlen ab 30 Grad nicht mehr auf Turniere zu gehen etc. Scheinbar ist ist es für die Olympiaausrichter und die FEI eine erstaunliche Überraschung ,das im Hochsommer in Paris Temperaturen von über 30 Grad auftreten können, sodass man wohl auch eine Verlegung der Wettkämpfe in die frühen Morgenstunden oder späteren Abendstunden nicht bedenken konnte.
    Eine Qual für die Pferde, die Reiter und die Zuschauer wird billigend in Kauf genommen und alle hoffen jetzt nur das es besser wird…..ansonsten einfach weitermachen wie bisher.


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