Olympia 2024 zieht derzeit weltweit unzählige Sportfans in seinen Bann. St.GEORG-Chefredakteur Jan Tönjes ist bei den Olympischen Spielen in ParisMehr …
Olympia 2024 zieht derzeit weltweit unzählige Sportfans in seinen Bann. St.GEORG-Chefredakteur Jan Tönjes ist bei den Olympischen Spielen in Paris für Sie vor Ort. Von dort berichtet er über alle Reitsportwettbewerbe – und täglich über seine Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen rund Olympia 2024.
Olympia 2024: Wenn die Kamera zu schmelzen beginnt…
Und Stichwort „schmelzen“ – eine britische Kollegin, die bei Horse and Hound arbeitet (und die die Situation gut kennt, wenn sie außerhalb der Pferdeszene von ihrem Arbeitgeber spricht, dass alle dann immer sagen, „ach, wie Hugh Grant in Notting Hill“) hat mir auf dem Hinweg vom Hotel gestern – zweimal umsteigen, Tram/Bahn/Tram, Dauer eine gute Stunde – erzählt, dass ihr fotografierender Kollege einen Hitzeschaden davon getragen hat. Um präzise zu sein, eines seiner Objektive. Es ist, kein Witz, geschmolzen. Wenn man sich vor Augen führt, dass die Dinger erstens riesengroß und zweitens wahnsinnig teuer sind (und drittens gebraucht werden, um in dem wahnsinnig riesengroßen Stadion tolle Bilder aus jeder Ecke machen zu können), kann man sich vorstellen, wie der arme Peter, der auch für St.GEORG schon Bilder geliefert hat, sich jetzt fühlen muss. Nur gut, dass die Vielseitigkeit vorbei ist. Das ist der britische Nationalsport, davon keine Bilder zu haben, wäre vermutlich mit einer Verbannung bestraft worden.
Prinzessin Anne übernimmt Siegerehrung bei Olympia 2024
Kein Wunder, dass Princess Anne es sich nicht hat nehmen lassen, die Medaillen zu übergeben. Sie selbst hat international geritten, ihre Tochter Zara Tindall war 2006 Weltmeisterin.
Pippa, so heißt die Kollegin, ist quasi die weibliche Variante der Geschichte von dem Hasen und dem Igel. Die kennt hoffentlich jeder, es geht um einen Wettlauf, den ein Hase und ein Igel ausmachen. Der arrogante Hase lacht sich ins Fäustchen, sicher den Igel zu besiegen. Der stachelige Gesell ist aber smart, hat ein Double, sodass der Hase durch die Gegend hetzt und dann immer nur auf einen Igel trifft, der sagt, „ich bin schon da“. Pippa muss ein Igel in Menschengestalt sein, sie ist immer überall schon da und hat immer schon etwas veröffentlicht.
Wir tauschten uns ein bisschen über das harte Leben eines Turnierberichterstatters aus. Sie hatte eine wunderbare Devise parat: „First rule for a championship reporter: eat whenever you can”. Also immer essen, wenn es gerade geht. Ich weiß, wovon sie spricht. Bei uns gibt es Äpfel und Bananen in der Pressestelle, dazu Wasser und Kaffee. Das ist eine gesunde Diät. Ein Tag, und der hat ja zu Olympiazeiten ca. 14 bis 18 Arbeitsstunden, kann einen schon mal das Essen vergessen lassen.
Richard Vogel beschreibt „speziellen Moment“
Aber zurück zum „Venue“, der Sportstätte. Gestern sind die Springreiter eingetroffen, morgens war Verfassungsprüfung. Anschließend gab es ein informelles Pressegespräch. Richard Vogel, „Richie“, hatte ich gefragt, wie er als Süddeutscher es denn auf dem Boot auf der Seine ausgehalten hat bei der Eröffnungsfeier. Seekrank würde er nicht, hat er erzählt. Und dann begann er zu schwärmen. Erst einmal hat er die Wasserthematik aber recht pragmatisch gesehen, „wir wurden von oben nasser als von unten“. Ein besonderer Moment an diesem regnerischen Abend? Da musste er nicht zweimal überlegen: „Als das Boot mit dem Piano kam und „Imagine“ gesungen wurde, das war ein ganz, ganz spezieller Moment, den wir auf einem riesengroßen Bildschirm erlebt haben. Dazu der beleuchtete Eiffelturm – Gänsehaut, da werde ich mich immer dran erinnern. Und an die tolle Gemeinschaft im Team D“. OK, Zwischenfrage: Gänsehaut bei einem Vogel – ist das nicht eine Selbstverständlichkeit, gehört das nicht quasi zur Grundausstattung? Egal!
Christian Kukuk und Philipp Weishaupt waren ja per Bahn wegen eines Anschlags auf das Schienennetz in Frankreich nur bis ins belgische Lüttich gekommen und waren dann wieder umgedreht. Christian Kukuk hat auf dem Sofa zuhause die Eröffnung im TV gesehen, „Wie die da mit den Regenjacken tierisch nass geworden sind, da fand ich es gar nicht mehr so schlimm, nicht dabei gewesen zu sein“.
Philipp Weishaupt hat noch Michael Jung kurz im Hotel getroffen. Der hat ihm einen Rat mit auf den Weg für die kommenden Tage gegeben: „Jungs und Mädel, macht euch auf was gefasst!“ Das hat Weishaupt beeindruckt, „der hat auch schon ein bisschen was mitgemacht. Aber das hier ist dann doch ’ne andere Liga.“ Kleiner Tipp von mir Unbeteiligtem: Einfach Olympiasieger werden und nachempfinden.
Olympia 2024: Die Springreiter sind gefordert
Nochmal zurück zum Schmelzen. Für die Pferde wird alles gemacht in der Hitze. Tierärzte überprüfen während des Reitens mit Wärmebildkameras, ob die Körpertemperatur der vierbeinigen Athleten in einen kritischen Bereich gerät. Dann wird durchpariert. Eiswasser und Eisblöcke stehen zum Herunterkühlen bereit. Die deutschen Dressurpferde sind top in Form. Sie erreichen niemals diesen Bereich. Dennoch, so erzählte mir Bundestrainerin Monica Theodorescu, würde man die Abkühlmöglichkeiten nutzen. Frederic Wandres Bluetooth sei nach dem Ritt vorgestern mit Eiswasser abgewaschen worden und dann, ohne ihn abzuziehen, in den Stall geführt worden. Dort angekommen war der Oldenburger erstens knochentrocken und zweitens guckte er nach dem Motto: „Und jetzt, was machen wir jetzt?“
Die Ställe selbst sind kalt, „AC“ (Äij Si), sagt Richie Vogel. Im ersten Moment frage ich mich, ob er das /DC vergessen hat. Aber ich denke mal, „Highway to hell“, also AC/DC dürften eher Richies Eltern kennen. Er ist ja der mit Abstand Jüngste im deutschen Jumper-Team. Nur um das aufzuklären: AC = Air Condition.
Für die Springreiter geht es heute los. Mannschaftsentscheidung, erste Wertung. Ab 11 Uhr gehen 80 Pferde über den Parcours. Bin gespannt, was für kreative Hindernisse wir erleben. Schon im Parcours der Vielseitigkeitsreiter gab es liebevoll gestaltete Hindernisse. Eines mit einem Fesselballon der Gebrüder Montgolfier. Was die mit Versailles, mit der Bitte, sich während des Flugs anzuschnallen, weil jederzeit ungeahnte Turbulenzen auftreten können und der Agrarpolitik des 18. Jahrhunderts zu tun hat, verrate ich morgen (einem nicht genannten Rundfunkkollegen, der auch eifrig diesen Newsletter liest, wie er mir verraten hat, sei gesagt – reserviere mir eine Banane, und du könntest dieses exklusive Wissen schon vor allen anderen erlangen).
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