Olympia 2024: Erschwerte Bedingungen bei Vielseitigkeit – wer kommt damit am besten klar?

Von
Newsletter-Jan-Toenjes-Paris-2024

(© St. GEORG-Chefredakteur Jan Tönjes)

Olympia 2024 zieht derzeit weltweit unzählige Sportfans in seinen Bann. St.GEORG-Chefredakteur Jan Tönjes ist bei den Olympischen Spielen in ParisMehr …

Olympia 2024 zieht derzeit weltweit unzählige Sportfans in seinen Bann. St.GEORG-Chefredakteur Jan Tönjes ist bei den Olympischen Spielen in Paris für Sie vor Ort. Von dort berichtet er über alle Reitsportwettbewerbe – und täglich über seine Eindrücke, Erlebnisse und Erfahrungen rund Olympia 2024.

Bonjour de Paris!

Ich nehme mal an, das Gefühl aus der Schule kennt jeder. Wenn das Prinzip nach unten gucken nicht funktioniert hat und man von der Lehrkraft drangenommen worden ist. Dann ein ganz schlaues Gesicht aufsetzen und noch so ein wenig sinnend dreinblicken, um die eigene Ahnungslosigkeit zu überspielen. Genau dieses Prinzip habe ich angewendet, als ich mit Bettina Hoy den Geländekurs abgegangen bin. Es war Sprung 5, das Bassin. Ja, genau, Wasser. Das war selbst mir klar, der Rest nicht. Mir schoss nur ein Gedanke durch den Kopf: Da stehst du hier mit einer der erfahrensten Vielseitigkeitsreiterinnen der Welt und hast null Idee, wie man hier wo lang reiten soll. Wie peinlich! Quelle Catastrophe!

Olympia 2024: Kursbegehung mit Bettina Hoy

Glücklicherweise musste auch Bettina Hoy einmal kurz in sich gehen, um die Wege – es gab zu dem Zeitpunkt noch keine offizielle Parcourskizze – voreinander zu bekommen. Ich könnte jetzt noch schwärmen und beschreiben, was für Ideen Parcourschef Pierre LeGoupil und sein Team sich haben einfallen lassen und dann auch realisiert bekommen haben. Aber der Blick in die ausführliche Kommentierung von Bettina Hoy ist da sicherlich viel erhellender, es ist ja auch jedes Hindernis fotografiert und beschrieben.

Wasser ist ein in vielerlei Hinsicht beherrschendes Thema des gestrigen Tages gewesen. Nicht nur die drei Wasserkomplexe auf der Geländestrecke, dann der Grand Canal, der wie ein großes Kreuz den Park von Versailles optisch bestimmt (Tipp: einfach mal auf Google Maps gucken in der Satellitenansicht – sogar das provisorische Olympiastadion ist zu sehen), und dann Regen. Mal hat es genieselt, mal geschifft, mal gegossen. Dennoch saßen tapfer tausende Zuschauer im Stadion. Dort gibt es exakt fünf überdachte Plätze: Bei E, M, C, H und B – in den Richterhäuschen.

Olympia 2024: Zuschauer trotzdem dem Regen

ARD-Kommentator Carsten Sostmeier, den ich in der Straßenbahn auf dem Hinweg getroffen habe, hat damit ein doppeltes Problem: Er sitzt ganz oben in der Ecke. Damit hat er nicht nur Regen, bzw. ab heute, so die Wetter-App Recht hat, Sonne als ein Problem – auf dem Monitor wird man bei Sonnenschein garantiert gar nichts sehen –, sondern auch noch den Wind von zwei Seiten. Er grübelt schon, womit er seine Unterlagen beschwert.

Die Reiterinnen und Reiter hat es schon hart getroffen. Aber die müssen ja nur kurz ins Stadion und können sich im Stall umziehen. Anders ist es um die Fotografen gestellt. Die wollen sich und vor allem ihre wertvolle Technik schützen. Das tun sie mit Regenumhängen, Plastiktüten, Schutzvorrichtungen. Während der Prüfung dürfen sie ihre Fotopositionen nicht verlassen. Sprich: Wenn ein begehrtes Fotomotiv in einer Gruppe reitet, danach aber die ins Viereck kommen, die das Olympische Motto, „Dabeisein beim Durchregnen lassen ist alles“ leben, dann müssen sie sich auch durchregnen lassen. Outfits gestern: Les Miserables 2.0.

Das allein ist schon nicht schön, wenn dann aber noch der Kaffeenachschub nicht funktioniert, und es nur Wasser gibt, dann sinkt die Laune. Verständlich. Man könnte sich natürlich einen Kaffee am Kiosk vorm Mediazentrum kaufen. Aber 7,50 Euro der Becher, das ist schon beaucoup de Vera…honepiepelung, finde ich zumindest. Ach ja, Milch war auch alle. Der tschechische Fotograf Tomáš hat daraufhin etwas geflucht, das nur er verstanden hat und von dem ich annehme, dass er nicht möchte, dass seine Mutter davon hört, was er da von sich gibt. Also bitte nicht weitererzählen!

Olympische Spiele: Reiter müssen früh aufstehen

Nur der Chronistenpflicht wegen, wahrscheinlich weiß es eh jeder. Großbritannien 1, Deutschland 2, Frankreich 3 nach der Dressur und Michael Jung Zweiter vorm Gelände nach einem traumhaften Dressurritt, den St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer hier in der Tageszusammenfassung noch einmal würdigt.

Die Dressurreiter sind auch da und haben schon trainiert. Alle happy, alles gut. Jessica von Bredow-Werndl hat mir erzählt, wie Dalera im Stadion am Vorabend an der kurzen Seite angehalten und gen Palast von Versailles geschaut hat. Ganz lange, ganz intensiv. Das wäre ein Moment, an den sie sich in ihrer Sportlerkarriere immer erinnern wird, ist die Olympiasiegerin von Tokio sich sicher. Sie fand übrigens Céline Dion vorgestern bei der Eröffnungsfeier am besten. Und nicht, weil die etwas von Edith Piaf gesungen hat, was ja auch in Jessis Kür vorkommt.

An noch einen Termin wird sie sich vermutlich ebenso erinnern: Heute morgen klingelten die Wecker des Dressurteams um ca, 3 Uhr. Und das ist eine Zeit, die Frederic Wandres nicht so toll findet. Er sei eher so „Team Snooze“, sprich er betätigt gern nochmal die Schlummertaste. Heute aber nicht. Denn der frühe Vetcheck-Termin zwingt alle aus den Federn in den Stall. Sollte ein Pferd nicht fit sein, dann muss der Austausch – wie beispielsweise im Fall von Viamant du Matz – zwei Stunden vor Beginn der Verfassungsprüfung offiziell gemeldet sein. Da reicht, man kann sich das denken, keine WhatsApp „wir nehmen den und den“. Nein, das ist alles genau definiert: Eine Kette läuft ab: Mannschaft an FN, FN an Deutschen Olympischen Sport Bund (DOSB), DOSB an Internationales Olympisches Komitee (IOC). Das braucht Zeit, also nix Snooze!

Jessica von Bredow-Werndls Mann Max ist auch mit. Den werde ich ganz sicher heute im Gelände treffen, der hat’s mehr mit Luhmühlen als langsamem Trab.

Olympia 2024: Daumen drücken für deutsches Trio

Heute also der Höhepunkt in der Disziplin, die die „Krone der Reiterei“ darstellt. Da ist ja der Park des Sonnenkönigs eigentlich nur ganz standesgemäß.

Ein paar ausgesuchte Starterinnen und Starter (ohne Gewähr) und ihre Startzeiten:

10.30 Uhr Julia Krajewski/Nickel (GER)
11.11 Uhr Tom McEwen/Dublin (GBR)
11.26 Uhr Karim Florent Laghouag/Triton Fontaine (FRA)
12.06 Uhr Christoph Wahler/Carjatan (GER)
12.38 Uhr Laura Collett/London (GBR)
12.46 Uhr Clark Johnstone/Menlo Park (NZL)
13.02 Uhr Stephane Landois/Chaman du Montceau (FRA)
13.42 Uhr Michael Jung/Chipmunk (GER)
13.55 Uhr Christopher Burton/Shadow Man (NZL)
13.58 Uhr Felix Vogg/Dao de L’Ocean (SUI)
14.14 Uhr Rosalind Canter/Lordships Graffalo (GBR)

Hier die Startliste für die Geländeprüfung bei den Olympischen Spielen 2024

Aber am besten: Einfach alles gucken, die ARD ist heute der federführende Sender in Deutschland.

Daumen drücken – für unser deutsches Trio, vor allem aber für alle Pferde und Reiterinnen und Reiter, dass nichts passiert.

Abonnieren Sie jetzt unseren Olympia-Newsletter und erhalten so die „Post aus Paris“ von St. GEORG-Chefredakteur Jan Tönjes täglich um 7 Uhr in Ihrem Postfach.  

#doitride-Newsletter   Sei dabei und unterstütze die #doitride-Kampagne! Mit unserem Newsletter verpasst Du keine Neuigkeiten rund um #doitride. Jetzt aktivieren!

Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

stgeorg_newsletter_booklet