90 Jahre Hans Günter Winkler – Hommage an eine Legende

Von

Wunderstute Halla

Archiv St.GEORG

Aufnahme nach dem ersten Umlauf der Mannschaftsentscheidung bei den Olympischen Spielen 1956: Von Schmerzen gepeinigt verlässt Hans Günter Winkler auf Halla den Parcours. (© Archiv St.GEORG)

Stockholm, Olympische Spiele 1956. Erster Umlauf. Als Winkler und Halla aus dem Parcours kommen, hat der Reiter große Schmerzen. Diagnose: Muskelriss in der Leistengegend. Das Team steht vor der Frage: Was tun? Ein Ausfall von Winkler wäre das Aus der zum Greifen nahen Goldmedaille. Winkler kann vor Schmerzen kaum stehen, geschweige denn reiten. Aber er will (s.o.). Als er in den Parcours einreitet, hängt er mehr im Sattel als dass er sitzt, ist fast ohnmächtig vor Schmerzen –trotz eines Medikamentencocktails, der Winkler so benebelt hat, dass er mit einer ganzen Kanne Kaffee versuchen musste, gegenzusteuern. Aber es nützt nichts. An eine Hilfengebung, wie ein olympischer Springparcours sie erfordert hätte, ist gar nicht zu denken. Augenzeugen berichten, Winkler habe mehr oder weniger an Hallas Hals gebaumelt. Aber Halla, jene Halbtraberin, die Winkler stets als „geniale Zicke“ bezeichnete, scheint zu spüren, dass das der Moment ist, an dem sie ihrem Reiter Danke sagen kann dafür, dass er stets an sie geglaubt hat, während sie bei allen anderen schon abgeschrieben war. Halla kämpft, sucht sich ihren Weg und trägt ihren Reiter durch den Parcours, fehlerfrei, bis ins Ziel. Deutschland ist Olympiasieger. Und Winkler auch. Halla sei Dank. Die „Wunderstute“ wird sie danach von der Presse genannt. Bis heute ist der Name „Halla“ von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung für Turnierpferde gesperrt, da die Stute etwas ganz Besonderes bleiben soll! Halla war in jeder Hinsicht ein Ausnahmepferd. Sie wurde stolze 34 Jahre alt und schenkte nach ihrer sportlichen Karriere noch acht Fohlen das Leben. Von denen wurde allerdings keines so erfolgreich wie seine Mutter. Eine Halla kann es eben nur einmal geben. Man kann den Namen Hans Günter Winkler nicht aussprechen, ohne gleichzeitig an Halla zu denken, jenes Pferd, durch das Winkler unsterblich geworden ist. Aber natürlich war sie nicht das einzige Erfolgspferd des HGW. Da waren auch noch ein Orient, ein Romanus, ein Torphy, ein Enigk, ein Sonnenglanz. Aber eine zweite Halla hat es für Winkler nie gegeben. Und dabei galt Halla, die Tochter einer französischen Beutestute und eines Traberhengstes, als ziemlich verrückt: unmotiviert, webend, schwerfuttrig, unzugänglich. Bis Winkler kam. Die beiden hatten sich gesucht und gefunden. Auch wenn es eine Zeit gedauert hat. Aber Halla hat das in sie gesetzte Vertrauen und die Geduld doppelt und dreifach zurückgezahlt.

Archiv St.GEORG

Hans-Günter Winkler mit Sonnenglanz, der ihn zum Europameister machte. (© Archiv St.GEORG)

 

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