In Niedersachsen und Bremen ist die Hochwasserlage seit mehreren Wochen angespannt. In Lilienthal, genau an der Grenze zwischen den beiden Ländern, liegt der Veltenhof, von dem in der Nacht vom 26. auf den 27. Dezember 73 Pferde aus knietiefem Wasser evakuiert werden mussten.
Bereits vor Weihnachten hatten einige Gebiete in Deutschland mit Dauerregen und gesättigten Böden zu kämpfen, die kein Wasser mehr aufnehmen können. „Zugespitzt hat sich die Lage an Weihnachten“, berichtet Iris Borchers vom Veltenhof in Lilienthal. Die Paddocks an den Paddockboxen waren bereits nass und auch auf einem gepflasterten Weg zu diesen Boxen stand das Wasser – es drohte in die Ställe zu laufen.
Sämtliche Versuche, das Wasser über den Boden abfließen zu lassen, blieben erfolglos. Iris Borchers organisierte Sandsäcke, die sie vor die Paddocktüren legte. Die Pferde aus den betroffenen Boxen stellte sie in einen Stalltrakt, der erst zum neuen Jahr vermietet werden sollte und somit noch leer stand. Maßnahmen, die für die Betreiberin des Stalls zunächst ausreichend schienen.
In der Nacht vom 26. auf den 27. Dezember schaute Iris Borchers um 01:00 Uhr nochmal in den Stall – und stand plötzlich beinahe knietief im Wasser. Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten machte sie sich auf dem Trecker auf den Weg zur benachbarten Feuerwehr. Dann der Entschluss: Der gesamte Stall muss sofort evakuiert werden. Iris Borchers kontaktierte alle Einsteller und Leute, von denen sie meinte, dass sie sie erreichen würde und dass sie helfen könnten. Ebenfalls kontaktierte sie ihren Vorgesetzten, Wilken Treu vom Hannoveraner Verband, der ihr die Unterbringung eines Großteils der Pferde in den Stallungen des Verbands ermöglichte.
„Meine größte Angst war, dass ein Pferd durchknallt“
Insgesamt 73 Pferde wurden in der Nacht evakuiert, darunter tragende Stuten und Absetzer. „Die Stuten und Absetzer wollte ich nicht durchs Wasser führen, deswegen wurden die verladen und die Hänger mit dem Trecker gezogen“, berichtet Iris Borchers. Für Pkw war das Wasser bereits zu hoch. Alle anderen Pferde wurden in kleinen Gruppen die lange Auffahrt, durch das Wasser hindurch, bis zur Straße geführt, dort verladen und weggefahren. „Meine größte Angst war, dass ein Pferd durchknallt, alle anderen mitzieht und dann im Dunkeln durch das Wasser rennt und keinen Zaun, keinen Graben mehr sieht“, sagt die Stallbetreiberin. „Irgendwie habe ich das alles in dem Moment organisiert bekommen und es hat funktioniert, aber wie ich das gemacht habe, das kann ich schon gar nicht mehr sagen.“
Von den 73 Pferden wurden 40 in der Nacht beim Hannoveraner Verband untergebracht. Aktuell stehen dort noch 30 Pferde vom Veltenhof. Die Unterbringung der übrigen Pferde wurde privat von den Besitzern organisiert und verteilt sich auf umliegende Ställe.
Interne Umstallung auf dem Ellernhof in Bremen-Oberneuland
Auch um den von Friedhelm und Nicola Behrens geführten Ellernhof in Bremen-Oberneuland steht das Wasser. Hofintern mussten bereits einige Pferde umziehen und sind nun vorübergehend in der Maschinenhalle untergebracht. Darüber hinaus haben sie noch 25 Rinder aufnehmen können, die ihren Stall verlassen mussten.
Die Unterbringung der Pferde ist damit kein großes Problem, allerdings stehen Paddocks und Weiden unter Wasser. Seit zwölf Tagen bekommen die Pferde deshalb keinen Auslauf mehr und bekommen ihre tägliche Bewegung ausschließlich durch das Reiten oder Spazierengehen.
Die Pferde stehen also trocken auf dem Ellernhof, anders sieht es mit dem Heulager aus. Die Halle, in der das Rauhfutter gelagert wird, steht unter Wasser. „Die unteren Ballen dürften sich mit Wasser vollgesogen haben“, sagt Friedhelm Behrens. Er schätzt den Schaden auf etwa 400 bis 500 Ballen, die nicht mehr gefüttert werden können. Genau kann das jedoch erst beurteilt werden, wenn das Wasser wieder weg ist. „Aber das ist alles ersetzbar“, sagt Friedhelm Behrens. Was ihn beschäftigt, ist vielmehr die Zukunft. Die Wümmeniederung im ländlichen Bremen und den angrenzenden niedersächsischen Gebieten ist immer mal wieder überflutet, vor allem im Winter. Ein solches Hochwasser, das die Region aktuell erlebt, dürfe jedoch nicht zur Normalität werden. „Es ist gut zu wissen, wie hilfsbereit die Menschen aktuell sind, daran mangelt es nicht. Aber das Allerwichtigste ist, dass wir nicht nur das Hochwasser jetzt bewältigen, sondern dass wir Lösungen für die Zukunft finden“, betont der Landwirt.
Auch Wohnhaus auf dem Veltenhof betroffen
Auf dem Veltenhof steht das Wasser immer noch. Es gibt keinen Strom und fortbewegen kann man sich nur mit Angelhose oder auf dem Trecker. Iris Borchers, ihr Lebensgefährte, ihre Kinder sowie ihre Mutter sind anderweitig untergekommen. „Das Haus meiner Mutter liegt noch etwas tiefer“, berichtet Borchers. „Das ist unten zerstört. Gerade versuchen wir, das Haus so weit trocken zu legen, dass durch den kommenden Frost nicht noch mehr kaputt geht.“
Wann Iris Borchers mit ihrer Familie zurück auf den Veltenhof ziehen und auch die Pferde wieder ihre Boxen beziehen können, ist aktuell noch nicht absehbar. St.GEORG begleitet den Prozess auf dem Veltenhof in den nächsten Wochen und wird weiter berichten.
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