Die Spanische Hofreitschule in Wien hatte zum „Pressefrühstück“ geladen, wo Geschäftsführer Dr. Alfred Hudler eine erste Bilanz nach 150 Tagen im Amt gezogen hat. Andrea Kerssenbrock berichtet.
Seit ihrer Ausgliederung aus dem Landwirtschaftsministerium 2001 passagiert die Spanische Hofreitschule von einer Turbulenz in die nächste. Jüngst erst boten im Dezember 2022 die Berufung des Nicht-Pferdemenschen Alfred Hudler zum Geschäftsführer und die Absetzung eines Oberbereiters samt Hausverbot im März 2023 einmal mehr Anlass zur Aufregung. Und wie so oft schon auch diesmal zur Klage, dass nichts mehr ist, wie es war. Die Befindlichkeiten, meint nun Hudler, hätten ihn einigermaßen überrascht.
Gemeinsam mit den beiden amtierenden Oberbereitern Rudolf Rostek und Herbert Seiberl stellte sich der Neue am 27. April den Medien. Er habe in den ersten Monaten vor allem Gespräche geführt, viele Gespräche, erzählt Hudler. Auch mit der Riege der ehemaligen Oberbereiter, die in gewisser Regelmäßigkeit Attacken gegen die Spanische reitet. Ein Umstand, den er nicht nachvollziehen könne, meint Hudler. Vielmehr finde er das Schlechtreden jener Einrichtung, in der sie Jahrzehnte lang arbeiteten, schlicht unseriös, richtet er den Kritikern aus.
Apropos Kritik, dass es ihm an reiterlicher Kompetenz mangele, falle in einer Institution, in der sehr viel Wissen, Kompetenz und Erfahrung vorhanden sei, nicht so sehr ins Gewicht, befindet der neue Geschäftsführer. Dafür bringe er – vom Aufsichtsrat explizit eingefordert – wirtschaftlichen Weitblick, Führungserfahrung und große Leidenschaft für die Einrichtung ein. Womit Hudler zu den aktuellen Rahmenbedingungen, denen sich die Spanische Hofreitschule gegenübersieht, wechseln kann.
Wie alle Pferdebetriebe kämpft sie mit steigenden Kosten für Energie, Einstreu und Futtermittel. Vorrangiges Ziel sei es nun, den Umsatz annähernd auf den Stand von vor der Pandemie (zwölf Millionen Euro jährlich) zu bringen. Aber auch wenn derzeit vorrangig günstigere Tickets erworben werden, bleibe es bei 80 Vorführungen pro Jahr. Mehr sind nicht möglich. Womit Rostek und Seiberl zu Wort kommen.
Qualitätseinbußen stellen die beiden amtierenden Oberbereiter der Reitbahn kategorisch in Abrede und beteuern einträchtig der Tradition verpflichtet zu bleiben. „Die größten Kritiker unserer Arbeit sind wir selbst“, betont Rostek seinen eigenen Anspruch. Änderungen gäbe es nur, wenn sie sinnvoll seien. Welche das sein könnten, bleibt indes offen. Alles bestens, aber doch nicht ganz, so viel ist zwischen den Zeilen heraushören.
Die Bewertung durch externe Experten freilich sei unbedingt vorgesehen, wirft Hudler ein. Dazu führe er bereits konkrete Gespräche. Konstruktiver Kritik gegenüber sei er immer aufgeschlossen, führt er aus und betont, er stehe für „kompromisslose Qualität, Leistung, Weiterentwicklung und einen respektvollen Umgang miteinander“. Womit Hudler endlich beim eigentlichen Thema anlangt, bei der Zukunft, die es zu sichern gilt.
Dazu soll eine Reihe von Initiativen – eine Lehrlingsoffensive, ein Ausbildungsprogramm für Reiter und Pferde sowie die Neuorganisation der drei Standorte Wien, Piber (Gestüt) und Heldenberg (Trainingszentrum) – beitragen. Eine Markenbewertung soll schließlich neue Einnahmequellen erschließen und zur wirtschaftlichen Absicherung beitragen.
In den Mittelpunkt seiner „Agenda für die Zukunft“ stellt Alfred Hudler aber die klassische Dressurausbildung im Sinne des Tierwohls. Und diese sei, bekräftigen die Oberbereiter, so qualitätsvoll wie kaum je zuvor. In der Tat ist die vorwiegend junge Belegschaft der Reitbahn sehr gut ausgebildet, mit viel Gefühl ausgestattet und hat es verdient, endlich als das wahrgenommen zu werden, was sie auch ist: ein Team, das für die Zukunft der Spanischen Hofreitschule steht und diese auch mitgestalten möchte.
Andrea Kerssenbrock, ehemalige Pressesprecherin der Spanischen Hofreitschule
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