In Warendorf fand der sechste Trainer-Kongress der DOKR-Trainerakademie statt – in neuer Aufmachung. Erstmals war es eine hybride Veranstaltung. Rund 230 Trainer nahmen das Angebot an. Dabei ging es um das Kernthema: den Trainer als Mutmacher.
Der Trainer-Kongress wurde wie eine Fernsehsendung in den Sitzungsräumen der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) aufgezeichnet und durch verschiedene vorab aufgezeichnete Gastbeiträge ergänzt.
Bereits über Jahrzehnte ein Mutmacher ist der gerade erst vom DOSB zum „Trainer des Jahres“ gekürte Ulrich Knapp. Er ist Weitsprung-Bundestrainer und langjähriger Coach von Weitsprung-Ass Malaika Mihambo, deren Talent er früh entdeckte. Besonders spannend war sein Bericht über ihrer beider Coronakrankheit kurz vor den Olympischen Spielen. Obwohl beide selbst kaum noch daran glaubten, ging Mihambo in Paris an den Start und gewann Silber. Knapp betonte die Wichtigkeit von Authentizität in der Beziehung zwischen Trainer und Athlet. „Es ist ein starkes, emotionales Wechselspiel zwischen Hoffnung und der Realität, wo man als Trainer immer ehrlich bleiben muss. Ich habe das Glück, mein Hobby zum Beruf gemacht zu haben – ich bin mit Herzblut dabei und somit fällt es mir auch relativ einfach, immer wieder Mut zu machen“, sagte Knapp.
Das Gespräch mit Moderator Kai Vorberg endete mit einem Kompliment Knapps an den Pferdesport. Seit er denken könne, hätten Reiter und Pferde eigentlich immer performt, so Knapp. Das sei schon etwas Besonderes. Die Leichtathletik in Deutschland bezeichnete er dagegen als fast schon amateurhaft und forderte ein Umdenken, wenn Deutschland mit den Sportlern aus Topnationen wie beispielsweise den USA in Zukunft mithalten wolle.
Die Aufgabe des Trainers
Den zweiten Gastredner des Kongresses erlebten auch die Teilnehmer in Warendorf nur als Video. Im Vorfeld hatte Moderator Kai Vorberg den langjährigen Sportpsychologen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft Prof. Dr. Hans-Dieter Hermann im Wildparkstadion in Karlsruhe getroffen. Für Prof. Hermann ist der Trainer kein Motivator im klassischen Sinn („Sportler, die nicht von selbst motiviert sind, können eigentlich zuhause bleiben.“). Vielmehr ist es seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Sportler im entscheidenden Moment abliefern oder sogar überdurchschnittliche Leistungen erbringen. Entscheidend für einen guten Trainer seien dabei Verständnis, ein offenes Ohr und nicht nur Lehrer sein zu wollen, sondern an die Lebenswelt des anderen anzudocken. Dabei können Trainer nach unterschiedlichen Ansätzen handeln – Julian Nagelsmann ist beispielsweise ein sehr emotionaler Trainer. Ein Trainer, der einen Mutmacher für das ganze Land darstellt, so Hermann. Gerade im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Akzeptanz des Sports wies Hermann auf die Vorbildrolle des Trainers hin. „Das stärkste Führungsinstrument ist das eigene Beispiel“, zitierte er den damaligen Basketballtrainer aus LA, John Wooden.
Erfahrungsberichte
Im zweiten Teil der Veranstaltung schilderten zunächst mehrere Nachwuchs-Pferdesportler per Videobotschaft, wie ihnen ihre Trainer Mut gemacht haben. Sei es beim Wiedereinstieg nach einer schweren Erkrankung, sei es bei einem schwierigen Start in eine neue Alterskategorie oder aber nach einer schlechten Runde auf einem Championat. Ihre Trainer stärkten ihnen stets den Rücken und gaben die passenden Anstöße, um wieder Vertrauen zu fassen.
Im Anschluss daran gaben die Bundestrainer einen Rückblick über die zurückliegende Saison und nannten ihre Hoffnungen und Visionen für die Zukunft, insbesondere im Hinblick auf die Reit-WM 2026 in Aachen. „Man solle es als Geschenk betrachten, dort vor heimischem Publikum antreten zu dürfen“, hatte Sportpsychologe Hermann zuvor empfohlen. Und so sahen es auch Otto Becker (Springen), Monica Theodorescu (Dressur) und Silke Fütterer-Sommer (Para-Dressur), Peter Thomsen (Vielseitigkeit),Karl-Heinz „Charly“ Geiger (Fahren) sowie Kai Vorberg (Voltigieren), die teils live, teils als Aufzeichnung eingeblendet wurden. Alle blickten mit Vorfreude auf Aachen 2026 und waren sich einig, dass es das „Größte“ im Leben eines Pferdesportlers sei, einmal in Aachen an den Start gehen zu dürfen.
Ein gutes Team ist unersetzlich
Fehlender Mut war für Isabell Werth wahrscheinlich eher selten ein Problem. In über 30 Jahren ist es ihr immer wieder gelungen, mit neuen Pferden an die Weltspitze zu gelangen. Dank Team-Gold und Einzelsilber in Paris krönte sie sich in diesem Jahr sogar zur erfolgreichsten Olympionikin Deutschlands. Doch selbst für eine Sportikone wie sie ist es wichtig, immer einen guten Trainer und Vertrauenspersonen zur Seite zu haben, verriet sie im Gespräch mit Kai Vorberg. Sie sagte: „Es ist ganz wichtig, dass man als Reiter immer wieder das Auge von unten und das Korrektiv hat. Du musst dir das Team um dich herum aufbauen, sodass du einen Kokon hast – ein Team, auf dass du dich immer verlassen kannst. Für mich ist es ein zentraler Baustein, dass man auch die Loyalität spürt.“
Kai Vorberg, der nicht nur Bundestrainer Voltigieren ist, sondern auch zuständig für die DOKR-Trainerakademie, zeigte sich hoch zufrieden. „Mit dem diesjährigen DOKR-Trainerkongress haben wir wieder versucht, neue Wege zu gehen. Digital, aber nicht als klassisches Zoom-Meeting, sondern eher im Stile einer Übertragung von Live-Inhalten und Einspielern. Das Feedback war sehr positiv und wir sind froh, dass wir damit unseren Trainerinnen und Trainern aus dem Spitzensport und Nachwuchsleistungssport ein auf sie zugeschnittenes Angebot machen können. Es ist ein echter Mehrwert, an so einem Tag mit so vielen herausragenden Persönlichkeiten sprechen zu können. Die Inhalte werden wir in unterschiedlicher Form zur Nachnutzung für die DOKR-Trainerakademie bereitstellen.“
fn-press/Strothmann/Hb
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