Dreimal knapp an Bronze vorbeigeschrammt. Mit dem wenig geliebten vierten Platz mussten gleich drei deutsche Teilnehmer an der Europameisterschaft in der Para-Dressur teilnehmen. Eine 64-jährige Debütantin, eine Championatserfahrene, der eine Wespe den Treppchenplatz verdarb und ein Routinier, dessen Stute zu „an“war.
Knapp vorbei geschrammt an Medaillen sind zum Auftakt der Europameisterschaft die deutschen Para-Dressurreiter. In fünf Grades gehen die Athletinnen und Athleten an den Start (hier finden Sie die Kriterien für die Starberechtigung in den einzelnen Grades).
Grade II: EM Debüt mit 64 Jahren
Heidemarie Dresing aus Rheda-Wiedenbrück ist 64 Jahre alt und reitet bei den Europameisterschaften der Para-Dressurreiter in Rotterdam ihr erstes Championat. Ihre Stute La Boum v. Londontime ist erst sechs Jahre alt und damit für ein Championat sehr jung. Logisch, dass auch sie ihr erstes internationales Championat bestreitet. Ihren Einstand bewältigten die beiden souverän. Zwar reichte es noch nicht zu einer Medaille, aber der vierte Platz mit 70,97 Punkten ist ein durchaus respektables Ergebnis.
Bis 2011 ritt Heidemarie Dresing erfolgreich im Regelsport, dann erkrankte sie an Multipler Sklerose (MS). Dadurch fand sie den Weg zum Para-Dressursport, wo sie zunächst mit Responsible for me startete. Mit der Hannoveraner Stute wurde sie u.a. Deutsche Meisterin in Grade II. Seit einem Jahr ist La Boum im Besitz und unter dem Sattel von Heidemarie Dresing, die die Stute zunächst auch im Regelsport vorgestellt hat. „Wir haben sogar eine Dressurpferdeprüfung Kl.A gewonnen“, erzählt sie stolz.
Die Karriere im Para-Dressursport betrachtet Heidemarie Dresing als ihr zweites Leben. „Ich genieße es. Gut, dass es diesen Sport gibt! Er bedeutet für mich eine Riesenchance, im Regelsport hätte ich es doch niemals bis zur Teilnahme an einem Championat gebracht“! Durch ihre Erkrankung hat sie vor allem Balanceprobleme. Medikamente helfen ihr trotz fortschreitender Symptome damit umzugehen. Im Februar dieses Jahres hatte sie einen schweren Unfall. Die Diagnose: Bruch des Sprunggelenks und einer Rippe. „Ich bin so schnell es ging wieder aufs Pferd gestiegen“, berichtet sie, „Bewegung ist für mich die beste Therapie. „Und ich bin enorm ehrgeizig“.
Ehrgeizig ist auch La Boum. Reiterin und Pferd mussten sich einander erst annähern. „Manchmal ist sie nicht nur ehrgeizig, sondern auch zickig im Umgang“, erzählt ihre Reiterin. „Aber ich mag solche Pferde. Das Wichtigste ist, konsequent zu sein, das liegt mir. Heute bin ich die Prüfung noch etwas vorsichtig angegangen, sehr darauf geachtet, dass alles unter Kontrolle blieb. Leider habe ich dadurch einige Punkte liegen gelassen“. Das soll am Freitag im Teamwettbewerb besser werden. Dann hat Heidemarie Dresing hoffentlich auch keine Magenprobleme mehr wie heute vor ihrem ersten Start, und kann den Tag mit einem ordentlichen Frühstück beginnen. Equipechefin Britta Bando freut sich über das neue Teammitglied. „Sie fügt sich toll ein“, lobt sie die Späteinsteigerin aus Nordrhein-Westfalen.
Dauerbrenner Pepo Puch
Seinen siebten Europameister-Titel in Grade II holte der Österreicher Pepo Puch mit Sailor’s Blue (75,23 Punkte) mit großem Abstand vor der Britin Georgia Wilson auf Midnight (73,41 P.). Bronze ging an die Niederländerin Nicole de Dulk und Wallace N.O.P. (70,97 P.).
Insekten-Pech für Elke Philipp in Grade I
Elke Philipp aus Treuchlingen leidet nach einer viralen Menengitis 1984 mit Ausfall sämtlicher körperlicher Funktionen unter Koordinationsstörungen, Ataxien, Paresen und trägt ein Tracheostoma. Sie reitet den imposanten Hengst Fürst Sinclair v. Fürstenbal-Lord Sinclair in Grade I. Die 45-jährige medizinische Laboratoriumsassistentin hat schon zahlreiche Medaillen bei Championaten errungen. In Rotterdam ging sie bei der Vergabe der Medaillen leer aus, musste sich mit dem undankbaren vierten Platz abfinden.
Im Waldgelände des Kralingse Bos sind zahlreiche Insekten unterwegs. Eine der besonders lebhaften Wespen hatte sich während der Prüfung hinter die Brille der Reiterin verirrt. Gerade als bei Punkt X Unbeweglichkeit gefordert war, startete die Wespe ihren Angriff. Elke Philipps versuchte das Tierchen abzuschütteln, Fürst Sinclair schüttelte aus Sympathie gleich mit, das kostete wertvolle Punkte. Danach war für einen Moment die Konzentration des Hengstes weg, es dauerte eine Weile, bis Reiterin und Pferd zu alter Form zurückfanden. 74,14 Punkte reichten nur für Rang vier.
Gold ging nach Norwegen, Jens-Lasse Dokkan bekam für seine Vorstellung mit seinem Rappwallach Aladdin 75,03 Punkte. Sara Morganti (Italien) gewann mit der rheinischen Stute Royal Delight die Silbermedaille (75,03 P.), Bronze ging an den Letten Rihards Snikus mit King oft the Dance (74,80 P.).
Grade III: „Para-Dressur-Klassiker“ Zeibig mit heißer Feel Good
Die deutschen Para-Dressurreiter waren heute auf Platz vier abonniert, konnte man nach der Prüfung der Reiter im Grade III meinen. Denn auch hier beendete der deutsche Bewerber, Steffen Zeibig aus dem sächsischen Arnsdorf, den Wettbewerb auf dieser Position. Der Groß- und Einzelhandelskaufmann ritt seine bewährte Stute Feel Good v. Fürst Heinrich-Arogno, mit der er die deutschen Farben schon auf vielen Championaten erfolgreich vertreten hat. Unter anderem gewann er 2017 bei der EM in Göteborg eine Silbermedaille.
In Rotterdam zeigte das Paar eine ausdrucksstarke Trabtour in der ordentlich Punkte gesammelt wurden. „Mit dem Schritt war ich heute nicht zufrieden“, beschreibt Zeibig seine Vorstellung. „Das war insgesamt zu knapp, die Stute kam auch nicht zur Dehnung“. Feel Good war „an“, wie die Reiter gern sagen. Sie registrierte durchaus den Jubel und den Lärm vom benachbarten Springstadion. Und die Popmusik, die auch Menschen schon mal eher mit den Füßen zucken lässt, brachte die hübsche Rappstute zwar im Trab schön in Schwung, im Schritt fand sie aber leider nicht zur erwünschten Losgelassenheit.
Der Däne Tobias Thorning Joergensen mit Jolene Hill, einer Tochter des Blue Horse Schufro, ist der neue Europameister in Grade III (75,70 P.). Rixt van der Horst aus den Niederlanden wurde Vize-Europameisterin. Sie ritt die KWPN-Stute Findsley v. Belissimo M (74,70 P.). Das Pferd der Bronzemedaillengewinnerin Barbara Minneci, der Wallach Stuart, ist ein Sohn des Sir Donnerhall, Muttervater Diamond Hit. Die Abstammungen lassen es ahnen: Hier sind Dressurpferde mit Qualität unterwegs. Ein Pferd für die Para-Dressur muss vor allem brav sein? Das war gestern. Heute sind Grundgangarten und Ausstrahlung wichtiger denn je, um in der Spitze mitzureiten.
Für die deutsche Equipechefin Britta Bando war der erste Tag der Para-Dressurreiter „so na ja. Dreimal Platz vier ist nicht gerade ein Traumergebnis. Aber unsere Reiter haben alle gut geritten, nur fehlte uns das Quäntchen Glück. Ich werde meine Reiter motivieren“. Morgen startet Regine Mispelkamp in Grade V, am Freitag beginnen die Teamwettbewerbe.JmksportShops | Chaussures, sacs et vêtements | Livraison Gratuite | how many shoes are made per release
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