Erdbeben in Warendorf. FN-Präsident Hans-Joachim Erbel und Finanzkurator Gerhard Ziegler treten zurück, keine Entlastung von Generalsekretär Soenke Lauterbach. Auch im zweiten Versuch und nachdem ein Wirtschaftsprüfer die Bilanz der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) noch einmal geprüft hatte, wurden Vorstand und Präsidium nicht vollständig entlastet.
FN-Präsident Hans-Joachim Erbel und Finanzkurator Gerhard Ziegler sind heute in Warendorf von ihren Ämtern zurückgetreten. Vorher war den beiden Präsidiumsmitgliedern im Rahmen einer außerordentlichen Verbandsratssitzung die Entlastung verwehrt worden. Die Sitzung in Warendorf war anberaumt worden, nachdem dem geschäftsführenden Vorstand und dem Präsidium bereits bei der FN-Vollversammlung im Mai wegen Ungereimtheiten in Personalfragen und einem Minus von knapp einer Million Euro die Entlastung entsagt geblieben war.
FN-Präsident Erbel zurückgetreten: „Buch für mich geschlossen“
Damals hatte man entschieden, dass ein Wirtschaftsprüfer sich noch einmal der Bilanz widmen sollte. Sein Bericht liegt jetzt vor. Nach einer Diskussion über die Situation der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) stand die Entlastung des Präsidenten Hans-Joachim Erbel sowie des Finanzkurators Gerhard Ziegler in geheimer Abstimmung auf der Agenda.
Gegen die Entlastung von Hans-Joachim Erbel stimmten 113 der Anwesen, für ihn sprachen sich 72 aus. Gegen Ziegler als Finanzkurator votierten 121 der Anwesenden (62 Ja-Stimmen, eine Enthaltung). Beide traten nach der Abstimmung von ihren Ehrenämtern zurück. „Ich wäre dem Verband gerne weiter vorgestanden. Doch jetzt ist das Buch für mich geschlossen, ich trete mit Ende des heutigen Tages zurück“, sagte Erbel.
Den anderen elf Mitgliedern des Präsidiums wurde die Entlastung en Bloc ausgesprochen. Mit „ja“ votierten 187 der Stimmberechtigten. Auch der konsolidierte Haushalt 2024, der von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfungsunternehmen als plausibel eingestuft worden war, wurde positiv beschieden. Er wurde einstimmig angenommen.
Keine Entlastung für Generalsekretär Lauterbach
Im Hauptamt sind vier Mitglieder im geschäftsführenden Vorstand für die Belange der FN zuständig. Geschäftsführer und FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach fiel bei der Abstimmung über die Entlastung mit 102 zu 83 Stimmen (eine Enthaltung) durch. Auch der ehemalige Finanzvorstand René Straten, der aus eigenem Antrieb gekündigt hatte und dem der Vorstand mangelnde Information vorgeworfen hatte, wurde nicht entlastet.
Mittlerweile kursieren E-Mails in Medienkreisen (die auch St.GEORG vorliegen), die ein zerrüttetes Verhältnis zwischen Straten und Mitgliedern des geschäftsführenden Vorstands belegen. Sollten sie sich als echt herausstellen, was wenige bezweifeln, dürften sie für Zündstoff sorgen. In dem E-Mail-Verkehr ist von Boni-Zahlungen die Rede, als die schwierige Finanzlage der FN schon bekannt war. Auch Aufstockungen von Alterservorgungen für Mitglieder der geschäftsführenden Vorstands sind ein Thema. An einer Stelle schreibt Straten sinngemäß, die finanzielle Ausstattung einzelner Vorstände sei für ihn schwer mit einem gemeinnützigen Verein, was die FN ist, in Einklang zu bringen.
Den beiden weiteren Vorständen, Dr, Dennis Peiler (DOKR, Spitzensport) und Dr. Klaus Miesner (Zucht) wurde die Entlastung ausgesprochen.
Was geschieht nachdem Hans-Joachim Erbel zurückgetreten ist?
Wegen des Lochs im Haushalt wurden bereits Sparmaßnahmen eingeläutet. Veranstaltungen wurden abgesagt, ausgelagert oder eingedampft (Stensbeck-Feier, Championatsball, Bundesnachwuchschampionats Vielseitigkeit, Preis der Besten). Es gibt einen Einstellungsstopp, Bonuszahlungen wurden gestrichen. Der Holsteiner Zuchtverbands hatte beantragt, die Entscheidung über die Jahresplanung vom Verbandsrat zu vertagen. Dem Antrag wurde stattgegeben.
Noch eine weitere Maßnahme: Wer die Persönliche Mitgliedschaft bei der FN genießen möchte, zahlt als PM ab 2025 58 Euro als Erwachsener. Persönliche Mitglieder bis einschließlich 21 Jahre sowie Ehe- und Lebenspartner von PMs sind für jährlich 29 Euro mit von der Partie.
Die Situation von Generalsekretär Soenke Lauterbach
Generalsekretär Soenke Lauterbach ist anders als FN-Präsident Erbel nicht von seinem Amt zurückgetreten. Das sieht die Satzung so vor. Er wird vom Präsidium berufen oder eben auch abberufen. Regulär wird der Präsident im Vier-Jahresturnus gewählt von der Mitgliederversammlung. Sie ist das wichtigste Gremium der FN und besteht aus Mitgliedern aller Bereiche der FN. So sieht es die Satzung (hier der Link zum Download) vor. In den Jahren, in denen die Mitgliederversammlung nicht tagt, werden im Verbandsrat die Entscheidungen gefällt. Ihm obliegen die Aufgaben der Mitgliederversammlung in den Jahren, in denen diese nicht tagt.
Der Beirat Sport ist das Gremium, das bei Ersatzwahlen, auch des Präsidenten, ein Vorschlagsrecht hat (§15 2.4.). Ein Termin für eine Neuwahl des Präsidenten steht noch nicht fest. Ein Namen wird aber schon seit Längerem immer wieder genannt: Prof. Martin Richenhagen. Der Agrar-Manager (AGCO, „Fendt“) mit einem Wohnsitz in Atlanta, USA, soll Bereitschaft signalisiert haben, als Interims-Präsident in Warendorf einspringen zu können.
Ein Blick in den Finanzbericht zeigt: Das Minus war doch lange absehbar und ist offenbar Tradition. 2022 gab es schon rund -770 TEUR. 2021 rund -721TEUR. Der Plan für 2023 sah ein Minus von rund -450 TEUR. Letztendlich landete man in 2023 dann bei -923 TEUR. Die größte Ausgabensteigerung ggü. 2022 gab es dabei mit plus 1,1 Mio EUR (absolut 8,9 Mio) bei der Förderung des Spitzensports/DOKR ! Die strukturellen Probleme sind doch offenkundig schon lange nicht angegangen.