Aus leichten Koliksymptomen wird eine schwere Erschütterung für Andreas Helgstrand und seinen Vater Ulf: Nach der Aberkennung der Bronzemedaille bei den dänischen Meisterschaften, gibt es noch eine Veränderung in der Familie Helgstrand: Vater Ulf Helgstrand hat sich mit sofortiger Wirkung von seinem Amt als Vorsitzender des dänischen Pferdesportverbandes beurlauben lassen. Sohn Andreas erläutert derweil in einem Interview, warum er zum Küssen seiner Pferde Angestellte hat.
Lange Jahre hat Ulf Helgstrand, Präsident des dänischen Pferdesportverbandes, den Spagat geschafft. Einerseits war er als Vorsitzender des Dansk Ride Forbund für alle Reitsportaktivitäten in Dänemark verantwortlich, andererseits musste er sich in seinem Amt immer wieder mit der Person seines Sohns Andreas beschäftigen. Die Aberkennung von dessen Bronzemedaille bei den Dänischen Meisterschaften 2023 wegen nicht angemeldeter Medikation seines Pferdes Jovian hat nun aber personelle Konsequenzen. Ulf Helgstrand, Vater von Andreas Helgstrand und sportpolitisch so ambitioniert wie sein Sohn es als Pferdehändler ist, hat sich von seinem Amt als Vorsitzender des Dänischen Reitsportverbandes, Dansk Ride Forbund, beurlauben lassen.
Ulf Helgstrand nach 20 Jahren nicht mehr Präsident des dänischen Pferdesportverbandes
Vater Helgstrand hatte seinen Rücktritt angeboten, im Vorstand war ihm aber das Modell nahegelegt worden, für das er sich nun entschieden hat. Ulf Helgstrand hat sich als Präsident „beurlauben“ lassen. Wie lange, wurde nicht definiert. In einer mit dem Foto leerer Stühle eines Konferenzraums bebilderten Meldung auf der Webseite des Reiterverbandes wird auf Helgstrands lange Amtszeit verwiesen. Seit 2003 ist er Vorsitzender des dänischen Pferdesportverbands. Erst im April 2023 war Ulf Helgstrand für weitere zwei Jahre in das Amt wiedergewählt worden.
Doch immer häufiger gestaltete sich das Tagesgeschäft schwer für Ulf Helgstrand: „Bei einigen der wichtigsten und schwerwiegendsten Themen in der Arbeit des Gremiums“, habe er „aufgrund familiärer Beziehungen“, den Raum verlassen müssen, heißt es beim Danks Ride Forbund (DRF).
Ulf Helgstrand hatte unter anderem eine DRF-Entscheidung mitgefällt, die besagt, dass jedes Abreiten seines Sohns Andreas eine Zeit lang gefilmt werden musste. So wollte man Material in der Hand haben, um zu dokumentieren, wie der Dressurreiter beim Training agiert. In dieser Zeit in den 2000er Jahren hatte der Umgang mit Pferden, wie Andreas Helgstrand ihn auf internationalen Turnieren praktiziert hatte, immer wieder zu deutlicher Kritik geführt.
Jakob Ravnsbo wurde zum neuen Interims-Präsident gewählt. In einem Interview mit der Sportredaktion des öffentlich-rechtlichen Dänischen Rundfunk (DR) hat der sich nun zur Aberkennung der Bronzemedaille auf den dänischen Meisterschaften geäußert. Ravnsbo betont, dass die Doping-/Medikationsregeln nicht ohne Grund bestünden. „Wenn ein Pferd krank ist, sollte es natürlich behandelt werden, aber der Zweck unserer Regeln ist es, sicherzustellen, dass es sich wirklich um ein krankes Pferd handelt und dass man ihm nicht etwas Leistungssteigerndes unterjubelt“ so Jakob Ravnsbo gegenüber DR Sporten. Er hält fest: „Die Regeln sind dazu da, Betrug bei Wettkämpfen zu verhindern“.
Andreas Helgstrands Hengst Jovian hatte aufgrund leichter Koliksymptome das auf homöopoathischen Heilmitteln basieren Präparat Traumeel von einem Tierarzt verabreicht bekommen. Außerdem waren dem Pferd Elektrolyte über eine Nasenschlundsonde zugeführt worden. Die Behandlung war vorher nicht mit dem offiziellen Tierarzt abgesprochen worden. Laut dänischen Regeln ist es auf Turnieren verboten, Pferden „Flüssigkeit in einer anderen Form als der, die sie selbst freiwillig zu sich nehmen,“ zu verabreichen. Andreas Helgstrand hatte von der Behandlung nichts gewusst. Er will erst zwei Tage nach den Meisterschaften überhaupt von den Koliksymptomen erfahren haben.
Entscheidend ist aber, dass der offizielle Tierarzt nicht informiert wurde, so Jakob Ravnsbo im Interview mit Sporten DR: „Wenn Sie daran gedacht hätten, es vorher zu tun, hätte es keinen Fall gegeben, also ist es ein kleiner Fehler, der eine ziemlich harte Sanktion auslöst“.
Der Reiter kann innerhalb von vier Wochen Berufung beim Berufungsgremium des dänischen Sportbundes gegen die Entscheidung einlegen.
Dänischer Verband deutet Zweifel an Helgstrands Aussagen an
Die Argumentation von Andreas Helgstrand, erst am Dienstag, 6. Juni, überhaupt von gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Hengstes Jovian erfahren zu haben, finden DFR-Interimspräsident Jakob Ravnsbo nicht wirklich plausibel: „Es mutet seltsam an, wenn man als Spitzenreiter nicht weiß, dass das Pferd, das man am nächsten Tag bei den dänischen Meisterschaften reiten soll, Probleme hatte. Auch, wenn es sich nur um eine leichte Kolik handelt“. Die Entscheidung, Helgstrand bei den Europameisterschaften, für die die dänischen Meisterschaften eine Sichtung waren, starten zu lassen, findet Ravnsbo auch im Nachhinein richtig. Der Fall sei zum Zeitpunkt der Nominierung noch anhängig gewesen und deswegen habe die Unschuldsvermutung gelten müssen.
Andreas Helgstrand nimmt erstmals in der Presse Stellung
Nachdem Andreas Helgstrand sich zunächst nicht weiter zu den Vorgängen, die zur Aberkennung der Medaille geführt hatten, geäußert hatte, sprach der 45-jährige Dressurreiter nun über seine Sicht der Dinge: Ich bin „ein vielbeschäftigter Mann“, der „sich sowohl um das Geschäft als auch um das Reiten kümmern muss“, so der Pferdehändler. „Da ich keine Zeit habe, meine Pferde auf die Weide zu bringen, mich 24 Stunden am Tag um das Wohlbefinden der einzelnen Pferde zu kümmern und ihnen unendlich viel Liebe zu geben, habe ich seit 15 Jahren meine Pferdepflegerin Mik (Mikkala Krog, Anm. d. Red.). Sie gibt meinen Pferden all die Liebe und Pflege, die ich nicht leisten kann. Ich weiß, dass viele mich dafür verurteilen werden, dass ich mein Pferd nicht einmal selbst pflege und küsse, dass ich alles andere als das Reiten jemand anderem überlasse. Aber ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass meine Pferde jemanden haben, der sie liebt und sich 24 Stunden am Tag um sie kümmert“, so Helgstrand weiter.
Von einem Reiter wie ein Herr Helgstrand , der sich so ein Pferdeimperium aufgebaut hat, kann ich nicht verstehen, dass er sich hinter einer Pferdepflegerin versteckten muss.Von einem Spitzenreiter erwarte ich das er genau weiß was mit seinen Pferden auf einem Turnier los ist. und ein Pferd, egal wie leicht eine Kolik ist, gehört in keine Turnierprüfung.
Volle Zustimmung.
Vielleicht sollte er dann auch die Pflegerin reiten lassen, das würde für die Pferde wahrscheinlich entspannter sein.
Egal welcher Fall der letzten Jahre, ob Werth, Ahlmann, Simon, Beerbaum, etc. wo es um Medikations, Doping etc ging.
Jeder von denen kümmert sich mind anteilig selbst um seine Pferde und keiner hat die schuld auf seine Pfleger abgewälzt.
Wie menschlich tief kann man gehen, wie wenig Rückrat kann man haben, …
Das bringt Herrn Helgstrand auf ein völlig neuen Tiefststand menschlich und als Reiter.
Merke schlimmer geht immer, okay außer Distanzreiter aus Nahost tw. auf dem Niveau ist er also angekommen.
Kann man den evtl. endlich im Sport als Trainer und Reiter abschaffen. Soll er halt handeln und den Rest mit den Pferden lieber machen lassen – täte vierbeiner besser.
Und um aufzuräumen lassen wir Daddy gleich auch mal aus der Funktion raus.
Dänemark hat genug gute Leute bzw welche mit mehr Beziehung ihrer Pferde – täte gut jemand zu nehmen der mehr als nur Name Abstammung und Preis der Pferde kennt.
Ich stimme Ihnen zu! Ich kann mir von keinem der von Ihnen genannten vorstellen, dass sie nicht wissen wollen, wenn Ihr Pferd eine Kolik hatte. Und sie würden sicherlich nicht das Pferd auf dem Turnier reiten! Nein, ein Typ wie Helgstrand hat im Reitsport nichts zu suchen!
Sachliche Anmerkung:
Eine Argumentations- und Verteidigungslinie aus dem Wirtschaftsleben und der Versuch, sich durch Wissensdefizite der Verantwortung zu entziehen. Da die Wissensdefizite aber auf eigenem Organisationsverschulden beruhen, ist dies nicht akzeptabel.
Weniger sachliche Anmerkung:
Wie kann man einer abhängig beschäftigten Mitarbeitern, der Pflegerin, die Aufgabe zuweisen, über den Informationsfluss zu entscheiden und die Mitarbeiterin dann (namentlich) „im Regen stehen lassen“?
Fazit: Die Regelung, dass immer der Reiter verantwortlich ist, ist dringend nötig, um sicherzustellen, dass Reiter aus Eigeninteresse, über alle erforderlichen Informationen verfügen und diese sich aus bei ihren Mitarbeitern/Externen etc. einfordert.
Das oberste Ziel der Dressur sollte stets die völlige Harmonie zwischen Reiter und Pferd sein.
Ich frage mich, wie man dies erreichen will, ohne sein Pferd zu kennen, es zu verstehen, es zu spüren und ohne sein Wesen im eigenen Herzen zu tragen?
Allein die von Herrn Helgstand geäußerte Auffasung vom Reitsport rechtfertigt in meinen Augen die Aberkennung einer Medaille …
Es ist schon schlimm genug, dass der Reiter die Schuld bei allen anderen sucht, noch schlimmer finde ich jedoch das Verhalten des Tierarztes. Ein Pferd das Koliksymptome zeigt, darf einfach nicht an den Start gebracht werden!
Man denke nur an Markus Ehning, der Stargold bei der EM zurückzog, weil er sich komisch anfühlte. Das Pferd hat nicht gelahmt oder sonst irgendwas, aber spürte, dass etwas nicht stimmte und zog sofort zurück. Sowas nennt sich Reiter und Pferdemensch.