Gestern wurde bekannt, dass Mareike Mimberg-Hess doch beim Bundeschampionat starten darf, weil sie eine einstweilige Zwischenverfügung gegen die FN-Sperre nach dem positiven Medikationsbefund bei dem disqualifizierten Bundeschampion San to Alati erwirken konnte. Wir haben dazu Fragen an die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) gestellt, die Generalsekretär Soenke Lauterbach beantwortet hat.
Frage: Mareike Mimberg-Hess kann nun durch die einstweilige Zwischenverfügung vorerst wieder an Turnieren teilnehmen. Haben Sie damit gerechnet, dass das Landgericht so entscheiden würde? Wie stehen Sie dazu?
Sönke Lauterbach: Es ist keine Überraschung, dass das Landgericht Dortmund, dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben hat. Das geschieht immer wieder einmal, wenn sich eine von den Verbandsgerichten sanktionierte Person an die ordentlichen Gerichte wendet. Und das ist in unserem Rechtsstaat auch vollkommen in Ordnung. Der Beschluss über eine einstweilige Verfügung gibt keinen Aufschluss darüber, wie das Gericht am Ende eines Verfahrens urteilen wird. Ich kann mich nicht erinnern, dass ein ordentliches Gericht in den letzten 14 Jahren eine Entscheidung unserer Verbandsgerichte „gekippt“ hätte.
Sie haben im Interview mit der Reiter Revue gesagt, es sei ausgeschlossen, dass das Medikament auf dem Bundeschampionat ins Pferd gekommen ist. Wie genau kann der Zeitpunkt denn eingegrenzt werden? Oder anders gefragt: Wann ist das Medikament ins Pferd gekommen?
Soenke Lauterbach: Ein genauer Zeitpunkt lässt sich nicht benennen. Das von der FN beauftragte Labor der Sporthochschule Köln konnte die Aufnahme der Substanz auf einen Zeitraum vor den Bundeschampionaten eingrenzen.
Das Pferd war vier Wochen vor dem Bundeschampionat beim Hannoveraner Championat in Verden am Start. Wurde geklärt, ob es dort beprobt wurde?
Soenke Lauterbach: Und ist keine Beprobung bekannt. Im Übrigen ist eine etwaige Probennahme auf vorherigen PLS (= Pferdeleistungsschau, Anm. d. Red.) für die Beurteilung des Verfahrens nicht relevant. Für die Disqualifikation wird betrachtet, wie sich die Medikation im Zeitpunkt der Probennahme der relevanten PLS darstellt. Für die Sanktion der Verantwortlichen Person wird betrachtet, welchen Sorgfaltsmaßstab sie zur Vermeidung eines ADMR-Verstoßes ergriffen hat.
Auch wenn ohnehin die Nulllösung gilt – kann anhand der Menge des Abbauproduktes im Blut festgestellt werden, ob die Ursprungssubstanz in einer therapeutisch relevanten Menge gegeben wurde?
Soenke Lauterbach: Von der Menge der gefundenen Substanz kann man nicht auf die Menge der Gabe schließen, da der Zeitpunkt der Probennahme nur eine Momentaufnahme darstellt. Im Übrigen hat die Substanz Firocoxib eine vergleichsweise lange Karenzzeit von 30 Tagen.
Das FN-Regelwerk sieht vor, dass der Reiter die „Person Responsible“, also die verantwortliche Person ist. Im Galopprennsport ist es beispielsweise der Trainer. Ich nehme an, Hintergrund der FN-Regelung ist, dass diejenigen verantwortlich sein sollen, die am meisten mit dem Pferd zu tun haben. Ist das richtig? Wenn ja, wäre es denkbar, solche Verantwortlichkeit bei einem Sonderfall wie dem von San to Alati, bei dem die Reiterin sagt, sie sei quasi als „Jockey“ eingesprungen, flexibler zu handhaben?
Soenke Lauterbach: Die Haltungs-, Trainings- und Wettkampfsysteme im Galopprennsport sind mit denen in unserem Sport nicht zu vergleichen. Deshalb ist es auch richtig, dass dort und hier in Teilen unterschiedliche Regeln gelten.
Gemäß § 920 Nr. 2 e) LPO können jedoch unter Umständen weitere Personen zur Verantwortlichkeit gezogen werden. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass Regelwerksanbindung vorliegt.
Wenn ein Verbandsregelwerk „Sonderfälle“ vorsieht, dann wird zu viel Raum gegeben für fadenscheinige Erklärungen und Versuche, sich aus der Verantwortung zu nehmen. St. Georg Chefredakteur Jan Tönjes hat das in seinem Kommentar dazu (im St.GEORG Newsletter, den Sie hier abonnieren können, Anm. d. Red.) vor einigen Tagen gut herausgearbeitet.
Richten & Recht sprechen… ein grosser Unterschied!